Fürst zu sein, will gelernt sein!

Wie Johann Sigmund Strebel den Erbprinzen Alexander auf seinen Dienst vorbereitete

Den markgräflichen Erbprinzen Christian Friedrich Karl Alexander (1736-1806) auf sein würdevolles Amt als Regent des Fürstentums Brandenburg-Ansbach einzustimmen, das war der Job des Archivars und Historiographen Johann Sigmund Strebel (1700-1761).  Weil auch ein Fürst nicht vom Himmel fällt, bedarf er einer Erziehung, Formung und Einweisung in die Aufgaben, für die  er aufgrund der Erbfolge bestimmt ist. Wie es beim letzten Markgrafen Alexander war (er regierte von 1757-1791), das ist aus der „Anleitung zur nöthigen Kenntniß von der wahren und archivmäßigen Beschaffenheit des Hochlöblichen Fürstenthums Brandenburg-Onolzbach oder des Burggrafthums Nürnberg unterhalb des Gebürgs zum Gebrauch des Durchlauchtigsten Erb-Prinzen“ zu entnehmen. Das 300 Blatt umfassende Dokument aus der Feder des markgräflichen Beraters Johann Sigmund Strebel verrät, was der Prinz alles wissen musste. Seine „Fächer“ waren Religion, Ethik, Naturrecht, Politik, Geographie, Genealogie, Geometrie und natürlich „teutsches“ Staatsrecht.

Markgraf Alexander (1736-1806).

Der Wissenschaftler Andreas Rutz (Titel seiner Abhandlung: „von der nothwendigkeit und dem nuzen der erkenntnuß eines landes überhaupt“) macht die Geschichtsfreunde mit Strebel bekannt, der den 15-Jährigen so formte, dass er seinen späteren Anforderungen genügen konnte.  Markgraf Alexander war von Geburt an nicht als „Thronfolger“ bestimmt, denn er war der Zweitgeborene von Markgraf Carl Friedrich Wilhelm, der in der Literatur gerne der „Wilde Markgraf“ genannt wird, und seiner Frau Friederike Louise. Der Erstgeborene Karl Friedrich August war schon im zarten Alter von vier Jahren gestorben und so schlüpfte Alexander schon frühzeitig in die Rolle des Erbprinzen. Seine Erzieherin war eine „in der Kinderzucht wohlerfahrene adelige Dame“ (Frau von Imhoff). Auch eine französische „Sprachmeisterin“ (lingua franca) war ihr an die Seite gestellt. Der Leibarzt hatte über die Gesundheit des herrschaftlichen Sprößlings zu achten, ja sogar der kaiserliche Leibarzt Dr. Carelli durfte konsultiert werden.

Im Umgang mit seinem eigenen Hofstaat lernte der junge Prinz die höfischen Formen kennen. Schon als Fünfjähriger musste er sich dem täglichen Religionsunterricht des Hofkaplans unterziehen, er lernte Lesen, Schreiben und die freie Rede – und das alles auch in Französisch, denn er sollte ja die französisch geprägte Weltgewandtheit erfahren. Es ist anzunehmen, dass ihm der Reitunterricht mehr Spaß gemacht hat als das Abfassen von „wohlgesetzten Briefen“ in lateinischer Sprache. Zugleich war ihm empfohlen worden, seine Ermahnungen „liebreich“ vorzunehmen.

Mit einer Entourage von 20 Leuten begab er sich auf seine Bildungsreisen. Sie gehörten zur Ausbildung und Persönlichkeitsbildung eines angehenden Herrschers.  Als Zwölfjähriger kam er ins holländische Utrecht, dann zur klassischen Kavalierserziehung nach Turin. Zum Einüben der höfischen Etikette ging es danach dreizehn Monate auf die „Grand Tour“, die ihn auch nach Venedig und Rom führte. Zur Abrundung reiste er noch drei Monate durch das Reich ehe er 1754 Friederike Caroline von Sachsen-Coburg heiratete und drei Jahre später – nach dem Tod des Vaters CWF – die Regentschaft im Fürstentum übernahm. 1769 beerbte er auch noch die Herrschaft über das Fürstentum Brandenburg-Bayreuth. Diese Doppelherrschaft hatte es seit 1603 nicht mehr gegeben. Die Ehe blieb kinderlos, die Markgräfin starb 1791.  Alexanders Geliebte war die Französin Hippolyte Clairon (im Ansbacher Volksmund sind nach ihr die „Klärungswickli“ benannt worden). 1791  dankte er aufgrund eines Geheimvertrags mit dem Königreich Preußen ab und lebte mit der neuen und lebenslustigen Ehefrau Elizabeth Craven in deren englischer Heimat. 1806 starb er dort vom Adel gesellschaftlich isoliert und vereinsamt. Sein einstiges Fürstentum wurde 1806 ein Teil des Königreichs Bayern.

Strebel stand in der Gunst von CWF, der ihn in den Verwaltungsdienst am fürstlichen Hof übernahm und ihn sogar bis zum „Geheimen Rat“ beförderte. Als solcher kümmerte er sich um die markgräfliche Bibliothek, die damals schon 15000 Bände umfasste und – ganz erstaunlich – für jeden zugänglich war, der Lesen und Schreiben konnte. Das Archiv hatte Strebel „in größester Konfusion“ vorgefunden. Sozusagen sein literarisches Hauptwerk war „Franconia illustrata“ zur Erläuterung von Frankens Historie (1761).  Der Historiker ärgerte sich über Fürsten, „die von ihrem eigenen land keine wahre und hinlänglich wißenschafft“ hatten und sah es nicht gern, dass mitunter freie Reichstädte oder Klöster bessere Beschreibungen und Karten hatten als das fürstliche Haus. Ab 1732 schuf er deshalb die systematische Dokumentation „über Recht und Besitz“, zu der auch die in zwölf Bogen gedruckte Karte des Landvermessers Johann Georg Vetter zählte (1719 durch Brand vernichtet und bis 1730 erneuert). Sie will der Historische Verein für Mittelfranken in den nächsten Jahren neu auflegen.

WERNER FALK

Quelle: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte, Band 82 (2019); herausgegeben von der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Verbindung mit der Gesellschaft für fränkische Geschichte und der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft; ISSN 00442364, Verlag C.H. Beck

Lieferservice der Bücherei

Büchereiteam macht den Büchern Beine!

Die Mitarbeiter/innen der Bücherei bieten den Sonderservice an.

Aufgrund der Corona-Pandemie muss die Stadt- und Schulbücherei weiterhin geschlossen bleiben. Für alle Gunzenhäuserinnen und Gunzenhäuser ist es trotzdem möglich, an ein Medienpaket zu kommen, denn bereits seit dem 12. Dezember 2020 hat das Büchereiteam einen Lieferservice etabliert.

Wer im Stadtgebiet oder in einem Ortsteil von Gunzenhausen wohnt und einen Leseausweis der Stadt- und Schulbücherei hat, kann sich Medien telefonisch oder per E-Mail bestellen.

Bislang konnten 170 Medienpakete übermittelt werden. Darunter waren wichtige Fernleihen für berufliche und schulische Zwecke, viele Lesepakete für Schülerinnen und Schüler, aber auch
Bilderbuch-, Sachbuch- und Romanwünsche wurden erfüllt. Besonders freuen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bücherei, wenn sie für die Leseanfängerinnen und -anfänger schöne Bücher, passend zu den jeweiligen Lesefähigkeiten und Interessen zusammenstellen können.

Eine Vorauswahl kann im Online-Medienkatalog der Stadt- und Schulbücherei (webopac.gunzenhausen.de)  getroffen werden. Bestellungen unter 09831-508320 oder E-Mail buecherei@gunzenhausen.de.

Weit vom Ziel entfernt

Corona-Situation im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen

Derzeit sind die Zahlen der Neuinfektionen im Vergleich zu den vergangenen beiden Wochen leicht rückläufig, jedoch mit einer 7-Tage-Inzidenz von 135,1 pro 100.000 Einwohner noch weit vom Zielwert 50 entfernt. Die Neuinfektionen verteilen sich etwa zu gleichen Teilen auf Pflegeeinrichtungen und diffuse Fälle im gesamten Landkreis.

Die Situation um das Corona-Infektionsgeschehen im Landkreis ist noch sehr risikobehaftet. Ein Umschwung mit erneuten Ausbrüchen und explosionsartigem Ansteigen der Fallzahlen – wie es Anfang des Monats der Fall war – ist jederzeit möglich.

Nach wie vor sind einige Pflegeeinrichtungen von einem größeren Ausbruchsgeschehen betroffen:

  • BRK Heim Treuchtlingen
  • AWO Heim Heidenheim
  • Caritas Pflegeheim Weißenburg
  • Pflegezentrum Gunzenhausen des Evang. Krankenvereins (Außenstelle)
  • Diakoneo Wohnen Polsingen

Weiterhin gibt es einige Einrichtungen, in denen zwar eine oder mehrere Corona-Infektionen festgestellt wurden, allerdings kein weiterer Krankheitsausbruch erfolgte. Darunter sind mittlerweile auch wieder drei Kindertagesstätten, die derzeit in Notbetreuung arbeiten (Haus für Kinder „Sonnenschein“ in Bergen, Kindergarten Sonnenhof in Gunzenhausen, Kindergarten in Absberg).

Das Gesundheitsamt des Landratsamtes bittet die Bevölkerung aufgrund der dynamischen Situation weiterhin um ein angepasstes Verhalten. Jeder einzelne kann durch Kontaktminimierung und Einhaltung der Hygienemaßnahmen dazu beitragen, das Infektionsrisiko niedrig zu halten.

Seit dem Impfstart am 27. Dezember 2020 konnten 1.215 Impfungen am Impfzentrum und durch das mobile Impfteam durchgeführt werden. Der Schwerpunkt wird in den nächsten Tagen bei den Zweitimpfungen in den Pflegeheimen liegen. Für die nächste Woche werden lediglich 260 Impfdosen für Erstimpfungen in Pflegeheimen zur Verfügung stehen

Impfwillige können sich aber weiterhin vorrangig online unter www.impfzentren.bayern registrieren lassen. Auch eine telefonische Registrierung unter 09831 52-2041 ist möglich. Die registrierten Personen werden benachrichtigt, sobald die jeweilige Priorisierungsgruppe dran ist und wieder Impfstoff erhältlich ist.

Zum heutigen Tag, 21.01.2021, verzeichnet das Robert Koch-Institut 128 Neuinfektionen in den vergangenen sieben Tagen. Seit Beginn der Pandemie wurden 2.375 Personen im Landkreis positiv auf das Coronavirus getestet. 75 Menschen sind in Verbindung mit einer Corona-Infektion verstorben. Der Landkreis verzeichnet eine 7-Tage-Inzidenz von 135,1 (Stand: 21.01.2021, 07.30 Uhr).

Masken werden verteilt

Bedürftige werden vom Landratsamt versorgt


Ab Montag, 18. Januar 2021, gilt in Bayern für Personen ab 15 Jahren eine FFP2-Maskenpflicht im Einzelhandel und im ÖPNV. Für besonders Bedürftige stellt der Freistaat Bayern zweieinhalb Millionen FFP2-Masken kostenlos zur Verfügung. Die Verteilung dieser Masken für den Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen übernimmt das Landratsamt.
In den nächsten Tagen werden den besonders Bedürftigen, also den Empfängern von Grundsicherungsleistungen, zunächst fünf FFP2-Masken per Post zugeschickt. Auch Bezieher von Asylbewerberleistungen erhalten solche Masken. Den Tafeln werden vom Landratsamt ebenfalls eine gewisse Menge an FFP2-Masken zur Verfügung gestellt.
Der Versand wird innerhalb der Führungsgruppe Katastrophenschutz im Landratsamt organisiert und beginnt am Montag, 18. Januar. Die betroffenen Personen erhalten gemeinsam mit den Masken auch eine Anleitung, was beim Tragen zu beachten ist. Mehr Informationen zur FFP2-Maskenpflicht gibt es auch auf der Homepage des Bayerischen Gesundheitsministeriums www.stmgp.bayern.de.
Darüber hinaus wird derzeit auch eine Verteilaktion für FFP2-Masken für pflegende Angehörige vorbereitet. Landrat Manuel Westphal hat die Gemeinden gebeten, dabei zu unterstützen. Alle Informationen dazu wird das Landratsamt in den nächsten Tagen bekannt geben.
„Die FFP2-Masken können im Vergleich zu den Alltagsmasken nicht selbst hergestellt werden und liegen preislich auch höher. Aus diesen Gründen ist die Aktion, solche Masken mit höherer Schutzwirkung an Bedürftige kostenlos zu verteilen, mit Blick auf die FFP2-Maskenpflicht sehr wichtig. Ich bedanke mich auch bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die die Versandaktion in kurzer Zeit ermöglicht haben, so dass den betroffenen Personen zeitnah FFP2-Masken zur Verfügung stehen“, so Landrat Manuel Westphal.

Stolz auf Alt-Gunzenhausen

Verein für Heimatkunde stellte Jahrbuch dem Bürgermeister vor

Vorsitzender Werner Falk (links) und sein Stellvertreter Werner Mühlhäußer (rechts) stellten im neuen und repräsentativen Eingang Bürgermeister Karl-Heinz Fitz die 75. Ausgabe von „Alt-Gunzenhausen“ vor. Foto: Gudrun Weiß

Es ist inzwischen eine gute Tradition, dass der Verein für Heimatkunde Gunzenhausen sein neues Jahrbuch offiziell dem Bürgermeister im Rathaus vorstellt. Vorsitzender Werner Falk und Stellvertreter Werner Mühlhäußer, der zugleich als Stadtarchivar fungiert, taten dies auch heuer. Sie dankten Rathauschef Karl-Heinz Fitz und dem Stadtrat für die seit vielen Jahren gewährte Unterstützung – auch in finanzieller Hinsicht.

Die neue Ausgabe von „Alt-Gunzenhausen“ ist rund 280 Seiten stark und enthält zehn Beiträge zur lokalen Historie von neun Autoren. Wie Vorsitzender Werner Falk betonte, kann sich der Verein auf einen soliden Stamm von Mitarbeitern stützen, denen alle der Gotteslohn genügt. Die enge Kooperation mit der Stadt, die sich in der Person von Stadtarchivar Werner Mühlhäußer darstellt, empfindet er als einen riesigen Vorteil, denn gerade der Stadtarchivar ist es, der beste Kontakte zu den Autoren hat und dem es immer wieder gelingt, neue Autoren zu gewinnen.

Es ist das 75. Jahrbuch, also eine Jubiläumsausgabe. Das erste ist 1923 herausgegeben worden, also kann in zwei Jahren schon wieder ein Jubiläum begangen werden. Das soll dann in einem  würdigen Rahmen geschehen, denn auch die Stadt feiert 2023 ein großes Jubiläum (1200 Jahre). Bürgermeister Fitz plant nach Ende der restriktiven Coronazeit die Bildung eines Arbeitskreises, in dem alle ihre Vorstellungen zum Stadtjubiläum einbringen können.

Die Beiträge in „Alt-Gunzenhausen“ sind: „Alte Friedhöfe an der Altmühl“ (Werner Somplatzki), „Kurzgefasste Ortsgeschichte von Schlungenhof“ (Siglinde Buchner), „Grabplattenfunde aus der Marienkirche in Großlellenfeld“ (Hermann Thoma), „Die Mühlen von Muhr“ (Günter L. Niekel), „Von Bettelvögten und Polizeidienern“ (Werner Mühlhäußer und Werner Neumann), „Christian Friedrich Möbius – Stadttürmer und Stadtmusikus in Gunzenhausen“ (Laura Meyer), „Bausteine zur Ortsgeschichte von Laubenzedel“ (Werner Mühlhäußer), „Die Gründungszeit des Sängerbundes 1861 Gunzenhausen“ (Annalena Brand), „Kriegstagebuch aus dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71“ (Daniel Burmann) und „Nationalsozialismus und Antisemitismus in Gunzenhausen 1919 bis 1924“ (Werner Mühlhäußer).

Aufgrund der Corona-Pandemie und ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen (Schließung der Buchhandlungen) sind heuer vier neue Verkaufsstellen gewählt worden: Marktapotheke in Markt Berolzheim, Verwaltungsgemeinschaft Altmühltal in Meinheim, Raiffeisenbank in Laubenzedel, Getränke-Seifert in Schlungenhof. Die Gunzenhäuser  Schreibwarenhandlung Pfahler bietet „Alt-Gunzenhausen“ zu ihren reduzierten Öffnungszeiten an, die Buchhandlungen Renner, Fischer, Francke, Stöhr und Glaser haben einen telefonischen Bestell- und Lieferservice eingerichtet. Das Jahrbuch kostet 15 Euro.

Kommune als Bauherr

Rückblick im aktuellen „villa nostra“-Heft

Am Kreuzweg und am Habermühlweg standen die Holzbaracken, die in den sechsziger Jahren abgebrochen wurden. Foto: Sammlung H. Walther

Ist der „soziale“ Wohnungsbau eine Aufgabe der Städte? Der Weißenburger Stadtentwickler Ulrich Heiß bejaht diese Frage. Er möchte nicht allein auf die privaten Investoren setzen, sondern erschwinglichen Wohnraum für Menschen schaffen, die es nicht so „dicke“ haben. Heiß stellt fest, dass das augenblickliche Angebot hochpreisig ist und deshalb von schlechter situierten Haushalte nicht angenommen werden kann.

Der Architekt aus dem Weißenburger Stadtbauamt wünscht sich, dass die Stadt die Förderkonditionen ausschöpft und sich als Bauherrin engagiert – so wie sie es beispielsweise bei der Neuanlage am Birkenweg getan hat. Dort sind im Frühjahr letzten Jahres 15 barrierefreie Wohneinheiten im Zuge des verdichteten Bauens bezogen worden. Er spricht in der neuen Ausgabe von „villa nostra“, den Weißenburger Blättern für Geschichte, Heimatkunde und Kultur sogar von einem „expliziten Mehrwert“.

In der Publikation, die jährlich dreimal erscheint und in den städtischen Dienststellen kostenlos abgegeben wird, gibt Stadtarchivar Reiner Kammerl unter dem Titel „Von der Brandstütze zum Reihenhaus“ einen Überblick des städtischen Wohnungsbaus seit der Zeit, in der  Weißenburg noch Reichsstadt war.

Den „sozialen“ Wohnungsbau hat es in der Wildbadstraße und Auf der Wied schon im 18. Jahrhundert gegeben.  Als der industrielle Boom Ende des 19. Jahrhunderts auch Weißenburg erfasste, schufen private Bauunternehmer Häuser mit kleinen Gärten (Westliche Ringstraße, Nördliche Ringstraße, Eichstätter Straße und Römerbrunnenweg). Es waren eingeschossige Häuser mit Zwerchhaus. Sie stehen zum Teil heute noch.  Die Wohnungsnot bleibt bis 1912 eine gemeinnützige Baugenossenschaft gegründet wird, „um den Kleinwohnungsbau zu unterstützen“. Sie geht einige Jahre später in der Siedlungsgenossenschaft „Eigenheim“ auf.  Die Stadt ließ im letzten Kriegsjahr 1918 „zur vorübergehenden Nutzung“ Notwohnungen für Arbeiterfamilien errichten. Beachtlich ist, dass bereits 1912 die „Stadterweiterungskommission“ zur Feststellung kam, das „strahlenförmige und unschöne“ Bauen an der Peripherie verhindert werden soll, schon allein wegen der hohen Erschließungskosten. Das führte zu  einer verdichteten Bebauung, sprich einem Reihenhausprojekt in der Niederhofener Straße. Es kommen Baracken und Behelfsheime dazu (beispielsweise zweistöckige Holzbaracken in der Steinleinsfurt), die erst in den sechziger Jahren abgerissen werden,  bevor sich jemand Gedanken machen konnte, ob sie aus denkmalpflegerischer Sicht nicht erhaltenswürdig gewesen wären. Anfangs der dreißiger Jahre entsteht die „Galgenbergsiedlung“ mit zwölf Doppelhäusern. Weitere 60 „Siedlerstellen“ entstehen bis 1936.  Einfache Behelfsheime baut das Deutsche Wohnungshilfswerk während des Zweiten Weltkriegs. Sie haben keinen Wasser- und Abwasseranschluss, nur zwei Räume und einen Ofen. Die von der Stadt erbauten Holzbaracken werden bis 1970 abgerissen.

Mit der konsequenten Räumung des „Barackenwohnungselends“ beginnt die Stadt 1964. Es verschwinden die „Holzbarackenstadt“ am Habermühlweg mit 29 Behelfsheimen, die vier Großbaracken (mit 17 Wohnungen) am Kreuzweg, die Wohnbaracken in der Steinleinsfurt und am Römerlager sowie das einstige Ostarbeiterlager.

WERNER FALK

Umstrittener Türmer

Lebensbild von Christian Friedrich Möbius

Es mag sich heute niemand mehr vorstellen, dass die kleine Wohnung auf dem Gunzenhäuser Blasturm im 18. und 19. Jahrhundert einem Mann ausreichte, um als Türmer und Stadtmusiker tätig zu sein. Einer der dort von 1816 bis 1860 thronte, war Christian Friedrich Möbius. Er und die Obrigkeiten der Stadt gerieten bald hintereinander, es gab zunehmend Beschwerden über Fehltritte. Die umstrittene Musikerpersönlichkeit porträtiert Laura Meyer im Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“.

Möbius, von dem niemand weiß, wo er eigentlich herkam, trat am 1. Februar 1816 seinen Doppeljob an, und zwar als Nachfolger von Johann Georg Fürst, den der Magistrat (heute: Stadtverwaltung) gegen seinen Willen in den Ruhestand versetzte. Seit 1785, mithin 30 Jahre, stand er im Dienst der Stadt. Die Stadtoberen waren von dem „Neuen“ geradezu begeistert, denn sie attestierten ihm eine „vorzügliche Befähigung“. Möbius war zuvor Musikmeister beim „Freiwilligen Jägerbataillon Rezatkreis“ (Mittelfranken). Er ehelichte die Gunzenhäuser Knopfmacherstochter Magdalena Johanna, Barbara Strauß, die ihm fünf Kinder schenkte, aber früh verstarb. So trat deren Schwester die Nachfolge als Ehefrau an. Sie trug zehn Schwangerschaften aus.

In den ersten seiner 44 Dienstjahre war offenbar alles in Ordnung, aber dann empfanden ihn die Stadtoberern zunehmend als „gerissen und aufdringlich“, wenn es darum ging, zusätzliches Geld zu fordern. Als Stadtmusiker leistete er sich einige „Schnitzer“, beispielsweise blies er bei der Taufe eines unehelichen Kindes. Das war nach Meinung des Pfarrverwesers eine „dem Schamgefühl Hohn sprechende Handlung“. Ein anders mal musizierte er noch um 23 Uhr und störte so die Nachtruhe der Gunzenhäuser.  Die Magistratsräte  kritisierten die Arbeit und das Auftreten von Möbius, sprachen davon, seine Musik sei „schlecht und nicht mehr zeitgemäß“.  Er begegnete ihnen „aufmüpfig und stur“ und mit einem „eigenwilligen Charakter“. Auch der Gesangverein „Liederkranz 1834“, dessen Gründungsmitglied und musikalischer Leiter er war, hatte immer mehr Händel mit ihm und ging auf Distanz.  Um es allen zu zeigen, dass er immer noch gut Musik machen konnte, gründete er einen Konkurrenzverein, den „Sängerbund 1861“, von dem er sich allerdings schon nach sieben Jahren wieder verabschiedete. 1860 war Ende: die Stadt trennte sich von Stadtmusiker Möbius. Wenig schmeichelhaft fiel der Abschied aus: „Es erstirbt durch des Möbus eigennützige Letargie der musikalische Sinn“.

In seiner zweiten Funktion, der des Stadttürmers, hatte er Tag und Nacht wachsam zu sein, jede halbe Stunde nach Feuer zu schauen und alle 30 Minuten ein akustisches Signal als Beweis seiner Wachsamkeit zu geben.  Bei Feuer musste er die Feuerglocke läuten und die rote Fahne aus dem Blasturmfenster hängen – und zwar in die Richtung des Brandorts.  Die Gunzenhäuser erwarteten von ihm, dass er jeden Sonntag zur Mittagszeit ein Musikstück blies und einmal im Monat in der Stadtkirche mitmusizierte. Eigentlich sollte der Stadttürmer zwei Gesellen und einen Lehrjungen beschäftigen, aber darauf wartete der Magistrat vergebens. Immer wieder gelang es Möbus verständnisvolle Unterstützer im Magistrat zu finden. Der 72-Jährige blieb Stadttürmer und übte dieses Amt bis zu seinem Tod im Alter von 86 Jahre aus.

WERNER FALK

Dienstjubilare geehrt

Dank an die langjährigen Landratsamts-Mitarbeiter

Anstelle einer Feierstunde gab es eine Videobotschaft und ein „kulinarisches Landkreis-Päkla“ für die Dienstjubilare.
Bildnachweis: Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen


Auf insgesamt 455 Dienstjahre schaffen es die diesjährigen Dienstjubilare des Landratsamtes. 23 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden zum Jahresende für ihre langjährige Zugehörigkeit zum Landkreis bzw. zum öffentlichen Dienst geehrt.
Im „Corona-Jahr“ 2020 war leider die übliche Feierstunde für die Dienstjubilare im Landratsamt nicht möglich. Trotzdem war es Landrat Manuel Westphal, dem Personalratsvorsitzenden Karl Seitz sowie dem Personalleiter Sebastian Münch ein wichtiges Anliegen die Jubilare gebührend zu ehren. Anstelle einer Feierstunde erhielten die 23 Dienstjubilare eine Videobotschaft sowie ein „Landkreis-Päkla“ als Geschenk an den Arbeitsplatz geliefert.
„Natürlich hätten wir den Jubilaren gerne persönlich gratuliert und den langjährigen Einsatz mit einer kleinen Feierstunde gewürdigt. Mit unserem Geschenk, einem kulinarischen Gruß aus dem Landkreis, wollen wir unseren Dank und Anerkennung für den erbrachten Einsatz ausdrücken“, so Landrat Manuel Westphal, Personalrat Karl Seitz und Personalleiter Sebastian Münch in ihrer Videobotschaft.
Geehrt wurden:
für 40 Jahre: Erna Görg, Johann Jobst, Heidi Knorr, Utz Löffler, Jörg Schreiber, Elvira Zottmann
für 25 Jahre: Sabine Lehmeyer, Gerlinde Regensburger, Kerstin Reinhold
für 10 Jahre: Karin Baumgärtner, Hermann Bock, Patrick Eggmayer, Patricia Homm, Jonas Kirchdorffer, Silke Lutz, Daniel Moshammer, Sebastian Münch, Julia Regler, Alexander Reichert, Veronika Schmidtpeter, Magdalena Seitz, Carolin Tischner, Stefan Wagner

Himmler sprach Todesurteil

„Heimatkundliche Streifzüge“ des Landkreises Roth erschienen

Polnische Zwangsarbeiter waren während des Zweiten Weltkriegs auch auf fränkischen Bauernhöfen willkommene Helfer. Nicht selten behandelten die Bauern ihre zugeteilten Hilfskräfte ausgesprochen gut, wenngleich es natürlich auch andere Fälle gab. Stanislaus Waligora war einer von ihnen und Karl Obser ein Allersberger Landwirt, der wegen seiner Mitmenschlichkeit bei seinen Kollegen nicht im besten Ruf stand. Die Geschichte stellt Kreisheimatpflegerin Annett Haberlah-Pohl in der neuen Ausgabe der „Heimatkundlichen Streifzüge“ des Landkreises Roth dar.

Was den Fall prekär macht, ist der Verdacht, der 29-jährige Zwangsarbeiter habe geschlechtlichen Verkehr mit einer Deutschen gehabt. Er wurde deshalb am 19. Dezember 1941 in Allersberg im Angesicht von 50 polnischen Zwangsarbeitern gehängt. Das Todesurteil über ihn hatte nicht etwa ein Gericht gesprochen, sondern SS-Führer Heinrich Himmler ganz persönlich, der damit ein Exempel statuieren wollte.

Vor der Allersberger Spruchkammer ist der Fall nach dem Krieg zur Sprache gekommen, wobei sich – wie in vielen anderen Verfahren – nichts als Widersprüche offenbarten. Weil die Tochter des Polen vor einigen Jahren Briefe ihres Vaters an seine Ehefrau übergab, ist mehr über den Mann bekannt geworden. Er war früh in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten wie 300000 andere auch. Immerhin: er erhielt einen Status als Zwangsarbeiter und konnte sich zunächst relativ frei bewegen. Erst später zog SS-Führer Heinrich Himmler die Daumenschrauben an. Er fürchtete um die innere Sicherheit angesichts der „reichsfremden Elemente“ und  verbot ihnen den Besuch von Gaststätten und Veranstaltungen jeder Art, ja er drohte sogar mit der Todesstrafe, wenn sie engere und intime Beziehungen zu deutschen Frauen unterhielten.

Stanislaus, der mit dem  Bauern Karl Obser einen angenehmen Dienstherrn hatte, war  von einer weiteren Dienstmagd beim Ortsgruppenleiter Karl Kugler angeschwärzt  worden, ihrer Freundin Rosa nachzustellen. Der Bauer musste sich der Kuppelei erwehren, ihm wurde anwaltliche Vertretung verwehrt und er landete im Konzentrationslager Mauthausen, wo er 1942 verstarb. Die Dienstmagd machte mit dem KZ Ravensbrück Bekanntschaft, durfte aber  viele Monate später   nach Allersberg zurückkehren. In dem 1950 vom Landgericht Nürnberg neu aufgerollten Verfahren ging es um den Verdacht, Obser sei Opfer einer örtlichen Verschwörung geworden. Dem seinerzeitigen Bürgermeister Wolfgang Distler wurde von der Dienstmagd vorgehalten, er sei hinter dem Obser-Bauernhof her gewesen und habe deshalb versucht, den Eigentümer los zu werden.

Von Allersberger Schülern ist der Fall 2009 in dem Theaterstück „Die unterbrochene Schulstunde oder Warum Stanislaus sterben musste“ inszeniert worden und hat den renommierten Karl-Heinz-Hiersemann-Preis bekommen. Übrigens: die Tochter von Stanislaus Waligora war 2003 auf Einladung der Marktgemeinde in Allersberg, „um Abschied zu nehmen“.

Die weiteren Themen in den „Heimatkundlichen Streifzügen“ sind: „Kriegsende vor 75 Jahren in Roth“ (Hans Pühn), Robert Unterburger erinnert an die schwärzesten Tage der Allersberger Geschichte vor 75 Jahren, die Grundsteinlegung der Büchenbacher Wohnungsbaugenossenschaft vor 70 Jahren wird von Annett Haberlah-Pohl behandelt und Irmgard Prommersberger widmet sich Eugen Tanhauser, dem ersten demokratisch gewählten Landrat von Schwabach.  „Hexen im südlichen Landkreis Roth und ihre Verfolgung“ behandelt Paula Waffler, Oliver Landauer berichtet von der Baugeschichte der Kirche St. Martin in Greding und Elke Reese stellt die Christus-Thomas-Gruppe der Kirche St. Thomas in Landerzhofen vor.  Von ihren Erfahrungen beim Umbau eines 200 Jahre alten Bauernhauses schreibt Billy Wechsler, Franz Kornbauer widmet sich den besonderen Bäumen im Abenberger Wald, während Tobias Tschapka die Rückkehr eines Bildstocks beschreibt.  Dem verstorbenen Heimatkundler Dr. Karl Röttel („Der Hüter alter Grenzsteine“) widmet Irmgard Prommersberger einen Nachruf.

WERNER FALK

Die „Heimatkundlichen Streifzüge“ sind für 4,60 Euro beim Landratsamt Roth und im Haus des Gastes in Hilpoltstein und im Buchhandel erhältlich.

Mobiles Arbeiten

Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird im Landratsamt großgeschrieben

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist dem Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen als einer der größten Arbeitgeber im Landkreis ein wichtiges Anliegen. Aus diesem Grund wurde eine Arbeitsgruppe gegründet, die sich diesem Thema annimmt. Als einen ersten Schritt wurde für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Landratsamt eine Dienstvereinbarung entwickelt, die das mobile Arbeiten beziehungsweise die Telearbeit regelt.

Natürlich gab es auch vorher schon die Möglichkeit für einige Beschäftigten des Landkreises von Zuhause aus zu arbeiten. Ein Pilotprojekt dafür wurde bereits Anfang des Jahres gestartet. Durch die Herausforderungen während der Corona-Pandemie wurde deutlich, dass man die Telearbeit beziehungsweise das mobile Arbeiten auf stabile Füße stellen musste.

Landrat Manuel Westphal hatte im Sommer eine Arbeitsgruppe Beruf und Familie gegründet, die unter anderem eine neue Dienstvereinbarung entwickeln sollte. In der Arbeitsgruppe ist neben dem Landrat die Personalverwaltung, der Personalrat, die Hauptverwaltung, die Gleichstellungsstelle, der Teilbereich Familie und Bildung der Zukunftsinitiative Altmühlfranken und auch die Koordinierungsstelle Familienbildung des Amtes für Jugend und Familie vertreten. Gemeinsam konnte an einer Dienstvereinbarung gearbeitet werden, die den Beschäftigten des Landkreises mobiles Arbeiten oder Telearbeit ermöglichen soll.

„Uns war dabei wichtig, die bisherige Möglichkeit von Zuhause oder unterwegs aus zu arbeiten auf ein rechtlich einwandfreies Fundament für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu setzen und somit die Arbeitsschutzbestimmungen einwandfrei umzusetzen. Als moderner Arbeitgeber möchten wir natürlich eine gewisse Flexibilität gerade für Familien schaffen. Aus diesem Grund haben wir die Dienstvereinbarung entwickelt und tragen so viel zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei“, erklärt Landrat Manuel Westphal.

Natürlich ist in einer Behörde nicht jeder Arbeitsplatz geeignet für mobiles Arbeiten oder Telearbeit. Vieles kann jedoch mit der richtigen Ausstattung auch von Zuhause aus erledigt werden. Die neue Dienstvereinbarung sieht vor, dass bei der Telearbeit der Arbeitsplatz im Amt entweder ganz aufgegeben wird oder eine alternierende Telearbeit zum Einsatz kommt. Dann kann der Arbeitsplatz im Amt auch von anderen Kolleginnen und Kollegen besetzt werden. „Das ist für uns natürlich ein wichtiger Aspekt, da wir immer mit einer großen Raumknappheit zu kämpfen haben“, so der Landrat.

Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Außendienst wurde die Möglichkeit des mobilen Arbeitens geschaffen. Dies kann insbesondere von Beschäftigten genutzt werden, die in wesentlichem Umfang an unterschiedlichen Orten tätig sind, wie die Lebensmittelüberwachung.

„Mit der Dienstvereinbarung zum mobilen Arbeiten und zur Telearbeit macht das Landratsamt einen großen Schritt als moderner Arbeitgeber. Wir möchten in Zukunft noch viel mehr Maßnahmen treffen, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Dies war ein erster wichtiger Schritt dorthin“, freut sich Landrat Manuel Westphal.

Falk Report jeden Monat per E-Mail bekommen

Der "Falk Report" berichtet  monatlich aus dem Leben im Fränkischen Seenland (Altmühlfranken).

Die Beiträge kommen vom Herausgeber und von Gastautoren. Im Mittelpunkt stehen kommunalpolitische und gesellschaftspolitische Themen. In meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen ist es mir wichtig, historische Beiträge zu veröffentlichen.

Es würde mich freuen, wenn wir auf diese Weise im Kontakt bleiben könnten.

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