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Die Bäcker von Gunzenhausen

Seit 1888 gibt es die Bäckerinnung

Das Bäckerbild von 1896 wird in der neuen Ausgabe von „Alt-Gunzenhausen“ beschrieben.

Großformatige Fotomontagen von Gunzenhäuser  Gesellschaften und Vereinen sind heute fast ausschließlich nur noch im Museum zu sehen. Eines – und zwar das der Bäckerinnung Gunzenhausen –  ist durch eine Schenkung in den Besitz des Stadtarchivs gelangt. 18 einzelne in Passepartouts gefasste Fotografien sind auf dem Bäckerbild aus dem Jahr 1896 zu sehen. Stadtarchivar Werner Mühlhäußer hat das Vereinsbild zum Anlass genommen, um zu forschen. Das Ergebnis ist im neuen Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“  zu lesen, das vom Verein für Heimatkunde herausgegeben wird.

Bevor die bayerische Verwaltungsreform von 1808 und die Sozialgesetze im Deutschland des 19. Jahrhunderts die Gewerbefreiheit für die Handwerksberufe brachten, waren die Zunftordnungen gültig. Die Bürgeraufnahmebücher von Gunzenhausen liefern Informationen für die Jahre von 1550 bis 1868. Weitere Erkenntnisse liefern die 1534 angelegten Kirchenbücher. Erst schriftliche Nachweise von Gunzenhäusern Bäckern sind ihnen zu entnehmen.

Den Bürgeraufnahmebüchern ist zu entnehmen, dass in diesen rund 300 Jahren eine ganze Reihe von Handwerkern in der Stadt ansässig war. Die meisten stellten die Schuhmacher, dann folgten (in dieser Reihenfolge) die Wirte, die Bäcker, Metzger, Schneider, Maurer, Gerber, Weber, Bierbrauer und Zimmermänner. Anstelle der Bäckerzunft agierte ab 1829 der Bäckerfachverein, der 1888 in eine Innung umgewandelt wurde. Die Statuten markieren die Ziele der Innung: Pflege des Gemeingeistes, Stärkung der Standesehre, Förderung des gedeihlichen Verhältnisses zwischen Meistern und Gesellen und sittliche Ausbildung der „Stiften“.

Das Bäckerbild ist handwerklich eine Leistung von Georg Michael Fettinger, der eigentlich Müller (und Inhaber der Scheupeleinsmühle) war, jedoch eine persönlich starke Leidenschaft für das Fotografieren hatte und ein eigenes Fotoatelier einrichtete. Sein Sohn Jakob Heinrich übernahm es 1899 und erbaute es neu in der Bahnhofstraße 31.

Erster Innungsobermeister war Johann Friedrich Huber, dessen Frau 1906 in der  Bäckerei ums Leben kam, als beim Befüllen einer Benzinlampe Feuer ausbrach. „Missliche Vermögensverhältnisse“ führten dazu, dass sich der Meister 1913 das Leben nahm. Sohn Heinrich übernahm das Geschäft in der Bahnhofstraße 15 (heute: Hörgeräte Eisen) und führte es bis 1960. Nachfolger Karl Reissig war bis 1976 tätig.

Friedrich Karl Lechner war 1913 bis 1935 der Obermeister. Er übernahm das Anwesen in der Rathausstraße 9. Dort lässt sich schon 1612 ein Bäcker namens Michael Gerber  in der Schmidgasse (früherer Straßenname) nachweisen. Sein Nachfolger betrieb zudem eine Schankwirtschaft, was damals vielfach üblich war. Er erlaubte Stallknechten und markgräflichen Husaren das verbotene Kartenspiel, zahlte 1746 notgedrungen das Strafgeld von 30 Gulden, um nicht eingesperrt zu werden. Bis 1960 wurde erwerbsmäßig Brot gebacken.

Der aus Unterwurmbach stammende Johann Loy war Kassier. Mit der Gastwirtstochter Maria Knoll aus Merkendorf hatte er elf Kinder. In der früheren Hafnerwerkstatt in der Nürnberger Straße 15 eröffnete er eine Bäckerei, die 1920 sein Schwiegersohn Friedrich Buchner übernahm, der später als Obermeister fungierte und den Betrieb bis 1963 führte.

Aus Sausenhofen kam Johann Friedrich Bach, der 1886 das Walmdachhaus in der Gerberstraße 8 erwarb. Er hatte zugleich eine Mehlhandlung. Später verkaufte er das Anwesen und erwarb das Haus in der Sonnenstraße 16, in dem er eine Kolonialwarenhandlung einrichtete.

Der Langlauer Friedrich Ludwig Barthel kam 1888 in die Stadt und betrieb sein Handwerk in der Gerberstraße 11. Hochverschuldet musste er aber später an den Metzger und Wirt A.P. Guthmann verkaufen. Es folgten weitere Bäckermeister – und 1922 mit Rosina Linse sogar die erste bayerische Bäckermeisterin. Deren Sohn Xaver (Stadtrat) übernahm das Geschäft 1961 und übergab es 1977 an Edwin Rohr, der es 2004 aufgab.

Von dem aus Rehenbühl stammenden  Johann Baumgärtner ist bekannt, dass er das Haus in der Sonnenstraße 1 von Wilhelm Vorbrugg erwarb. Schon 1734 war dort eine Bäckerei ansässig. Der Nachkomme Werner Baumgärtner leitete das Geschäft ab 1961 (heute: Cafe Wehrgang).

Georg Heinrich Emmerling, der 1872 aus Brand nach Gunzenhausen kam, erwarb das Haus Marktplatz 19, sein Bruder das Haus in der Oettinger Straße 3. Die „Weinstube Emmerling“  geht auf das Jahr 1873 zurück, der Neubau entstand 1887.  Die Bäckertradition in der Familie endete 1978, als Ludwig Emmerling verkaufte.

Der Heidenheimer Johann Friedrich Högner übernahm die wohl älteste Bäckerei (schon 1642 urkundlich erwähnt) am Marktplatz 41a. Das große Wohn- und Geschäftshaus brannte am Gründonnerstag des Jahres 1915 so stark ab, dass es neu aufgebaut werden musste. Zudem waren zwei Todesopfer zu beklagen.  Von 1959 bis 1979 war Wilhelm Högner der Hausherr.

Der aus Bühl bei Nördlingen stammende Friedrich Karl Meidert erwarb 1893 das Haus in der Kirchenstraße 4, das als eines der ältesten Gebäude gilt (zwischen 1450 und 1500 erbaut).

1889 kam Johann Georg Minnameyer in die Stadt, um  das Anwesen im Auweg 5 zu erwerben, später verlegte er den Betrieb in die Weißenburger Straße 23. Enkeltochter Frieda („Friedi“) betrieb mit ihrem Mann Friedrich Moßhammer das Geschäft bis 1994.

Weitere Bäckermeister waren der aus Ansbach stammende Georg Adam Mohrenhardt (Oettinger Straße 3) und Wilhelm Christian Moßhammer (erst Hensoltstraße 36, dann Weißenburger Straße 12). Der Pfofelder Johann Adam Schönecker war in der Weißenburger Straße 2 aktiv, der spätere Eigentümer Johann Hermann (ebenfalls aus Pfofeld) gab das Gewerbe 1937 auf.  Johann Michael Ströhlein (Zur Altmühl 2)  verpflichtete in seinem Testament die Bäckerinnung, für seine Grabpflege zu sorgen. Jeder von den Handwerkskollegen hatte zudem für den Leichenschmaus für 70 Pfennige Brot zu liefern. In der Waagstraße 5 hatte Johann Karl Uhlmann sein Geschäft, das seine Tochter und deren Mann Friedrich Wagner 1961 aufgegeben haben. Ludwig Wilhelm Vorbrugg heiratete 1868 die Witwe des Bäckermeisters Ludwig Ries (Sonnenstraße 1) und veräußerte den Betrieb 1892 an Johann Baumgärtner. Die aus einer Weißenburger Bäckerfamilie stammende Amalie Magdalena Roth heiratete 1866 den aus Bieswang stammenden Johann Friedrich Wild und führte mit ihm die Bäckerei in der Gerberstraße 3, die seit 1823 bestand.  Aus Dittenheim kam Georg Leonhard Wöllmer, der mit der Sammenheimerin Eva Margarethe Hetzner verheiratet war. Beide übernahmen die Bäckerei in der Burgstallstraße 8 (später Kolonialwaren- und Delikatessengeschäft).

WERNER FALK

„Alt-Gunzenhausen“ ist ab sofort im Gunzenhäuser Buchhandel für 15 Euro erhältlich.

Stadtgeschichte auf 270 Seiten

Alt-Gunzenhausen ist neu erschienen

Die Geschichte der Gunzenhäuser Bäcker wird im neuen Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ von Stadtarchivar Werner Mühlhäußer dargestellt. Das Foto von 1896 ist zugleich das Titelbild der aktuellen Publikation des Vereins für Heimatkunde.

Auch im dritten Corona-Jahr war es dem Verein für Heimatkunde e.V. möglich, eine umfangreiche Ausgabe von „Alt-Gunzenhausen“ zu erstellen. Vorsitzender Werner Falk und sein Stellvertreter Werner Mühlhäußer danken den neun Autoren ebenso wie den Sponsoren. Ohne sie wäre die Publikation nicht vorstellbar. Im Herbst 2022 befinden wir uns an der Schwelle zum Jubiläumsjahr 2023, das gekennzeichnet ist vom 1200-jährigen Stadtjubiläum, zugleich kann der Verein für Heimatkunde auf das 100-jährige Jubiläum von „Alt-Gunzenhausen. Seit 1923 sind 77 Jahrbücher erschienen. Anlassbezogen soll im nächsten Jahr ein repräsentativ aufgemachtes Jahrbuch erscheinen.

Zum treuen Autorenstamm zählt der Kreisheimatpfleger für Archäologie Werner Somplatzki (Trommetsheim).  Er geht den Spuren römischer Besiedelung am Ortsrand von Markt Berolzheim nach und orientiert sich dabei an den Forschungen von 1896. Er bekräftigt, dass es wohl in der Flur „Am Bühl“ einen römischen Gutshof gegeben haben muss, denn 1988 hat man dort 600 Funde gemacht.

Siglinde Buchner stellt „Dr. Georg von Absberg, Kanzler und Landhofmeister der Ansbacher Regierung (1461-1489) vor.  In ihrer Sissyphusarbeit dröselt sie die Familiengeschichte dieses Adelsgeschlechts auf. „Jörg“ war einer der ranghöchsten Hofbeamten des Markgafen Albrecht Achilles und als Diplomat auch im Ausland tätig. Er ist in der Spalter Stiftskirche bestattet, ein Totenschild hängt auch in der Ansbacher Gumpertuskirche.

Paul von Absberg (1451-1503) war neben dem berüchtigten Raubritter Hans Thomas von Absberg  der bekannteste Vertreter der Familie. Wie die Kreisarchivpflegerin Siglinde Buchner schildert, war er als markgräflicher Feldhauptmann an etlichen Feldzügen beteiligt. 1490 ist er Amtmann in Gunzenhausen geworden. Beim Sturz vom Pferd rammte er sich die Lanzenspitze in den Leib und starb 50-jährig somit auf tragische Weise. In der Gunzenhäuser Stadtkirche hat sein Epitaph den Platz unter der Kanzel.

„Die ehemaligen Mühlen am Brombach und Igelsbach“ nennt Dr. Daniel Schönwald (Kalbensteinberg) seine Häuserchronik, in der alle Mühlen und deren Geschichte sowie die Eigentümer vollständig auflistet. Auffallend oft stieß er bei seinen Recherchen auf die Namen Walther, Rupp und Egerer. Diese Familien sind heute noch präsent. Zum größten Teil im Brombachsee versunken sind die einstigen Anwesen: Hühnermühle, Furthmühle, Beutelmühle, Scheermühle, Neumühle, Grafenmühle, Birkenmühle, Öfeleinsmühle, Langweidmühle, Mandlesmühle, Mäusleinsmühle, Sägmühle und Griesmühle.

Von einem mysteriösen Schatzgraben 1755 im Mönchshof bei Kalbensteinberg schreibt Thomas Müller (Kalbensteinberg) unter dem Titel „So werde lauter golt daraus“. Den Kalbensteinbergern ist damals Im „Herrenwald“ eine Gestalt in weißem Gewand erschienen, die behauptete, es würden Gold und Edelsteine zu finden sein. Der „Kalber“ Schäfer Goll und sein Sohn, der Igelsbacher Schäfer und ein „Catholischer Geistlicher“ waren  neben dem Schuster Rothenberger involviert. Es fand sich aber nur eine wertlose Büchse mit einem geschliffenen Stein, aufgefädelten Glasperlen, einem Weißdraht und viele Erde. Man war einem Gauner aufgesessen. Vor „Schatzgräbern und herumschweifendem Gesindel, das keinesweges geduldet werden darf“, hatte die markgrafläche Verwaltung gewarnt.

Der Vogelfang war bis in das 18. Jahrhundert für die Ärmsten der Armen eine Möglichkeit, an Geld zu kommen. Sie handelten mit  Wacholderdrosseln und anderen Singvögeln auf Märkten. In den Küchen von reichen Nürnberger Patriziern gab es „gebratene Lerchen in einer Brüh“ oder auch „gespickte Trosseln“. Thomas Müller  skizziert den Kalbensteinberger Vogelfänger Johann Michael Lutz (1774-1798) unter dem Titel „Ein Vogelfänger bin ich ja“ und geht darauf ein, dass es auch heute noch die Fangplätze unter dem Flur- und Straßennamen „Vogelherd“ beispielsweise  in Haundorf, Brombach, Heidenheim und Schwabach (ganzer Stadtteil) gibt. 1809 ist der Vogelfang in Bayern amtlicherseits verboten worden.

Dem Hesselberg widmet sich Thomas Freller indem er den markgräflichen Autor, Zeichner, Kupferstecher und Graveur Johann Gottfried Köppel vorstellt und auf dessen literarische Hinterlassenschaften eingeht. Seinen Beitrag nennt er eine Miszelle zur Identität des Autors eines „Schreiben eines Freundes über den Hesselberg im Anspachischen“.  Köppel (1748 geboren) war Kanzleiinspektor bei Markgraf Alexander. Er schrieb als anonymer Autor im „Fränkischen Archiv“ und im „Museum für Künstler und Kunstliebhaber“ seine Wahrnehmungen in Unterschwaningen, am Hahnenkamm und am Hesselberg, Auf der Gelben Bürg ist „außer Eberwurz nicht des geringste Kräutlein zu finden“ notierte er, und „die Erde ist so schwarz wie Kühnruß“. Den „Hunnenkamp“ nahm er als Wacholderbrachfläche wahr. Das Unterschwaninger Schloss fiel ihm als „niedlich und modern meubliert“ auf. Den Hesselberg rühmt er: „Die Aussicht vom Ätna hat nicht alle die Vollkommenheiten, die uns die Aussicht des Hesselbergs darstellt“. 1786 soll er über „eine kleine Reise in den Altmühlgrund nach Gunzenhausen“ geschrieben haben.

Dominik Rieger porträtiert in seinem Beitrag „Gunzenhausens erster  Stadtmusikmeister Christian Ludwig Fürst“.  Er wurde 1859  der Nachfolger von C.F. Moebius,  den Laura Meyer im Jahrbuch 75 vorstellte.Im Gegensatz zu seinem Vorgänger, der im Streit mit der Stadt geschieden war, musste Fürst nicht mehr zusätzlich auch als Türmer tätig sein. Er stammte aus Heidenheim und wird als „friedliebend und im Umgang sehr gefällig“ beschrieben. Von Möbius übernahm er auch die musikalische Leitung des „Liederkranzes“. Lebensglück war ihn nicht beschieden, denn zwei seiner Töchter starben innerhalb einer Woche an der damals grassierenden Keuchhusten-Epedemie.

Eva Reineke befasst sich mit dem „Geologen Dr. Ludwig von Ammon (1850-1922)“, einem Sohn der Stadt Gunzenhausen, auch wenn dieser nur wenige Kindheitsjahre in der Stadt verbrachte, wo sein Vater als Landgerichtsassessor tätig war. Der Naturwissenschaftler wirkte an der geologischen Beschreibung und Kartierung Bayerns mit, war aber ein Mensch „von gewissem Sonderlingswesen verfallener Eigenart“.

2012 hat das Stadtarchiv Gunzenhausen  ein 60 mal 48 cm großes Bild geschenkt bekommen, das die Gunzenhäuser Bäcker zeigt. Jetzt beschreibt Stadtarchivar Werner Mühlhäußer „Das Bild der Bäckerinnung in Gunzenhausen von 1896“, stellt alle eingerahmten 18 Meister vor und schildert die Zunftordnung der Bäcker von 1888, in deren Statut „die Pflege des Gemeingeistes sowie die Aufrechterhaltung und Stärkung der Standesehre, der Förderung des gedeihlichen Verhältnisses zwischen Meistern und Gesellen“ hervorhoben wird. Die Fotos stammen übrigens von dem „Photographen Atelier G. M. Fettinger von der Schäupeleinsmühle in Gunzenhausen“.

„Werter Herr Kreisleiter!“. Stadtarchivar Werner Mühlhäußer wertet Feldpostsendungen an den einstigen NS-Kreisleiter Johann Appler aus, der auch Gunzenhäuser Bürgermeister (1936-1945) und Reichstagsabgeordneter (ab 1933) war.  Im Archiv sind 160 dieser Briefe von Frontsoldaten an den Kreisleiter unter dem Kapitel „Feldpost der Gefolgschaftsmitglieder“ aufbewahrt. 34 greift Mühlhäußer heraus. Zitiert werden bekannte Gunzenhäuser Parteigänger, so u.a. der Autohausgründer Max Halbig:  „Meinem Grundsatz bleibe ich treu, wenn ich sterben muß, sterbe ich gerne für Adolf Hitler, unseren heißgeliebten Führer“.  Und Wolfgang Rathsam, später Finanzbeamter, äußerte sich radikal: „Wenn man diese Tiere von Menschen (die Polen, d.Red) ansah, hätte man buchstäblich nur eines tun können, nämlich niederknallen“.  Karl Rieger schrieb aus Straßburg: „Alles, was französisch ist, wird rausgeworfen!“

Werner Mühlhäußer erinnert an das Heimatspiel „Kreuz im Altmühltal“, das 1922 das erste Mal in Gunzenhausen aufgeführt wurde.. Gerbermeister Gustav Schneider hat damals aus der Sage und einem Gedicht das Theaterstück verfasst.  Es wurde im „Adlerbräu“-Saal präsentiert, Schneider dufte die Premiere erleben, ist aber wenige Tage danach verstorben. Später war der Aufführungsort die „Waldbühne“ am Röschelskeller. Übrigens: „Kreuz im Altmühltal“ lebt im Jubiläumsjahr 2022 neu auf. Man darf auf die neue, zeitgemäße Inszenierung gespannt sein.

Die Serie „Lebensbilder bekannter Gunzenhäuser“, zuletzt 1994 im Jahrbuch 49 erschienen, setzt Werner Falk fort. Er porträtiert den Kürschnermeister Heinz Beck, Verkehrsamtsleiter Christof Beck, Abteilungsleiter Dr. Hans Kirsch, Polizeibeamten Hans Billmann, Rektor Otto Bauer und den Verwaltungsbeamten Otto Kleemann.

Landesgeschichte im Wirtshaus

Prof. Seiderer im Gespräch mit Heimatkundlern

Vorsitzender Werner Falk vom Verein für Heimatkunde dankte dem gebürtigen Gunzenhäuser Wissenschaftler Dr. Georg Seiderer für seinen Auftritt beim „Heimspiel Wissenschaft“. Foto: FAU/Iannicelli

 

Was macht eigentlich ein Landeshistoriker? Wie hat sich diese Fachrichtung innerhalb der Geschichtswissenschaft entwickelt? Inwiefern kann Landesgeschichte dazu beitragen, dass Menschen in einer Region ihre Geschichte besser verstehen und, vor allem, wie können sie selbst an der Erforschung ihrer eigenen Regionalgeschichte mitwirken? Der an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg lehrende Historiker Prof. Dr. Georg Seiderer erläuterte diese und viele weitere Fragen in einer für die Wissenschaft eher ungewöhnlichen Umgebung – im Gasthof „Adlerbräu“.

Es war ein Auftakt nach Maß für die Veranstaltungsreihe „Heimspiel Wissenschaft“ des gleichnamigen Verbundprojektes, das Hochschulen vernetzen und beraten will, um dialogorientierte Wissenschaftskommunikation mit Bevölkerungsgruppen außerhalb urbaner Ballungszentren zu befördern.

Georg Seiderer, Experte für Neuere Bayerische und Fränkische Landesgeschichte und Volkskunde, ist in Gunzenhausen aufgewachsen und seinem Heimatort als Mitglied des Vereins für Heimatkunde eng verbunden. Im Gasthof Adlerbräu berichtete Professor Seiderer in einem kurzweiligen Vortrag über seine Forschung und die Bedeutung der Landesgeschichte  als Spezialisierung innerhalb der Geschichtswissenschaft. Außerdem stand der an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg lehrende Historiker bei Plätzchen und Wurstplatte bzw. Tee und Weißbier in lockerer Atmosphäre für allerlei Fragen zu seinem Werdegang, seiner wissenschaftlichen Arbeit und zu geschichtswissenschaftlichen Erkenntnissen über die Region zur Verfügung. „Ich freue mich, in Rahmen dieses „Heimspiels“ mit einem breiteren Publikum über die eigene Forschung und die Bedeutung landes- und regionalhistorischer Erkenntnisse für den gegenwärtigen Lebensalltag ins Gespräch zu kommen und dabei auch so manches bekannte Gesicht aus früheren Zeiten wiederzusehen“, erklärte Seiderer.

Der Austausch über die wissenschaftliche Fachdebatte hinaus ist Professor Seiderer wichtig. Es sei der Geschichtswissenschaft per se ein wichtiges Anliegen, aktuelle Forschungserkenntnisse mit der Öffentlichkeit zu teilen, diese einzubinden und sich nicht in einen vielbeschworenen Elfenbeinturm zurückzuziehen. „Die Landesgeschichte macht mit der Region, ihren historischen Hintergründen und Besonderheiten vertraut.“ Diese Expertise sei nicht zuletzt für die Arbeit der Museen, Archive und kulturellen Einrichtungen in der Region relevant. „Geschichte findet vor Ort statt“, betonte Seiderer auch mit Blick auf die Vertreter von Heimat- und Geschichtsvereinen, deren landesgeschichtliche Forschung wiederum auch an der Universität rezipiert werde. Die sich dem Vortrag anschließende Fragerunde entwickelte sich rasch zu einem regen Austausch.

Die Veranstaltungsreihe „Heimspiel Wissenschaft“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Initiative „Wissenschaftsjahre“ gefördert. Im Namen der  Besucher dankte Werner Falk, der Vorsitzende des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen, dem Wissenschaftler für seinen verständlichen Vortrag, in dem Prof. Seiderer der lokalen Geschichtsforschung Lob und Anerkennung aussprach.

Geschichte vor Ort

Prof. Dr. Georg Seiderer ist am 27. November zu Gast

Was macht eigentlich ein Landeshistoriker? Wie hat sich diese Fachrichtung innerhalb der Geschichtswissenschaft entwickelt – gerade auch an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg? Und wie genau kann ein Landeshistoriker dazu beitragen, dass Menschen in einer Region ihre Geschichte besser verstehen – und vor allem selbst an der Erforschung ihrer eigenen Regionalgeschichte mitwirken können?

All das erläutert Landeshistoriker Prof. Dr. Georg Seiderer, selbst in Gunzenhausen aufgewachsen und Mitglied im örtlichen Verein für Heimatkunde e. V, in einem kurzweiligen Vortrag am ersten Adventssonntag, 27. November, direkt nach dem Wintertrödelmarkt um 18 Uhr im Gasthof Adlerbräu, Seeadlerstube, Marktplatz 10 in Gunzenhausen. Im Anschluss an den Vortrag steht Prof. Seiderer bei einem Glühwein und Plätzchen gerne für Fragen und den Austausch zur Verfügung – der Glühwein geht auf’s Haus.
 
Die Veranstaltung ist Teil einer neuen Reihe mit dem Thema „Heimspiel Wissenschaft“, bei der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihrer Heimatgemeinde über ihre Forschung sprechen. Initiiert wird das Format von der Hochschulrektorenkonferenz, der Agentur für Wissenschaftskommunikation con gressa und dem Käte Hamburger Kolleg für Apokalyptische und Postapokalyptische Studien der Uni Heidelberg. Es wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.

„Das Volk will einmal frei athmen“

„villa nostra“ beschäftigt sich mit dem Revolutionsjahr 1848

Die neue Freiheit für die Weißenburger: Jeder durfte auf die Jagd gehen, wenn er für einen Gulden eine Jagdkarte erworben hatte.

Ein halbes Jahrhundert nach der Französischen Revolution (1798) war das Jahr 1848 war für die Veränderung der polititischen Verhältnisse in Deutschland ein markantes Jahr. Es formierten sich die demokratischen Kräfte und der Wille war erkennbar, aus den vielen Fürstentümern und Kleinstaaten ein einheitliches und starkes Deutschland zu schaffen. Das gelang freilich nicht auf Anhieb, aber 1848 war ein guter Ansatz, mehr Freiheiten und Mitbestimmung durchzusetzen. Dafür steht das „Paulskirchenparlament“, der erste Schritt zu einer gesamtdeutschen Republik.

Wie hat sich aber das Revolutionsjahr in Weißenburg ausgewirkt, wie haben sich die Weißenburger verhalten? Max Wagner (29), Sprößling einer alteingesessenen Weißenburger Familie, studierte Geschichte und Politikwissenschaften und absolviert derzeit den Vorbereitungsdienst an der Hochschule für das Archivwesen, der  in drei Jahren die Nachfolge von Rainer Rammerl als Leiter des Stadtarchivs übernehmen soll, veröffentlicht in der neuen Ausgabe von „villa nostra“, den Weißenburger Blättern für Heimatkunde, den Beitrag „Das Volk will einmal frei athmen“ und schildert, wie revolutionär die Reichsstädter waren. Es sei vorweggenommen: Sie hatten wenig Lust, um mehr Freiheit zu kämpfen, sondern gingen lieber auf ihre beliebten Bierkeller.

Der Autor hat die Chronik der Familie Staudinger-Berger herangezogen, um Antworten auf die Fragen zu finden. In ihr sind die Geschehnisse dokumentiert, aber auch in den Magistragsprotokollen  und im Weißenburger Wochenblatt sind Hinweise. Nach den Recherchen des Autors wanderten zwischen 1845 und 1870 mehr als 200 Weißenburger aus, darunter auch der Tagelöhner Mathias Schilfahrt, den die anständigen Bürger loswerden wollten und deshalb für die Überfahrt das Straftäters und Kriminellen Geld sammelten.  Doch die Ausreisebehörden hatten etwas dagegen. Es waren ohnehin die guten Handwerker, die in Zeiten der Nahrungsmittelnot sich  in Amerika  eine bessere Zukunft erhofften.

Der Unmut der Franzosen, der in ihrer so wichtigen Revolution endete,  schwappte auch auf die anderen Länder über. In Bayern hatte König Ludwig I. wegen seiner Affäre mit der spanischen Tänzerin Lola Montez allerhand Ärger am Hals, so dass er abdanken musste.  Der Weißenburger Chronist Staudinger hielt die Stimmung in diesen Zeilen fest: „Überall verlangt man Reform und Entfernung der Minister, den das Volk will einmal frei athmen und in keiner solchen Knechtschaft mehr bleiben“.

Ihr Forderungen, später bekannt geworden unter dem Begriff „Märzforderungen“, artikulierten die Weißenburger Bürger am 15. März 1848 auf einer Versammlung im „Hornauersgarten“ (später Michelsgarten genannt). Es kam zwar nicht zu tumultartigen Erscheinungen, wie beispielsweise in Gunzenhausen, aber die Männer (und „Frauen aus der Unterschicht“). Das gilt vorzugsweise als ein Verdienst des Bürgermeisters Castner.  Den Bürgern ging es vorzugsweise um den Stadtwald.  Ohne große Debatten ging der Magistrat auf die Forderung, was die Waldnutzung betraf.

Es war auch der Wahlmann für das Frankfurter Paulskirchenparlament zu bestimmen. Das geschah auf einer Versammlung von „volljährigen, selbstständigen Staatsangehörigen“ (Frauen waren damals noch nicht zugelassen) in Ellingen. Die Stimmberechtigten kamen aus den Städten und Gemeinden, die heute den Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen bilden, Pappenheim und der Jura um Nennslingen fehlten, dafür gehörte Spalt dazu. Eigentlich favorisierte die Versammlung den aus Weißenburg stammenden politischen Publizisten Friedrich Rohmer, aber der war nicht nur ein prominenter Sohn der Stadt, sondern auch zugleich ein recht umstrittener mit gigantischer Selbsteinschätzung, denn er glaubte, er sei  „die größte Persönlichkeit, welche die Menschheit hervorbracht hatte“. Seine exzentrische Art kam nicht gut an. Er wurde als „Messias“ verspottet. Die 128 Wahlmänner entschieden sich für den ranghohen evangelischen Pfarrer Arnold, der später aber zurückzog, so dass der Ersatzmann Prof. Wilhelm Stahl zum Zuge kam, der dem konservativen Zentrum zuzuordnen war. Akademiker genossen in dieser Zeit den Vorrang. 550 der 830 Abgeordneten hatten einen  wissenschaftlichen Hintergrund.

Die Weissenburger Presse  ließ sich trotz der neu gewonnenen Pressefreiheit kaum vernehmbar über die 1948er Revolution aus. „Gleichheit wird erst gefunden, wenn keiner mehr etwas hat“, meinte ein anonymer Schreiber und ergänzte zynisch: „Das ist immerhin ein schöner Trost, in Gesellschaft zu verhungern!“.   Aber es kam doch zu Fortschritten in der Demokratierung.  Im Justizwesen war es die endgültige Gewaltenteilung  von Legislative und Exekutive.  Die Adligen verloren ihre Privilegien und die Schwurgerichte wurden eingerichtet, die „im Namen des Volkes“ urteilten. Die Weißenburger indes durften sich über die Änderung der Laubstreu-Abgabe freuen, so dass jeder Bürger fortan jährlich eine Fuhre Laub erhielt, nur der Rest sollte von der Stadt verkauft werden. Die Jagdrechte im Stadtwald gingen von den Pappenheimer Grafen und Ellinger Fürsten auf die Stadt über, weshalb nun jeder, der Lust zur Jagd hatte, für einen Gulden  eine Jagdkarte erwerben konnte.

WERNER FALK

„villa nostra“, die Weißenburger Blätter für Heimatkunde, Geschichte und Kultur erscheinen dreimal jährlich und werden kostenlos im Rathaus, bei den Banken und in Geschäften abgegeben.

Der Stadtwald ist ein Schatz

Weißenburg gehört zu den sieben größten kommunalen Waldbesitzern in Bayern

Das Forstamt in der Eichstätter Straße/Geheimrat-Dörfler-Straße wurde 1927 erbaut.

Das Selbstwertgefühl der Weißenburger beruht auf ihrer reichsstädtischen Vergangenheit. Der 2806 Hektar große Wald links und rechts der Straße nach Eichstätt, der ihnen 1338 vom Kaiser zugeteilt wurde, wird seit exakt 200 Jahren professionell bewirtschaftet. Heute wachsen dort hauptsächlich Fichten (47,3 Prozent) und Buchen (32,1 Prozent). Somit steht fest: es ist ein schöner Mischwald, wie sich ihn die Forstwirtschaft eigentlich überall wünscht.

Der Weißenburger Stadtarchivar Reiner Kammerl  widmet sich in der aktuellen Ausgabe von „villa nostra“ (Weißenburger Blätter für Geschichte, Heimatkunde und Kultur) dem heuer anstehenden 200-jährigen Bestehen des Städtischen Forstamts. Zugleich ist  das Jubiläum eine personelle Zäsur. Die Leitung wechselt von Jürgen Fischer (2011-2022) zu Maximilian Plabst, der am 1. Juli die Verantwortung für den Stadtwald übernimmt.

1822 war ein einschneidendes Datum für Weißenburg, denn die Stadt übernahm den ehemaligen Reichswald. Von 1812 stammt die erste „Werthsbestimmung, aber erst 1821 wurde das Reichsstadtvermögen zwischen Kommune, Kirche und Staat aufgeteilt. Nicht unbeteiligt daran war der Bürgerwille der stolzen Stadtbürger, die eine Beteiligung verlangten. Ein Bürgerentscheid brachte die Regelung, wonach jeder  Bürger (also nicht nur der Grundeigner und Hausbesitzer) ein Waldnutzungsrecht hat. Anfang des 19. Jahrhunderts hatten zwei Magistratsräte das Sagen, die von zwei Förstern unterstützt wurden. Wie aus den Annalen hervorgeht, war Jakob Glaser  aus Sachsen-Meiningen der erste städtische Revierförster.  Nach einem Gutachten der Bezirksregierung sollte der „durch frühere forstwidrige Behandlung herunter gekommene Wald wieder gehoben werden“. Ein dritter Forstaufseher musste eingestellt werden, denn es gab zu viele menschliche „Forstschädlinge“.  Suffersheim wurde als „die Heimat der frechsten Frevler“ ausgemacht und auch die Oberhochstätter  waren nicht die harmlosesten Brüder.

Die Neuorganisation erfolgte 1869, als ein fachlicher Leiter ernannt wurde. Später kam es wiederholt zu Geschäftsverteilungen. Heute ist der Forst eine von acht Abteilungen der Stadtverwaltung.  Die im Zuge der Landkreisreform 1972 aufgetretenen Animositäten der Weißenburger gegenüber den Gunzenhäusern hat es offenbar aber schon früher gegeben, denn einer der Forstamtsleiter der letzten 200 Jahre, der Gunzenhäuser Ernst Haas, war 1889 nur ein Jahr in der Nachbarstadt bevor er zurücktrat. „Anschließend verzieht er sich nach Neumarkt“ verzeichnet das Protokoll wenig anerkennungsvoll.

Die aktuellen Herausforderungen

Der neue Chef des Forstamts kennt sich aus, denn er war in den letzten zehn Jahren der Stellvertreter des Amtschefs. Er sieht den Klimawandel als größte Herausforderung an und bekräftigt seine Haltung mit der klimatischen Veränderung, wonach seit  drei Jahrzehnten der Temperatur-Jahresmittelwert über 9 Grad liegt und damit 1,1 Grad höher in den dreißiger Jahren. Diese Entwicklung wird vielfach zum Anlass genommen, um einen Umbau der Wälder zu fordern.  Maximilian Plabst sieht aber die „Exoten“ nicht als Allheilmittel zur Rettung des Waldes an. Deshalb hält er nichts davon, jetzt solche Arten anzupflanzen, die in wärmeren Regionen Europas gedeihen. In der Weinwirtschaft werden beispielsweise solche Versuche unternommen. Im Weißenburger Wald kann es seiner Ansicht nach höchstens jährlich zur Anpflanzung von Neukulturen auf 10 Hektar kommen. Plabst kennt die größeren Zusammenhänge im Ökosystem Wald  und hält den Baumartenwechsel nicht für den vermeintlichen Heilsbringer.  Er erachtet es  für notwendig, sich vordringlich Gedanken um die Kühlung der Wälder zu machen, wobei er das Augenmerk auf die oberirdische Wasserspeicherfähigkeit lenkt.  Totholz ist so gesehen für ihn eine Art von Klimaanlage im Wald.

WERNER FALK

Bibliothek ist für alle da

Verein für Heimatkunde und Stadtbücherei arbeiten Hand in Hand

Vereinsvorsitzender Werner Falk und Jürgen Huber von der Stadtbücherei können alle bisher erschienenen 76 Bände von „Alt-Gunzenhausen“ präsentieren – und noch viel mehr an heimatkundlicher Literatur. Foto: Babett Guthmann


Gute Nachricht für alle Freunde der Heimatforschung: Die Bibliothek des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen e.V. sowie alle Ausgaben der Hefte von „Alt-Gunzenhausen“ stehen nun den Leserinnen und Lesern der Stadt- und Schulbücherei Gunzenhausen zur Verfügung. Alle derzeit 1725 Zeitschriften und Bücher bleiben im Besitz des rührigen Vereins, sind aber nun in der Bücherei untergebracht. Die ausführlichen Katalogeinträge erleichtern die Suche nach zeitgeschichtlich bedeutsamen Personen und nach heimatkundlichen Daten und Fakten. Im Online-Medienkatalog der Stadt- und Schulbücherei können Interessierte ihre Recherchen auch von zuhause aus starten.
Die Weichen für das Projekt „Magazin Heimatkunde“ stellten die damalige Büchereileiterin Monika Wopperer und der Vereinsvorsitzende Werner Falk bereits im Jahr 2013. Schritt für Schritt fand dann der Umzug der Medien und die Einarbeitung in den online verfügbaren Medienkatalog statt. Für die bibliothekarische Erschließung sorgten Jürgen Huber und Ulrike Engelhardt vom Büchereiteam. „Sowohl der Verein für Heimatkunde als auch die Bücherei mit ihrer großen Sammlung zur Geschichte der Stadt und der Region haben von der Zusammenarbeit profitiert!“, betonte Büchereileiterin Babett Guthmann und dankte WernerFalk und seinen Vorstandskollegen: „Die Bücher und Zeitschriften des Vereins sind bei uns gut untergebracht und stehen nun einer breiten Leserschaft zur Verfügung.“
Der Verein für Heimatkunde mit seinen 310 Mitgliedern hat es sich zur Aufgabe gemacht, das geschichtliche Interesse an der Region auf wissenschaftlicher Grundlage voranzubringen. In dieser Arbeit spielt die regelmäßige Veröffentlichung der Reihe „Alt-Gunzenhausen“ eine wichtige Rolle. Dies wissen auch die 60 Archive und Bibliotheken zu schätzen, die die Hefte regelmäßig erhalten. Anfragen zu wissenschaftlichen Arbeiten kommen regelmäßig auf denVerein zu und durch ihre Veröffentlichungen in „Alt-Gunzenhausen“ haben viele mitwirkendeAutorinnen und Autoren sich einen Namen in Sachen Heimatforschung gemacht. Das erste Heft erschien im Jahr 1923 als „wissenschaftlich-historische Gabe“ zum 1100-jährigen Stadtjubiläum, 2021 erschien das jüngste Heft Nummer 76. Im Büchereiangebot sind nun dank der Unterstützung des Heimatvereins alle Hefte mehrfach vorhanden.
Das Themenspektrum von Alt-Gunzenhausen ist so vielfältig wie die Forschungsgebiete der Autorinnen und Autoren: Das beliebteste und längst ausverkaufte Heft trägt die Nummer 65 und war wohl wegen des Beitrags „Heilen oder herrschen“ von Georg Fischer für viele von Interesse, denn hier wird das Wirken des Naturheilkundigen und Goldmachers Johann Reichardt seinem Zeitgenossen, dem NS-Funktionär und Gunzenhäuser Bürgermeister Johann Appler gegenübergestellt. Aus Sicht der Bücherei – so betont Jürgen Huber vom Büchereiteam – ist das Heft Nummer 35 mit „Gunzenhäuser Sagen“ aus der Feder von Hans Schlund das beliebteste und viel entliehene Heft.
Stolz ist der Vereinsvorsitzende Werner Falk auch auf die Zusammenarbeit mit dem Simon-Marius-Gymnasium, denn schon seit der Zeit von Heiner Krauß wird hier heimatgeschichtlich gearbeitet und herausragende Schülerarbeiten werden in „Alt-Gunzenhausen“ veröffentlicht. Hier sind die neueren Beiträge zur Musikgeschichte in Gunzenhausen ebenso zu erwähnen wie die vielen kleinen Mosaiksteine, die sich durch die Durchforstung von Quellen und Zeitungsberichten aus der Zeit desNationalsozialismus ergeben haben.
Im für den Dezember 2022 geplanten Jahrbuch Nummer 77 soll ein Beitrag von Stadtarchivar Werner Mühlhäußer erscheinen, in dem er auf „100 Jahre Alt-Gunzenhausen“ zurückblickt, Erfolge aufzeigt und deutlich macht, wie einzelne Persönlichkeiten die in den Heften repräsentierte Themenauswahl geprägt haben.

Suchabfragen zu allen Heften und Inhalten von Alt-Gunzenhausen sowie den Medien im Bereich Heimatkunde können im Medienkatalog der Stadt- und Schulbücherei abgerufen werden: https://opac.winbiap.net/gunzenhausen. Einen Überblick über alle Hefte und Inhaltsverzeichnisse findet man auch auf der Homepage des Vereins für Heimatkunde
Gunzenhausen: https://heimatkunde-gunzenhausen.de/

Neu ist „Alt-Gunzenhausen“

Das 76. Jahrbuch des Vereins für Heimatkund im Rathaus präsentiert

Im Rathaus stellten Vorsitzender Werner Falk (rechts) und sein Stellvertreter Werner Mühlhäußer (links) die neue Ausgabe Bürgermeister Karl-Heinz Fitz vor.   Foto: StGun/Grosser

Im Rathaus haben Vorsitzender Werner Falk und sein Stellvertreter Werner Mühlhäußer dem Bürgermeister die neue Ausgabe des Jahrbuchs „Alt-Gunzenhausen“ vorgestellt.  Karl-Heinz Fitz äußerte sich dabei anerkennend zur Arbeit des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen, der im nächsten Jahr zusammen mit dem Stadtjubiläum auf „100 Jahre Alt-Gunzenhausen“ zurückschauen kann. Die erste Ausgabe ist anlässlich der 1100-Jahrfeier im Jahr 1923 erschienen.

Dass der Stadtarchivar und der Schriftleiter von „Alt-Gunzenhausen“ in der Person von Werner Mühlhäußer identisch sind, das empfindet Vorsitzender Werner Falk als eine glückliche Synthese. So bekomme der Geschichtsverein Zugang zu jungen Autoren, denen der Archivar als Mentor zur Seite stehe und sie ermuntere, die Historie der Stadt in vielen Facetten zu beleuchten. Nicht unerwähnt blieb beim Gespräch im Rathaus die finanzielle Unterstützung der Stadt für den Verein, der inzwischen 310 Mitglieder zählt.

Elf historische Beiträge von zehn Autoren enthält die neue Ausgabe, die seit Weihnachten im Handel erhältlich ist. Zum Stamm der Autoren Werner Somplatzki, der Kreisheimatpfleger für Archäologie, „Die neolithische Siedlung zwischen Sammenheim und Sausenhofen“ nennt sich sein Beitrag. Siglinde Buchner hat sich gleich zwei Themen ausgesucht: die ehemaligen Turmburgen von Dornhausen, Pfofeld und Aha. Sie geht ferner auf die Beziehungen zu den Grafen von Abenberg ein und stellt Agnes Gräfin von Dollnstein vor, eine Patronatsherrin von Aha (1222). Die Johanniskirche von Altenmuhr porträtiert Günter L. Niekel  in reicher Illustration. Über die „Taufen Auswärtiger in den Kirchenbüchern von Heidenheim bis zum Ende des Dreißigjährigen Kriegs“ hat Werner Kugler geforscht. Das Studium in den Gunzenhäuser Kirchenbüchern von 1534 bis 1875 war für Werner Mühlhäußer sehr ergiebig, denn er hat eine Reihe von „Jubelhochzeiten“ und somit interessante Hinweise auf die gesellschaftliche Stellung der Frauen in jener Zeit gefunden.

Ebenfalls um eine Hochzeit geht es im Beitrag von Walter Salfner. „Die Hochzeitsgeschäfte des Fünfbronner Pfarrers Seefried“ nennt er sich. Dass es im 19. Jahrhundert auch in Gunzenhausen einen lebhaften Hopfenanbau und Hopfenhandel  gab, das schildert Werner Neumann.  Bilder der Reformatoren Martin Luther und Phillip Melanchthon hängen in vielen Kirchen Altmühlfrankens, aber Dr. Joachim Schnürle widmet sich vorzugsweise denen, die in der Unterasbacher Michaelskirche zu sehen sind.  Nicht von dem einstigen Mesner Emil Witthopf, sondern von dessen Sohn, dem bislang unbekannten Künstler Bernhard Witthopf, handelt der Beitrag von Günter Fürst.  „Erfolgsgeschichte der Gunzenhäuser Kultband“ nennt sich der umfangreiche Artikel von Defne Su Islim.

Das Jahrbuch ist für 15 Euro im örtlichen Buchhandel erhältlich. Im Depot des Vereins lagern noch Jahrbücher in größeren Auflagen aus den vergangenen Jahrzehnten.  Im Internet sind sie unter „heimatkunde-gunzenhausen.de“ aufgelistet. Der Verein gibt sie zu einem Sonderpreis von fünf Euro ab. Anfragen können an den Vorsitzenden gerichtet werden.

Die „Goldene“ war ganz selten

50jähriges Ehejubiläum im Jahr 1773 begangen

Heutzutage sind goldene Hochzeiten, also ein über 50 Jahre währendes eheliches Zusammensein, keine Seltenheit mehr, denn die Menschen erreichen ein biblisches Alter und noch mehr. Das war aber nicht immer so. Im 18. Jahrhundert erreichten sie im Durchschnitt an die 35 Lebensjahre. So gesehen, war es fast unmöglich, fünfzig Jahre verheiratet zu sein. Und doch gab es damals schon in Gunzenhausen drei Ehepaare, die die „Goldene“ begehen durften.

Von zwei Jubelpaaren hat  Stadtarchivar Werner Mühlhäußer im 73. Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen berichtet, nun fand er bei weiteren Recherchen in den Kirchenbüchern von 1534 bis 1876 ein weiteres goldenes Jubiläum, und zwar das von Johann Georg und Maria Eva Moll. Im 76. Jahrbuch, das nun erschienen ist, widmet er sich den Vorgängen zu jener Zeit.

Will man sich der Thematik nähern, dann muss man wissen, dass die christliche Ehe seit dem 11. Jahrhundert unter kirchlicher Aufsicht steht, sie als unauflöslich gilt und nur mit dem kirchlichen Segen geschlossen werden kann. Sie galt im Mittelalter als soziale Sicherung für die Frauen. Arlme Männer konnten mangels Vermögens von der Eheschließung ausgeschlossen werden. Kritische Geister erkannten die Ehe damals schon als „kirchlich sanktionierte Triebabfuhr“ und der Reformator Martin Luther wetterte gegen die „Arznei gegen Hurerei von Gottes Gnaden“.

„Für die wirtschafts-, sozial- und bevölkerungshistorische Forschung sind die genealogischen Quellen von größter Bedeutung“, sagt Stadtarchivar Mühlhäußer, der in einem zeitintensiven Aktenstudium  9917 Eheschließungen in dem genannten Zeitraum (von 1534 bis zur Einführung der Standesämter 1876) festgehalten hat. „In Summa ist dies Städtlein nun einer Spelunke und zerstörten Dorf ähnlicher als ähnlich“, notierte der Geschichtsschreiber von 1639, als nach dem Dreißigjährigen Krieg in Gunzenhausen nur mehr 111 Häuser standen.

Der Name Moll tauchte in der Stadt erstmals 1676 auf, als ein Rotgerbermeister mit den gleichen Vornamen aus Nördlingen in der Altmühlstadt um Bürgeraufnahme nachsuchte. In zweiter Ehe war er übrigens mit der Dornhäuser Wirtstochter Anna Maria Kirsch verbunden. Deren Sohn Georg Wolfgang war mit Maria Eva Guttenberger, einer Zimmermannstochter aus Laubenzedel, verheiratet.  Diese war Hebamme und hat „733 Christenkinder empfangen“.

Doch nun zum Jubelbräutigam, dem Schuhmachermeister  Johann Georg Moll, der am 19. September 1773 Maria Eva Danner heiratete, Tochter eines markgräflichen Fasanenknechts und Taglöhners auf dem Reutberg. Die Trauung vollzog Kirchen- und Konsistorialrat Johann Heinrich Schülin, der spätere Beichtvater des „Wilden Markgrafen“ Carl Wilhelm Friedrich, der den Fürsten auch in seinen letzten Stunden begleitete.

Die Molls lebten zunächst in einem „Viertel Hausanteil“ am Auweg 1, dann in der unteren Haushälfte in der Sonnenstraße 9 , später im Anwesen Hafnermarkt 3.  Das Ehepaar hatte nur eine einzige Tochter (Maria Margaretha), die den Ansbacher Schuhmachermeister Johann Georg Pfahler ehelichte.

Das goldene Ehejubiläum der beiden, das im Jahr 1823 begangen wurde, war für die Gunzenhäuser Gesellschaft jener Zeit natürlich etwas ganz Besonderes, an der sie „lebhaften Antheil“ nahm. Die Zunftgenossenschaft begleitete den Kirchenzug, der Stadttürmer machte freiwillig Musik, die Schuljugend stellte sich in Reihen vor der Kirchentür auf und gleich drei Geistliche waren zugegen. Der Viertelmeister (die Stadt war damals in vier Distrikte aufgeteilt)  hatte unter den Familien des Viertels 60 Gulden sowie Mehl, Fleisch und Brot gesammelt. Offenbar waren die wirtschaftlichen Verhältnisse der Molls  im Alter nicht mehr die besten, denn es ist in der Ansprache des Viertelmeisters die Rede davon, dass sie „in Dürftigkeit leben“, und zwar zur Miete in der Mansarde des Wohnhauses Wucherer am Marktplatz 46. Zwei  Jahre nach der Jubelhochzeit verstarb Eva Maria 1825 im Alter von 75 Jahren, als „Armenleiche“ wurde Johann Georg Moll (81) sechs Jahre später beigesetzt. -fa-

Das Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ des Vereins für Heimatkunde ist für 15 Euro im örtlichen Buchhandel erhältlich.

Fünfbronn als Heiratsparadies

Originelle Begebenheit aus dem frühen 19. Jahrhundert

Die Fünfbronner Kirche um das Jahr 1850, als Johann Gottlieb Christian Seefried dort als besorgter Pfarrer tätig war.

Das kleine Dorf im Spalter Hügelland war Gretna Green voraus. Jedenfalls galt es anfangs des 19. Jahrhunderts  für etliche Jahre als Heiratsparadies – ähnlich dem kleinen südschottischen Ort, in dem bis heute jährlich an die 5000 Ehen von jungen Leuten ab 16 Jahren ohne Zustimmung der Eltern geschlossen werden.  Die „Hochzeitsgeschäfte des Fünfbronner Pfarrers Seefried“ beschreibt Walter Salfner in der neuen Ausgabe von „Alt-Gunzenhausen“  – eine historisch originelle und seltene Begebenheit,  in den Augen heutiger Betrachter eine amüsante Story.

Allein in den Jahren 1801-1804 vollzog der Geistliche Johann Gottlieb Christian Seefried nachweisbar 73 Trauungen ohne behördliches Aufgebot oder die elterliche Zustimmung.  Schaf- und Schweinehirten, wandernde Gesellen, Spielleute und Soldaten waren es, die aus allen möglichen deutschen Gebieten nach Fünfbronn kamen, um sich hier „copulieren“ zu lassen. Der Keilberger Schuhmachermeister Adam Breit (mit Barbara Storzin aus Absberg) war unter ihnen, aber auch der Ottmannsberger Schneidergeselle Johann Michael Oertel (mit Anna Donhäuser aus Hohenkemath), der Arberger Taglöhner Andreas Spintler (mit Barbara Seitz aus St. Veit) oder der Ramsberger Viehhirte Simon Hieronymus Gintner (mit Anna Maria Prunner aus Keilsdorf).

Dass dem Geistlichen, dem die Einkünfte in der kleinen Gemeinde nicht ausreichten, um ein erträgliches Leben führen zu können, das unkonventionelle Geschäft überhaupt möglich war, hat seinen Grund auch in den damals verwirrten rechtlichen Verhältnissen.  Das Dorf war damals überwiegend evangelisch, aber die beiden größten Höfe gehörten Katholiken. Das Kirchenpatronat hatten über viele Jahrzehnte die Herren von Lentersheim, die auf Schloss Altenmuhr beheimatet waren. Sie kassierten zwei Drittel des Zehnten von den Fünfbronnern. Davon bezahlten sie auch den Pfarrer und Lehrer. Die Grundherrschaft änderte sich über die Zeit mehrmals. Fraischsteine (Grenzsteine)  aus dieser Zeit sind heute noch in der Flur erkennbar. Nach dem Tod des letzten Ansbacher Markgrafen Alexander kam das Fürstentum unter preußische Herrschaft und Karl August von Hardenberg organisierte es nach modernen Gesichtspunkten. Die Überschüsse aus den fürstlichen Geschäften blieben nicht etwa in der Region, sondern flossen ins preußische Fürstenhaus nach Berlin.  Historiker bestätigen: Hardenbergs  fast unbeschränkte Machtpolitik war nur möglich, weil die Zeitumstände (Bedrohung durch Frankreich) den preußischen Schutz nahe legten und obendrein  unter den neuen Herren Sicherheit versprachen.

Zwischen die Fronten geriet dabei der Pfarrer Seefried, der übrigens dem letzten verbliebenen Lentersheimer Grundherren die Grabrede hielt.  Der fürstliche Verwalter Hardenberg  hatte das Lehen Altenmuhr für seine Verdienste erhalten. Weil aber von Muhr keine materielle Unterstützung für Pfarrei und Schule kam, kam sich der Pfarrer ziemlich verloren vor. Die Herren in Ansbach (markgräfliches Konsistorium) und Eichstätt (Bistum) pflegten ihr gespanntes Verhältnis. Seefried gelobte  „devotest“ dem Bischof „Treue und tiefste Unterthänigkeit“ und bat um Hilfe.  Der zweijährige Schwebezustand versetze ihn und den Lehrer in „tiefste Armut“, klagte er. Dann klärte sich, welchem Landesherrn er unterstand, aber besoldet wurde er auch von dem Eichstätter Bischof Josef Graf von Stubenberg nicht.  Von den Einnahmen der Fünfbronner Pfarrei gingen nur 23 Prozent an den Geistlichen. Etwas besser erging es dem Lehrer Johann Wilhelm Meyer, der eine Fünfbronner Bauerntochter heiratete und damit weitgehend ausgesorgt hatte.

Im Zuge der Säkularisierung kam das Eichstätter Fürstentum an Bayern (1802). Innerhalb von wenigen Jahren registrierte Fünfbronn drei Landesherren: Eichstätt, Bayern und Preußen.  Die Besoldungsprobleme blieben aber die gleichen – bis dem Pfarrer Seefried eine glänzende Idee kam.  „Er etablierte eine Art Heiratsgeschäft“, schreibt Walter Salfner (der Fünfbronner  Autor war Studienrat am Simon-Marius-Gymnasium in Gunzenhausen). „Jedwedes Paar“ konnte sich nach seinem Plan im kleinen Dorf trauen lassen. Sie mussten nur ihre Ehelosigkeit erklären und eine Gebühr zahlen. Nicht einmal die Einwilligung der Eltern war bei minderjährigen Paaren gefragt, auch das dreimalige Aufgebot fand nicht statt.  So kamen viele Paare, die oftmals gar keinen festen Wohnsitz hatten, nach Fünfbronn, darunter auch ein „Parapluie-Macher“, also ein Regenschirmhersteller.  Als Trauzeuge trat stets Lehrer Meyer auf, das Geschäft ging gut.  Mit der Zeit aber regte sich Widerstand, nicht von den Fünfbronnern, sondern von „gewissen ausländischen Institutionen“.  Es war die Rede von einem „unbefugten Schritt“, man stellte die Gültigkeit des Copulationsschreibens in Frage und bezweifelte, ob die Ehen den katholischen Grundsätzen entsprächen.  Der Alerheimer Pfarrer Vetter beschwerte sich, dass Seefried ihn durch die Trauung seiner Tochter mit einem Apotheker „ins Unglück gestürzt“ habe.  Der unkonventionelle Trauungspfarrer rechtfertigte sein Vorgehen mit dem Hinweis, die Tochter sei wohl von einem geizigen Vater aufgezogen worden und habe „die Härte des stiefmütterlichen Herzens“ zu spüren bekommen.

Das damals gültige allgemeine Landrecht hatte die Eheschließung mit einer ganzen Reihe von Paragraphen verbunden, um die sich Seefried aber wenig scherte. Er beklagte, in für ihn schweren und unsicheren Zeiten nicht „Schutz und Hülfe“ erfahren zu haben, die amtlichen Stellen hätten seine Sorgen „mit Stillschweigen“ behandelt. Zu seiner Verteidigung führte er an, dass auch schon der frühere Patronatsherr die Trauung auswärtiger Paare angeordnet habe, die finanzielle Lage  und die Amtstätigkeit in einer Art gesetzesfreiem Raum ihn dazu genötigt habe. Wohl aber habe er manche Trauungen auch aus Mitgefühl gegenüber den sozial Benachteiligten vollzogen. Wie Autor Walter Salfner eruierte, führte der Geistliche an manchen Tagen gleich drei Paare an den Traualtar.

Zumindest der Gunzenhäuser Dekan Recknagel empfand Verständnis für seinen geistlichen Bruder: „Bei den zu Schulden gebrachten Vergehen dieses Mannes  soll allergnädigst auf seine traurige Lage Rücksicht genommen werden“. Die frühere Kirchenherrschaft, also das Bistum Eichstätt, hätte lange Gelegenheit gehabt, die Dinge zu regeln. Als sich auch das Ansbacher Konsistorium (fürstliche Verwaltung) für nicht zuständig erklärte, wuchs Gras über die Affäre.  Aber die Besoldungsrückstände waren geblieben. Deshalb wandte sich der finanziell klamme Pfarrer an den inzwischen nach Berlin weggelobten Hardenberg. Er machte zu den Hochzeitseinnahmen keine Angaben, andererseits verlangte auch das preußische Amt keine Auskunft. Er erbat sich „lebenslängliche Protection“ und äußerte den Wunsch, „allergeneigteste Rücksicht zu nehmen“ und ihn „nach allenfalls sich ergebender Veränderung“ nach Altenmuhr zu versetzen. Daraus wurde aber nichts. Er kam nach Altenmünster bei Crailsheim, dann nach Ergersheim bei Bad Windsheim, wo er nach seiner Erblindung 1853 starb und seine letzte Ruhestätte fand.

Sein Nachfolger in Fünfbronn war Christian Friedrich Bomhardt fand klare Worte für die Fünfbronner Behausung („wahre Hütten“)  und schrieb an die Ansbacher Verwaltung, er wolle lieber einen „Bauernkorb“ (Kleinbauernhaus) beziehen als in diesem Pfarrhaus zu wohnen und beneide den Gemeindehirten um seine Wohnung.  Die weiteren Vorgänge: Der markgräfliche Verwaltungschef Hardenberg verkaufte 1809 seinen Besitz in Alten- und Neuenmuhr, ein Jahr später gelangte er an das Königreich Bayern, erst hundert Jahre später zog dort die Familie von Le Suire auf.

Das Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ des Vereins für Heimatkunde ist für 15 Euro im örtlichen Buchhandel erhältlich.