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Neu: „Alt-Gunzenhausen“

13 Beiträge von neun Autoren in der Publikation

Vorsitzender Werner Falk (Mitte) und sein Stellvertreter Werner Mühlhäußer (Schriftleiter und zugleich Stadtarchivar) präsentierten im „Wappensaal“ des sanierten Rathauses die neue Ausgabe von „Alt-Gunzenhausen“ dem Bürgermeister Karl-Heinz Fitz. Foto: StGun/Grosser

Auch im dritten Corona-Jahr war es dem Verein für Heimatkunde Gunzenhausen möglich, eine 270-seitige Ausgabe des Jahrbuchs„Alt-Gunzenhausen“ zu erstellen. Neun Autoren stammen zwölf Beiträge zur Historie der Stadt und ihres Umlands. Wie Vorsitzender Werner Falk in seinem Vorwort schreibt, kann der 1879 gegründete Verein  auf das 100-jährige Jubiläum von „Alt-Gunzenhausen“ verweisen, denn seit 1923 sind 77 Jahrbücher erschienen.

Zum treuen Autorenstamm zählt der Kreisheimatpfleger für Archäologie Werner Somplatzki (Trommetsheim).  Er geht den Spuren römischer Besiedelung am Ortsrand von Markt Berolzheim nach und orientiert sich dabei an den Forschungen von 1896. Er bekräftigt, dass es wohl in der Flur „Am Bühl“ einen römischen Gutshof gegeben haben muss, denn 1988 hat man dort 600 Funde gemacht.

Siglinde Buchner stellt „Dr. Georg von Absberg, Kanzler und Landhofmeister der Ansbacher Regierung (1461-1489) vor.  In ihrer Sissyphusarbeit dröselt sie die Familiengeschichte dieses Adelsgeschlechts auf. „Jörg“ war einer der ranghöchsten Hofbeamten des Markgafen Albrecht Achilles und als Diplomat auch im Ausland tätig. Er ist in der Spalter Stiftskirche bestattet, ein Totenschild hängt auch in der Ansbacher Gumpertuskirche.

Paul von Absberg (1451-1503) war neben dem berüchtigten Raubritter Hans Thomas von Absberg  der bekannteste Vertreter der Familie. Wie die Kreisarchivpflegerin Siglinde Buchner schildert, war er als markgräflicher Feldhauptmann an etlichen Feldzügen beteiligt. 1490 ist er Amtmann in Gunzenhausen geworden. Beim Sturz vom Pferd rammte er sich die Lanzenspitze in den Leib und starb 50-jährig somit auf tragische Weise. In der Gunzenhäuser Stadtkirche hat sein Epitaph den Platz unter der Kanzel.

„Die ehemaligen Mühlen am Brombach und Igelsbach“ nennt Dr. Daniel Schönwald (Kalbensteinberg) seine Häuserchronik, in der alle Mühlen und deren Geschichte sowie die Eigentümer vollständig auflistet. Auffallend oft stieß er bei seinen Recherchen auf die Namen Walther, Rupp und Egerer. Diese Familien sind heute noch präsent. Zum größten Teil im Brombachsee versunken sind die einstigen Anwesen: Hühnermühle, Furthmühle, Beutelmühle, Scheermühle, Neumühle, Grafenmühle, Birkenmühle, Öfeleinsmühle, Langweidmühle, Mandlesmühle, Mäusleinsmühle, Sägmühle und Griesmühle.

Von einem mysteriösen Schatzgraben 1755 im Mönchshof bei Kalbensteinberg schreibt Thomas Müller (Kalbensteinberg) unter dem Titel „So werde lauter golt daraus“. Den Kalbensteinbergern ist damals Im „Herrenwald“ eine Gestalt in weißem Gewand erschienen, die behauptete, es würden Gold und Edelsteine zu finden sein. Der „Kalber“ Schäfer Goll und sein Sohn, der Igelsbacher Schäfer und ein „Catholischer Geistlicher“ waren  neben dem Schuster Rothenberger involviert. Es fand sich aber nur eine wertlose Büchse mit einem geschliffenen Stein, aufgefädelten Glasperlen, einem Weißdraht und viele Erde. Man war einem Gauner aufgesessen. Vor „Schatzgräbern und herumschweifendem Gesindel, das keinesweges geduldet werden darf“, hatte die markgrafläche Verwaltung gewarnt.

Der Vogelfang war bis in das 18. Jahrhundert für die Ärmsten der Armen eine Möglichkeit, an Geld zu kommen. Sie handelten mit  Wacholderdrosseln und anderen Singvögeln auf Märkten. In den Küchen von reichen Nürnberger Patriziern gab es „gebratene Lerchen in einer Brüh“ oder auch „gespickte Trosseln“. Thomas Müller  skizziert den Kalbensteinberger Vogelfänger Johann Michael Lutz (1774-1798) unter dem Titel „Ein Vogelfänger bin ich ja“ und geht darauf ein, dass es auch heute noch die Fangplätze unter dem Flur- und Straßennamen „Vogelherd“ beispielsweise  in Haundorf, Brombach, Heidenheim und Schwabach (ganzer Stadtteil) gibt. 1809 ist der Vogelfang in Bayern amtlicherseits verboten worden.

Dem Hesselberg widmet sich Thomas Freller indem er den markgräflichen Autor, Zeichner, Kupferstecher und Graveur Johann Gottfried Köppelvorstellt und auf dessen literarische Hinterlassenschaften eingeht. Seinen Beitrag nennt er eine Miszelle zur Identität des Autors eines „Schreiben eines Freundes über den Hesselberg im Anspachischen“.  Köppel (1748 geboren) war Kanzleiinspektor bei Markgraf Alexander. Er schrieb als anonymer Autor im „Fränkischen Archiv“ und im „Museum für Künstler und Kunstliebhaber“ seine Wahrnehmungen in Unterschwaningen, am Hahnenkamm und am Hesselberg, Auf der Gelben Bürg ist „außer Eberwurz nicht des geringste Kräutlein zu finden“ notierte er, und „die Erde ist so schwarz wie Kühnruß“. Den „Hunnenkamp“ nahm er als Wacholderbrachfläche wahr. Das Unterschwaninger Schloss fiel ihm als „niedlich und modern meubliert“ auf. Den Hesselberg rühmt er: „Die Aussicht vom Ätna hat nicht alle die Vollkommenheiten, die uns die Aussicht des Hesselbergs darstellt“. 1786 soll er über „eine kleine Reise in den Altmühlgrund nach Gunzenhausen“ geschrieben haben.

Dominik Rieger porträtiert in seinem Beitrag „Gunzenhausens erster  Stadtmusikmeister Christian Ludwig Fürst“.  Er wurde 1859  der Nachfolger von C.F. Moebius,  den Laura Meyer im Jahrbuch 75 vorstellte.Im Gegensatz zu seinem Vorgänger, der im Streit mit der Stadt geschieden war, musste Fürst nicht mehr zusätzlich auch als Türmer tätig sein. Er stammte aus Heidenheim und wird als „friedliebend und im Umgang sehr gefällig“ beschrieben. Von Möbius übernahm er auch die musikalische Leitung des „Liederkranzes“. Lebensglück war ihn nicht beschieden, denn zwei seiner Töchter starben innerhalb einer Woche an der damals grassierenden Keuchhusten-Epedemie.

Eva Reineke befasst sich mit dem „Geologen Dr. Ludwig von Ammon (1850-1922)“, einem Sohn der Stadt Gunzenhausen, auch wenn dieser nur wenige Kindheitsjahre in der Stadt verbrachte, wo sein Vater als Landgerichtsassessor tätig war. Der Naturwissenschaftler wirkte an der geologischen Beschreibung und Kartierung Bayerns mit, war aber ein Mensch „von gewissem Sonderlingswesen verfallener Eigenart“.

2012 hat das Stadtarchiv Gunzenhausen  ein 60 mal 48 cm großes Bild geschenkt bekommen, das die Gunzenhäuser Bäcker zeigt. Jetzt beschreibt Stadtarchivar Werner Mühlhäußer „Das Bild der Bäckerinnung in Gunzenhausen von 1896“, stellt alle eingerahmten 18 Meister vor und schildert die Zunftordnung der Bäcker von 1888, in deren Statut „die Pflege des Gemeingeistes sowie die Aufrechterhaltung und Stärkung der Standesehre, der Förderung des gedeihlichen Verhältnisses zwischen Meistern und Gesellen“ hervorhoben wird. Die Fotos stammen übrigens von dem „Photographen Atelier G. M. Fettinger von der Schäupeleinsmühle in Gunzenhausen“.

„Werter Herr Kreisleiter!“. Stadtarchivar Werner Mühlhäußer wertet Feldpostsendungen an den einstigen NS-Kreisleiter Johann Appler aus, der auch Gunzenhäuser Bürgermeister (1936-1945) und Reichstagsabgeordneter (ab 1933) war.  Im Archiv sind 160 dieser Briefe von Frontsoldaten an den Kreisleiter unter dem Kapitel „Feldpost der Gefolgschaftsmitglieder“ aufbewahrt. 34 greift Mühlhäußer heraus. Zitiert werden bekannte Gunzenhäuser Parteigänger, so u.a. der Autohausgründer Max Halbig:  „Meinem Grundsatz bleibe ich treu, wenn ich sterben muß, sterbe ich gerne für Adolf Hitler, unseren heißgeliebten Führer“.  Und Wolfgang Rathsam, später Finanzbeamter, äußerte sich radikal: „Wenn man diese Tiere von Menschen (die Polen, d.Red) ansah, hätte man buchstäblich nur eines tun können, nämlich niederknallen“.  Karl Rieger schrieb aus Straßburg: „Alles, was französisch ist, wird rausgeworfen!“

Werner Mühlhäußer erinnert an das Heimatspiel „Kreuz im Altmühltal“, das 1922 das erste Mal in Gunzenhausen aufgeführt wurde.. Gerbermeister Gustav Schneider hat damals aus der Sage und einem Gedicht das Theaterstück verfasst.  Es wurde im „Adlerbräu“-Saal präsentiert, Schneider dufte die Premiere erleben, ist aber wenige Tage danach verstorben. Später war der Aufführungsort die „Waldbühne“ am Röschelskeller. Übrigens: „Kreuz im Altmühltal“ lebt im Jubiläumsjahr 2022 neu auf. Man darf auf die neue, zeitgemäße Inszenierung gespannt sein.

Die Serie „Lebensbilder bekannter Gunzenhäuser“, zuletzt 1994 im Jahrbuch 49 erschienen, setzt Werner Falk fort. Er porträtiert den Kürschnermeister Heinz Beck, Verkehrsamtsleiter Christof Beck, Abteilungsleiter Dr. Hans Kirsch, Polizeibeamten Hans Billmann, Rektor Otto Bauer und den Verwaltungsbeamten Otto Kleemann.

Die Publikation „Alt-Gunzenhausen“ ist im Gunzenhäuser Buchhandel für 15 Euro erhältlich.

Die Bäcker von Gunzenhausen

Stadtarchivar Mühlhäußer dokumentiert das alte Handwerk

Von 1896 stammt dieses Bäckerbild mit allen Handwerksmeistern dieser Zeit. Foto: Stadtarchiv Gunzenhausen

Großformatige Fotomontagen von Gunzenhäuser  Gesellschaften und Vereinen sind heute fast ausschließlich nur noch im Museum zu sehen. Eines – und zwar das der Bäckerinnung Gunzenhausen –  ist durch eine Schenkung in den Besitz des Stadtarchivs gelangt. 18 einzelne in Passepartouts gefasste Fotografien sind auf dem Bäckerbild aus dem Jahr 1896 zu sehen. Stadtarchivar Werner Mühlhäußer hat das Vereinsbild zum Anlass genommen, um zu forschen. Das Ergebnis ist im neuen Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“  zu lesen, das vom Verein für Heimatkunde herausgegeben wird.

Bevor die bayerische Verwaltungsreform von 1808 und die Sozialgesetze im Deutschland des 19. Jahrhunderts die Gewerbefreiheit für die Handwerksberufe brachten, waren die Zunftordnungen gültig. Die Bürgeraufnahmebücher von Gunzenhausen liefern Informationen für die Jahre von 1550 bis 1868. Weitere Erkenntnisse liefern die 1534 angelegten Kirchenbücher. Erst schriftliche Nachweise von Gunzenhäusern Bäckern sind ihnen zu entnehmen.

Den Bürgeraufnahmebüchern ist zu entnehmen, dass in diesen rund 300 Jahren eine ganze Reihe von Handwerkern in der Stadt ansässig war. Die meisten stellten die Schuhmacher, dann folgten (in dieser Reihenfolge) die Wirte, die Bäcker, Metzger, Schneider, Maurer, Gerber, Weber, Bierbrauer und Zimmermänner. Anstelle der Bäckerzunft agierte ab 1829 der Bäckerfachverein, der 1888 in eine Innung umgewandelt wurde. Die Statuten markieren die Ziele der Innung: Pflege des Gemeingeistes, Stärkung der Standesehre, Förderung des gedeihlichen Verhältnisses zwischen Meistern und Gesellen und sittliche Ausbildung der „Stiften“.

Das Bäckerbild ist handwerklich eine Leistung von Georg Michael Fettinger, der eigentlich Müller (und Inhaber der Scheupeleinsmühle) war, jedoch eine persönlich starke Leidenschaft für das Fotografieren hatte und ein eigenes Fotoatelier einrichtete. Sein Sohn Jakob Heinrich übernahm es 1899 und erbaute es neu in der Bahnhofstraße 31.

Erster Innungsobermeister war Johann Friedrich Huber, dessen Frau 1906 in der  Bäckerei ums Leben kam, als beim Befüllen einer Benzinlampe Feuer ausbrach. „Missliche Vermögensverhältnisse“ führten dazu, dass sich der Meister 1913 das Leben nahm. Sohn Heinrich übernahm das Geschäft in der Bahnhofstraße 15 (heute: Hörgeräte Eisen) und führte es bis 1960. Nachfolger Karl Reissig war bis 1976 tätig.

Friedrich Karl Lechner war 1913 bis 1935 der Obermeister. Er übernahm das Anwesen in der Rathausstraße 9. Dort lässt sich schon 1612 ein Bäcker namens Michael Gerber  in der Schmidgasse (früherer Straßenname) nachweisen. Sein Nachfolger betrieb zudem eine Schankwirtschaft, was damals vielfach üblich war. Er erlaubte Stallknechten und markgräflichen Husaren das verbotene Kartenspiel, zahlte 1746 notgedrungen das Strafgeld von 30 Gulden, um nicht eingesperrt zu werden. Bis 1960 wurde erwerbsmäßig Brot gebacken.

Der aus Unterwurmbach stammende Johann Loy war Kassier. Mit der Gastwirtstochter Maria Knoll aus Merkendorf hatte er elf Kinder. In der früheren Hafnerwerkstatt in der Nürnberger Straße 15 eröffnete er eine Bäckerei, die 1920 sein Schwiegersohn Friedrich Buchner übernahm, der später als Obermeister fungierte und den Betrieb bis 1963 führte.

Aus Sausenhofen kam Johann Friedrich Bach, der 1886 das Walmdachhaus in der Gerberstraße 8 erwarb. Er hatte zugleich eine Mehlhandlung. Später verkaufte er das Anwesen und erwarb das Haus in der Sonnenstraße 16, in dem er eine Kolonialwarenhandlung einrichtete.

Der Langlauer Friedrich Ludwig Barthel kam 1888 in die Stadt und betrieb sein Handwerk in der Gerberstraße 11. Hochverschuldet musste er aber später an den Metzger und Wirt A.P. Guthmann verkaufen. Es folgten weitere Bäckermeister – und 1922 mit Rosina Linse sogar die erste bayerische Bäckermeisterin. Deren Sohn Xaver (Stadtrat) übernahm das Geschäft 1961 und übergab es 1977 an Edwin Rohr, der es 2004 aufgab.

Von dem aus Rehenbühl stammenden  Johann Baumgärtner ist bekannt, dass er das Haus in der Sonnenstraße 1 von Wilhelm Vorbrugg erwarb. Schon 1734 war dort eine Bäckerei ansässig. Der Nachkomme Werner Baumgärtner leitete das Geschäft ab 1961 (heute: Cafe Wehrgang).

Georg Heinrich Emmerling, der 1872 aus Brand nach Gunzenhausen kam, erwarb das Haus Marktplatz 19, sein Bruder das Haus in der Oettinger Straße 3. Die „Weinstube Emmerling“  geht auf das Jahr 1873 zurück, der Neubau entstand 1887.  Die Bäckertradition in der Familie endete 1978, als Ludwig Emmerling verkaufte.

Der Heidenheimer Johann Friedrich Högner übernahm die wohl älteste Bäckerei (schon 1642 urkundlich erwähnt) am Marktplatz 41a. Das große Wohn- und Geschäftshaus brannte am Gründonnerstag des Jahres 1915 so stark ab, dass es neu aufgebaut werden musste. Zudem waren zwei Todesopfer zu beklagen.  Von 1959 bis 1979 war Wilhelm Högner der Hausherr.

Der aus Bühl bei Nördlingen stammende Friedrich Karl Meidert erwarb 1893 das Haus in der Kirchenstraße 4, das als eines der ältesten Gebäude gilt (zwischen 1450 und 1500 erbaut).

1889 kam Johann Georg Minnameyer in die Stadt, um  das Anwesen im Auweg 5 zu erwerben, später verlegte er den Betrieb in die Weißenburger Straße 23. Enkeltochter Frieda („Friedi“) betrieb mit ihrem Mann Friedrich Moßhammer das Geschäft bis 1994.

Weitere Bäckermeister waren der aus Ansbach stammende Georg Adam Mohrenhardt (Oettinger Straße 3) und Wilhelm Christian Moßhammer (erst Hensoltstraße 36, dann Weißenburger Straße 12). Der Pfofelder Johann Adam Schönecker war in der Weißenburger Straße 2 aktiv, der spätere Eigentümer Johann Hermann (ebenfalls aus Pfofeld) gab das Gewerbe 1937 auf.  Johann Michael Ströhlein (Zur Altmühl 2)  verpflichtete in seinem Testament die Bäckerinnung, für seine Grabpflege zu sorgen. Jeder von den Handwerkskollegen hatte zudem für den Leichenschmaus für 70 Pfennige Brot zu liefern. In der Waagstraße 5 hatte Johann Karl Uhlmann sein Geschäft, das seine Tochter und deren Mann Friedrich Wagner 1961 aufgegeben haben. Ludwig Wilhelm Vorbrugg heiratete 1868 die Witwe des Bäckermeisters Ludwig Ries (Sonnenstraße 1) und veräußerte den Betrieb 1892 an Johann Baumgärtner. Die aus einer Weißenburger Bäckerfamilie stammende Amalie Magdalena Roth heiratete 1866 den aus Bieswang stammenden Johann Friedrich Wild und führte mit ihm die Bäckerei in der Gerberstraße 3, die seit 1823 bestand.  Aus Dittenheim kam Georg Leonhard Wöllmer, der mit der Sammenheimerin Eva Margarethe Hetzner verheiratet war. Beide übernahmen die Bäckerei in der Burgstallstraße 8 (später Kolonialwaren- und Delikatessengeschäft).

WERNER FALK

Festspiel erlebt Renaissance

2023 kommt es zu einer zeitgemäßen Inszenierung

1963 war die letzte Aufführung des Stücks auf der Waldbühne. Foto: StGun/Archiv

Es ist eine romantisch-anrührende Legende: Das Kreuz im Altmühltal.  Schon im 19. Jahrhundert war sie Stoff für ein Heimatspiel. 1869 ist es als „romantisches Ritterschauspiel aus Gunzenhausen“ erstmals aufgeführt worden, und zwar von einer Wanderbühne. Der mit literarischem Interesse ausgestattete Rotgerbermeister Gustav Schneider bearbeitete das Volksschauspiel  danach neu. Im Dezember 1922 – also vor 100 Jahren – war die Premiere mit einheimischen Darstellern im Adlerbräu-Saal. Zum 1200-jährigen Stadtjubiläum wird es heuer eine neue Inszenierung geben, und zwar am 21. Juli im Falkengarten. Außerdem plant die Stadtbücherei eine Ausstellung vom 20. Juli bis 25. August.

Stadtarchivar Werner Mühlhäußer widmet sich im neuen Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“  dem Heimatschauspiel, das unter den Gunzenhäusern im 19. und 20. Jahrhundert zu den kulturellen Höhepunkten zählte. Zugrunde liegt die Sage von einer Liebesgeschichte das Ritters Burkhard von Seckendorff mit der Fischerstochter Hedwig. Er soll auf der Jagd anstatt eines Rehes seine beerenpflückende Geliebte mit einem Schuss aus der Armbrust getötet  und aus  Reue das Gunzenhäuser Heilig-Geist-Spital gegründet und das Denkmal errichtet haben. Historischer Fakt aber ist, dass der Adelige 1349 die Stadt erwarb und auch 1351 die Spitalstiftung ins Leben rief  – aber nicht als Zeichen der Reue und um Buße zu tun, sondern zu seinem eigenen Seelenheil. Wie er es wollte, ist bis heute sein Grabmal in der Spitalkirche zu bewundern. Wie Historiker herausgefunden haben, gibt es keinen Zusammenhang zwischen dem Bildstock mit der Jahreszahl 1442 an der Oettinger Straße und Burkhard von Seckendorff.

 „In dem Thale mild und freundlich/an der Altmühl grünem Strand/blüht ein Städtchen rein und niedlich/Gunzenhausen wird’s genannt“.  So lautet einer der Verse der Sage, als deren früheste Quelle das Gedicht (32 Verse) von Fanny von Stichaner gilt.  Sie war als Tochter eines hohen Ansbacher Beamten mit dem königlich-bayerischen Forstmeister verheiratet, der zwei Jahre (bis 1835) in Gunzenhausen amtierte. Einen weiteren Zyklus aus 23 Gedichten schrieb Georg Scheurlin, der auch den „Scharfrichter von Rothenburg“ literarisch verewigte.

Es waren immer wieder Wanderbühnen, die das Stück inszenierten. 1869 war wohl die Premiere. „Auf allseitiges Verlangen“ gab es im 19. Jahrhundert noch weitere Aufführungen. Man hatte sogar Pläne, das Stück jedes Jahr auf die Bühne zu bringen, aber der Erste Weltkrieg verhinderte das. Erst 1919 ging es weiter.

Gustav Schneider übernahm 1897 von seinem Vater die Gerberei. Das Handwerk sollte seine Zukunft bestimmen, auch die Heirat mit der Wassermungenauer Müllerstochter Anna Margaretha Braun bestärkte diesen Lebenslauf. Seine große Liebe aber galt dem Theater. In der Lateinschule hatte  er seine frühe Prägung erfahren.  Er schuf u..a. das Bühnenstück „Der Seegeist“.  Wer  weiß,  vielleicht erlangt es im Lichte des Altmühlsees ungeahnte Aktualität. Schneider  gelang es, 86 Sponsoren für seinen Festspielgedanken zu erwärmen. Ein Dorn im Auge waren ihm aber die auswärtigen Wanderbühnen. Auf Drängen des Festspielausschusses ließ sich der Stadtrat erweichen, den Schaupielergruppen die Aufführung des Heimatstücks zu untersagen. Vor allem Dr. Heinrich Eidam war damals einer der Wortführer. Ein Ensemble aus 17 Gunzenhäusern bildete den Kern der Schauspieler, die am 9. Dezember 1922 zur ersten Aufführung auftraten. Inflationsbedingt waren die Eintrittspreise bis auf 80 Mark hochgeklettert.  Der Auftritt übertraf alle Erwartungen. Marie Arnold spielte die Hedwig „mit anziehender Lieblichkeit“ und Obersekretär Böhner den Burkhard „mit Würde und ergreifender Innigkeit“. Viele Gunzenhäuser halfen hinter der Bühne mit. Schätzungen zufolge besuchten 3200 Personen die acht Vorstellungen. Einer allerdings war nicht mehr dabei: Gustav Schneider. Schwer krank konnte den „triumpfhalen Erfolg“ seines Theaterstücks nicht mehr erleben, am dritten Aufführungstag starb er.

In den zwanziger und dreißiger Jahren erlebten die Gunzenhäuser weitere 25 Aufführungen der „Spielervereinigung Kreuz im Altmühltal“ (1924 gegründet). Nach dem Zweiten Weltkrieg war eine nicht vorstellbare Begeisterung feststellbar. An der Sparkasse standen die Menschen Schlange, um eine Eintrittskarte zu ergattern. So mussten 14 Vorstellungen gegeben werden, die von 7200 Leuten besucht wurden.  Der Bürgermeister versprach allen Akteuren „ein Stück Freibankfleisch 1a“.

Wie Autor Werner Mühlhäußer feststellt, gab es erstmals 1953 das Theater unter freiem Himmel, und zwar auf der Waldbühne am Röschelskeller. Man mag sich die begeisterte Zustimmung heute gar nicht mehr vorstellen: 8000 kamen zu den neun Vorstellungen.  1963 steht für das Ende. Aber immerhin: 2023  wird es eine neue Inszenierung des Heimatschauspiels  geben.

WERNER FALK

Das Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen ist für 15 Euro im Gunzenhäuser Buchhandel erhältlich.

Die Bäcker von Gunzenhausen

Seit 1888 gibt es die Bäckerinnung

Das Bäckerbild von 1896 wird in der neuen Ausgabe von „Alt-Gunzenhausen“ beschrieben.

Großformatige Fotomontagen von Gunzenhäuser  Gesellschaften und Vereinen sind heute fast ausschließlich nur noch im Museum zu sehen. Eines – und zwar das der Bäckerinnung Gunzenhausen –  ist durch eine Schenkung in den Besitz des Stadtarchivs gelangt. 18 einzelne in Passepartouts gefasste Fotografien sind auf dem Bäckerbild aus dem Jahr 1896 zu sehen. Stadtarchivar Werner Mühlhäußer hat das Vereinsbild zum Anlass genommen, um zu forschen. Das Ergebnis ist im neuen Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“  zu lesen, das vom Verein für Heimatkunde herausgegeben wird.

Bevor die bayerische Verwaltungsreform von 1808 und die Sozialgesetze im Deutschland des 19. Jahrhunderts die Gewerbefreiheit für die Handwerksberufe brachten, waren die Zunftordnungen gültig. Die Bürgeraufnahmebücher von Gunzenhausen liefern Informationen für die Jahre von 1550 bis 1868. Weitere Erkenntnisse liefern die 1534 angelegten Kirchenbücher. Erst schriftliche Nachweise von Gunzenhäusern Bäckern sind ihnen zu entnehmen.

Den Bürgeraufnahmebüchern ist zu entnehmen, dass in diesen rund 300 Jahren eine ganze Reihe von Handwerkern in der Stadt ansässig war. Die meisten stellten die Schuhmacher, dann folgten (in dieser Reihenfolge) die Wirte, die Bäcker, Metzger, Schneider, Maurer, Gerber, Weber, Bierbrauer und Zimmermänner. Anstelle der Bäckerzunft agierte ab 1829 der Bäckerfachverein, der 1888 in eine Innung umgewandelt wurde. Die Statuten markieren die Ziele der Innung: Pflege des Gemeingeistes, Stärkung der Standesehre, Förderung des gedeihlichen Verhältnisses zwischen Meistern und Gesellen und sittliche Ausbildung der „Stiften“.

Das Bäckerbild ist handwerklich eine Leistung von Georg Michael Fettinger, der eigentlich Müller (und Inhaber der Scheupeleinsmühle) war, jedoch eine persönlich starke Leidenschaft für das Fotografieren hatte und ein eigenes Fotoatelier einrichtete. Sein Sohn Jakob Heinrich übernahm es 1899 und erbaute es neu in der Bahnhofstraße 31.

Erster Innungsobermeister war Johann Friedrich Huber, dessen Frau 1906 in der  Bäckerei ums Leben kam, als beim Befüllen einer Benzinlampe Feuer ausbrach. „Missliche Vermögensverhältnisse“ führten dazu, dass sich der Meister 1913 das Leben nahm. Sohn Heinrich übernahm das Geschäft in der Bahnhofstraße 15 (heute: Hörgeräte Eisen) und führte es bis 1960. Nachfolger Karl Reissig war bis 1976 tätig.

Friedrich Karl Lechner war 1913 bis 1935 der Obermeister. Er übernahm das Anwesen in der Rathausstraße 9. Dort lässt sich schon 1612 ein Bäcker namens Michael Gerber  in der Schmidgasse (früherer Straßenname) nachweisen. Sein Nachfolger betrieb zudem eine Schankwirtschaft, was damals vielfach üblich war. Er erlaubte Stallknechten und markgräflichen Husaren das verbotene Kartenspiel, zahlte 1746 notgedrungen das Strafgeld von 30 Gulden, um nicht eingesperrt zu werden. Bis 1960 wurde erwerbsmäßig Brot gebacken.

Der aus Unterwurmbach stammende Johann Loy war Kassier. Mit der Gastwirtstochter Maria Knoll aus Merkendorf hatte er elf Kinder. In der früheren Hafnerwerkstatt in der Nürnberger Straße 15 eröffnete er eine Bäckerei, die 1920 sein Schwiegersohn Friedrich Buchner übernahm, der später als Obermeister fungierte und den Betrieb bis 1963 führte.

Aus Sausenhofen kam Johann Friedrich Bach, der 1886 das Walmdachhaus in der Gerberstraße 8 erwarb. Er hatte zugleich eine Mehlhandlung. Später verkaufte er das Anwesen und erwarb das Haus in der Sonnenstraße 16, in dem er eine Kolonialwarenhandlung einrichtete.

Der Langlauer Friedrich Ludwig Barthel kam 1888 in die Stadt und betrieb sein Handwerk in der Gerberstraße 11. Hochverschuldet musste er aber später an den Metzger und Wirt A.P. Guthmann verkaufen. Es folgten weitere Bäckermeister – und 1922 mit Rosina Linse sogar die erste bayerische Bäckermeisterin. Deren Sohn Xaver (Stadtrat) übernahm das Geschäft 1961 und übergab es 1977 an Edwin Rohr, der es 2004 aufgab.

Von dem aus Rehenbühl stammenden  Johann Baumgärtner ist bekannt, dass er das Haus in der Sonnenstraße 1 von Wilhelm Vorbrugg erwarb. Schon 1734 war dort eine Bäckerei ansässig. Der Nachkomme Werner Baumgärtner leitete das Geschäft ab 1961 (heute: Cafe Wehrgang).

Georg Heinrich Emmerling, der 1872 aus Brand nach Gunzenhausen kam, erwarb das Haus Marktplatz 19, sein Bruder das Haus in der Oettinger Straße 3. Die „Weinstube Emmerling“  geht auf das Jahr 1873 zurück, der Neubau entstand 1887.  Die Bäckertradition in der Familie endete 1978, als Ludwig Emmerling verkaufte.

Der Heidenheimer Johann Friedrich Högner übernahm die wohl älteste Bäckerei (schon 1642 urkundlich erwähnt) am Marktplatz 41a. Das große Wohn- und Geschäftshaus brannte am Gründonnerstag des Jahres 1915 so stark ab, dass es neu aufgebaut werden musste. Zudem waren zwei Todesopfer zu beklagen.  Von 1959 bis 1979 war Wilhelm Högner der Hausherr.

Der aus Bühl bei Nördlingen stammende Friedrich Karl Meidert erwarb 1893 das Haus in der Kirchenstraße 4, das als eines der ältesten Gebäude gilt (zwischen 1450 und 1500 erbaut).

1889 kam Johann Georg Minnameyer in die Stadt, um  das Anwesen im Auweg 5 zu erwerben, später verlegte er den Betrieb in die Weißenburger Straße 23. Enkeltochter Frieda („Friedi“) betrieb mit ihrem Mann Friedrich Moßhammer das Geschäft bis 1994.

Weitere Bäckermeister waren der aus Ansbach stammende Georg Adam Mohrenhardt (Oettinger Straße 3) und Wilhelm Christian Moßhammer (erst Hensoltstraße 36, dann Weißenburger Straße 12). Der Pfofelder Johann Adam Schönecker war in der Weißenburger Straße 2 aktiv, der spätere Eigentümer Johann Hermann (ebenfalls aus Pfofeld) gab das Gewerbe 1937 auf.  Johann Michael Ströhlein (Zur Altmühl 2)  verpflichtete in seinem Testament die Bäckerinnung, für seine Grabpflege zu sorgen. Jeder von den Handwerkskollegen hatte zudem für den Leichenschmaus für 70 Pfennige Brot zu liefern. In der Waagstraße 5 hatte Johann Karl Uhlmann sein Geschäft, das seine Tochter und deren Mann Friedrich Wagner 1961 aufgegeben haben. Ludwig Wilhelm Vorbrugg heiratete 1868 die Witwe des Bäckermeisters Ludwig Ries (Sonnenstraße 1) und veräußerte den Betrieb 1892 an Johann Baumgärtner. Die aus einer Weißenburger Bäckerfamilie stammende Amalie Magdalena Roth heiratete 1866 den aus Bieswang stammenden Johann Friedrich Wild und führte mit ihm die Bäckerei in der Gerberstraße 3, die seit 1823 bestand.  Aus Dittenheim kam Georg Leonhard Wöllmer, der mit der Sammenheimerin Eva Margarethe Hetzner verheiratet war. Beide übernahmen die Bäckerei in der Burgstallstraße 8 (später Kolonialwaren- und Delikatessengeschäft).

WERNER FALK

„Alt-Gunzenhausen“ ist ab sofort im Gunzenhäuser Buchhandel für 15 Euro erhältlich.

Stadtgeschichte auf 270 Seiten

Alt-Gunzenhausen ist neu erschienen

Die Geschichte der Gunzenhäuser Bäcker wird im neuen Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ von Stadtarchivar Werner Mühlhäußer dargestellt. Das Foto von 1896 ist zugleich das Titelbild der aktuellen Publikation des Vereins für Heimatkunde.

Auch im dritten Corona-Jahr war es dem Verein für Heimatkunde e.V. möglich, eine umfangreiche Ausgabe von „Alt-Gunzenhausen“ zu erstellen. Vorsitzender Werner Falk und sein Stellvertreter Werner Mühlhäußer danken den neun Autoren ebenso wie den Sponsoren. Ohne sie wäre die Publikation nicht vorstellbar. Im Herbst 2022 befinden wir uns an der Schwelle zum Jubiläumsjahr 2023, das gekennzeichnet ist vom 1200-jährigen Stadtjubiläum, zugleich kann der Verein für Heimatkunde auf das 100-jährige Jubiläum von „Alt-Gunzenhausen. Seit 1923 sind 77 Jahrbücher erschienen. Anlassbezogen soll im nächsten Jahr ein repräsentativ aufgemachtes Jahrbuch erscheinen.

Zum treuen Autorenstamm zählt der Kreisheimatpfleger für Archäologie Werner Somplatzki (Trommetsheim).  Er geht den Spuren römischer Besiedelung am Ortsrand von Markt Berolzheim nach und orientiert sich dabei an den Forschungen von 1896. Er bekräftigt, dass es wohl in der Flur „Am Bühl“ einen römischen Gutshof gegeben haben muss, denn 1988 hat man dort 600 Funde gemacht.

Siglinde Buchner stellt „Dr. Georg von Absberg, Kanzler und Landhofmeister der Ansbacher Regierung (1461-1489) vor.  In ihrer Sissyphusarbeit dröselt sie die Familiengeschichte dieses Adelsgeschlechts auf. „Jörg“ war einer der ranghöchsten Hofbeamten des Markgafen Albrecht Achilles und als Diplomat auch im Ausland tätig. Er ist in der Spalter Stiftskirche bestattet, ein Totenschild hängt auch in der Ansbacher Gumpertuskirche.

Paul von Absberg (1451-1503) war neben dem berüchtigten Raubritter Hans Thomas von Absberg  der bekannteste Vertreter der Familie. Wie die Kreisarchivpflegerin Siglinde Buchner schildert, war er als markgräflicher Feldhauptmann an etlichen Feldzügen beteiligt. 1490 ist er Amtmann in Gunzenhausen geworden. Beim Sturz vom Pferd rammte er sich die Lanzenspitze in den Leib und starb 50-jährig somit auf tragische Weise. In der Gunzenhäuser Stadtkirche hat sein Epitaph den Platz unter der Kanzel.

„Die ehemaligen Mühlen am Brombach und Igelsbach“ nennt Dr. Daniel Schönwald (Kalbensteinberg) seine Häuserchronik, in der alle Mühlen und deren Geschichte sowie die Eigentümer vollständig auflistet. Auffallend oft stieß er bei seinen Recherchen auf die Namen Walther, Rupp und Egerer. Diese Familien sind heute noch präsent. Zum größten Teil im Brombachsee versunken sind die einstigen Anwesen: Hühnermühle, Furthmühle, Beutelmühle, Scheermühle, Neumühle, Grafenmühle, Birkenmühle, Öfeleinsmühle, Langweidmühle, Mandlesmühle, Mäusleinsmühle, Sägmühle und Griesmühle.

Von einem mysteriösen Schatzgraben 1755 im Mönchshof bei Kalbensteinberg schreibt Thomas Müller (Kalbensteinberg) unter dem Titel „So werde lauter golt daraus“. Den Kalbensteinbergern ist damals Im „Herrenwald“ eine Gestalt in weißem Gewand erschienen, die behauptete, es würden Gold und Edelsteine zu finden sein. Der „Kalber“ Schäfer Goll und sein Sohn, der Igelsbacher Schäfer und ein „Catholischer Geistlicher“ waren  neben dem Schuster Rothenberger involviert. Es fand sich aber nur eine wertlose Büchse mit einem geschliffenen Stein, aufgefädelten Glasperlen, einem Weißdraht und viele Erde. Man war einem Gauner aufgesessen. Vor „Schatzgräbern und herumschweifendem Gesindel, das keinesweges geduldet werden darf“, hatte die markgrafläche Verwaltung gewarnt.

Der Vogelfang war bis in das 18. Jahrhundert für die Ärmsten der Armen eine Möglichkeit, an Geld zu kommen. Sie handelten mit  Wacholderdrosseln und anderen Singvögeln auf Märkten. In den Küchen von reichen Nürnberger Patriziern gab es „gebratene Lerchen in einer Brüh“ oder auch „gespickte Trosseln“. Thomas Müller  skizziert den Kalbensteinberger Vogelfänger Johann Michael Lutz (1774-1798) unter dem Titel „Ein Vogelfänger bin ich ja“ und geht darauf ein, dass es auch heute noch die Fangplätze unter dem Flur- und Straßennamen „Vogelherd“ beispielsweise  in Haundorf, Brombach, Heidenheim und Schwabach (ganzer Stadtteil) gibt. 1809 ist der Vogelfang in Bayern amtlicherseits verboten worden.

Dem Hesselberg widmet sich Thomas Freller indem er den markgräflichen Autor, Zeichner, Kupferstecher und Graveur Johann Gottfried Köppel vorstellt und auf dessen literarische Hinterlassenschaften eingeht. Seinen Beitrag nennt er eine Miszelle zur Identität des Autors eines „Schreiben eines Freundes über den Hesselberg im Anspachischen“.  Köppel (1748 geboren) war Kanzleiinspektor bei Markgraf Alexander. Er schrieb als anonymer Autor im „Fränkischen Archiv“ und im „Museum für Künstler und Kunstliebhaber“ seine Wahrnehmungen in Unterschwaningen, am Hahnenkamm und am Hesselberg, Auf der Gelben Bürg ist „außer Eberwurz nicht des geringste Kräutlein zu finden“ notierte er, und „die Erde ist so schwarz wie Kühnruß“. Den „Hunnenkamp“ nahm er als Wacholderbrachfläche wahr. Das Unterschwaninger Schloss fiel ihm als „niedlich und modern meubliert“ auf. Den Hesselberg rühmt er: „Die Aussicht vom Ätna hat nicht alle die Vollkommenheiten, die uns die Aussicht des Hesselbergs darstellt“. 1786 soll er über „eine kleine Reise in den Altmühlgrund nach Gunzenhausen“ geschrieben haben.

Dominik Rieger porträtiert in seinem Beitrag „Gunzenhausens erster  Stadtmusikmeister Christian Ludwig Fürst“.  Er wurde 1859  der Nachfolger von C.F. Moebius,  den Laura Meyer im Jahrbuch 75 vorstellte.Im Gegensatz zu seinem Vorgänger, der im Streit mit der Stadt geschieden war, musste Fürst nicht mehr zusätzlich auch als Türmer tätig sein. Er stammte aus Heidenheim und wird als „friedliebend und im Umgang sehr gefällig“ beschrieben. Von Möbius übernahm er auch die musikalische Leitung des „Liederkranzes“. Lebensglück war ihn nicht beschieden, denn zwei seiner Töchter starben innerhalb einer Woche an der damals grassierenden Keuchhusten-Epedemie.

Eva Reineke befasst sich mit dem „Geologen Dr. Ludwig von Ammon (1850-1922)“, einem Sohn der Stadt Gunzenhausen, auch wenn dieser nur wenige Kindheitsjahre in der Stadt verbrachte, wo sein Vater als Landgerichtsassessor tätig war. Der Naturwissenschaftler wirkte an der geologischen Beschreibung und Kartierung Bayerns mit, war aber ein Mensch „von gewissem Sonderlingswesen verfallener Eigenart“.

2012 hat das Stadtarchiv Gunzenhausen  ein 60 mal 48 cm großes Bild geschenkt bekommen, das die Gunzenhäuser Bäcker zeigt. Jetzt beschreibt Stadtarchivar Werner Mühlhäußer „Das Bild der Bäckerinnung in Gunzenhausen von 1896“, stellt alle eingerahmten 18 Meister vor und schildert die Zunftordnung der Bäcker von 1888, in deren Statut „die Pflege des Gemeingeistes sowie die Aufrechterhaltung und Stärkung der Standesehre, der Förderung des gedeihlichen Verhältnisses zwischen Meistern und Gesellen“ hervorhoben wird. Die Fotos stammen übrigens von dem „Photographen Atelier G. M. Fettinger von der Schäupeleinsmühle in Gunzenhausen“.

„Werter Herr Kreisleiter!“. Stadtarchivar Werner Mühlhäußer wertet Feldpostsendungen an den einstigen NS-Kreisleiter Johann Appler aus, der auch Gunzenhäuser Bürgermeister (1936-1945) und Reichstagsabgeordneter (ab 1933) war.  Im Archiv sind 160 dieser Briefe von Frontsoldaten an den Kreisleiter unter dem Kapitel „Feldpost der Gefolgschaftsmitglieder“ aufbewahrt. 34 greift Mühlhäußer heraus. Zitiert werden bekannte Gunzenhäuser Parteigänger, so u.a. der Autohausgründer Max Halbig:  „Meinem Grundsatz bleibe ich treu, wenn ich sterben muß, sterbe ich gerne für Adolf Hitler, unseren heißgeliebten Führer“.  Und Wolfgang Rathsam, später Finanzbeamter, äußerte sich radikal: „Wenn man diese Tiere von Menschen (die Polen, d.Red) ansah, hätte man buchstäblich nur eines tun können, nämlich niederknallen“.  Karl Rieger schrieb aus Straßburg: „Alles, was französisch ist, wird rausgeworfen!“

Werner Mühlhäußer erinnert an das Heimatspiel „Kreuz im Altmühltal“, das 1922 das erste Mal in Gunzenhausen aufgeführt wurde.. Gerbermeister Gustav Schneider hat damals aus der Sage und einem Gedicht das Theaterstück verfasst.  Es wurde im „Adlerbräu“-Saal präsentiert, Schneider dufte die Premiere erleben, ist aber wenige Tage danach verstorben. Später war der Aufführungsort die „Waldbühne“ am Röschelskeller. Übrigens: „Kreuz im Altmühltal“ lebt im Jubiläumsjahr 2022 neu auf. Man darf auf die neue, zeitgemäße Inszenierung gespannt sein.

Die Serie „Lebensbilder bekannter Gunzenhäuser“, zuletzt 1994 im Jahrbuch 49 erschienen, setzt Werner Falk fort. Er porträtiert den Kürschnermeister Heinz Beck, Verkehrsamtsleiter Christof Beck, Abteilungsleiter Dr. Hans Kirsch, Polizeibeamten Hans Billmann, Rektor Otto Bauer und den Verwaltungsbeamten Otto Kleemann.

Landesgeschichte im Wirtshaus

Prof. Seiderer im Gespräch mit Heimatkundlern

Vorsitzender Werner Falk vom Verein für Heimatkunde dankte dem gebürtigen Gunzenhäuser Wissenschaftler Dr. Georg Seiderer für seinen Auftritt beim „Heimspiel Wissenschaft“. Foto: FAU/Iannicelli

 

Was macht eigentlich ein Landeshistoriker? Wie hat sich diese Fachrichtung innerhalb der Geschichtswissenschaft entwickelt? Inwiefern kann Landesgeschichte dazu beitragen, dass Menschen in einer Region ihre Geschichte besser verstehen und, vor allem, wie können sie selbst an der Erforschung ihrer eigenen Regionalgeschichte mitwirken? Der an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg lehrende Historiker Prof. Dr. Georg Seiderer erläuterte diese und viele weitere Fragen in einer für die Wissenschaft eher ungewöhnlichen Umgebung – im Gasthof „Adlerbräu“.

Es war ein Auftakt nach Maß für die Veranstaltungsreihe „Heimspiel Wissenschaft“ des gleichnamigen Verbundprojektes, das Hochschulen vernetzen und beraten will, um dialogorientierte Wissenschaftskommunikation mit Bevölkerungsgruppen außerhalb urbaner Ballungszentren zu befördern.

Georg Seiderer, Experte für Neuere Bayerische und Fränkische Landesgeschichte und Volkskunde, ist in Gunzenhausen aufgewachsen und seinem Heimatort als Mitglied des Vereins für Heimatkunde eng verbunden. Im Gasthof Adlerbräu berichtete Professor Seiderer in einem kurzweiligen Vortrag über seine Forschung und die Bedeutung der Landesgeschichte  als Spezialisierung innerhalb der Geschichtswissenschaft. Außerdem stand der an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg lehrende Historiker bei Plätzchen und Wurstplatte bzw. Tee und Weißbier in lockerer Atmosphäre für allerlei Fragen zu seinem Werdegang, seiner wissenschaftlichen Arbeit und zu geschichtswissenschaftlichen Erkenntnissen über die Region zur Verfügung. „Ich freue mich, in Rahmen dieses „Heimspiels“ mit einem breiteren Publikum über die eigene Forschung und die Bedeutung landes- und regionalhistorischer Erkenntnisse für den gegenwärtigen Lebensalltag ins Gespräch zu kommen und dabei auch so manches bekannte Gesicht aus früheren Zeiten wiederzusehen“, erklärte Seiderer.

Der Austausch über die wissenschaftliche Fachdebatte hinaus ist Professor Seiderer wichtig. Es sei der Geschichtswissenschaft per se ein wichtiges Anliegen, aktuelle Forschungserkenntnisse mit der Öffentlichkeit zu teilen, diese einzubinden und sich nicht in einen vielbeschworenen Elfenbeinturm zurückzuziehen. „Die Landesgeschichte macht mit der Region, ihren historischen Hintergründen und Besonderheiten vertraut.“ Diese Expertise sei nicht zuletzt für die Arbeit der Museen, Archive und kulturellen Einrichtungen in der Region relevant. „Geschichte findet vor Ort statt“, betonte Seiderer auch mit Blick auf die Vertreter von Heimat- und Geschichtsvereinen, deren landesgeschichtliche Forschung wiederum auch an der Universität rezipiert werde. Die sich dem Vortrag anschließende Fragerunde entwickelte sich rasch zu einem regen Austausch.

Die Veranstaltungsreihe „Heimspiel Wissenschaft“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Initiative „Wissenschaftsjahre“ gefördert. Im Namen der  Besucher dankte Werner Falk, der Vorsitzende des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen, dem Wissenschaftler für seinen verständlichen Vortrag, in dem Prof. Seiderer der lokalen Geschichtsforschung Lob und Anerkennung aussprach.

Geschichte vor Ort

Prof. Dr. Georg Seiderer ist am 27. November zu Gast

Was macht eigentlich ein Landeshistoriker? Wie hat sich diese Fachrichtung innerhalb der Geschichtswissenschaft entwickelt – gerade auch an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg? Und wie genau kann ein Landeshistoriker dazu beitragen, dass Menschen in einer Region ihre Geschichte besser verstehen – und vor allem selbst an der Erforschung ihrer eigenen Regionalgeschichte mitwirken können?

All das erläutert Landeshistoriker Prof. Dr. Georg Seiderer, selbst in Gunzenhausen aufgewachsen und Mitglied im örtlichen Verein für Heimatkunde e. V, in einem kurzweiligen Vortrag am ersten Adventssonntag, 27. November, direkt nach dem Wintertrödelmarkt um 18 Uhr im Gasthof Adlerbräu, Seeadlerstube, Marktplatz 10 in Gunzenhausen. Im Anschluss an den Vortrag steht Prof. Seiderer bei einem Glühwein und Plätzchen gerne für Fragen und den Austausch zur Verfügung – der Glühwein geht auf’s Haus.
 
Die Veranstaltung ist Teil einer neuen Reihe mit dem Thema „Heimspiel Wissenschaft“, bei der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihrer Heimatgemeinde über ihre Forschung sprechen. Initiiert wird das Format von der Hochschulrektorenkonferenz, der Agentur für Wissenschaftskommunikation con gressa und dem Käte Hamburger Kolleg für Apokalyptische und Postapokalyptische Studien der Uni Heidelberg. Es wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.

„Das Volk will einmal frei athmen“

„villa nostra“ beschäftigt sich mit dem Revolutionsjahr 1848

Die neue Freiheit für die Weißenburger: Jeder durfte auf die Jagd gehen, wenn er für einen Gulden eine Jagdkarte erworben hatte.

Ein halbes Jahrhundert nach der Französischen Revolution (1798) war das Jahr 1848 war für die Veränderung der polititischen Verhältnisse in Deutschland ein markantes Jahr. Es formierten sich die demokratischen Kräfte und der Wille war erkennbar, aus den vielen Fürstentümern und Kleinstaaten ein einheitliches und starkes Deutschland zu schaffen. Das gelang freilich nicht auf Anhieb, aber 1848 war ein guter Ansatz, mehr Freiheiten und Mitbestimmung durchzusetzen. Dafür steht das „Paulskirchenparlament“, der erste Schritt zu einer gesamtdeutschen Republik.

Wie hat sich aber das Revolutionsjahr in Weißenburg ausgewirkt, wie haben sich die Weißenburger verhalten? Max Wagner (29), Sprößling einer alteingesessenen Weißenburger Familie, studierte Geschichte und Politikwissenschaften und absolviert derzeit den Vorbereitungsdienst an der Hochschule für das Archivwesen, der  in drei Jahren die Nachfolge von Rainer Rammerl als Leiter des Stadtarchivs übernehmen soll, veröffentlicht in der neuen Ausgabe von „villa nostra“, den Weißenburger Blättern für Heimatkunde, den Beitrag „Das Volk will einmal frei athmen“ und schildert, wie revolutionär die Reichsstädter waren. Es sei vorweggenommen: Sie hatten wenig Lust, um mehr Freiheit zu kämpfen, sondern gingen lieber auf ihre beliebten Bierkeller.

Der Autor hat die Chronik der Familie Staudinger-Berger herangezogen, um Antworten auf die Fragen zu finden. In ihr sind die Geschehnisse dokumentiert, aber auch in den Magistragsprotokollen  und im Weißenburger Wochenblatt sind Hinweise. Nach den Recherchen des Autors wanderten zwischen 1845 und 1870 mehr als 200 Weißenburger aus, darunter auch der Tagelöhner Mathias Schilfahrt, den die anständigen Bürger loswerden wollten und deshalb für die Überfahrt das Straftäters und Kriminellen Geld sammelten.  Doch die Ausreisebehörden hatten etwas dagegen. Es waren ohnehin die guten Handwerker, die in Zeiten der Nahrungsmittelnot sich  in Amerika  eine bessere Zukunft erhofften.

Der Unmut der Franzosen, der in ihrer so wichtigen Revolution endete,  schwappte auch auf die anderen Länder über. In Bayern hatte König Ludwig I. wegen seiner Affäre mit der spanischen Tänzerin Lola Montez allerhand Ärger am Hals, so dass er abdanken musste.  Der Weißenburger Chronist Staudinger hielt die Stimmung in diesen Zeilen fest: „Überall verlangt man Reform und Entfernung der Minister, den das Volk will einmal frei athmen und in keiner solchen Knechtschaft mehr bleiben“.

Ihr Forderungen, später bekannt geworden unter dem Begriff „Märzforderungen“, artikulierten die Weißenburger Bürger am 15. März 1848 auf einer Versammlung im „Hornauersgarten“ (später Michelsgarten genannt). Es kam zwar nicht zu tumultartigen Erscheinungen, wie beispielsweise in Gunzenhausen, aber die Männer (und „Frauen aus der Unterschicht“). Das gilt vorzugsweise als ein Verdienst des Bürgermeisters Castner.  Den Bürgern ging es vorzugsweise um den Stadtwald.  Ohne große Debatten ging der Magistrat auf die Forderung, was die Waldnutzung betraf.

Es war auch der Wahlmann für das Frankfurter Paulskirchenparlament zu bestimmen. Das geschah auf einer Versammlung von „volljährigen, selbstständigen Staatsangehörigen“ (Frauen waren damals noch nicht zugelassen) in Ellingen. Die Stimmberechtigten kamen aus den Städten und Gemeinden, die heute den Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen bilden, Pappenheim und der Jura um Nennslingen fehlten, dafür gehörte Spalt dazu. Eigentlich favorisierte die Versammlung den aus Weißenburg stammenden politischen Publizisten Friedrich Rohmer, aber der war nicht nur ein prominenter Sohn der Stadt, sondern auch zugleich ein recht umstrittener mit gigantischer Selbsteinschätzung, denn er glaubte, er sei  „die größte Persönlichkeit, welche die Menschheit hervorbracht hatte“. Seine exzentrische Art kam nicht gut an. Er wurde als „Messias“ verspottet. Die 128 Wahlmänner entschieden sich für den ranghohen evangelischen Pfarrer Arnold, der später aber zurückzog, so dass der Ersatzmann Prof. Wilhelm Stahl zum Zuge kam, der dem konservativen Zentrum zuzuordnen war. Akademiker genossen in dieser Zeit den Vorrang. 550 der 830 Abgeordneten hatten einen  wissenschaftlichen Hintergrund.

Die Weissenburger Presse  ließ sich trotz der neu gewonnenen Pressefreiheit kaum vernehmbar über die 1948er Revolution aus. „Gleichheit wird erst gefunden, wenn keiner mehr etwas hat“, meinte ein anonymer Schreiber und ergänzte zynisch: „Das ist immerhin ein schöner Trost, in Gesellschaft zu verhungern!“.   Aber es kam doch zu Fortschritten in der Demokratierung.  Im Justizwesen war es die endgültige Gewaltenteilung  von Legislative und Exekutive.  Die Adligen verloren ihre Privilegien und die Schwurgerichte wurden eingerichtet, die „im Namen des Volkes“ urteilten. Die Weißenburger indes durften sich über die Änderung der Laubstreu-Abgabe freuen, so dass jeder Bürger fortan jährlich eine Fuhre Laub erhielt, nur der Rest sollte von der Stadt verkauft werden. Die Jagdrechte im Stadtwald gingen von den Pappenheimer Grafen und Ellinger Fürsten auf die Stadt über, weshalb nun jeder, der Lust zur Jagd hatte, für einen Gulden  eine Jagdkarte erwerben konnte.

WERNER FALK

„villa nostra“, die Weißenburger Blätter für Heimatkunde, Geschichte und Kultur erscheinen dreimal jährlich und werden kostenlos im Rathaus, bei den Banken und in Geschäften abgegeben.

Der Stadtwald ist ein Schatz

Weißenburg gehört zu den sieben größten kommunalen Waldbesitzern in Bayern

Das Forstamt in der Eichstätter Straße/Geheimrat-Dörfler-Straße wurde 1927 erbaut.

Das Selbstwertgefühl der Weißenburger beruht auf ihrer reichsstädtischen Vergangenheit. Der 2806 Hektar große Wald links und rechts der Straße nach Eichstätt, der ihnen 1338 vom Kaiser zugeteilt wurde, wird seit exakt 200 Jahren professionell bewirtschaftet. Heute wachsen dort hauptsächlich Fichten (47,3 Prozent) und Buchen (32,1 Prozent). Somit steht fest: es ist ein schöner Mischwald, wie sich ihn die Forstwirtschaft eigentlich überall wünscht.

Der Weißenburger Stadtarchivar Reiner Kammerl  widmet sich in der aktuellen Ausgabe von „villa nostra“ (Weißenburger Blätter für Geschichte, Heimatkunde und Kultur) dem heuer anstehenden 200-jährigen Bestehen des Städtischen Forstamts. Zugleich ist  das Jubiläum eine personelle Zäsur. Die Leitung wechselt von Jürgen Fischer (2011-2022) zu Maximilian Plabst, der am 1. Juli die Verantwortung für den Stadtwald übernimmt.

1822 war ein einschneidendes Datum für Weißenburg, denn die Stadt übernahm den ehemaligen Reichswald. Von 1812 stammt die erste „Werthsbestimmung, aber erst 1821 wurde das Reichsstadtvermögen zwischen Kommune, Kirche und Staat aufgeteilt. Nicht unbeteiligt daran war der Bürgerwille der stolzen Stadtbürger, die eine Beteiligung verlangten. Ein Bürgerentscheid brachte die Regelung, wonach jeder  Bürger (also nicht nur der Grundeigner und Hausbesitzer) ein Waldnutzungsrecht hat. Anfang des 19. Jahrhunderts hatten zwei Magistratsräte das Sagen, die von zwei Förstern unterstützt wurden. Wie aus den Annalen hervorgeht, war Jakob Glaser  aus Sachsen-Meiningen der erste städtische Revierförster.  Nach einem Gutachten der Bezirksregierung sollte der „durch frühere forstwidrige Behandlung herunter gekommene Wald wieder gehoben werden“. Ein dritter Forstaufseher musste eingestellt werden, denn es gab zu viele menschliche „Forstschädlinge“.  Suffersheim wurde als „die Heimat der frechsten Frevler“ ausgemacht und auch die Oberhochstätter  waren nicht die harmlosesten Brüder.

Die Neuorganisation erfolgte 1869, als ein fachlicher Leiter ernannt wurde. Später kam es wiederholt zu Geschäftsverteilungen. Heute ist der Forst eine von acht Abteilungen der Stadtverwaltung.  Die im Zuge der Landkreisreform 1972 aufgetretenen Animositäten der Weißenburger gegenüber den Gunzenhäusern hat es offenbar aber schon früher gegeben, denn einer der Forstamtsleiter der letzten 200 Jahre, der Gunzenhäuser Ernst Haas, war 1889 nur ein Jahr in der Nachbarstadt bevor er zurücktrat. „Anschließend verzieht er sich nach Neumarkt“ verzeichnet das Protokoll wenig anerkennungsvoll.

Die aktuellen Herausforderungen

Der neue Chef des Forstamts kennt sich aus, denn er war in den letzten zehn Jahren der Stellvertreter des Amtschefs. Er sieht den Klimawandel als größte Herausforderung an und bekräftigt seine Haltung mit der klimatischen Veränderung, wonach seit  drei Jahrzehnten der Temperatur-Jahresmittelwert über 9 Grad liegt und damit 1,1 Grad höher in den dreißiger Jahren. Diese Entwicklung wird vielfach zum Anlass genommen, um einen Umbau der Wälder zu fordern.  Maximilian Plabst sieht aber die „Exoten“ nicht als Allheilmittel zur Rettung des Waldes an. Deshalb hält er nichts davon, jetzt solche Arten anzupflanzen, die in wärmeren Regionen Europas gedeihen. In der Weinwirtschaft werden beispielsweise solche Versuche unternommen. Im Weißenburger Wald kann es seiner Ansicht nach höchstens jährlich zur Anpflanzung von Neukulturen auf 10 Hektar kommen. Plabst kennt die größeren Zusammenhänge im Ökosystem Wald  und hält den Baumartenwechsel nicht für den vermeintlichen Heilsbringer.  Er erachtet es  für notwendig, sich vordringlich Gedanken um die Kühlung der Wälder zu machen, wobei er das Augenmerk auf die oberirdische Wasserspeicherfähigkeit lenkt.  Totholz ist so gesehen für ihn eine Art von Klimaanlage im Wald.

WERNER FALK

Bibliothek ist für alle da

Verein für Heimatkunde und Stadtbücherei arbeiten Hand in Hand

Vereinsvorsitzender Werner Falk und Jürgen Huber von der Stadtbücherei können alle bisher erschienenen 76 Bände von „Alt-Gunzenhausen“ präsentieren – und noch viel mehr an heimatkundlicher Literatur. Foto: Babett Guthmann


Gute Nachricht für alle Freunde der Heimatforschung: Die Bibliothek des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen e.V. sowie alle Ausgaben der Hefte von „Alt-Gunzenhausen“ stehen nun den Leserinnen und Lesern der Stadt- und Schulbücherei Gunzenhausen zur Verfügung. Alle derzeit 1725 Zeitschriften und Bücher bleiben im Besitz des rührigen Vereins, sind aber nun in der Bücherei untergebracht. Die ausführlichen Katalogeinträge erleichtern die Suche nach zeitgeschichtlich bedeutsamen Personen und nach heimatkundlichen Daten und Fakten. Im Online-Medienkatalog der Stadt- und Schulbücherei können Interessierte ihre Recherchen auch von zuhause aus starten.
Die Weichen für das Projekt „Magazin Heimatkunde“ stellten die damalige Büchereileiterin Monika Wopperer und der Vereinsvorsitzende Werner Falk bereits im Jahr 2013. Schritt für Schritt fand dann der Umzug der Medien und die Einarbeitung in den online verfügbaren Medienkatalog statt. Für die bibliothekarische Erschließung sorgten Jürgen Huber und Ulrike Engelhardt vom Büchereiteam. „Sowohl der Verein für Heimatkunde als auch die Bücherei mit ihrer großen Sammlung zur Geschichte der Stadt und der Region haben von der Zusammenarbeit profitiert!“, betonte Büchereileiterin Babett Guthmann und dankte WernerFalk und seinen Vorstandskollegen: „Die Bücher und Zeitschriften des Vereins sind bei uns gut untergebracht und stehen nun einer breiten Leserschaft zur Verfügung.“
Der Verein für Heimatkunde mit seinen 310 Mitgliedern hat es sich zur Aufgabe gemacht, das geschichtliche Interesse an der Region auf wissenschaftlicher Grundlage voranzubringen. In dieser Arbeit spielt die regelmäßige Veröffentlichung der Reihe „Alt-Gunzenhausen“ eine wichtige Rolle. Dies wissen auch die 60 Archive und Bibliotheken zu schätzen, die die Hefte regelmäßig erhalten. Anfragen zu wissenschaftlichen Arbeiten kommen regelmäßig auf denVerein zu und durch ihre Veröffentlichungen in „Alt-Gunzenhausen“ haben viele mitwirkendeAutorinnen und Autoren sich einen Namen in Sachen Heimatforschung gemacht. Das erste Heft erschien im Jahr 1923 als „wissenschaftlich-historische Gabe“ zum 1100-jährigen Stadtjubiläum, 2021 erschien das jüngste Heft Nummer 76. Im Büchereiangebot sind nun dank der Unterstützung des Heimatvereins alle Hefte mehrfach vorhanden.
Das Themenspektrum von Alt-Gunzenhausen ist so vielfältig wie die Forschungsgebiete der Autorinnen und Autoren: Das beliebteste und längst ausverkaufte Heft trägt die Nummer 65 und war wohl wegen des Beitrags „Heilen oder herrschen“ von Georg Fischer für viele von Interesse, denn hier wird das Wirken des Naturheilkundigen und Goldmachers Johann Reichardt seinem Zeitgenossen, dem NS-Funktionär und Gunzenhäuser Bürgermeister Johann Appler gegenübergestellt. Aus Sicht der Bücherei – so betont Jürgen Huber vom Büchereiteam – ist das Heft Nummer 35 mit „Gunzenhäuser Sagen“ aus der Feder von Hans Schlund das beliebteste und viel entliehene Heft.
Stolz ist der Vereinsvorsitzende Werner Falk auch auf die Zusammenarbeit mit dem Simon-Marius-Gymnasium, denn schon seit der Zeit von Heiner Krauß wird hier heimatgeschichtlich gearbeitet und herausragende Schülerarbeiten werden in „Alt-Gunzenhausen“ veröffentlicht. Hier sind die neueren Beiträge zur Musikgeschichte in Gunzenhausen ebenso zu erwähnen wie die vielen kleinen Mosaiksteine, die sich durch die Durchforstung von Quellen und Zeitungsberichten aus der Zeit desNationalsozialismus ergeben haben.
Im für den Dezember 2022 geplanten Jahrbuch Nummer 77 soll ein Beitrag von Stadtarchivar Werner Mühlhäußer erscheinen, in dem er auf „100 Jahre Alt-Gunzenhausen“ zurückblickt, Erfolge aufzeigt und deutlich macht, wie einzelne Persönlichkeiten die in den Heften repräsentierte Themenauswahl geprägt haben.

Suchabfragen zu allen Heften und Inhalten von Alt-Gunzenhausen sowie den Medien im Bereich Heimatkunde können im Medienkatalog der Stadt- und Schulbücherei abgerufen werden: https://opac.winbiap.net/gunzenhausen. Einen Überblick über alle Hefte und Inhaltsverzeichnisse findet man auch auf der Homepage des Vereins für Heimatkunde
Gunzenhausen: https://heimatkunde-gunzenhausen.de/