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Neujahrsempfang der Wirtschaftsjunioren

Untertitel: „Reise in die Gedankenwelt eines Bürgermeisters“

Berater und Mentaltrainer Pierre Boisson ging auf das Spannungsfeld von Bedürfnissen und Strategien ein. Fotos: FR Presse

Um Wertschätzung gegenüber den Mitmenschen ganz allgemein, speziell aber den Mitarbeitern in den Unternehmen ging es beim Neujahrsempfang der Gunzenhäuser Wirtschaftsjunioren im Lutherhaus im Hauptvortrag von Pierre Boisson, einem Kommunikationsexperten und Unternehmensberater, aber auch in der Rede von Bürgermeister Karl-Heinz Fitz.

Den Spagat zwischen Bedürfnissen und der richtigen Strategie, um mit den Problemen der Zeit zurechtzukommen, erläuterte Boisson kurzweilig und auch eingängig. Nicht nur Führungspersonen in der Wirtschaft sind oft Situationen ausgesetzt, in denen es gut ist, seine Botschaft zu erkennen: 2Sei nicht nett, sei echt!“  Der  gelernte Betriebswirtschafter begleitet seit Jahren Menschen, die den Wunsch haben, mit besonderen Situationen besser umgehen zu können.

Eine „Tour de Horizont“ unternahm Rathauschef Karl-Heinz Fitz, oder wie er es nannte, „eine Reise in die Gedankenwelt eines Bürgermeisters“. Natürlich nutzte er die Gelegenheit, die Leistungen in den letzten fünf Jahren seiner Amtszeit darzustellen, aber er ging auch auf die bevorstehenden Aufgaben ein, die nach Abarbeitung und Abfinanzierung der großen Investitionsbrocken Stadthalle und Hochwasserschutz/Renaturierung der Altmühlpromenade ins Auge gefasst werden können.  Zu den 670 Plätzen in Kindergärten, Horten,  Kitas und Ganztagespflege kommen weiter Plätze beim neuen Löhe-Familienzentrum (mit Waldkindergarten) und durch den Bau der Lebenshilfe-Kindertageseinrichtung in der Südstadt dazu (50 Plätze)

Die Barrierefreiheit der Bushaltestellen wird nach den Aussagen von Fitz heuer realisiert.  Der Stadtbus habe 2018 rund 321000 Fahrgäste befördert. Ferner starte der Rufbus, der alle ländlichen Stadtteile an die Kernstadt anbindet. Noch ein „zartes Pflänzchen“ sei  die „Mitfahrerbank“.

Das Saxophonquintett von Heinz Horst musizierte beim Neujahrsempfang.

Der Verein „Hand in Hand gegen Altersarmut“ ermögliche die Verabreichung von warmen Mahlzeiten zweimal wöchentlich (zu je einem Euro)  im Burkhard-von-Seckendorff-Heim, die Caritas gebe weitere Hilfen.

Dankbar ist der Bürgermeister seinen Mitarbeiterin im Rathaus, vornehmlich im Bauamt. Dort sind im letzten Jahr an die 200 Bauanträge sowie sieben Bauleitpläne bearbeitet worden.  Für heuer steht die Rathaussanierung mit Einbau eines Aufzugs an (1,3 Millionen Euro).

Nur noch drei Grundstücke mit zusammen 4500 Quadratmetern stehen nach Auskunft des Bürgermeisters im Gewerbegebiet Scheupeleinsmühle zur Verfügung, weshalb schon jetzt nach einer Erweiterungsmöglichkeit gesucht wird.

Bei allen Planungen will der Rathauschef die Bürger von Gunzenhausen „mitnehmen“, d.h. sie rechtzeitig informieren und sie in die Entscheidungen einbinden. Stolz ist Fitz, dass schon im ersten Jahr 44 der 46 Bauplätze im Frickenfelder Baugebiet „Sonnenwiese“ verkauft werden konnten

Fraglich ist es nach Darstellung des Rathauschefs, ob das Baugebiet an der Weißenburger Straße (früher Baustoff-Union) für Zwecke des „Sozialen Wohnungsbaus“ genutzt werden kann.  Die Stadt selbst könne kaum als Bauherr auftreten, denn das Personal im Stadtbauamt sei total ausgelastet.  Für ein Projekt mit 30 Mietwohnungen betrügen die Kosten an die neun Millionen Euro. An die sechs Millionen Euro seien von der Stadt zu tragen. Immerhin müssten auch noch die 148 städtischen Wohnungen instand gehalten werden.

Bürgermeister Fitz, Vorsitzender Herzog, Referent Boisson und Stellvertreter Mayr. Foto: FR Presse

„Viele haben die wahre Dimension der Chancen, die das Landesamt für Schule mit sich bringt, noch nicht erkannt“, erklärte Fitz. Bereits jetzt seien 75 der im Endstadium 150 Mitarbeiter im Provisorium an der Lerchenstraße tätig. Wie er mitteilte, will der Freistaat heuer mit der Planung für den Neubau anstelle des „Silos“ in der Nürnberger Straße beginnen.

Ein Kompliment gab es auch für den Stadtrat: „Er geht die Arbeit mutig an!“ Die Perspektiven für Gunzenhausen sind nach Einschätzung von Fitz „sehr gut“. Wörtlich sagte der Rathauschef: „Wir verspüren eine Stimmung des Aufbruchs und des Erfolgs.“ Immer wieder sei von Besuchern der Stadt zu hören: „In Gunzenhausen geht was!“ Sein Motto für die nächsten Jahre: „Die Zukunft wird in der Gegenwart gestaltet.“

Alexander Herzog, der Vorsitzende der Wirtschaftsjunioren Gunzenhausen, bekundete eingangs die Bereitschaft der Verbandsmitglieder, an der Gestaltung der Stadt mitzuarbeiten. Den musikalischen Part hatte das Saxophonquintett von Heinz Horst, die gastronomische Betreuung lag in den Händen der Gastwirtin Nicole Vierheller aus Gundelsheim.

WERNER FALK

Gospelchor tritt auf

Gospelmesse „Missa Parvulorum Dei“ an Dreikönig

Am kommenden Sonntag,  6. Januar, um 17 Uhr bietet der Gospelchor Gunzenhausen ein Highlight seiner musikalischen Arbeit zu Gehör,

ein Konzert mit der Gospelmesse „Missa Parvulorum Dei“ von Ralf Grössler.


Schon im November 2014 erklang mit großem Erfolg die „Missa Parvulorum Dei“ von Ralf Grössler in der Stadtkirche, gesungen vom erweiterten Gospelchor. Jetzt lädt die Evangelische Kirchengemeinde sehr herzlich ein zum Wiederholungskonzert am Sonntag, 6. Januar, um 17 Uhr. Wieder singt Andrea Zeilinger bewährt den Solopart, wieder schart Kirchenmusikdirektor Bernhard Krikkay eine Reihe guter Musiker um sich, um den Erfolg der Aufführung zu garantieren. Streicher, Bläser, Vibraphon, Schlagzeug und Jazz-Klavier geben dem großangelegten Werk der Verkündigung der einzelnen Messteile den ganz besonderen Ton. Ergänzt wird das Programm wieder durch zwei Jazz-Improvisationen, dargebracht vom Trio um  Manuel Weber(Weißenburg/München). Diesmal singt der weiter gewachsene Gospelchor allein ohne Verstärkung durch Gäste.

Karten für dieses erste besondere Konzert des neuen Jahres sind an der Abendkasse ab 16.15 Uhr erhältlich.

Ein Gunzenhäuser als Pornoautor

Ferdinand Karl Holzinger alias Ferdinand Rodenstein

In Gunzenhausen geboren: Pornoautor Ferdinand Karl Holzinger.

Ein Autor von pornografischen Geschichten – das hat der Stadt gerade noch gefehlt. Nun, es geht nicht um eine tagesaktuelle Nachricht oder die Aufdeckung eines Sexskandals im Gunzenhausen heutiger Tage. Ferdinand Karl Holzinger lebte im 20. Jahrhundert, allerdings nur die ersten zwanzig Jahre in der Altmühlstadt. Dann kam er auf der Suche nach einer schriftstellerischen Karriere auf die schiefe Bahn, wurde kriminell und starb 1938 als gescheiterte Gestalt in Leipzig.

Ein Lebensbild des Produzenten pornografischer Literatur zeichnet in der neuen Ausgabe von „Alt-Gunzenhausen“, der Publikation des Vereins für Heimatkunde, der Berliner Medizinwissenschaftler Prof. Dr. Florian G. Mildenberger, der an der Viadrina in Frankfurt/Oder lehrt. Ganz klar: in der literaturhistorischen Forschung spielt der gebürtige Gunzenhäuser keine Rolle.

Am 31. Januar 1881  als Sohn der ledigen Näherin Margarethe Holzinger  und eines namentlich nicht bekannten Wanderschauspielers in der einstigen Eisenbahnwirtschaft (heute: Moschee in der Ansbacher Straße 2) geboren, hatte er keine günstige Sozialprognose. Dennoch wurde ihm der Realschulbesuch ermöglicht. Kaufmann aber wollte er nicht werden. Er unternahm erste schriftstellerische Versuche bei Dichterlesungen in den Sandhöhlen des Weinbergs, suchte sein Glück in der Großstadt. Schnell geriet er auf die schiefe Bahn. Raum, Erpressung, Unterschlagung und Betrug, dazu Hausfriedensbruch, führten ihn schon bald ins Gefängnis. Er zog nach Dresden, wo er ebenfalls durch Straffälligkeit auffiel und hinter schwedischen Gardinen landete.  Künftig schrieb er Gedichte, Theaterstücke (von denen aber keines aufgeführt wurde), Märchen und Dorfgeschichten unter dem Pseudonym Ferdinand Rodenstein. Die Schiller-Stiftung lehnte seinen Stipendienantrag ab. In Leipzig fand er in dem Vollraths-Verlag eine Plattform zur Verbreitung der Sexualsphäre, die bis dato von „erbarmungsloser Langweile“ war, wie Autor Florian Mildenberger feststellt. Seine Karriere als Verfasser von pornografischen Novellen wurde jäh unterbrochen, indem ihn Kritiker als Schwindler demaskierten und er folglich für ein Jahr und drei Monaten in den Knast musste. Danach geriet er nicht zuletzt durch seine Flucht in den Alkohol in eine Lebenskrise, musste in eine psychiatrische Heilanstalt zwangseingeliefert werden, wo man ihm dem Stempel „gemeingefährlich“ aufdrückte.  Inzwischen hatte er 29 Verurteilungen hinter sich, also ein ansehnliche kriminelle Karriere.

Der „Herr des Unterliebs“ (Mildenberger) musste sich in der NS-Ära wegen unzüchtiger Schriften  verantworten. Seine Titel landeten in der „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“ (1933). Als er sich dann auch noch an einem achtjährigen Mädchen aus der Nachbarschaft vergriff und zwei Jahre und sechs Monate absitzen musste, markierte das seine Ausweglosigkeit. Nur drei Wochen nach seiner Entlassung  starb er in Leipzig, wo er sich zuletzt mit seiner 1931 geehelichten Frau Elisabeth aufgehalten hatte. „Zur Vernichtung freigegeben!“ Diesen Stempel der Nazis trugen seine Schriften.

Das Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ ist im Buchhandel für 15 Euro erhältlich.

Es geht um ethische Fragen

Vortrag über das Leben des Philosophen Robert Spaemann

Der aus Gunzenhausen stammende Prof. Schweidler referiert in Heidenheim.

Am Dienstag, 15. Januar, um 19.30 setzt sich Professor Dr. Walter Schweidler, Inhaber des Lehrstuhls für Philosophie an der Katholischen Universität Eichstätt, mit dem Leben und Wirken des im Dezember 2018 verstorbenen Philosophen Professor Dr. Robert Spaemann auseinander. Zu einem interessanten und aufschlussreichen Abend im Kapellensaal des Klosters Heidenheim lädt der Lions Club Altmühltal Interessierte ein. Der Eintritt ist frei.

Schweidler, der in Heidenheim wohnt, habilitierte sich und war Assistent bei Robert Spaemann an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

In seinen zahlreichen wissenschaftlichen Werken hat sich Spaemann neben vielen ethischen Fragen mit der Naturphilosophie, der Politischen – und der Religionsphilosophie beschäftigt. Bekannt wurde Spaemann als Gegner der Kernkraft und als Streiter gegen Abtreibung und Sterbehilfe jeglicher Art.  Aufsehen erregten in kirchlichen wie weltlichen Kreisen seine Positionen gegen eine künstliche Lebensverlängerung, bei der „der Mensch um den Akt des Sterbens betrogen“ würde.

Während seines langen Wirkens hat er auch Einfluss auf die politische Entwicklung in Deutschland genommen, die Bewahrung der Schöpfung und der Schutz des Lebens beeinflussten die ökologischen Bewegungen in der Zeit von Ausbeutung der Natur und Zerstörung der Umwelt.

Spaemann setzte sich leidenschaftlich gegen Tierversuche, Stammzellenforschung und Genmanipulation ein.

Professor Dr. Walter Schweidler wird sich in seinem Vortrag als Kenner und Wegbegleiter von Spaemann mit dessen Leben und seinen philosophischen Theorien auseinandersetzen. Im Anschluss ist Zeit und Raum für Diskussionsbeiträge gegeben.

FabLab wird gegründet

 High-Tech-Werkstatt für Jedermann

Was lange währt, wird endlich gut: Die Initiatoren des „FabLab Altmühlfranken e.V. (i. Gr.)“ laden am 14. Januar 2019, um 19 Uhr zur Gründungsversammlung des neuen Vereins in das Haus des Gastes, Dr.-Martin-Luther Platz 4, in Gunzenhausen ein.

Ein FabLab ist eine High-Tech-Werkstatt für Jedermann zum Basteln, Tüfteln, Experimentieren und Erfinden. Bildquelle: FabLab Rothenburg

Bereits seit 2016 plant die Zukunftsinitiative altmühlfranken gemeinsam mit weiteren Initiatoren die Einrichtung eines „FabLab“ im Landkreis. „FabLab“ ist die Abkürzung für „Fabrication Laboratory“. Die Idee stammt aus den USA vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) und hat seit 2002 seinen Siegeszug rund um den Globus angetreten. Mittlerweile gibt es über 1.600 FabLabs in 119 Ländern, 58 davon in Deutschland.

Da die Ausstattung einer solchen Werkstatt mit einer Vielzahl an hochtechnischen Geräten eine solide Grundfinanzierung benötigt, wurden im vergangenen Jahr in der Region Altmühlfranken Sponsoren für die gemeinsame Sache gesucht und gefunden.

Neben der Stadt Gunzenhausen, die auch Standort für die landkreisweite Einrichtung sein wird, haben sich die Firmen Hetzner Online, Alfmeier, Verpa, Bosch Industriekessel, HP-T Höglmeier, DM Grundstücks GmbH & Co. KG sowie die HERMANN GUTMANN STIFTUNG, die Raiffeisenbank und der Ausbildungsverein Westmittelfranken bereit erklärt, das künftige FabLab finanziell zu unterstützen bzw. eine Anschubfinanzierung zu leisten. Ein Investitionszuschuss in Höhe von ca. 50 % soll über das EU-Förderprogramm „LEADER“ in Anspruch genommen werden.

Das Vorbereitungsteam für die Vereinsgründung, bestehend aus Michael Grüb von Hetzner Online, Dominic Weiß vom Bürgernetzverein Gunzenhausen und Umgebung, Mathias Menhorn von der gleichnamigen Steuerkanzlei sowie Kathrin Kimmich von der Zukunftsinitiative altmühlfranken hat bereits eine Homepage, eine Facebookseite sowie einen Satzungsentwurf und diverse Unterlagen für die Vereinsgründung erstellt. Die genannten Personen stellen sich auch für die Wahl des künftigen Vereinsvorstands zur Verfügung, ebenso weitere Vertreter der unterstützenden Firmen.

An der geplanten Gründungsversammlung am 14. Januar kann jede Person, die an dem Thema Interesse hat, teilnehmen. Nach der Vorstellung des Satzungsentwurfes soll dieser diskutiert und beschlossen werden. Danach soll die Wahl des Vorstandes erfolgen. Alle an der Abstimmung beteiligten Personen sind Gründungsmitglieder des FabLab Altmühlfranken und werden dann im Anschluss gebeten, die Vereinssatzung, das Protokoll sowie den eigenen Mitgliedsantrag zu unterschreiben.

Im Hinblick auf die angestrebte Inanspruchnahme des LEADER-Förderprogramms wird sich die notwendige Beschaffung des technischen Maschinenparks für das FabLab sowie der Start der Einrichtung zeitlich noch etwas hinziehen. Am 5. Februar steht dazu der nächste Meilenstein an, dann soll das Projekt im Steuerkreis der LAG Altmühlfranken beschlossen werden, anschließend wird der entsprechende Förderantrag vorbereitet.

Bis zur Bewilligung der Fördermittel, die durchaus ein paar Monate dauern kann, sollen innerhalb des Vereins Arbeitskreise gebildet werden, die sich mit den geplanten Anschaffungen, mit Exkursionen in benachbarte FabLabs, mit der Ausgestaltung der Homepage sowie mit der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten beschäftigen werden.

Obwohl es schon einige anvisierte Standorte gibt, konnte bislang mangels Eignung noch keine endgültige Auswahl für ein FabLab getroffen werden. Voraussetzung ist eine zentrale Lage und/oder eine sehr gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, im besten Fall eine räumliche Nähe zu Schulen. Nach Möglichkeit soll der gewünschte Standort ein bis zwei größere Räume mit einer Nutzfläche von insgesamt 100-150 qm umfassen. Knackpunkt für den Verein ist dabei natürlich die Höhe der Miete, die für den Verein dauerhaft bezahlbar sein muss.

Zunächst steht jetzt aber erst einmal die Gründungsversammlung an, an der jeder mit Interesse an einer Mitarbeit oder Beteiligung im künftigen FabLab teilnehmen kann.

Der entsprechende Satzungsentwurf des neuen Vereins kann unter www.fablab-altmuehlfranken.de bereits eingesehen werden.

Der Pfarrer als Wilddieb?

„Heimatkundliche Streifzüge“ des Kreises Roth sind erschienen

Hier im ehemaligen eichstättischen Zollhaus in Obererlbach nahm 1743 der Spalter Kastner Heil den Gräfensteinberger Johann Ulrich Reulein in Arrest und ließ ihn foltern. Foto: FR Presse

Dem Vorwurf des Ansbacher Markgrafen, die  Wilddieberei „aufs ärgerlichste angereitzet“ zu haben, sah sich in der Mitte des 18. Jahrhunderts der Theilenberger Pfarrer Josef Erhard von Rummel ausgesetzt.  In einem Roman, der 1933 unter dem Titel „Das andere Gesicht“ erschienen ist, nennt ihn der Schriftsteller Heinrich Grimm sogar den Anführer einer Wildererbande.  Nun, tatsächlich nachweisen konnte man dem geistlichen Herren den Wilddiebstahl nicht. Aber amüsant liest sich die Geschichte von Marianne Schröder in der neuesten Ausgabe der „Heimatkundlichen Streifzüge“ schon.

Tatsache ist auf jeden Fall, dass sich der Markgraf Carl Wilhelm Friedrich, den spätere Forscher den „wilden“ nannten, wegen des alten Jagdrechts aus dem Jahr 1300 mit dem Eichstätter Bischof Johann Anton II. anlegte.  Beim Verkauf von Abenberg und Spalt  an den Bischof Reinboto von Eichstätt hatte sich Markgraf Konrad der Fromme das Jagdrecht vorbehalten. Aber das kümmerte die Untertanen des Bischofs einige Jahrhunderte später recht wenig. Wie der Obrist-Jägermeister feststellte, hatte sich der Wildbestand in den Gegenden um Lindenbühl, Igelsbach, Georgensgmünd und Beerbach 1745 um mehr als die Hälfte verringert.  Beklagt wurde das immer dreisterte Verhalten der Wilddiebe, die sich sogar zu Bruderschaften zusammenschlossen. Nur mit einem größeren Aufgebot an Jägern und Jagdaufsehern konnte der Markgraf den Wildfrevel eindämmen. Als „Raubnester“ galten die Fluren von Wernfels und Theilenberg. Martin Spitzer, ein Kuhhirte, prahlte sich damit, mehr Wild geschossen zu haben als es Viehherden in beiden Dörfern gab.  Er entzog sich dem Zugriff indem er sich in die Absberger Freyung begab. Weil der Pfarrer von Theilenberg einem Jägerburschen gestohlenes Wildbret abkaufte, erhöhte sich der Verdacht gegen ihn, nichts gegen die Wilddieberei zu tun.

Ein weiterer Zwischenfall wurde 1743 aktenkundig, als sich der Gunzenhäuser Vogt und Johann Ulrich Reulein aus Gräfensteinberg im Auftrag des Markgrafen im Obererlbacher Zollhaus des Eichstätter Bischofs aufhielten.  Nachts rückte der Spalter Kastner Hell mit einigen Leuten an und nahm Reulein wegen „Auskundschaftung eichstättischer Wilddiebe“ in Arrest, um ihn in Spalt zur Folter in die Breche zu spannen und ihn danach an drei Tagen bei Kälte und starkem Regen jeweils eine Stunde lang zur Schau zu stellen.  Es gab keine Gnade, auch nicht für Anton Gruber aus Obererlbach, der dem Bauern aus christlicher Nächstenliebe Geld ins Gefängnis bringen wollte, denn er landete im Wernfelser Burggefängnis.

Die Revanche kam zwei Jahre später. Der Markgraf ließ nachts 500 Reiter unter der Führung des Gunzenhäuser Stadtvogts Michaelis in den eichstättischen Dörfern Wernfels, Theilenberg und Wasserzell einrücken, wo sie 13 Untertanen gefangen nahmen. Mit einer List –  fünf Offiziere „kaperten“ eine Postkutsche –   drangen sie auch in Spalt ein und holten den Kastner aus dem Bett. Der aber weigerte sich standhaft, die Namen der Wilddiebe preiszugeben, so dass er verhaftet wurde. Einen der Haupttäter erwischten die markgräflichen Fahnder: der Gerber Johann Georg Meidel hatte sich im Rauchfang versteckt. Die anderen Gefangenen mussten mit nach Gunzenhausen kommen und zu weiteren Verhören sogar auf die Weißenburger Wülzburg. Gegen Lösegeld kam der Kastner hell frei, nicht aber die Wilddiebe. Der Bischof verklagte den Markgrafen schließlich  wegen Landfriedensbruch beim Kaiserlichen Reichs-Hofrat in Wien. Es kam sogar zu weiteren Verhandlungen vor dem immerwährenden Reichstag in Regensburg. Es soll einen Vergleich gegeben haben.

WERNER FALK

„Heimatliche Streifzüge“, Schriftenreihe des Landkreises Roth, Heft 37, erhältlich  im Landratsamt Roth und im Harsdorfer Schlösschen in Enderndorf, 4,60 Euro, ISSN 0724-1100.

Landkreisbündnis gegründet

Unterstützung des Volksbegehrens „Retten die Bienen“

Von links: Otto Weber (Bienenzüchterverein), Stefan Spiegl (Präsident des Bayerischen Imkerverbands), Reinhard Ebert (ÖDP), Andreas Schreiner (Patrioten), Victor Rother (Linke), Wilfried Kucher (Grüne), Renate Peiffer (Grüne), Karlheinz Schork (BN), Doris Schicker (SPD) und Kilian Welser (ÖDP).   Foto: FR Presse

 

Zur Unterstützung des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ auf der Landkreisebene hat sich ein Landkreisbündnis gegründet. Die Initiative dazu ist von Reinhard Ebert, dem Kreisvorsitzenden der ÖDP, ausgegangen. Die ÖDP hat das Begehren auf Landesebene vorbereitet und auch die notwendigen 25000 Unterschriften zur Zulassung beschafft.

Jetzt geht es um die weiteren Schritte. Vom 31. Januar bis 13. Februar müssen sich 900000 bayerische Bürger in die Unterstützungslisten eintragen, die bei den jeweiligen Gemeinde- und Stadtverwaltungen ausliegen.

Ebert erklärte, dass alle Aktionen rund um das Volksbegehren von der ÖDP-Geschäftsstelle in München aus geplant werden. Im Landkreis sind Reinhard Ebert und Wilfried Kucher die Verantwortlichen.

Das Organisationskomitee auf Kreisebene wendet sich an die Gemeinden, um zu erreichen, dass in der Auflegungsfrist der Unterstützungslisten vom 31. Januar bis 13. Februar in den Verwaltungsstellen auch Sonderöffnungszeiten angeboten werden.

Neben den Vertretern der ÖDP, der Grünen, des BN, des Imkerverbands, der SPD, der Linken und der Patrioten hat an der Besprechung auch Stadtrat Werner Falk aus Gunzenhausen teilgenommen. Er kündigte eine Positions-Entscheidung der FDP für Mitte Januar an.

 

Abschied von Luise Tröster

Die frühere Dittenheimer Bürgermeisterin verstarb 71-jährig

Sie war die erste Frau in einem Bürgermeisteramt im Landkreis: Luise Tröster. Jetzt ist sie ganz überraschend im Alter von 71 Jahre gestorben.

Die Tochter von Metzgermeister Fischer aus Gunzenhausen war zunächst als Verwaltungsangestellt im Justizdienst tätig. Sie war „Managerin“ in der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Gunzenhausen. Nach dessen Auflösung trat sie in die Dienste der Verwaltungsgemeinschaft Altmühltal ein.

Zum Nachfolger von Fritz Schaupmeier wählten sie die Gemeindebürger von Dittenheim im Jahr 1984. Sie war 24 Jahre im Amt. Die Kommune nahm in dieser langen Ära eine gute Entwicklung. Fleiß und Sorgfalt bescheinigten ihr alle. Sie stellte sozusagen ihren Mann – und das als erste Frau im Bürgermeisteramt.

Die Vertreterin der Freien Wähler amtierte zudem von 1990 bis 2014 als Kreisrätin, von 1996 bis 2002 war sie zudem Landratsstellvertreterin.

Für die Freien Wähler kandidierte sie 1998 für den Bayerischen Landtag und erreichte mit 9,8 Prozent einen auffällig hohen Stimmenanteil im Stimmkreis Weißenburg-Gunzenhausen/Ansbach-Süd.

Luise Tröster war keine Alibi-Frau auf der politischen Bühne. Sie setzte sich dank ihrer Seriosität und Entschlusskraft durch, auch wenn die Entscheidungsprozesse nicht immer einfach waren. Die Rathauschefin war bestrebt, alle Gemeindebürger „mitzunehmen“, sie an Entscheidungen teilhaben zu lassen.  Wer sie im persönlichen Bereich begegnete, der schätzte ihre Aufgeschlossenheit, ihre Ehrlichkeit und Lauterkeit.

Die Anteilnahme gilt ihrem Mann Dieter und den beiden Söhnen Stefan und Joachim.

WERNER FALK

Alt-Gunzenhausen neu erschienen

Jahrbuch des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen

Vorsitzender Werner Falk (Mitte) und Schriftleiter Werner Mühlhäußer überreichten im Rathaus Bürgermeister Karl-Heinz Fitz das erste Exemplar des neues Jahrbuchs „Alt-Gunzenhausen“. Foto: Ingeborg Herrmann

Elf Beiträge von zwölf Autoren umfasst das neue Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“. Es ist mit 336 Seiten so umfangreich wie keine der 72 vorausgegangenen Publikationen.  Vorsitzender Werner Falk anlässlich der Vorstellung des Buches im Rathaus: „Der Verein für Heimatkunde schätzt sich glücklich, den Stamm seiner Verfasser immer wieder mit neuen Autoren ergänzen zu können.“  Das Buch ist im örtlichen Buchhandel erhältlich.

Die Bearbeitung und Koordinierung der Beiträge lag in den Händen von Schriftleiter (und 2. Vorsitzenden) Werner Mühlhäußer. Als Stadtarchivar sitzt er quasi an der Quelle und pflegt den Kontakt zu den Autoren.  Der Vereinsvorsitzende dankte bei der Übergabe des ersten Exemplars an Bürgermeister Karl-Heinz  allen Autoren und auch den Sponsoren:  der Stadt Gunzenhausen, der Hirschmann-Stiftung,  der Mittelfrankenstiftung des Bezirks, dem Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen und der Sparkasse Gunzenhausen.

„Andreas Osiander und seine Verwandten in Gunzenhausen und Meinheim“ ist die Arbeit der Doppelautoren Werner Kugler und Werner Mühlhäußer betitelt.  Sie hellen den verwandtschaftlichen Hintergrund des Theologen und Reformators auf, denn bisher gab es kaum nennenswerte Aufzeichnungen seiner Gunzenhäuser Zeit.  Im Reichsteuerregister von 1497 wird ein „Endres Schmidt“ genannt, was auf den Beruf des Vaters (Schmied) hinweist.  Andreas ist  am 16. Dezember 1496 oder  am 19. November 1498 geboren. Ein Vetter, Michael Beck aus Meinheim, durfte sich seiner Fürsprache erfreuen und die Schwester von Osiander führt  die Spur zu weiteren Verwandten.

Günter L. Niekel stellt die „Schlösser von Muhr“ (2. Teil) vor, also Neuenmuhr, Mittelmuhr und das Julienberg. Nur mehr ein Gedenkstein erinnert heute an das Neuenmuhrer Schloss, das 1834 abgebrochen wurde. Von den Herren von Lentersheim bewohnt war das Schloss Mittelmuhr (1448 erbaut und 1570 abgebrannt). Ursprünglich ein Kellerhaus war das Gartenschlösschen Julienberg, das Freiherr von Danckelmann nach seiner Gemahlin benannte.

Gleich drei Autoren befassen sich mit den Ziegeleien in Gunzenhausen und Cronheim: Werner Mühlhäußer, Werner Neumann und Günther Prechter.  Sie erforschen die „Alte Ziegelei“ von 1466 in der Ziegelgasse (ab 1893: Hensoltstraße) und weitere Ziegeleien (Huber, Rothgängen/Reichardt, Lang). Hans Mayer war 1604 der erste Ziegler in Cronheim. Die Familie Sorg trägt heute noch den Hausnamen „Ziegler“. Ein Großfeuer beendete 1960 den Ziegeleibetrieb von Max Bühlmeyer.

„Die Haidstangen von Unterwurmbach“ ist der Beitrag von Dr. Manfred Keßler betitelt, in dem er die alten Holzrechte im Stiftswald Obere und Untere Haid  beschreibt. Der Stiftswald geht auf die Adelige Eleonore von Lentersheim (1612) zurück.

Dr. Daniel Schönwald führt in die Rieter-Gruft in der Kalbensteinberger Kirche, in der 20 Angehörige des Nürnberger Patriziergeschlechts  (seit 1609) bestattet  sind.  Die Grablege unter dem Chorraum, die aus konservatorischen Gründen nicht mehr zugänglich ist, birgt 13 Glassärge.  Der letzte männliche Namensträger des Geschlechts starb 1753, seine Frau wurde 1782 hier beigesetzt.

In den kirchlichen Heiratsbüchern ab 1534 bis zur Einführung der Standesämter in Bayern 1876 hat Werner Mühlhäußer  („Jubelhochzeiten in Gunzenhausen“) gestöbert kann am Beispiel von zwei Paaren, die das 50-jährige Ehejubiläum begehen konnten, interessante sozialgeschichtliche Erkenntnisse liefern.  Für die damalige Zeit waren 50 Jahre sensationell, denn die meisten Menschen erreichten dieses Alter nicht. Georg und Anna Albrecht (1667) und Johann Michael und Anna Hahn (1725) wären verblüfft, wenn sie erführen, dass die Scheidungsrate heute bei 37 Prozent liegt.

Die Reihe der Vorstellung Gunzenhäuser Oberamtmänner in markgräflicher Zeit setzt Siglinde Buchner in ihrer Abhandlung über Wolfgang von Crailsheim und Johann Ulrich von Crailsheim fort. Viele Mitglieder dieser Familie standen im Dienst der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Wolfgang war nur sechs Jahre der oberste Verwalter in der Altmühlstadt (1653-59). Er hatte mit seiner Frau Anna Petronella zehn Kinder.  Der Günstling von Markgraf Albrecht liefert wenig Erkenntnisse von lokalgeschichtlicher Bedeutung.  Auch Johann Ulrich von Crailsheim (amtiert von 1669-84) hat keine nennenswerten Spuren im Gunzenhäuser Land hinterlassen, wohl aber viele Nachkommen (17 Vaterschaften)  in zwei Ehen. Seiner Manneskraft war  offensichtlich der Besuch im Weißenburger Wildbad förderlich.

Eine üppig sprudelnde Quelle für die Gunzenhäuser Sozialgeschichte ist für Wolfgang Pfahler das Haus- und Jahrbuch von Paul Dayb, dem Oberkaplan von Gunzenhausen (1694-1735).  Im zweiten Teil seiner Arbeit (er erste ist im Jahrbuch  72/2017 veröffentlicht) findet der Autor in den 854 Seiten langen Aufzeichnungen eine Vielfalt von Geschichten, die für die Leser von heute amüsant erscheinen. Nicht nur Bierrechnungen liefern den Stoff dafür,  Dayb kommentiert auch die politischen Ereignisse jeder Zeit.

Die Priester der katholischen Pfarrei Gunzenhausen von 1897 bis 2017 listet Günter Dischinger auf, ja er stellt ihre Biografien zum Teil ausführlich vor. 1897 ist Gunzenhausen eine eigenständige Pfarrei geworden, vorher wurde die Gemeinde von Cronheim aus betreut. Erster Pfarrer nach der Reformation war Peter Landwirth, dessen Grabmal am alten Friedhof von seinem sechsten Nachfolger aufgelöst wurde.  Namen, die in bester Erinnerung geblieben sind: Dr. Johann Baptist Götz (1932-36), Heinrich Bauer (1956-68/er hat die Stadtpfarrkirche neu gebaut, dazu die Muhrer Filialkirche), Ewald Fröhlich (1968-87) und Wolfgang Forsten (1987-2001/er hat das Pfarrzentrum errichtet).

Ein Porno-Schriftsteller unter den Gunzenhäusern! Diese Schlagzeile würde heute noch für Aufsehen sorgen, im 19. Jahrhundert war dies natürlich eine Sensation.  Ferdinand Karl Holzinger (alias Ferdinand Rodenstein) ist zwar 1881 als unehelicher Sohn einer Näherin in der alten Eisenbahnerwirtschaft geboren, aber er machte sich schon bald nach der Realschulzeit „vom Acker“ und suchte das freie Leben in der Großstadt. Prof. Dr. Florian Mildenberger schildert diese schemenhafte Figur in seinem Beitrag „Bemerkung: Gemeingefährlich“.  Um es gleich vorweg zu sagen: Holzinger (1881-1938) spielt in der literarisch-historischen Forschung keinerlei Rolle. Er gehörte zu den berüchtigten Produzenten pornografischer Literatur der zwanziger Jahre und war ein kriminell veranlagter junger Mann, der schwülstige Theaterstücke schrieb, die freilich niemals aufgeführt wurden. Unter seinem Pseudonym „Ferdinand Rodenstein“  schrieb er triviale „Groschenromane“. Mit ihm endete es schlimm: Als „entarteter Mensch“  landete er in der Heilanstalt und Zeitgenossen wünschten ihm, er möge „an seiner Unflätigkeit zu Ende gehen“.  Das ist 1938 geschehen (beigesetzt in Leipzig).

Mit der Bäderstadt Gunzenhausen setzt sich Dr. Joachim Schnürle auseinander, jedoch nicht mit der tollen Bäder- und Saunalandschaft von heute, sondern unter dem Titel „…und soll derselbe nach Vermuthung eine Naturheilanstalt errichten“ mit den Anfängen des Klinikums Hensoltshöhe.  Die Gunzenhäuser erfuhren  1903 aus der Zeitung von der geplanten  neuen  Nutzung der Gaststätte mit Badeanstalt, die 1883 der seinerzeitige Bürgermeister Johann Leonhard Hensolt   erbaut hatte. Michael Stöhr war sein unternehmenslustiger Pächter,  die „Hensoltshöhe“ ein Hort gesellschaftlicher Vergnügungen. Der „Neue“ war Ernest Mehl, Direktor einer Augsburger Kammgarnspinnerei. Er galt als sozialer Unternehmer, ja als ein Fürsprecher der Arbeiter. Sein Plan war es 1903, aus der Gaststätte ein christliches Erholungsheim zu machen. Der therapeutische Anspruch war es, „Erquickung für den ganzen Menschen“ zu bieten.  Autor Dr. Schnürle, der heutige medizinische Leiter, darf sich in der direkten Nachfolge Mehls wähnen, denn der Patient der Altmühlseeklinik wird in seiner Ganzheitlichkeit wahrgenommen.

Nachruf auf Diethelm Schoen

Beliebter Kommunalpolitiker der FDP ist 85-jährig gestorben

Gunzenhausen hat am 21. Dezember von dem langjährigen FDP-Stadtrat und Kreisrat Diethelm Schoen Abschied genommen. An der Trauerfeier nahmen viele einstige Kollegen vom Simon-Marius-Gymnasium, ehemalige Stadtratskollegen, Mitstreiter der FDP, Landrat Gerhard Wägemann und Bürgermeister Karl-Heinz Fitz teil. Der Rathauschef war einst Schüler von Diethelm Schoen. Er wandte sich mit sehr persönlichen Worten an die trauende Familie. Ebenso sagte Tochter Uta ein vielfaches „Danke“ an ihrem lieben Vater. Die Anteilnahme gilt der Witwe Gertraud sowie den Töchtern Uta und Angelika und Sohn Christoph mit ihren Familien. Pfarrer Claus Bergmann skizzierte das Lebensbild des Verstorbenen: „Er war ein froher und humorvoller Mensch.“

Stadtrat Werner Falk (FDP) wandte sich in seiner Trauerrede an die Familie und die Öffentlichkeit:

Wir sind vereint in der Stunde der Trauer, aber auch das Dankes. Dank dafür, dass wir so lange mit Diethelm Schoen in guter Gemeinschaft sein durften. So wäre es nicht falsch, aus dem Trauergottesdienst einen Dankgottesdienst zu machen.

Die FDP im Landkreis verneigt sich vor einem edlen Freund, der von ihr gegangen ist. Liberalität war für Diethelm Schoen nicht nur politisches Programm, sondern Lebensmotto und eine Frage der Haltung.

Diethelm Schoen war über viele Jahrzehnte das Aushängeschild der Freien Demokraten in der Stadt und im Landkreis.  Wenn ich sage, dass er fünf Jahrzehnte der Partei angehört hat und lange Zeit ihr Ortsvorsitzender war, dann ist das nur eine nüchterne Zahl. In der Nachfolge des in Gunzenhausen unvergessenen Lehrers und Patrioten Karl Meidert war Diethelm Schoen von 1967 bis 2008 (mithin 41 Jahre) Stadtrat – so lange wie kaum ein anderer in der Nachkriegsgeschichte. Dem Kreistag gehörte er von 1972 bis 1996 und von 2002 bis 2008 an.

Unser Freund Diethelm war gleichsam das personifizierte liberale Gewissen der Stadt. Die bayerische Philosophie des Lebens und Leben-lassens war für ihn weniger Ausdruck eines barocken Stils als das Bekenntnis eines aufrechten Demokraten zur Toleranz.  Er verkörperte die Freiheitlichkeit in Gedanken und Werken glaubwürdig.

Als Stadtrat meinte er nicht, jeden Kanaldeckel kennen zu müssen und von parteipolitischen Ränkespielen hielt er sich fern. Seine historischen Kenntnisse und sein Wissen qualifizierten ihn als kulturpolitischen Berater. Gern war er Kulturreferent des Stadtrats. Und auch ohne den Titel galt er als der „Kulturpapst“ Gunzenhausens.

Diethelm war für Unsereinen immer ein großer Gewinn. Es war mir – und sicher auch vielen anderen – ein Vergnügen, mit ihm in entspannter Atmosphäre über die Zeitläufte reden zu können.  Auf sein abgewogenes Urteil konnte man sich stützen. Er war uns auch deshalb so sympathisch, weil er sich nicht zu wichtig nahm. Wir kennen alle an sein geflügeltes Wort: Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern, wenn ich es heute besser weiß!

Es steht mir nicht zu, Diethelm Schoen als Lehrer am Gymnasium zu würdigen, aber ich darf sagen, dass er eine überragende Lehrerpersönlichkeit war. Er hat Tausenden von jungen Menschen die Demokratie als die beste aller Staatsformen gelehrt.  Vor dem Hintergrund aktueller politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen im In- und Ausland  erscheint das heute als sehr wichtig.

Wir verneigen uns heute vor einem Menschen, der uns als Sympathieträger in Erinnerung bleiben wird. Diethelm hatte für jeden ein gutes Wort übrig. Dass er ein exzellenter Witze-Erzähler war, möchte ich anfügen. Seine Gespräche mit  mir hat er immer mit dem neuesten Witz begonnen, wobei er ein glänzender Interpret jiddischer Witze war. So hat er stets eine angenehme Gesprächsatmosphäre geschaffen. Nachdenklich, aber auch spontan und impulsiv haben wir ihn erleben dürfen.

Im Namen der liberalen Familie verabschiede ich mich von ihm mit einem Wunsch seiner ehemaligen Schülerin Heidi Lüther: „Möge seine Seele in die unergründliche Weite fliegen und ihren Platz finden.“