Kommune als Bauherr

Rückblick im aktuellen „villa nostra“-Heft

Am Kreuzweg und am Habermühlweg standen die Holzbaracken, die in den sechsziger Jahren abgebrochen wurden. Foto: Sammlung H. Walther

Ist der „soziale“ Wohnungsbau eine Aufgabe der Städte? Der Weißenburger Stadtentwickler Ulrich Heiß bejaht diese Frage. Er möchte nicht allein auf die privaten Investoren setzen, sondern erschwinglichen Wohnraum für Menschen schaffen, die es nicht so „dicke“ haben. Heiß stellt fest, dass das augenblickliche Angebot hochpreisig ist und deshalb von schlechter situierten Haushalte nicht angenommen werden kann.

Der Architekt aus dem Weißenburger Stadtbauamt wünscht sich, dass die Stadt die Förderkonditionen ausschöpft und sich als Bauherrin engagiert – so wie sie es beispielsweise bei der Neuanlage am Birkenweg getan hat. Dort sind im Frühjahr letzten Jahres 15 barrierefreie Wohneinheiten im Zuge des verdichteten Bauens bezogen worden. Er spricht in der neuen Ausgabe von „villa nostra“, den Weißenburger Blättern für Geschichte, Heimatkunde und Kultur sogar von einem „expliziten Mehrwert“.

In der Publikation, die jährlich dreimal erscheint und in den städtischen Dienststellen kostenlos abgegeben wird, gibt Stadtarchivar Reiner Kammerl unter dem Titel „Von der Brandstütze zum Reihenhaus“ einen Überblick des städtischen Wohnungsbaus seit der Zeit, in der  Weißenburg noch Reichsstadt war.

Den „sozialen“ Wohnungsbau hat es in der Wildbadstraße und Auf der Wied schon im 18. Jahrhundert gegeben.  Als der industrielle Boom Ende des 19. Jahrhunderts auch Weißenburg erfasste, schufen private Bauunternehmer Häuser mit kleinen Gärten (Westliche Ringstraße, Nördliche Ringstraße, Eichstätter Straße und Römerbrunnenweg). Es waren eingeschossige Häuser mit Zwerchhaus. Sie stehen zum Teil heute noch.  Die Wohnungsnot bleibt bis 1912 eine gemeinnützige Baugenossenschaft gegründet wird, „um den Kleinwohnungsbau zu unterstützen“. Sie geht einige Jahre später in der Siedlungsgenossenschaft „Eigenheim“ auf.  Die Stadt ließ im letzten Kriegsjahr 1918 „zur vorübergehenden Nutzung“ Notwohnungen für Arbeiterfamilien errichten. Beachtlich ist, dass bereits 1912 die „Stadterweiterungskommission“ zur Feststellung kam, das „strahlenförmige und unschöne“ Bauen an der Peripherie verhindert werden soll, schon allein wegen der hohen Erschließungskosten. Das führte zu  einer verdichteten Bebauung, sprich einem Reihenhausprojekt in der Niederhofener Straße. Es kommen Baracken und Behelfsheime dazu (beispielsweise zweistöckige Holzbaracken in der Steinleinsfurt), die erst in den sechziger Jahren abgerissen werden,  bevor sich jemand Gedanken machen konnte, ob sie aus denkmalpflegerischer Sicht nicht erhaltenswürdig gewesen wären. Anfangs der dreißiger Jahre entsteht die „Galgenbergsiedlung“ mit zwölf Doppelhäusern. Weitere 60 „Siedlerstellen“ entstehen bis 1936.  Einfache Behelfsheime baut das Deutsche Wohnungshilfswerk während des Zweiten Weltkriegs. Sie haben keinen Wasser- und Abwasseranschluss, nur zwei Räume und einen Ofen. Die von der Stadt erbauten Holzbaracken werden bis 1970 abgerissen.

Mit der konsequenten Räumung des „Barackenwohnungselends“ beginnt die Stadt 1964. Es verschwinden die „Holzbarackenstadt“ am Habermühlweg mit 29 Behelfsheimen, die vier Großbaracken (mit 17 Wohnungen) am Kreuzweg, die Wohnbaracken in der Steinleinsfurt und am Römerlager sowie das einstige Ostarbeiterlager.

WERNER FALK

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Die Beiträge kommen vom Herausgeber und von Gastautoren. Im Mittelpunkt stehen kommunalpolitische und gesellschaftspolitische Themen. In meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen ist es mir wichtig, historische Beiträge zu veröffentlichen.

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