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Seit 100 Jahren wird gesammelt

Geschichte des Vereins von Altertumsfreunden Wettelsheim

Geehrt wurden von Vorsitzendem Dr. Manfred Kress (Zweiter von rechts): Ludwig Schwimmer (Mitte) für 62 Jahre im Verein, Werner Föttinger  (49 Jahre/Dritter von rechts), Günther Wiedemann aus Falbenthal (47 Jahre/Dritter von links), Adolf Erdinger (44 Jahre/links), Ludwig Reißlein (42 Jahre/Zweiter von links). Seit 64 Jahren ist Josef Neubauer Mitglied im Altertumsverein. Er konnte gesundheitsbedingt mit über 90 Jahren nicht kommen.  Mit auf dem Foto ist rechts oben Pfarrer Ernst Burmann. Foto: Falk

Anlässlich der 100-Jahrfeier im Wettelsheimer Amtshof berichtete Vorsitzender Dr. Manfred Kress über die Geschichte des Vereins. Wir veröffentlichen seinen Bericht mit leichten Kürzungen:

Alles begann 1911 mit dem Wettelsheimer Pfarrer Christian Buchrucker. Er sowie Leonhard Böhrer und Hans Kraft legten den Grundstein für die Ortssammlung Wettelsheim. Sie sahen es für wichtig an, dass Objekte, welche die Vergangenheit unserer Region verkörpern, gesammelt werden und erhalten werden. Die gesammelten Gegenstände bewahrten sie in der Pfarrscheune auf. Pfarrer Buchrucker war in Wettelsheim von 1897 bis 1915. Ludwig Böhrer arbeitete als Präparator an der Hof- und Staatsbibliothek in München. Er war also Fachmann bezüglich Antiquitäten. Leider verließ Pfarrer Buchrucker bereits 1915 unser Dorf, um eine neue Stelle in Sachsen bei Ansbach anzunehmen. Die beiden anderen und etliche nicht genannte Mitstreiter sammelten weiter. 1917 konnten die Objekte in das Schulhaus im Amtshof umziehen, wo sie zwei Räume belegen durfte. Am 2. Mai 1924 kam es zur Gründung unseres Vereins. Der Schriftführer Ludwig Pfabel berichtet über den Hergang folgendermaßen:  Es wurden die Vorsitzenden des Vereins gewählt. Es waren Hans Kraft, Schriftführer Ludwig Pfabel und Kassier Ludwig Schwab. Der Beitrag wurde auf eine Mark pro Jahr und 40 Pfennig Aufnahmegebühr festgelegt.

 1928 trat unser Verein der „Vereinigung zur Förderung des Fremdenverkehrs im Altmühltal, Hahnenkamm, Hesselberg und den umliegenden Gebieten“ bei. Als Heimatverein dieser Vereinigung beizutreten, halte ich für sehr bemerkenswert. So eine Vereinigung wäre auch heute, weniger für unseren Verein aber für unsere Gemeinde, von Interesse. Im Februar traten die Altertumsfreunde dem „Nordbayrischen Verband für Heimatforschung und Heimatpflege Nürnberg“ bei. Dies werte ich als Ausdruck die Heimatforschung ernsthaft zu betreiben.

Ziel und eine Aufgabe unseres Vereins war und ist es, die heimatliche Geschichte zu erforschen und zu dokumentieren. Zu diesem Zweck wurde die Schriftenreihe „Aus Wettelsheim`s Vergangenheit“ aufgelegt. Das erste Heft erscheint bereits 1927. Das erste Heft hat 45 Seiten und behandelt in mehreren Artikel die Vorgeschichte Wettelsheim, das Richteramt im Amtshof, die bäuerlichen Verhältnisse in der Markgrafenzeit und das Badewesen in der Badestube Wettelsheim im Mittelalter. 1929 erscheint Heft 2 und 1933 das dritte Heft. Die Reihe wurde fortgesetzt bis Heft 6 im Jahr 1994. Jetzt wären wir im Verein wieder an der Reihe ein neues Heft mit neuen Themen zu schreiben. Es ist in Planung.

Aus den Protokollen der Vorkriegsjahre ist dann der Zeitgeist des dritten Reichs zu spüren. Ein Vorstandsmitglied hat 1933 begeistert einen Vortrag über „die Errungenschaften Adolf Hitlers“ gehalten. 1934 wird eine Satzungsänderung durchgeführt, um dem Gleichschaltungsgesetz des dritten Reichs gerecht zu werden. Was geändert wurde ist mir nicht bekannt. Das ist aber sicherlich in den reichlichen Unterlagen in unserem Archiv zu finden.  Im Januar 1936 wird bei einem Heimatabend der Vortrag gehalten: „Familienforschung und Reichsnährstand, Stammbaum, Ahnentafel, Ahnenpass, Sippschaftstafel und blutliche Abstammung“ Am gleichen Abend gab es noch ein Referat mit dem Thema “Deutsches Volkstum, deutsches Bauerntum“. Der Abend wurde beschlossen mit einem „Dreifachen Sieg -Heil auf Führer und Vaterland“. Der verhängnisvolle Geist dieser Zeit, der ins Verderben führte, war leider auch bei uns zu spüren

In den Jahren des dritten Reichs konnte die Sammlung im Schulsaal des ehemaligen Getreidekastens ausgestellt werden. 1945 musste sie dort ausziehen und in zwei kleinen Räumen mit je 8 qm im gleichen Gebäude verstaut werden. Der Saal wurde notdürftig unterteilt und zur Unterbringung von Kriegsflüchtlingen verwendet. Nach den Flüchtlingen wurde der Raum wieder als Schulzimmer genutzt, die Schülerzahlen waren durch die Heimatvertriebenen gestiegen. In Wettelsheim waren amerikanische Besatzungssoldaten. Von ihnen wurden leider etliche Ausstellungsobjekte als Souvenir mitgenommen und vieles auch zerstört. So litt die liebevoll zusammengetragene Sammlung erheblich.

Erst 15 Jahre nach dem Ruhen des Altertumsvereins hat ihn der damalige Bürgermeister Käfferlein aus seinem Dornröschenschlaf erweckt. Am 19.3.1957 kamen viele ehemalige Mitglieder auf die Bürgermeistereinladung zusammen und wählten Pfarrer Heymann zum neuen Vorstand. Mit in die Vorstandschaft kamen Christian Auer, Ernst Bach, Fritz Reißig, Karl Strauß und Wilhelm Kreutzler. Sie alle waren viele Jahre lang tatkräftig und fleißig im Verein aktiv. Der Beitrag für den Verein wird auf drei Mark festgelegt.

Pfarrer Heymann übt sein Amt als Vorsitzender bis Januar 1961 aus. Dann bittet er aus gesundheitlichen Gründen um Ablösung. 1961 wird zum neuen Vereinsvorstand Oberlehrer Glöckel gewählt. Er wurde hier in Wettelsheim der Heimatstadt seiner Frau heimisch. Fritz Glöckel leitet mit großem Engagement und viel Energie über 39 Jahre den Verein. Neben ihm wurden als stellvertretender Vorsitzender Fritz Reißig und als Schriftführer Christian Auer, sowie als Kassier Ernst Bach gewählt. Diese Mannschaft hat neben vielen anderen in den folgenden Jahren im Verein Großes bewirkt und unendlich viel geleistet.

Zu dieser Zeit waren die Ausstellungsstücke im Getreidekasten im Erdgeschoss in zwei Zimmern untergebracht. 1960 wurde das neue Schulhaus im Weiherweg fertig und bezogen. Dadurch wurden die oberen Geschosse des Getreidekastens frei und von der Gemeinde Wettelsheim dem AV als Ausstellungsräume in Aussicht gestellt. Mit großer Freude konnte im Juli 1962 die Ortssammlung Wettelsheim im Getreidekasten eröffnet werden.

Der nächste große Schritt war die Gebietsreform und die Eingemeindung Wettelsheims zu Treuchtlingen. Dadurch wurde die alte Wettelsheimer Gemeindekanzlei frei. Weitsichtig und durch intensives Verhandeln des Vorstandes Glöckel und unserem Ortssprecher Adolf Erdinger renovierte Treuchtlingen diesen Bau und überlies ihn auch dem Verein. So ein großes Gebäude stellte jetzt eine großartige Möglichkeit zur Präsentation der Sammlung dar. Aber bis aus einem großen Haus ein Museum wird gibt es unglaublich viel zu tun. Die Vereinsmitglieder haben geplant, investiert und gearbeitet. Sie haben es geschafft auf 400 qm hunderte Objekte in Regalen Vitrinen und Raumdarstellungen zu präsentieren. Die ausgestellten Gegenstände reichen von der Keltenbesiedelung über die Römerzeit, von mittelalterlichen Schriften über die Wohn- und Kleidungsgewohnheiten des 19. Jahrhunderts bis hin zur Ausrüstung der Feuerwehr und den Erzeugnissen der örtlichen Keramikwerkstatt im 20. Jahrhundert.  Der Gedanke, die Geschichte und das Leben in unserer Heimat darzustellen ist geglückt. Dafür spreche ich den Altertumsfreunden dieser Zeit meine große Hochachtung aus.

Bei der Eröffnung der Ortssammlung am 25.3.82 sprach Fritz Glöckel folgenden Satz, der angesichts der Bedeutung für unser Dorf auch heute noch immer seine Gültigkeit hat: Ich zitiere: In jeder Wettelsheimer Familie sollte wenigstens eine Person den Altertumsverein mit seiner Mitgliedschaft unterstützen.

Das Vereinsleben war lebendig. Neben dem weiteren Sammeln und Ausstellen von Gegenständen gab es Fahrten zu den Museen der Umgebung, es gab Abende mit Vorträgen und es wurde1984 ein neues Heft „Aus Wettelsheims Vergangenheit“ aufgelegt. Darin erschienen Artikel über die Pfarrer von Wettelsheim und Bubenheim, über den 30-jährigen Krieg in unserer Region, und über merkwürdige Einträge aus den Kirchenbüchern. 1991 gab es einen kleinen Sonderdruck von Wolfgang Rathsam über die Vor- und Frühgeschichte Wettelsheim. Diese Abhandlung erschien original in der Schriftenreihe „Alt- Gunzenhausen“. Das ist die historische Publikationsreihe des Heimatkundevereins Gunzenhausen. Sie wird jährlich aufgelegt und enthält stets gute geschichtliche Artikel. Es erscheint noch immer. Das Jahrbuch 2023 hatte einen Umfang von fast 500 Seiten.

Bei uns erschien das bislang letzte Heft der „Wettelsheimer Vergangenheit“ 1994. Darin stammten die meisten Artikel von Fritz Glöckel und Wolfgang Rathsam. Die Themen waren unter anderem Ersterwähnung unserer Gemeinde 1044, die Gruft in der Martinskirche und ein Artikel über die Wettelsheimer Schützenkompanie 1702 bis 1811.  Für Interessenten sind alle diese Hefte noch erhältlich.

Im November 2000 legt Fritz Glöckel aus gesundheitlichen Gründen nach 39 Jahren sein Amt als Vereinsvorsitzender nieder. Ein Jahr steht dann Matthias Pascher an der Spitze des Vereins. Er zieht dann aber von Wettelsheim weg nach München und kann das Amt somit nicht weiterführen.  Der nächste Vorstand wird Volker Schelenz. Er wird im November 2001 gewählt und begleitet das Amt 19 Jahre lang. Im Jahr 2010 wurden im Amtshof zwei Gebäude frei. Die Stadt Treuchtlingen hat diese erfreulicherweise erstanden und dem Verein zur Verfügung gestellt. Auch dabei hat der damalige Ortssprecher Adolf Erdinger viel Mühe und Einfluss aufgewendet damit es so gekommen ist.

Nach 19 Jahren bat Volker Schelenz aus gesundheitlichen Gründen um seine Ablösung gebeten.  So wurde ich im Juli 2020 zum Vorstand gewählt und versuche den Verein im Sinne der Heimatkunde voranzubringen.  2023 leisteten wir uns einen neuen Internetauftritt. Er ging am 31 Dezember des letzten Jahres ins Netz.

Der Vorsitzende Dr. Manfred Kress konnte zur Feier auch den ehemaligen Dorfpfarrer Ernst Burmann (Neu-Ulm) begrüßen, der eine ganze Reihe von Fotos von Wettelsheimer und Bubenheimer Familien bei sich hatte und sie in der Christuskirche sowie auf einer Pinnwand präsentierte. Gäste waren auch Landratsstellvertreter Werner Baum, der  Zweite Bürgermeister Hans König aus Treuchtlingen, Kreisheimatpfleger Werner Somplatzki aus Trommetsheim, Heimatfreund und Buchautor Arthur Rosenbauer aus Treuchtlingen sowie Werner Falk aus Gunzenhausen, der Vorsitzende des Vereins für Heimatkunde. An den beiden Jubiläumstagen am 17. und 18. August konnten die Besucher auch die Ortssammlung besichtigen, die sich auf zwei Gebäude erstreckt.

Geschichte im Rother Land

Publikation “Heimatkundliche Streifzüge” ist erschienen

Wussten Sie das? Der Verfasser der ersten Naturgeschichte in deutscher Sprache war ein Rother, eigentlich ein Mäbenberger! Konrad von Megenberg (1309-1374) gehörte dem Ortsadelsgeschlecht an, aber er folgte aber nicht immer der mittelalterlichen Obrigkeit, sondern leistete sich die Freiheit, die ihn damals auch zu einem gesellschaftlichen „Enfant terrible“ machte. Es war eine Pionierarbeit von ihm – so der Historiker Robert Unterburger in der aktuellen Ausgabe der „Heimatkundlichen Streifzüge“ (41/2022) – , ein Buch über Pflanzen und Tiere seiner Heimat in der für alle verständlichen deutschen Sprache zu veröffentlichen. Die Botaniker mögen ihn dafür loben, aber bei Kirchenrechtlern, Theologen und Moralphilosophen war er nicht so gern gesehen.

Der Kirchenbuck in Georgensgmünd ist das Titelbild des Büchleins.

Über sein Studium in Erfurt kam er nach Paris (1334), wo er als Lektor am Zisterzienserkolleg St. Bernhard das geistige Leben von Paris erleben konnte. Philosophische und theologische Vorlesungen hielt er sogar an der Pariser Sorbonne – und das immerhin acht Jahre lang. Er reiste sogar nach Avignon, wo der Papst zeitweise residierte. Benedikt VII. erfuhr so von Konrads „Klagelied der Kirche über Deutschland“, das erst 1956 in deutscher Sprache erschien und so weitere Kreise erreichte. Es war ein satirischer kirchenpolitischer Dialog in Versform, der sich auf den Streit des deutschen Kaisers mit dem Papst bezog. Die erhofften einträglichen Pfründe, quasi als Honorar, blieben allerdings aus.

1342 verabschiedete er sich von Frankreich und übernahm in Wien die Leitung der Stephansschule, der Vorgängerin der Wiener Universität.  Dort verfasste er das erste deutschen Physikbuch, auch das „Buch der Natur“, das er 1350 vollendete. Nach einem Streit mit Wissenschaftlern befiel ihm eine Lähmung an Händen und Füßen, die Anbetung des Heiligen Erhard in Niedermünster bei Regensburg brachte ihm Befreiung von allen Leiden. Folglich blieb er bis zu seinem Tod (1374) im Regensburger Domkapitel. In dieser Zeit veröffentlichte er eine dreibändige moralphilosophische Enzyklopädie (Erziehungsplan) für die „unbemittelten Söhne“ der Ritter und Kaufleute. Die ist auch heute noch höchst amüsant zu lesen, findet Autor Robert Unterburger.  Der Kleriker widmet nämlich der weiblichen Schönheit einen Blick.  

Die weiteren Autoren

Dr. Johannes Ammon, der frühere evangelische Pfarrer von Polsingen, ist heute Ruhestandspfarrer in Hilpoltstein. Er geht in einem Beitrag auf die Markgrafenkirchen in Georgensgmünd und Petersgmünd ein,  der Hilpoltsteiner Pflanzenkundler Thomas Zeh widmet sich den fünf Eichen am westlichen Ortseingang von  Fünfbronn und ihrer Mystik. Josef Kocher, 35 Lehrer in Spalt, ist auf der Spur des geistlichen Lieds „Die Nachtigallen singen“, von dem die alten Spalter Betschwestern meinten, es dürfe eigentlich bei Maiandachten nur in der Hopfenstadt gesungen werden, nicht aber in Großweingarten oder noch entfernter liegenden Orten. Die Mühlen im Schwarzachtal stellt Karl-Heinz Richter vor, ein Büchlein über Meckenhausen 1684 beschreibt Albert Hofbeck und einen Streit um die Burg Eckersmühlen beleuchten die Autoren Dr. Annett Haberlah-Pohl, Eva Schultheiß und Robert Unterburger.  Anton Boesch mahnt in seiner Abhandlung über die Augustinerinnen von Pillenreuth: „Vergiß nit unser armen Waltschwesterlein in dem wilden gereut“.

WERNER FALK

Die „Heimatkundlichen Streifzüge“ erscheinen jährlich und sind für 4,60 Euro im Landratsamt Roth und über den Buchhandel (ISSN 0724/1100) erhältlich.

Landesgeschichte im Wirtshaus

Prof. Seiderer im Gespräch mit Heimatkundlern

Vorsitzender Werner Falk vom Verein für Heimatkunde dankte dem gebürtigen Gunzenhäuser Wissenschaftler Dr. Georg Seiderer für seinen Auftritt beim “Heimspiel Wissenschaft”. Foto: FAU/Iannicelli

 

Was macht eigentlich ein Landeshistoriker? Wie hat sich diese Fachrichtung innerhalb der Geschichtswissenschaft entwickelt? Inwiefern kann Landesgeschichte dazu beitragen, dass Menschen in einer Region ihre Geschichte besser verstehen und, vor allem, wie können sie selbst an der Erforschung ihrer eigenen Regionalgeschichte mitwirken? Der an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg lehrende Historiker Prof. Dr. Georg Seiderer erläuterte diese und viele weitere Fragen in einer für die Wissenschaft eher ungewöhnlichen Umgebung – im Gasthof „Adlerbräu“.

Es war ein Auftakt nach Maß für die Veranstaltungsreihe „Heimspiel Wissenschaft“ des gleichnamigen Verbundprojektes, das Hochschulen vernetzen und beraten will, um dialogorientierte Wissenschaftskommunikation mit Bevölkerungsgruppen außerhalb urbaner Ballungszentren zu befördern.

Georg Seiderer, Experte für Neuere Bayerische und Fränkische Landesgeschichte und Volkskunde, ist in Gunzenhausen aufgewachsen und seinem Heimatort als Mitglied des Vereins für Heimatkunde eng verbunden. Im Gasthof Adlerbräu berichtete Professor Seiderer in einem kurzweiligen Vortrag über seine Forschung und die Bedeutung der Landesgeschichte  als Spezialisierung innerhalb der Geschichtswissenschaft. Außerdem stand der an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg lehrende Historiker bei Plätzchen und Wurstplatte bzw. Tee und Weißbier in lockerer Atmosphäre für allerlei Fragen zu seinem Werdegang, seiner wissenschaftlichen Arbeit und zu geschichtswissenschaftlichen Erkenntnissen über die Region zur Verfügung. „Ich freue mich, in Rahmen dieses „Heimspiels“ mit einem breiteren Publikum über die eigene Forschung und die Bedeutung landes- und regionalhistorischer Erkenntnisse für den gegenwärtigen Lebensalltag ins Gespräch zu kommen und dabei auch so manches bekannte Gesicht aus früheren Zeiten wiederzusehen“, erklärte Seiderer.

Der Austausch über die wissenschaftliche Fachdebatte hinaus ist Professor Seiderer wichtig. Es sei der Geschichtswissenschaft per se ein wichtiges Anliegen, aktuelle Forschungserkenntnisse mit der Öffentlichkeit zu teilen, diese einzubinden und sich nicht in einen vielbeschworenen Elfenbeinturm zurückzuziehen. „Die Landesgeschichte macht mit der Region, ihren historischen Hintergründen und Besonderheiten vertraut.“ Diese Expertise sei nicht zuletzt für die Arbeit der Museen, Archive und kulturellen Einrichtungen in der Region relevant. „Geschichte findet vor Ort statt“, betonte Seiderer auch mit Blick auf die Vertreter von Heimat- und Geschichtsvereinen, deren landesgeschichtliche Forschung wiederum auch an der Universität rezipiert werde. Die sich dem Vortrag anschließende Fragerunde entwickelte sich rasch zu einem regen Austausch.

Die Veranstaltungsreihe „Heimspiel Wissenschaft“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Initiative „Wissenschaftsjahre“ gefördert. Im Namen der  Besucher dankte Werner Falk, der Vorsitzende des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen, dem Wissenschaftler für seinen verständlichen Vortrag, in dem Prof. Seiderer der lokalen Geschichtsforschung Lob und Anerkennung aussprach.

Geschichte vor Ort

Prof. Dr. Georg Seiderer ist am 27. November zu Gast

Was macht eigentlich ein Landeshistoriker? Wie hat sich diese Fachrichtung innerhalb der Geschichtswissenschaft entwickelt – gerade auch an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg? Und wie genau kann ein Landeshistoriker dazu beitragen, dass Menschen in einer Region ihre Geschichte besser verstehen – und vor allem selbst an der Erforschung ihrer eigenen Regionalgeschichte mitwirken können?

All das erläutert Landeshistoriker Prof. Dr. Georg Seiderer, selbst in Gunzenhausen aufgewachsen und Mitglied im örtlichen Verein für Heimatkunde e. V, in einem kurzweiligen Vortrag am ersten Adventssonntag, 27. November, direkt nach dem Wintertrödelmarkt um 18 Uhr im Gasthof Adlerbräu, Seeadlerstube, Marktplatz 10 in Gunzenhausen. Im Anschluss an den Vortrag steht Prof. Seiderer bei einem Glühwein und Plätzchen gerne für Fragen und den Austausch zur Verfügung – der Glühwein geht auf’s Haus.
 
Die Veranstaltung ist Teil einer neuen Reihe mit dem Thema „Heimspiel Wissenschaft“, bei der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihrer Heimatgemeinde über ihre Forschung sprechen. Initiiert wird das Format von der Hochschulrektorenkonferenz, der Agentur für Wissenschaftskommunikation con gressa und dem Käte Hamburger Kolleg für Apokalyptische und Postapokalyptische Studien der Uni Heidelberg. Es wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Sühnekreuz am Wegesrand

Nun beginnt wieder die Saison der Freizeitradler. Wer auf Nummer sicher gehen will, der kann sich der neuen Fahrradkarte des Zweckverbands Altmühlsee bedienen, die in der Geschäftsstelle am Markplatz 25 gegen eine geringe Gebühr von 4,80 Euro erhältlich ist.

Sie beinhaltet neun ausgewiesene Touren. Sie sind unterschiedlich lang (18 bis 45 Kilometer), aber durchwegs recht bequem zu befahren – auch für die Radler, die sich noch ausschließlich auf ihre Muskelkraft besinnen und vom E-Bike (noch) nichts wissen wollen.

Die Touren sind jetzt ziemlich vollständig in beiden Richtungen ausgeschildert. Wer sich für die Rundtour 5 entscheidet, der kommt an den Dennenloher See, wo die Campingplatz-Gaststätte mit einigen leckeren Spezialitäten aus Russland und Polen (beide politisch völlig unkorrekt auf der gleichen Speisekarte!!) aufwartet.

Am Wegesrand findet der Radler in der “Heide”, also auf dem geteerten Weg von Großlellenfeld nach Arberg, eine 1906 errichtetes Sühnekreuz vor, das einem Bettelmann gewidmet ist. Er soll 1629 hier erschlagen – und nach der Legende – seiner drei Kreuzer beraubt worden sein. Foto: Werner Falk

Bibliothek ist für alle da

Verein für Heimatkunde und Stadtbücherei arbeiten Hand in Hand

Vereinsvorsitzender Werner Falk und Jürgen Huber von der Stadtbücherei können alle bisher erschienenen 76 Bände von “Alt-Gunzenhausen” präsentieren – und noch viel mehr an heimatkundlicher Literatur. Foto: Babett Guthmann


Gute Nachricht für alle Freunde der Heimatforschung: Die Bibliothek des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen e.V. sowie alle Ausgaben der Hefte von „Alt-Gunzenhausen“ stehen nun den Leserinnen und Lesern der Stadt- und Schulbücherei Gunzenhausen zur Verfügung. Alle derzeit 1725 Zeitschriften und Bücher bleiben im Besitz des rührigen Vereins, sind aber nun in der Bücherei untergebracht. Die ausführlichen Katalogeinträge erleichtern die Suche nach zeitgeschichtlich bedeutsamen Personen und nach heimatkundlichen Daten und Fakten. Im Online-Medienkatalog der Stadt- und Schulbücherei können Interessierte ihre Recherchen auch von zuhause aus starten.
Die Weichen für das Projekt „Magazin Heimatkunde“ stellten die damalige Büchereileiterin Monika Wopperer und der Vereinsvorsitzende Werner Falk bereits im Jahr 2013. Schritt für Schritt fand dann der Umzug der Medien und die Einarbeitung in den online verfügbaren Medienkatalog statt. Für die bibliothekarische Erschließung sorgten Jürgen Huber und Ulrike Engelhardt vom Büchereiteam. „Sowohl der Verein für Heimatkunde als auch die Bücherei mit ihrer großen Sammlung zur Geschichte der Stadt und der Region haben von der Zusammenarbeit profitiert!“, betonte Büchereileiterin Babett Guthmann und dankte WernerFalk und seinen Vorstandskollegen: „Die Bücher und Zeitschriften des Vereins sind bei uns gut untergebracht und stehen nun einer breiten Leserschaft zur Verfügung.“
Der Verein für Heimatkunde mit seinen 310 Mitgliedern hat es sich zur Aufgabe gemacht, das geschichtliche Interesse an der Region auf wissenschaftlicher Grundlage voranzubringen. In dieser Arbeit spielt die regelmäßige Veröffentlichung der Reihe „Alt-Gunzenhausen“ eine wichtige Rolle. Dies wissen auch die 60 Archive und Bibliotheken zu schätzen, die die Hefte regelmäßig erhalten. Anfragen zu wissenschaftlichen Arbeiten kommen regelmäßig auf denVerein zu und durch ihre Veröffentlichungen in „Alt-Gunzenhausen“ haben viele mitwirkendeAutorinnen und Autoren sich einen Namen in Sachen Heimatforschung gemacht. Das erste Heft erschien im Jahr 1923 als „wissenschaftlich-historische Gabe“ zum 1100-jährigen Stadtjubiläum, 2021 erschien das jüngste Heft Nummer 76. Im Büchereiangebot sind nun dank der Unterstützung des Heimatvereins alle Hefte mehrfach vorhanden.
Das Themenspektrum von Alt-Gunzenhausen ist so vielfältig wie die Forschungsgebiete der Autorinnen und Autoren: Das beliebteste und längst ausverkaufte Heft trägt die Nummer 65 und war wohl wegen des Beitrags „Heilen oder herrschen“ von Georg Fischer für viele von Interesse, denn hier wird das Wirken des Naturheilkundigen und Goldmachers Johann Reichardt seinem Zeitgenossen, dem NS-Funktionär und Gunzenhäuser Bürgermeister Johann Appler gegenübergestellt. Aus Sicht der Bücherei – so betont Jürgen Huber vom Büchereiteam – ist das Heft Nummer 35 mit „Gunzenhäuser Sagen“ aus der Feder von Hans Schlund das beliebteste und viel entliehene Heft.
Stolz ist der Vereinsvorsitzende Werner Falk auch auf die Zusammenarbeit mit dem Simon-Marius-Gymnasium, denn schon seit der Zeit von Heiner Krauß wird hier heimatgeschichtlich gearbeitet und herausragende Schülerarbeiten werden in „Alt-Gunzenhausen“ veröffentlicht. Hier sind die neueren Beiträge zur Musikgeschichte in Gunzenhausen ebenso zu erwähnen wie die vielen kleinen Mosaiksteine, die sich durch die Durchforstung von Quellen und Zeitungsberichten aus der Zeit desNationalsozialismus ergeben haben.
Im für den Dezember 2022 geplanten Jahrbuch Nummer 77 soll ein Beitrag von Stadtarchivar Werner Mühlhäußer erscheinen, in dem er auf „100 Jahre Alt-Gunzenhausen“ zurückblickt, Erfolge aufzeigt und deutlich macht, wie einzelne Persönlichkeiten die in den Heften repräsentierte Themenauswahl geprägt haben.

Suchabfragen zu allen Heften und Inhalten von Alt-Gunzenhausen sowie den Medien im Bereich Heimatkunde können im Medienkatalog der Stadt- und Schulbücherei abgerufen werden: https://opac.winbiap.net/gunzenhausen. Einen Überblick über alle Hefte und Inhaltsverzeichnisse findet man auch auf der Homepage des Vereins für Heimatkunde
Gunzenhausen: https://heimatkunde-gunzenhausen.de/