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1870/71 war er dabei

Aus dem Kriegstagebuch von Christian Preu (1870/71)

Großvater Christian Preu in einer Aufnahme aus dem Jahr 1927 mit der Auernhammer-Familie der Tochter Ernestine mit deren Kindern Friedrich und Karl sowie der Vater Michael Auernhammer. Christian Preu verstarb in Markt Berolzheim am 31. Juli 1929 im Alter von 80 Jahren und sieben Monaten. Foto: privat

Ungeschönt und unzensiert ist das Kriegstagebuch des Markt Berolzheimer Bauern Christian Preu, der 3. März 1871 zu den deutschen Soldaten gehörte, die in Paris einmarschierten.  Von der heroischen Begeisterung war er voll erfasst: „Die Franzosen machten schiefe Gesichter auf uns. Der Hass und Groll der Pariser war arg, aber sie mussten sich geduldig dreingeben, denn es war eine große Schmach für sie, von den Deutschen besiegt zu werden“ notierte er in sein Tagebuch, das nach 150 Jahren von einem Berolzheimer zufällig entdeckt wurde. Daniel Burmann, der ehrenamtliche Gemeindearchivpfleger, spricht von einem absoluten Glücksfall und misst den Wert der Aufzeichnungen am Blickwinkel eines rangniederen Soldaten und eben nicht aus der Feder eines Politikers oder Militärs. Veröffentlicht ist das Kriegstagebuch in der aktuellen Ausgabe von „Alt-Gunzenhausen“, dem Jahrbuch des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen.

Der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 ist heute weithin vergessen. Wie Autor Daniel Burmann feststellt, liegt das wohl auch daran, dass die globalen Auswirkungen der folgenden Weltkriege ihn sozusagen in den Schatten stellen. Deutschland, das den Krieg gewann und sich das Elsaß und Lothringen einverleibte, ging gestärkt aus der Schlacht hervor und erlebe danach seine Reichsgründung.

Das ist die erste Seite des Kriegstagebuchs von Christian Preu. Der Text ist in der deutschen Kurrentschrift gehalten. Reprofoto: Daniel Burmann

Christian Preu war ein Bauernsohn, der 1879 Walburga Wiesinger aus Lengenfeld heiratete und mit ihr drei Töchter hatte. Es ist ungewöhnlich, dass ein einfacher Soldat die militärischen Geschehnisse so exakt festgehalten hat. Immerhin haben seine handschriftlichen Aufzeichnungen einen Umfang von 34 Seiten in einem alten Rechenbuch von 1764. Der Autor hat den Schreibstil Preus weitgehend beibehalten, die leichten Korrekturen nur vorgenommen, um den Text verständlich zu machen.

Der Soldat gehörte zur 4. Kompanie des 15. Infanterieregiments in Neuburg, das am 17. Juli 1870 zur Mobilmachung rief.  Schon zehn Tage später ging es fußläufig in Richtung Harburg (mit Ziel Speyer) los.  Über die Pfalz rückte die Truppe ins Elsaß ein, wo sie den Kanonendonner der „Schlacht bei Weißenburg“ hörten. Schrecklicher Regen begleitete das Biwak. Preu erlebte die Einnahme von Nancy. „Furchtbare Märsche, Hungersnot, Hitze und Elend stieg aufs Äußerste“, notierte der Berolzheimer. Zudem brach die Ruhr aus, so dass nicht mehr alle marschfähig waren. Die deutschen Kämpfer fanden in Frankreich sozusagen verbrannte Erde vor: „Die Franzosen marschierten vor uns ins Innere Frankreichs, plünderten und verzehrten fast alles, was da war“.  Die „Schlacht bei Sedan“ am 1. und 2. September war für die Deutschen kriegsentscheidend. Noch Jahre danach feierten die Sieger den „Sedanstag“.

Auf dem Marsch auf Paris machte der fränkische Biertrinker erste Bekanntschaft mit französischem Wein („…mehr als zehn Eimer“). Mit seinem Kameraden Rottenberger aus Pfofeld schleppte er noch ausreichend Rebensaft ins Quartier. Die französischen Kriegsgegner hatten alles liegen und stehen lassen bevor sie die Flucht ergriffen. Preu wähnte sich auf der  Berolzheimer „Buchleiten“ , denn ähnlich war sein Blick in den Pariser Vorort: „…nichts als Stadt und nirgends kein Ende“. Er geriet in ein schreckliches Geschützfeuer, wo neben ihm „zwei Mann gleich plötzlich tot waren“. Den 2. Weihnachtsfeiertag feierte er mit  seinen Landsleuten Georg Bieber, Georg Schmidt, Michael Guthmann und Georg Frank  in einer Weinrestauration.

Bei Matsch und Dreck mussten die Soldaten „schrecklich viel aushalten“. Christian beklagt in seinen Aufzeichnungen, dass er sich vom 8. September 1870 bis zum 13. März 1871 nicht ein einziges Mal des nachts vollständig ausziehen konnte. Nach der siegreichen Schlacht von Paris in den ersten Januartagen 1871 gönnte er sich mit Kameraden einen „Spaziergang nach Versailles“: „Wir konnten uns nicht genug sehen und kann auch die Pracht und Schönheit nicht beschreiben“. Preu war dabei, als der deutsche Kaiser am 1. März in Paris einmarschierte. Drei Tage gab es für die Sieger „Froh“ (Franc)-Zulage, die von den Parisern zu zahlen war, wie Preu notierte.

Auf dem Rückzug verbrachte der Deutsche das Osterfest bei einer französischen Familie („…des Abends mußte ich mich mit ihnen zum Feuer setzen“) und nach den 80 Tagen im Standquartier ging es Richtung Heimat. „Herzergreifend“ empfand er den Empfang in der Pfalz, wo er und seine siegreichen Kameraden von Neuburger Reitern und Mädchen mit Kränzen und Sträußen unter großem Jubel empfangen wurden.  Und natürlich erklang die „Wacht am Rhein“, als die Truppe über den Rhein marschierte. „Ich rühme die Güte Gottes, der mir Gesundheit geschenkt hat, so dass mir keine Stunde was fehlte“, dankt er  abschließend in seinen Notizen.

WERNER FALK

Das Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ ist um Gunzenhäuser Buchhandel (telefonischer Bestell- und Lieferservice) für 15 Euro erhältlich.

Historische Facetten

Aus der Geschichte von Laubenzedel

Die Warnung des Gunzenhäuser Stadtmagistrats von 1798: „Hier in diesem Hause herrschen die Blattern und wird Jedermann vor dem Zutritt desselben ernstlich gewarnt“. Foto: Stadtarchiv Gunzenhausen

2020 wird als das „Jahr der Corona-Pandemie“ in die Annalen eingehen. Dabei wird aber leicht übersehen, dass schon früher die Menschen von grässlichen Epidemien betroffen waren. Die „Blattern“ waren  gefürchtet und kosteten vielen das Leben, aber auch die Rote Ruhr und Scharlach waren Krankheiten, die sich seuchenartig verbreiteten. Davon berichtet Stadtarchivar Werner Mühlhäußer in seinem Beitrag zur Ortsgeschichte von Laubenzedel in der neuen Ausgabe von „Alt-Gunzenhausen“, der Jahrespublikation des Vereins für Heimatkunde.

Im 17. und 18. Jahrhundert waren die hygienischen Missstände allenthalben verbreitet, es gab Mangelernährung und auch die harte Arbeit war nicht dazu angetan, den Menschen ein angenehmes Leben zu schenken. In Laubenzedel brachen die Blattern beispielsweise 17 Mal aus. Mehr als zwanzig Männer und Frauen starben. Heute überschlagen sich die Warnungen via Fernsehen und Internet, damals gab es  den öffentlichen Aushang: „Hier in diesem Hause herrschen die Blattern und wird Jedermann vor dem Zutritt desselben ernstlich gewarnt“.

Conrad Babo, Heinrich Vogelein und Hermann de Lieboltessedele werden in der ersten schriftlichen Erwähnung Laubenzedels als Bürger genannt. In alten und glaubwürdigen Schriften fand Stadtarchivar Werner Mühlhäußer auch noch andere Namen: Lauboltsedel, Lubenzedle oder Labezedel. In der Topographie von Gottfried Stieber wird eine eigene Pfarrei erstmals 1565 genannt. Breiten Raum widmet der Autor der 1415 erbauten St. Sixtuskirche und den wiederholten  Sanierungen. Vom markgräflichen Hofbildhauer Giuseppe Volpini stammen die Kanzel  und der Altar. Die Kosten trugen die Laubenzedeler, die 1709 allerdings schockiert vernehmen mussten, dass der markgräfliche Kastner (Red: Finanzreferent) 368 Gulden aus ihrem „Heiligen“ (Geld der örtlichen Kirchenverwaltung) veruntreute bevor sich seine Spur in der Schweiz verlor. Immerhin meinte es Markgraf Carl Wilhelm Friedrich, der sich oft in der Wildmeisterei Lindenbühl bei Haundorf aufhielt, einigermaßen gut mit den Laubenzedelern und erstattete ihnen 200 Gulden. Und seine Gefährtin Elisabeth Wünsch, die mit den vier gemeinsamen Kindern im Schlößchen Georgental und im Walder Schloss lebte, schenkte ihnen wiederholt „gemödelte weiße Kerzen“.

Eine Feuersbrunst, wie sie zuletzt im Dreißigjährigen Krieg zu erleben war, brach 1755 auf den Ort herein. Beim Webermeister Jerg Leonhard Hörauf nahm sie ihren Anfang und griff auf neun Gebäude über. Der Markgraf, der sich in seiner Gunzenhäuser Residenz aufhielt, schickte seine Leibkompanie zur Hilfe. Verursacherin war übrigens die Ehefrau Höraufs, die gegen Mitternacht einem unruhigen Ochsen Futter bringen wollte, wobei das offene Licht Streu und Heu entzündete.  Den Meister selbst schleppten die Helfer durch eine Fensteröffnung ins Freie. Zwei Jahre später brannte das Wirtshaus von Johann Michael Huber. Auch in diesem Fall kam markgräfliche Hilfe schnell.  Erbprinz Alexander, der seinen in Gunzenhausen dahinsiechenden und drei Tage später sterbenden Vater beistand, ritt höchstselbst nach Laubenzedel, wobei der 21-Jährige aber unglücklich vom Pferd stürzte.

Wie Werner Mühlhäußer feststellt, ließen sich die Truppen des französischen Kaisers Napoleon auf ihren Eroberungsfeldzügen wiederholt von den Laubenzedelern verköstigen.  Pfarrer Frobenius vermerkte in seinem Kirchenbuch einen Vorfall der besonderen Art: „Grab bestohlen“. Das Grab des eineinhalbjährigen Bauernsöhnchens Pfeifer wurde aufgebrochen und aus dem Sarg  das Leichentuch gestohlen.  Hinter der Tat vermutete man einen französischen Soldaten, der wohl dem Aberglauben anhing, sich auf diese Weise gegen Verwundungen „durch Hieb und Schuß“  schützen zu können.

Unter den Wirten des Dorfes befand sich auch Simon Vogel vom „unteren Wirtshaus“, der 1725 starb „nachdeme  er ganz engbrüstig worden, vom Fleisch gefallen und daran gestorben“.  Besser erging es der Schuhmacherstochter Barbara Tröster, die nach ihrer Heirat mit Lorenz Winckler, einem im Dorf angesehenen Soldaten und Reiter, sechs Kinder gebar. Sie war 1716 in Gunzenhausen als Hebamme tätig und später am markgräflichen Hof in Ansbach. Die Geburtsheferin durfte mit nach England reisen, um der Ehefrau des englischen Thronfolgers bei der Geburt ihres Sohnes fürsorglich beizustehen. Weniger umsorgt entband 1784 die ledige Bauerstochter Katharina Barbara Meier auf dem Fußweg nach Schlungenhof mit Hilfe einer zufällig vorbeikommenden Frau ihre Tochter. In ein Schnupftuch gewickelt erblickte das Kind das Licht der Welt, die Kindsmutter gelangte auf einem Schubkarren nach Hause.

Eine „schöne Leicht“ gab es längst nicht für alle. Weil der Schluss seines Lebens „nicht zum besten, sondern böß und ärgerlich“ war, wurde beispielsweise nach fürstlichem Hofratsbefehl die Beisetzung des Bäckers und Branntweinbrenners Johann Leidel am 5. November 1709 um „gewisse Ceremonien“ gekürzt, d.h. es läutete nur eine Glocke und Sterbelieder durften auch nicht gesungen werden.

Einen Tadel des Gunzenhäuser Dekans handelte sich 1772 der verwitwete Schneidermeister Johann Christoph Engelhard ein, der seine verstorbene Frau nicht länger betrauern wollte und schon zehn Wochen und einen Tag nach deren Hinscheiden ein zweites Mal heiratete. Eine Bußpredigt des Ortspfarrers musste  sich Leonhard Ruep anhören, als er Apollonia Gerhäußer aus Büchelberg ehelichte. „Wegen der gros schwangeren Braut“ gab es keinen Brautkranz, keinen Tanz und auch kein Saitenspiel.

Weitere Beiträge in „Alt-Gunzenhausen“ sind: „Alte Friedhöfe an der Altmühl“ (Werner Somplatzki), „Kurzgefasste Ortsgeschichte von Schlungenhof“ (Siglinde Buchner), „Grabplattenfunde aus der Marienkirche in Großlellenfeld“ (Hermann Thoma), „Die Mühlen von Muhr“ (Günter L. Niekel), „Von Bettelvögten und Polizeidienern“ (Werner Mühlhäußer und Werner Neumann), „Christian Friedrich Möbius – Stadttürmer und Stadtmusikus in Gunzenhausen“ (Laura Meyer), „Die Grundungszeit des Sängerbundes 1861 Gunzenhausen“ (Annalena Brand), „Kriegstagebuch aus dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71“ (Daniel Burmann) und „Nationalsozialismus und Antisemitismus in Gunzenhasuen 1919 bis 1924“ (Werner Mühlhäußer).

WERNER FALK

Das Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ ist im Buchhandel (telefonischer Bestell- und Lieferservice) sowie bei Getränke-Seifert in Schlungenhof und in der Raiffeisenbank Laubenzedel für 15 Euro erhältlich.

Schlungenhöfer „Gänsrupfer“

„Alt-Gunzenhausen“ mit Beitrag über Ortsgeschichte

„Die Gänsrupfer“ werden heuten noch die Schlungenhöfer im Volksmund genannt. In einem Reisehandbuch stand bereits 1789 zu lesen, dass in Schlungenhof „Herden schönster Gänse“ gehalten werden. Im Ort ist man sich der Tradition bewusst, wie unser Foto zeigt. Foto: Ella Reichardt

Markus Schober, der junge Ortssprecher von Schlungenhof, wandelt auf den Spuren gleichnamiger Gemeindevorsteher aus dem 19. Jahrhundert: Johann Leonhard Schober leitet die selbständige Gemeinde von 1846-1855 und Johann Georg Schober war von 1869-1875 der Gemeindechef. Diese Erkenntnis hat Siglinde Buchner, die ehrenamtliche Kreisarchivpflegerin, gewonnen. Sie skizziert im jetzt erschienenen Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ wesentliche Facetten der Schlungenhöfer Ortsgeschichte.

Landwirtschaftlicher Grundbesitz in Schlungenhof wurde erstmals 1364 nachweisbar verliehen. Historikerin Siglinde Buchner geht aber davon aus, dass es den Ort schon zuvor gegeben hat.  Bis zum 15. Jahrhundert nannte sich die Siedlung Slummenhof, Slummenhofen oder Schlumpenhoff.  Die Namensgebung  könnte auf den Familiennamen Slump (1497) oder auf die Bodenbeschaffenheit („schlammiger Hof“) zurück gehen. In der ersten urkundlichen Erwähnung wird Hainrich Schauchman zu Guntzenhusen“ erwähnt,  der bei „Slumenhof“ einen Acker von der Ellwanger Reichsabtei zur Bewirtschaftung bekam. Sie besaß schon 1364 drei Anwesen im Ort, die an die Herren von Lentersheim verliehen waren.  Zu den Flurstücken gehörten die Rorachwiese, die Mertinswiese (heute: Märtelwiese), die Bühl- oder Brügelwiese, der Brücklins- oder Bürglinsacker, der Strigelacker, der Tanacker und die Sinderlache.

Die Autorin widmet sich in ihrer Darstellung umfassend den Grundherren von Schlungenhof, also der Reichsabtei Ellwangen, den Herren von Lentersheim (sie hatten in Neuenmuhr ihren Sitz).  Bis ins 16. Jahrhundert hinein veränderte sich an den Besitzverhältnissen wenig.  Es gab 27 Anwesen und ein Hirtenhaus. Allerdings wütete der Dreißigjährige Krieg schwer, mehr als die Hälfte der Häuser wurden zerstört. Die Glaubensflüchtlinge aus Österreich kamen und bauten neu auf.  Einige ihrer Namen waren:  Schmidtöhl, Baumgartner, Oberhäuser, Binder, Jungmair, Kern, Schauer, Thalmann und Waldschlager. Etliche Nachkommen gibt es heute noch.

1431 ging der Ort in den Besitz der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach über. Schlungenhof lag strategisch günstig zwischen der Gunzenhäuser und der Lindenbühler Wildfuhr. Die Herrscher schätzten die wasserreiche Gegend, zumal sie dort Reiher und Kraniche jagen konnten.

Nach der Abdankung des letzten Markgrafen (1792) gelangte Schlungenhof in preußischen Besitz, 1806 wurde der Ort bayerisch und fünf Jahre später mit Laubenzedel zu einer Ruralgemeinde (Red: Landgemeinde aus verschiedenen Siedungsteilen) zusammengelegt. Als die Adeligen 1848 alle gutherrlichen Gewalten einbüßten, weil sie an den Staat übergingen,  wurden die Schlungenhöfer Bauern aus ihrer mehr als 900-jährigen Knechtschaft entlassen.

Die Lehenbücher der Reichsabteil Ellwangen und das älteste Gunzenhäuser Stadtbuch sind für die Wissenschaftler von heute bedeutsame Grundlagen, die Fischereiordnung von 1447 regelte beispielsweise die Nutzung der Fischwasser zwischen Aha und Muhr. Von Walburgi bis Jakobi war den Fischern „mit tauppeln und hammen“ (Kerschern) freie Hand gegeben, nur Reusen durften sie nicht „darein legen“.  Immerhin gab es damals noch reichlich Hechte, Karpfen, Elten, Barben, Arauschen, Persinge, Ruppen, Weißfische und Krebse.

Bei ihren Forschungen ist Siglinde Buchner, die zum festen Stamm der Autoren des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen zählt, auf einen besonderen Zeitgenossen gestoßen: Matthes Bauer, der vom ärmlichen Gänsehirtenjungen aus der Laubenzedeler Nachbarschaft zum reichen Kaufmann in Nürnberg mutierte. Der „mit Steinen belegte Fußsteig von Schlungenhof nach Laubenzedel wurde 1770 als „sehr nützlich gegen Unfälle“ gewürdigt.

Dass die Schlungenhöfer im 17. Jahrhundert auch Tabak angepflanzt haben, das geht aus einem markgräflichen Dokument von 1693 hervor. Die Schlungenhöfer lehnten aber den verlangten Zehnt ab. Nach dem herrschaftlichen Ansbacher Reskript war den privaten Tabakbauern der Anbau unter Auflagen erlaubt, verkaufen durften sie den Tabak nur außerhalb des Landes. Aber reich wurden die Schlungenhöfer mit dieser Sonderkultur nicht, denn ihre Böden waren zu nährstoffreich. Die Blätter blieben schwarz-grün und hatten einen zu hohen Salpetergehalt, mithin war der Tabak zum Rauchen zu stark.

Große weiße Vögel, die man in „dasiger Gegend“ sah, und die größer als eine Gans waren, nannte der Volksmund „Nimmersatt“. Sie gehörten zur Familie der Störche. Von ihnen wusste man, dass sie mit ihrem eine halbe Elle langen Schnabel sogar einen dreipfündigen Karpfen verschlucken würden. Der Markgraf ließ sich zwei dieser seltenen Vögel aus dem Entenpfuhl „gefangen und lebindig“ in die Sommerresidenz nach Triesdorf bringen.

In der „Oberdeutschen allgemeinen Litteraturzeitung“ schwärmte der Rezensent eines Reisehandbuchs von 1788: „In dem Weiler Schlungenhof findet man Herden schönster Gänse – von Schwanengröße und Schwanenweiße“.  Und die „Neuen wöchentlichen Nachrichten“ aus Göttingen waren begeistert von „Heerden von tausend, anderthalb tausend Stücken der schönsten Gänse“. Seither ist es für die Schlungenhöfer eine Ehre, als „die Gänsrupfer“ geneckt zu werden.

WERNER FALK

„Alt-Gunzenhausen“ gibt es im Buchhandel (Bestell- und Lieferservice), aber auch bei Getränke-Seifert in Schlungenhof und in der Raiffeisenbank Laubenzedel (15 Euro).

Facetten der Heimatgeschichte

Jahrbuch 75 von „Alt-Gunzenhausen“ erscheint demnächst

Das neue Jahrbuch befasst sich u.a. mit den Anfängen des Antisemitismus in Gunzenhausen.

Noch heuer erscheint das 75. Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“, das vom Verein für Heimatkunde herausgegeben wird. Und in drei Jahren gibt es ein weiteres Jubiläum: das Jahrbuch wird dann 100 Jahre alt, denn 1923 ist im Jubiläumsjahr der Stadt (1100 Jahre) das erste Exemplar dieser Schriftenreihe gedruckt worden. Das bedeutet zugleich, dass der Verein und die Stadt gemeinsam feiern können, denn Gunzenhausen wurde vor 1200 Jahren, also im Jahr 823, erstmals urkundlich erwähnt.

Die Vorbereitungen für das neue Jahrbuch sind so gut wie abgeschlossen, wie Vorsitzender Werner Falk in der letzten Vorstandssitzung im Gasthaus „Altes Rathaus“ mitteilte. Werner Mühlhäußer, der 2. Vorsitzende und Schriftleiter, stellte den Inhalt der neuen Publikation vor, die einen Umfang von rund 250 Seiten haben wird.  „Damit können wir uns“, so der Vorsitzende, „in Mittelfranken sehen lassen“.

Der AB-Bericht über die Veranstaltung mit Streicher in Gunzenhausen

Werner Somplatzki (Trommetsheim), der Kreisheimatpfleger für die Archäologie, setzt sich mit den hallstattzeitlichen Friedhöfen schon in Unterasbach, Dittenheim, Ehlheim sowie Markt Berolzheim auseinander und berichtet von bisher unveröffentlichten Untersuchungen, die die Forschungen von Reichslimeskommissar Dr. Heinrich Eidam ergänzen.

Von Schlungenhof gibt es bisher noch keine Ortschronik. Diesem Defizit begegnet die Weissenburger Autorin Siglinde Buchner. Die erste urkundliche Erwähnung datiert sie auf das Jahr 1364. Sie geht auch dem Beinamen „Gänsrupfer“ nach, der den Schlungenhöfern seit Jahrhunderten anhängt. Immerhin ist bereits 1789 in einer Reisebeschreibung die Rede von „großen, schönen weißen Gänsen“, die dort gehalten wurden. Zudem haben die Schlungenhöfer „seltene Vögel“ in die markgräfliche Sommerresidenz nach Triesdorf gebracht, wo der Regent reichlich Gefallen an der Jagd fand.

„Wer war die adelige Dame im Blumenbeet?“ Diese Frage beantwortet Hermann Thoma (Goldbühl). Er definiert den Fund eines Grabdenkmal-Fragments von Kleinlellenfeld und hat festgestellt, dass es sich entgegen bisheriger Annahmen nicht um eine Dame, sondern um einen Herrn handelt, nämlich Friedrich von Eyb, der 1606 nach einer durchzechten Nacht in Cronheim in einem Streit verletzt wurde und nach sechs Tagen Krankenlager „dahingerafft“ wurde.

„Bausteine zur Ortsgeschichte von Laubenzedel“ schlichtet Werner Mühlhäußer auf, indem er alte Kirchenbücher auswertet. Dabei hat er eine interessante Persönlichkeit entdeckt: die Hebamme Barbara Winkler. Sie ist einst vom markgräflichen Hof in Ansbach nach England entsandt worden, um dem englischen Kronprinzen bei der Geburt seines Sohnes Beistand zu leisten.

Werner Mühlhäußer und Werner Neumann (Weißenburg) stellen „Das Polizeiwesen in Gunzenhausen im 18. bis 20. Jahrhundert“ dar. Dabei tischen sie so manche Episode auf, die in Verbindung mit dem Wirken der Gunzenhäuser Stadtpolizei steht, die 1958 aufgelöst wurde.

Seit Jahren begleitet Stadtarchivar Werner Mühlhäußer den wissenschaftlichen Nachwuchs, der sich ihm präsentiert, wenn es um Seminararbeiten am Simon-Marius-Gymnasium geht. Mit dem Stadttürmer Friedrich Möbius beschäftigt sich Laura Meyer (Muhr am See), einer schillernden Figur. Er war der letzte Stadtmusikus in Verbindung mit der Funktion des Blastürmers. Noch mit 80 Jahren ist er auf den Turm gestiegen. Er hat den Gesangverein Liederkranz 1834 mitbegründet, ebenso den Sängerbund 1861.

Die zweite Seminararbeit stammt von Annalena Brand, einer Enkelin des früheren Stadtrats Theo Eschenweck. Sie nimmt sich den Sängerbund 1861 vor und wertet die alten Protokollbücher aus.

Daniel Burmann aus Markt Berolzheim ist durch Zufall auf das Kriegstagebuch von Christian Preu aus Markt Berolzheim gestoßen, in dem dieser von seinen Erlebnissen im deutsch-französischen Krieg 1870/71 berichtet. Preu war auf den Kampffeldern in Sedan, in Weißenburg/Elsaß und bei der Belagerung von Paris dabei.

„Die Lokalzeitung als Quelle zu den Anfängen des Nationalsozialismus in Gunzenhausen in den Jahren 1917-1925“ ist ein weiteres Thema, dem sich Werner Mühlhäußer annimmt. Er ergänzt damit die bisherigen Veröffentlichungen von Wilhelm Lux und anderen in „Alt-Gunzenhausen“, die in 16 Jahrbüchern von 1987 bis 2013 erschienen sind. Zentrales Thema sind die Anfänge des Antisemitismus in der Stadt.

Die „Mühlen von Muhr“ stellt Günter Niekel vor, wobei er neben der Mühle am Dorfgraben und dergleichen an der Altmühl vor allem auf die Nesselbachmühle eingeht, die 1978 „einstürzt worden ist“. -fa-

Alte Gunzenhäuser

Kurzweiliger Abend beim Verein für Heimatkunde

Wer hat hier einen Affen? Es ist Wilhelm Lux, der langjährige Vorsitzende des Vereins für Heimatkunde und Redakteur des Altmühl-Botens. Archivfoto

Einen Mitgliederzulauf wie noch nie hatte der Verein für Heimatkunde im letzten Jahr.  30 Gunzenhäuser sind eingetreten, so dass er nunmehr 317 Mitglieder zählt. Wie Vorsitzender Werner Falk in der Jahresversammlung hervorhob, ist das der historische Höchststand des seit 141 Jahre bestehenden Geschichtsvereins.

Seine Serie „Samstagsexkursionen“ hat der Verein im letzten Jahr fortgesetzt, und zwar mit Besuchen in Bechhofen, Heidenheim und Abenberg. Dahinter steht der Gedanke, den heimatgeschichtlich interessierten Menschen die Schätze der Heimat näher zu bringen. Dies sind oftmals unspektakulär, aber deshalb nicht minder kostbar. Die Vorstandschaft ist mit der Resonanz zufrieden, denn im Durchschnitt waren es dreißig Mitglieder, die als Selbstfahrer zu den Exkursionsterminen kamen.

Mit Vorträgen über die „Glocken unserer heimlichen Kirchen“ von Pfarrer i.R.Günter L. Niekel aus Muhr am See und über die „Felsenkeller von Gunzenhausen“ von Lothar Hiemeyer (Würzburg-Gunzenhausen)  rundete der Verein sein Veranstaltungsangebot ab.

Die Herausgabe des 74. Jahrbuchs „Alt-Gunzenhausen“ war der Höhepunkt. Die 274 starke Publikation enthält 15 Beiträge zur lokalen Historie aus der Feder von 14 Verfassern. Der Verein hat mit diesem Jahrbuch Verbindung zu namhaften Universitätsbibliotheken und Geschichtsvereinen in ganz Deutschland.

Wie aus dem Bericht von Schatzmeister Hans Minnameyer hervor ging, steht es um die Finanzen des Vereins gut, zumal sich neben privaten Sponsoren auch die Stadt und der Landkreis, der Bezirk und die Hirschmann-Stiftung sowie die Sparkasse und die RaiffeisenVolksbank Mittelfranken-West finanziell engagieren.

„Wir begegnen alten Gunzenhäusern“ lautete der Titel eines ungewöhnlichen Vortragsformats von Werner Falk und Ernst Renner.  Die Teilnehmer der Veranstaltung in der „Seeadlerstube“ des Gasthauses „Adlerbräu“ sahen sich konfrontiert mit prägenden Persönlichkeiten der Stadt, wobei es den Vortragenden wichtig erschien, die Porträts nach der Originalität der Menschen vorzustellen und weniger nach ihrem gesellschaftlichen Habitus. Wie geplant entwickelte sich ein munterer Austausch von Erinnerungen und Episoden. Ein zweiter Teil soll folgen.

Auf die Veranstaltung „Gunzenhäuser Häuser erzählen“, die von den neuen Stadtführern am 8. März anlässlich des „Weltgästeführertags 2020“ angeboten wird, wies Hartmut Röhl hin. Um 14 und 15 Uhr können sich Interessierte am Glockenturm treffen, von wo aus der kostenlose Stadtspaziergang beginnt.  Cornelia Röhl ist gegenwärtig mit der Planung eines Zeitzeugenprojekts zum Leben des Naturheilkundigen Johann Reichardt befasst. Sie sucht Menschen, die sich an den „Goldmacher“ erinnern oder gar Episoden schildern können.

Georg Motzel, ein gebürtiger Arberger

Mittelalterlicher Chronist im Dienst des Fürstbischofs von Eichstätt

Zu den markanten Persönlichkeiten des Mittelalters, die aus Arberg stammen, zählt Georg Motzel, der im 17. Jahrhundert Generalvikar des Fürstbischofs von Eichstätt war. Er wird als ein Mann mit bewundernswertem Fleiß, mit einzigartiger Klugheit, Würde und Liebenswürdigkeit charakterisiert.  Georg Motzel (1605-1660)  hat der Nachwelt nicht nur Pfarrbeschreibungen hinterlassen, sondern berichtet in zwölf Bänden (nur noch sieben sind erhalten geblieben) von den Verwüstungen im Dreißigjährigen Krieg.

Autor Karl  Rieger nennt in „Alt-Gunzenhausen“, der Jahrespublikation des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen, den Familiennamen ungewöhnlich und mehrdeutig und bezieht sich auf die  Sprachwissenschaftler von heute. Die Familie wird im oberen Altmühltal erstmals um 1539 genannt, Georg Motzel gilt als der Stammvater der Arberger Motzel. Er war Kastner, sprich für die Finanzen im bischöflichen Amt Arberg zuständig, aber auch für die öffentliche Ordnung (Polizeigewalt), er fungierte als Waldaufseher und er war an mehreren Hexenverfolgungen beteiligt.  Von ihm stammen akribisch angefertigte Berichte zu den Kosten der Hexenprozesse, beispielsweise „Fanggeld“ für die Amtsknechte,  Verköstigung („Zehrung“) für die Wächter, Botenlöhne, Feuerholz, eiserne Ketten zur Fesselung und Entlohnung des Henkers.  In den 22 Jahren seines Dienstes hatte er auch das Richteramt inne. Aus den Ehehaftsordnungen, in denen die Rechte der Bauern und der Herrschaften geregelt waren, geht beispielsweise hervor, dass er 1598  den  Arberger Peckh mit einer Geldstrafe belegte, weil sich an einem „verbottenen Bußtag der Bäpstlichen Heylligkeit“ verlaubte, eine „Bradtwurst“ zu verspeisen.  Hannß Mayr, den „marggräfischen Unterthan zu Oberhabenbach“ (Oberhambach)  musste drei Gulden zahlen, weil er seinen Bruder in einem Mörsacher Wirtshaus „mit einer Hauen geschlagen“. Der Arberger Metzger Peter Peringer, der das Fleisch ungesalzen verkaufte und obendrein auch noch „Kling und Köpff unter den fleisch mitgewogen“ hatte, musste sechs Gulden blechen. „schwartz getreidt“ verarbeitete Andreas Friedlein Peckh zu einem minderwertigen Brotteig, dessen Pilz-Giftstoff eine halluzinogene Wirkung hatte (vergleichbar: LSD).

Der Vater schickte seinen Sohn gleichen Vornamens an die Universität nach Eichstätt und war bestrebt, ihn frühzeitig an die Wissenschaften heranzuführen, eine „vorzügliche Zierde der Jugend“.  Tatsächlich peilte er „sehnsüchtig nach dem philosophischen Lorbeer einer höheren Weisheit“.  Er ging auch nach Rom, um sich dort theologischen Lehren hinzugeben, kehrte aber bald nach Eichstätt zurück, wo ihn Fürstbischof Christophorus von Westerstetten 1632 in den Bischöflichen Rat berief und ihn zu seinem Generalvikar  in geistlichen Fragen machte. Er verfasste Pfarrbeschreibungen und schrieb mit der Hand zwölf Bände über den „Schwedenkrieg“ in Arberg und der Umgebung „ohne jegliche Bezahlung getreu nach meinem bescheidenen Talent“.

Demnach lagerten schon 1620 bayerische Reiter in Arberg und nahmen mit 343 Pferden Quartier. 1633 kam es auf den Feldern zwischen Ornbau und Triesdorf zu einer Schlacht zwischen kaiserlichen und schwedischen Truppen. Johann de Werth  und seinen 3000 kaiserlichen Soldaten standen 1500 „schwedische“ Reiter des Herzogs Bernhard von Weimar gegenüber.  Die Kaiserlichen zogen sich hinter die Ornbauer Stadtmauer zurück und flüchteten dann in Richtung Gunzenhausen, aber die schwedischen Truppen räuberten im Städtchen furchtbar und brannten in der Vorstadt bis zu 40 Häuser nieder. Sie töteten die Waffenmüller und den Müller Fackler von Wiesethbruck, nahmen alles Vieh mit, so dass im ganzen Amt Arberg nur mehr 17 Viecher vorhanden waren.  Komplett entvölkert waren am Ende Mörsach, Gothendorf, Röttenbach und Georgenhaag. Allein 1634 starben in Arberg 104 Menschen an Seuchen und Unterernährung. Was die marodierenden Soldaten in der Großlellenfelder  Pfarrei anrichteten, das ist nicht bekannt, da der Pfarrer „sich oft wochenlang in den Wäldern verstecken musste“, wie den Pfarrmatrikeln zu entnehmen ist, und daher keine Gelegenheit hatte, alles zu dokumentieren.

Übrigens: Georg Motzel hat seine letzte Ruhestätte im Eichstätter Dom unweit der Heiligen Walburga gefunden. Er war „reich an Verdiensten, aber nicht an Jahren“, bilanziert der Autor Karl Rieger, denn er starb erschöpft nach all den strapaziösen Jahren im Alter von 54 Jahren.

WERNER FALK

Nah dran an den Bürgern

Stadtrat Werner Falk wurde 70

Bürgermeister Karl-Heinz Fitz überbrachte an den Jubilar die Glückwünsche des Stadtrats.

Der Altmühl-Bote berichtete in seiner Ausgabe vom 3. Janaur 2020:

Volles Haus und frohes Lachen gestern in der Weinbergstraße 26 auf dem Reutberg I: Stadtrat Werner Falk hatte seinen 70. Geburtstag, und viele kamen, darunter auch fast der komplette Stadtrat.

Werner Falk gehört dem Stadtparlament seit Anfang dieser Wahlperiode an, also ab Mai 2014. Er ist Einzelkämpfer für die FDP, aber allein gelassen fühlt er sich nicht, pflegt er doch zu allen Fraktionen ein gutes Verhältnis. Ein solches besteht auch zu Bürgermeister Karl-Heinz Fitz (CSU).

Der Liberale (auch Ortsvorsitzender der FDP) sei ein geschätzter Mitbürger und als gewählter Vertreter der Stadtbevölkerung sehr engagiert und präsent, sagte Fitz. Von Werner Falk kämen viele Vorschläge, sei es ganz offiziell oder gerne auch beim privaten Treffen im Schwimmbad. Die vielen Ideen und Vorschläge beziehe Falk aus den Gesprächen mit den Gunzenhäusern, sei es bei einer Fahrradtour, am Stammtisch oder beim „FalkTalk“. Zudem äußere sich Falk mithilfe seines Online-Diensts „Falk-Report“.

Der Jubilar ist aber längst nicht nur als Teil des Stadtrats und Repräsentant der FDP, sondern auch als langjähriger Redakteur des Altmühl-Boten

bekannt. Dem Emmy Riedel Verlag gehörte der gebürtige Haundorfer 50 Jahre an, schied 2014 aus dem Beruf – nach 28 Jahren als Redaktionsleiter. In dieser langen Zeit lernte Falk Land und Leute kennen, und viele lernten ihn zu schätzen, im Altlandkreis Gunzenhausen und darüber hinaus. Dabei durchschritt Falk die ungeahnte technische Entwicklung des Druck- und Zeitungswesens. Den Bleisatz erlebte und gestaltete er mit Herzblut mit, doch schon bald hatte er „Kollege Computer“ zu bedienen, und das Internet-Zeitalter brachte neue Herausforderungen für den Tageszeitungsjournalisten mit sich.

Ein weiteres Engagement fand Falk im Verein für Heimatkunde. Seit vier Jahrzehnten wirkt er im Vorstand mit, inzwischen als Vorsitzender. Das immer im Dezember erscheinende Jahresheft ist das Aushängeschild des Vereins.

Dank sagte der 70-Jährige seiner Frau Sibylle und der ganzen Familie. Alle legten sich gestern ins Zeug, um die „dienstlichen“ wie privaten Gäste bestmöglich zu bewirten. So wurde es ein ganz langer Tag in der Weinbergstraße.

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Spiegelbild der Geschichte

„Alt-Gunzenhausen“ mit 15 Beiträgen von 14 Autoren

Das neue Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ präsentierten Vorsitzender Werner Falk und sein Stellvertreter und Schriftleiter Werner Mühlhäußer (links) dem Rathauschef Karl-Heinz Fitz. Foto:  Erika Wüst

Mit 15 Beiträgen von 14 Autoren setzt „Alt-Gunzenhausen“, das Jahrbuch des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen, seine publizistische Arbeit fort. Die 74. Ausgabe hat einen Umfang von   270   Seiten.  Vorsitzender Werner Falk stellte die Publikation im Beisein von Schriftleiter Werner Mühlhäußer im Gasthaus „Altes Rathaus“ Bürgermeister Karl-Heinz Fitz vor. Der Bürgermeister dankte dabei dem Verein für seine seit vielen Jahrzehnten anhaltende Arbeit im Dienste der lokalen Historie.

Die Beiträge des Jahrbuchs, das im Gunzenhäuser Buchhandel erhältlich ist, beginnen  mit einer Darstellung des frühgeschichtlichen Siedlungsplatzes bei Unterasbach . Werner Somplatzki, der Heimatpfleger für Archäologie, hat danach geforscht. Die 1925 von Dr. Heinrich Eidam gefundenen Hornsteinwerkzeuge  sind für ihn der Beweis, dass es dort schon vor 7000 Jahren eine steinzeitliche Siedlung gegeben hat.

„Wer wurde unter der abgetretenen Grabplatte im Heidenheimer Münster bestattet?“ Siglinde Buchner hat Epitaphien als Informationsquellen entdeckt und nimmt an, dass dort das um 1620 geborene Töchterchen des Heidenheimer  markgräflichen Amtmanns Eitel Heinrich von Stain  und seiner Frau Magdalena von Absberg, begraben ist.

Siglinde Buchner begibt sich auch auf die Spurensuche nach dem Weiler Nordstetten, dessen Name sich von „Fels“ und „steinigen Boden“ ableiten lässt. Dazu gehörte auch die „Lepfenburg“ (Lauffenbürg  wurde bis 1510 so genannt). Die Autorin liefert eine Häusergeschichte des Mittelalters. Sie bezweifelt, dass Nordstetten ein Freidorf war, in dem die Bewohner die Dorfherrschaft selbst ausübten.

Zu den konfessionellen Verhältnissen und Sprengelstrukturen der Pfarreien im Kalbensteinberger Land hat Dr. Daniel Schönwald geforscht. Bemerkenswert findet er, dass die Sprengel  nach der Reformation zunächst beibehalten wurden ohne Rücksicht auf die Konfession der Untertanen. Erst im 19. Jahrhundert ist die feste Einpfarrung verfügt worden.  Die Vorgänge waren mitunter kurios:  der evangelische Huber aus Unterhöhberg war Untertan des katholischen Stifts Spalt, brachte seinen Sohn zur Taufe in das katholische Mitteleschenbach und bestattet wurde er vom evangelischen Pfarrer von Gräfensteinberg in Haundorf. Die Bestattungsgebühren mussten nach Mitteleschenbach gezahlt werden.

„Der Dreißigjährige Krieg und seine Auswirkungen in Gunzenhausen“ war 2019 ein Vortragsthema von Werner Mühlhäußer. Die grauenhafte Zerstörung, Verwüstung und Hungersnot, die das kleine Städtchen damals als Durchzugsgebiet der kaiserlichen und schwedischen Truppen hinnehmen musste,  zeichnet er nach.  Tilly Truppen haben damals auch den Stiftungsbrief für das Spital (1351) vernichtet.  Er zitiert das Laubenzedeler Kirchenbuch: „Die armen Leut sind mehr todt als lebendig“. Nach der Zerstörung von 111 Anwesen stand fest: „In Summa ist dieses Städtlein nur einer Spelunke ähnlich“.

Oskar Geidner  skizziert die Geschehnisse während des Dreißigjährigen Kriegs in (Wolframs)-Eschenbach und schildert die Widerstandskraft der Bevölkerung am Beispiel der Gefangennahme von Bürgermeister Ulrich Kolb (1633) durch die Schweden, als die Bürgerschaft ihr ganzes Hab und Gut verpfändete, um ihren Bürgermeister freizubekommen. Nicht so sehr durch Kriegshandlungen als durch die Flucht vor Hunger und Seuchen reduzierten sich die Haushalte um 71 Prozent.

Der hochbegabten Familie Motzel in Arberg, die hohe geistliche und weltliche Ämter am kaiserlichen Hof in Wien und am Bischofssitz in Eichstätt innehatte,   widmet sich Karl Rieger in Fortsetzung seiner Reihe über berühmte Söhne Arbergs. Georg Motzel , mittelalterlicher Finanzchef in  Arberg, verwaltete 22 Jahre lang das Amt, dessen Reichweite bis Hirschlach und Streudorf ging. Geblieben ist das frühere Kastenamt. Als  „Schoberhaus“  ist es eines der schönsten historischen Gebäude im Ort.

Auf den  Gunzenhäuser Oberkaplan Paul Days beruft sich  Wolfgang Pfahler in seiner Darstellung der Leichenpredigten für Sibylla Maria Rosa (1712) und Christoph Lorenz Meelführer (1717). Er wertet das Haus- und Jahrbuch des Gunzenhäuser Archivdiakons aus, der von 1696 bis 1735 gelebt hat.  Die Leichenpredigten enthalten nicht nur theologische Betrachtungen, sondern gehen ebenso auf die Lebenslust der Verstorbenen ein.

Leopoldo Matteo Retti  galt als der „Stararchitekt“ am markgräflichen Hof in Ansbach. Werner Mühlhäußer charakterisiert den einer italienischen Künstlerfamilie entstammenden Barockbaumeister, der 1731 an den Ansbacher Hof kam und auch in Gunzenhausen seine „Handschrift“ hinterlassen hat.

Heute reden wir von Kirchensteuer, im 18. Jahrhundert ärgerten sich die Degersheimer über das Kirchenstuhlgeld. Werner Kugler schreibt in seinem Beitrag  „Sitzplätze 1., 2. und 3. Klasse und kostenfreie Notsitze“ von einem Streit, der geführt wurde, weil  sich eine Familie weigerte, für einen ihr nicht gefallenden Kirchenstand zu zahlen.

„Die Orgeln der Spitalkirche Gunzenhausen im 18. bis 20. Jahrhundert“ beschäftigen Tobias Kleemann und Max Pfahler. Das 1701 erbaute zweite Gotteshaus in der Stadt bekam erst 1822 eine Orgel vom Heilsbronner Orgelbauer Eichmüller, dessen Werk sich aber nicht durch besondere Qualität auszeichnete. So bekam die Kirche  nach siebzig Jahren eine neue – von dem Oettinger Steinmeyer. Max Pfahler, der in der Nachbarschaft und in enger familiärer Freundschaft zu  Kirchenmusikdirektor  Karl Hunger aufgewachsen ist, geht auch auf dessen vierzigjährige Kantordienste ein.

Wiederholt widmet sich in der Publikation „Alt-Gunzenhausen“ der Weißenburger Autor Werner Neumann dem Armenwesen in der Stadt, diesmal von 1818 bis 1918. Eine Feststellung ragt heraus: Ernestine Reichel war 1911 die erste Frau im Altenpflegerat der Stadt. Und er schreibt von den Exzessen des Maurers Karl Vorbrugg, die dazu führten, dass er aus dem Armenhaus flog.

Die katholische Konfessionsschule Gunzenhausen 1869-1936 ist das Thema von Günter Dischinger. Er findet es bemerkenswert, dass schon 1851 der Pfarrer aus Cronheim katholischen  Unterricht im protestantischen Schulhaus geben durfte.  Erst 1869 erhielt die Filialkirche Gunzenhausen  ein eigenes Schulhaus (Nürnberger Straße 27/heute Pfarrzentrum).

„…Oha, der Kalendermann aus Aha!“ So nannten die Freunde des „Freimund“-Hauskalenders den Pfarrer Friedrich Wucherer, den Dr. Joachim Schnürle porträtiert. Der Geistliche, der 1849 die Gesellschaft für Äußere und Innere Mission mitbegründete, gehörte zu den engen Freunden des Neuendettelsauer Anstaltsgründers  Wilhelm Löhe.  1958 kam der kränkelnde Wucherer von Nördlingen nach Aha, wo er als Herausgeber des „Freimund“-Hauskalenders agierte. Von 1851 bis 1972 gab es das Kalendarium, das für viele Familien täglicher Begleiter war. Vertrieben wurde der „Freimund“ hierzulande u.a. von dem Gunzenhäuser Buchhändler Braun in der Osianderstraße.

Christian Breit ist in der Chronik des Liederkranzes Gunzenhausen von 1834 ein bemerkenswerter Finanzierungsgag aufgefallen. 1884 konnte jeder Gunzenhäuser für fünf Mark einen „Garantieschein“ kaufen. Das Geld erhielt er nach dem  50-jährigem Jubiläum wieder zurück. Es ist nicht erwähnt, ob die Aktion erfolgreich war.  Es ist eher das Gegenteil zu vermuten, denn die dreitägigen Jubelfeiern im Schrannensaal  mit Feuerwerk und Festkonzert waren defizitär. Am Ende fehlten 1000 Reichsmark. In die patriotische Männerchorliteratur des 19. Jahrhundert reihte sich auch das Festgedicht von Heinrich Eidam ein, das Dirigent Ludwig Hartmann vertonte.

15 Autoren schreiben

„Alt-Gunzenhausen“ erscheint im Dezember

An die fünfzehn Beiträge zur regionalen Historie wird das nächste Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ enthalten. Das kündigte Vorsitzender Werner Falk auf der Vorstandssitzung des Verein  für Heimatkunde im Gasthaus „Zur Altmühlbrücke“ an.

Schriftleiter und 2. Vorsitzender Werner Mühlhäußer, der hauptamtlich als Stadtarchivar tätig ist, hat die Arbeiten von 15 Autoren vorliegen, darunter etliche Verfasser, die das erste Mal  für die Publikation des Vereins schreiben. Werner Somplatzki, der Kreisheimatpfleger für Archäologie, befasst sich mit einem frühgeschichtlichen Siedlungsplatz bei Unterasbach, Sieglinde Buchner, die Kreisarchivpflegerin, schreibt zu Epitaphien als Informationsquellen und geht konkret der Frage nach, wer unter der abgetretenen Grabplatte im Heidenheimer Münster bestattet ist. Ferner widmet sie sich der Geschichte von Nordstetten.

Die konfessionellen Verhältnisse und Sprengelstrukturen der Pfarreien im Kalbensteinberger Land beleuchtet Dr. Daniel Schönwald, der stellvertretende Chef des Landeskirchlichen Archivs in Nürnberg. Über den Dreißigjährigen Krieg in Gunzenhausen und Wolframs-Eschenbach schreiben Stadtarchivar Werner Mühlhäußer bzw. Stadtheimatpfleger Oskar Geidner. „Die Familie Motzel in Arberg“ stellt Karl Rieger vor, während sich Wolfgang Pfahler mit dem Gunzenhäuser Oberkaplan Paul Dayb und seinen Leichenpredigten für Sibylla Maria Rosa (1712s) und Christoph Lorenz Meelführer (1717) befasst. „Der ansbachische Baudirektor Leopoldo Retti und seine Tätigkeit in Gunzenhausen“ stellt Werner Mühlhäußer in einem weiteren Beitrag vor.

Werner Kugler, der vormalige Dekan von Heidenheim, hat unter der Überschrift „Sitzplätze 1., 2. und 3. Klasse und kostenfreie Notsitze“ einen Beitrag zu den Kirchenständen in der Martinskirche von Degersheim (1788) verfasst. Auf die „Orgeln in der Spitalkirche zu Gunzenhausen im  18. bis 20. Jahrhundert“ gehen Tobias Kleemann und Max Pfahler ein und Werner Neumann beschäftigt sich in einem weiteren Beitrag mit dem Armenwesen in Gunzenhausen im 19. Jahrhundert.

Der Begründer des Missionsfests in Gunzenhausen war Pfarrer Johann Friedrich Wucherer in Aha. Über seine Werke schreibt Dr. Joachim Schnürle, stellvertretender Chefarzt des Kurheims Hensoltshöhe, während sich Christian Breit über die Feier „50 Jahre Liederkranz“ im Jahr 1884 auslässt.   In Aussicht stehen noch Beiträge „Ein Abriss der  katholische Volksschule in Gunzenhausen“ von Günter Dischinger und  die „Mühlen in Muhr“ von Günther L. Niekel.

Wie Vorsitzender Werner Falk mitteilte, wird der Verein auch im Winterhalbjahr die Reihe von historischen Vorträgen fortsetzen und im neuen Jahr wieder die bewährten „Samstagsexkursionen“ abhalten.

Ziel war die Burg Abenberg

Weitere Station der „Samstagsexkursionen“

Im Rahmen seiner Reihe „Samstagsexkursionen“ besuchte  der Verein für Heimatkunde Gunzenhausen mit seinem Vorsitzenden Werner Falk die Burg Abenberg. Im Haus fränkischer Geschichte begaben sich die Teilnehmer mit der ausgesprochen sachkundigen Führerin Frau Engl auf eine lebendige „Zeitreise durch Franken“ vom Mittelalter bis heute: Wie kann man sich das Leben im Mittelalter vorstellen? Wie entwickelte sich Franken in der beginnenden Neuzeit? Wie wirkten sich Reformation, Bauernkrieg und 30-jähriger Krieg auf die Bevölkerung aus?

Bei der Entdeckungstour durch das Klöppelmuseum, die einzelne Teilnehmer unternahmen,  waren einzigartige Kunstwerke der Spitzenkunst zu sehen.  Nach der Burgführung trafen sich die Teilnehmer im Landhaus Kaiser, wo sie bestens bewirtet wurden. Unser Foto zeigt einen Teil der Gruppe auf dem einstigen Ritterplatz, der heute noch Schauplatz mittelalterlicher Kultur ist und der gerne von Konzertagenturen für ihre Events genutzt wird.