Die „Goldene“ war ganz selten

50jähriges Ehejubiläum im Jahr 1773 begangen

Heutzutage sind goldene Hochzeiten, also ein über 50 Jahre währendes eheliches Zusammensein, keine Seltenheit mehr, denn die Menschen erreichen ein biblisches Alter und noch mehr. Das war aber nicht immer so. Im 18. Jahrhundert erreichten sie im Durchschnitt an die 35 Lebensjahre. So gesehen, war es fast unmöglich, fünfzig Jahre verheiratet zu sein. Und doch gab es damals schon in Gunzenhausen drei Ehepaare, die die „Goldene“ begehen durften.

Von zwei Jubelpaaren hat  Stadtarchivar Werner Mühlhäußer im 73. Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen berichtet, nun fand er bei weiteren Recherchen in den Kirchenbüchern von 1534 bis 1876 ein weiteres goldenes Jubiläum, und zwar das von Johann Georg und Maria Eva Moll. Im 76. Jahrbuch, das nun erschienen ist, widmet er sich den Vorgängen zu jener Zeit.

Will man sich der Thematik nähern, dann muss man wissen, dass die christliche Ehe seit dem 11. Jahrhundert unter kirchlicher Aufsicht steht, sie als unauflöslich gilt und nur mit dem kirchlichen Segen geschlossen werden kann. Sie galt im Mittelalter als soziale Sicherung für die Frauen. Arlme Männer konnten mangels Vermögens von der Eheschließung ausgeschlossen werden. Kritische Geister erkannten die Ehe damals schon als „kirchlich sanktionierte Triebabfuhr“ und der Reformator Martin Luther wetterte gegen die „Arznei gegen Hurerei von Gottes Gnaden“.

„Für die wirtschafts-, sozial- und bevölkerungshistorische Forschung sind die genealogischen Quellen von größter Bedeutung“, sagt Stadtarchivar Mühlhäußer, der in einem zeitintensiven Aktenstudium  9917 Eheschließungen in dem genannten Zeitraum (von 1534 bis zur Einführung der Standesämter 1876) festgehalten hat. „In Summa ist dies Städtlein nun einer Spelunke und zerstörten Dorf ähnlicher als ähnlich“, notierte der Geschichtsschreiber von 1639, als nach dem Dreißigjährigen Krieg in Gunzenhausen nur mehr 111 Häuser standen.

Der Name Moll tauchte in der Stadt erstmals 1676 auf, als ein Rotgerbermeister mit den gleichen Vornamen aus Nördlingen in der Altmühlstadt um Bürgeraufnahme nachsuchte. In zweiter Ehe war er übrigens mit der Dornhäuser Wirtstochter Anna Maria Kirsch verbunden. Deren Sohn Georg Wolfgang war mit Maria Eva Guttenberger, einer Zimmermannstochter aus Laubenzedel, verheiratet.  Diese war Hebamme und hat „733 Christenkinder empfangen“.

Doch nun zum Jubelbräutigam, dem Schuhmachermeister  Johann Georg Moll, der am 19. September 1773 Maria Eva Danner heiratete, Tochter eines markgräflichen Fasanenknechts und Taglöhners auf dem Reutberg. Die Trauung vollzog Kirchen- und Konsistorialrat Johann Heinrich Schülin, der spätere Beichtvater des „Wilden Markgrafen“ Carl Wilhelm Friedrich, der den Fürsten auch in seinen letzten Stunden begleitete.

Die Molls lebten zunächst in einem „Viertel Hausanteil“ am Auweg 1, dann in der unteren Haushälfte in der Sonnenstraße 9 , später im Anwesen Hafnermarkt 3.  Das Ehepaar hatte nur eine einzige Tochter (Maria Margaretha), die den Ansbacher Schuhmachermeister Johann Georg Pfahler ehelichte.

Das goldene Ehejubiläum der beiden, das im Jahr 1823 begangen wurde, war für die Gunzenhäuser Gesellschaft jener Zeit natürlich etwas ganz Besonderes, an der sie „lebhaften Antheil“ nahm. Die Zunftgenossenschaft begleitete den Kirchenzug, der Stadttürmer machte freiwillig Musik, die Schuljugend stellte sich in Reihen vor der Kirchentür auf und gleich drei Geistliche waren zugegen. Der Viertelmeister (die Stadt war damals in vier Distrikte aufgeteilt)  hatte unter den Familien des Viertels 60 Gulden sowie Mehl, Fleisch und Brot gesammelt. Offenbar waren die wirtschaftlichen Verhältnisse der Molls  im Alter nicht mehr die besten, denn es ist in der Ansprache des Viertelmeisters die Rede davon, dass sie „in Dürftigkeit leben“, und zwar zur Miete in der Mansarde des Wohnhauses Wucherer am Marktplatz 46. Zwei  Jahre nach der Jubelhochzeit verstarb Eva Maria 1825 im Alter von 75 Jahren, als „Armenleiche“ wurde Johann Georg Moll (81) sechs Jahre später beigesetzt. -fa-

Das Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ des Vereins für Heimatkunde ist für 15 Euro im örtlichen Buchhandel erhältlich.

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