Gedanken zum Jahreswechsel von Werner Falk
Können die Menschen angesichts täglicher Horrormeldungen aus der ganzen Welt überhaupt zuversichtlich in das neue Jahr schauen? Nun, wir dürfen als Deutsche nicht alle Probleme dieser Welt auf uns ziehen und glauben, wir könnten sie entscheiden oder maßgeblich beeinflussen. „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen!“ Dieser höchst umstrittene Anspruch aus dem 19. Jahrhundert durfte eigentlich damals nicht gelten und nach den Erfahrungen in den Kriegs- und Nachkriegsjahren im 20. Jahrhundert heute überhaupt nicht mehr in den Mund genommen werden. Und doch gilt er für manchen unserer Zeitgenossen, die glauben, Deutschland könne überall helfen, wo wirtschaftliche Not zu lindern ist und demokratische Strukturen wünschenswert sind.
Aber mit diesem Anspruch gelangen wir an die Grenzen unserer Leistungsfähigkeit, zumal wir auch unsere Gesellschaft nicht überfordern dürfen. Wenn unter dem „deutschen Wesen“ heute verstanden wird, anderen Staaten unseren wirtschaftlichen und politischen Standards aufzudrücken, dann liegt wohl ein gehöriges Missverständnis vor. Denn: die Länder mit anderen, weniger demokratischen Strukturen, lassen sich auch gegen Milliardenhilfen von Euros nicht politische und wirtschaftliche Regeln aufdrücken, die sie eigentlich gesellschaftlich nicht weiter bringen und die auch nicht mit ihren Traditionen in Verbindung zu bringen sind. Die Erfahrung zeigt uns doch, dass von diesen wahnsinnig hohen finanziellen Hilfen aus Deutschland für die „Dritte Welt“ nicht viel Nachhaltiges angekommen ist. Man darf es ruhig aussprechen: viel gutes Geld ist in die Taschen von kriminellen Clan-Chefs und korrupten Regierungsmitgliedern gelandet und viele fragwürdige Projekte sind mit Ach und Krach gescheitert. Erfolgsgeschichten bilden die Ausnahme.
Was sollten wir als Deutsche daraus lernen? Wir müssen begreifen, dass mit Geld allein gar nichts zu machen ist – außer der Förderung der Korruption. Und wir sollten uns bemühen, die Hilfen für Länder, die des Aufbaus von gesunden wirtschaftlichen und politischen Strukturen bedürfen und die diesen Anspruch glaubwürdig durch ihr eigenes Handeln bekräftigen, auf europäischer Ebene zu regeln. Es geht längst nicht mehr um politische Patenschaften im kolonialen Sinne, sondern um eine wirksame Hilfe für jene, die eine Veränderung ihrer Strukturen und Verhältnisse in ihren Ländern auch tatsächlich wollen – und nicht nur die finanziellen Leistungen.
Corona macht die Welt verrückt
Seit fast zwei Jahren leben wir mit Corona. Viele Menschen sind angesichts der sich überschlagenden Meldungen ratlos und schieben Frust, wie es der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Weihnachtsansprache genannt hat. Natürlich hätten wir uns schon längst das Ende dieses Ausnahmezustands infolge der Pandemie gewünscht, aber wir mussten uns immer wieder neuen Realitäten stellen. Es wäre besser gewesen, alle – vor allem Wissenschaftler und Politiker – hätten von Anfang an erklärt, dass wir vor einem Problem stehen, dessen Ausgang wir nicht kennen. Im Frühjahr 2020 hat niemand gewusst, wie sich das aus China eingeschleppte Virus verbreiten wird. Und auch heute kann niemand voraussagen, was noch kommen wird. Wir können immer nur reagieren. Und das sollte allen bewusst sein. Es macht überhaupt keinen Sinn, jeden Tag neue Prognosen und Szenarien – vorzugsweise in Polit-Talks – zu produzieren. Damit wird die Bevölkerung eigentlich nur verunsichert und viele verlieren ihren Glauben in die handelnden Akteure. Es wäre doch am schlimmsten, wenn in diesen Corona-Zeiten die bisher gut funktionierenden menschlichen Gemeinschaften Schaden nehmen würden. Es bedarf der Zuversicht, dass eine starke Impfquote wirksam helfen kann, Corona zu beherrschen. Damit wird die Krankheit nicht für immer vorbei sein, aber die Verhältnisse können sich wieder normalisieren. Und wir werden lernen müssen, mit Corona zu leben, ebenso wie wir es als selbstverständlich halten, Krankheiten im Körper ausheilen zu lassen, ärztliche Hilfe zu suchen oder uns gegen Grippe und andere Krankheiten impfen zu lassen.
Wir sollten auch zur Einsicht gelangen, dass es Menschen gibt, die sich aus guten Gründen dagegen wehren, dass durch staatliche Gewalt (Impfpflicht) in ihren Körper eingedrungen wird. Solange sie dies tun, ohne andere zu gefährden, ist ihr Verhalten von einer toleranten Gesellschaft hinzunehmen. Wenn aber Verschwörungstheoretiker auf Menschenfang gehen und offensichtliche wie nachprüfbare Unwahrheiten verbreiten, dann erreicht der grundgesetzlich garantierte Bürgerprotest ein Format, das der Staat nicht widerspruchslos hinnehmen kann. In der Tat heißt das: Teilnehmer an genehmigten Protestaktionen dürfen sich nicht von den Aufwieglern missbrauchen lassen, die doch nur ihr schiefes Welt- und Menschenbild verbreiten wollen.
Nicht erst im Alter sollte der Mensch erkennen: Das wichtigste im Leben ist die Gesundheit! Deshalb wünsche ich allen im neuen Jahr Gesundheit und Wohlbefinden, Zufriedenheit – und auch ein wenig Demut kann nicht schaden.
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