Fürst zu sein, will gelernt sein!

Wie Johann Sigmund Strebel den Erbprinzen Alexander auf seinen Dienst vorbereitete

Den markgräflichen Erbprinzen Christian Friedrich Karl Alexander (1736-1806) auf sein würdevolles Amt als Regent des Fürstentums Brandenburg-Ansbach einzustimmen, das war der Job des Archivars und Historiographen Johann Sigmund Strebel (1700-1761).  Weil auch ein Fürst nicht vom Himmel fällt, bedarf er einer Erziehung, Formung und Einweisung in die Aufgaben, für die  er aufgrund der Erbfolge bestimmt ist. Wie es beim letzten Markgrafen Alexander war (er regierte von 1757-1791), das ist aus der „Anleitung zur nöthigen Kenntniß von der wahren und archivmäßigen Beschaffenheit des Hochlöblichen Fürstenthums Brandenburg-Onolzbach oder des Burggrafthums Nürnberg unterhalb des Gebürgs zum Gebrauch des Durchlauchtigsten Erb-Prinzen“ zu entnehmen. Das 300 Blatt umfassende Dokument aus der Feder des markgräflichen Beraters Johann Sigmund Strebel verrät, was der Prinz alles wissen musste. Seine „Fächer“ waren Religion, Ethik, Naturrecht, Politik, Geographie, Genealogie, Geometrie und natürlich „teutsches“ Staatsrecht.

Markgraf Alexander (1736-1806).

Der Wissenschaftler Andreas Rutz (Titel seiner Abhandlung: „von der nothwendigkeit und dem nuzen der erkenntnuß eines landes überhaupt“) macht die Geschichtsfreunde mit Strebel bekannt, der den 15-Jährigen so formte, dass er seinen späteren Anforderungen genügen konnte.  Markgraf Alexander war von Geburt an nicht als „Thronfolger“ bestimmt, denn er war der Zweitgeborene von Markgraf Carl Friedrich Wilhelm, der in der Literatur gerne der „Wilde Markgraf“ genannt wird, und seiner Frau Friederike Louise. Der Erstgeborene Karl Friedrich August war schon im zarten Alter von vier Jahren gestorben und so schlüpfte Alexander schon frühzeitig in die Rolle des Erbprinzen. Seine Erzieherin war eine „in der Kinderzucht wohlerfahrene adelige Dame“ (Frau von Imhoff). Auch eine französische „Sprachmeisterin“ (lingua franca) war ihr an die Seite gestellt. Der Leibarzt hatte über die Gesundheit des herrschaftlichen Sprößlings zu achten, ja sogar der kaiserliche Leibarzt Dr. Carelli durfte konsultiert werden.

Im Umgang mit seinem eigenen Hofstaat lernte der junge Prinz die höfischen Formen kennen. Schon als Fünfjähriger musste er sich dem täglichen Religionsunterricht des Hofkaplans unterziehen, er lernte Lesen, Schreiben und die freie Rede – und das alles auch in Französisch, denn er sollte ja die französisch geprägte Weltgewandtheit erfahren. Es ist anzunehmen, dass ihm der Reitunterricht mehr Spaß gemacht hat als das Abfassen von „wohlgesetzten Briefen“ in lateinischer Sprache. Zugleich war ihm empfohlen worden, seine Ermahnungen „liebreich“ vorzunehmen.

Mit einer Entourage von 20 Leuten begab er sich auf seine Bildungsreisen. Sie gehörten zur Ausbildung und Persönlichkeitsbildung eines angehenden Herrschers.  Als Zwölfjähriger kam er ins holländische Utrecht, dann zur klassischen Kavalierserziehung nach Turin. Zum Einüben der höfischen Etikette ging es danach dreizehn Monate auf die „Grand Tour“, die ihn auch nach Venedig und Rom führte. Zur Abrundung reiste er noch drei Monate durch das Reich ehe er 1754 Friederike Caroline von Sachsen-Coburg heiratete und drei Jahre später – nach dem Tod des Vaters CWF – die Regentschaft im Fürstentum übernahm. 1769 beerbte er auch noch die Herrschaft über das Fürstentum Brandenburg-Bayreuth. Diese Doppelherrschaft hatte es seit 1603 nicht mehr gegeben. Die Ehe blieb kinderlos, die Markgräfin starb 1791.  Alexanders Geliebte war die Französin Hippolyte Clairon (im Ansbacher Volksmund sind nach ihr die „Klärungswickli“ benannt worden). 1791  dankte er aufgrund eines Geheimvertrags mit dem Königreich Preußen ab und lebte mit der neuen und lebenslustigen Ehefrau Elizabeth Craven in deren englischer Heimat. 1806 starb er dort vom Adel gesellschaftlich isoliert und vereinsamt. Sein einstiges Fürstentum wurde 1806 ein Teil des Königreichs Bayern.

Strebel stand in der Gunst von CWF, der ihn in den Verwaltungsdienst am fürstlichen Hof übernahm und ihn sogar bis zum „Geheimen Rat“ beförderte. Als solcher kümmerte er sich um die markgräfliche Bibliothek, die damals schon 15000 Bände umfasste und – ganz erstaunlich – für jeden zugänglich war, der Lesen und Schreiben konnte. Das Archiv hatte Strebel „in größester Konfusion“ vorgefunden. Sozusagen sein literarisches Hauptwerk war „Franconia illustrata“ zur Erläuterung von Frankens Historie (1761).  Der Historiker ärgerte sich über Fürsten, „die von ihrem eigenen land keine wahre und hinlänglich wißenschafft“ hatten und sah es nicht gern, dass mitunter freie Reichstädte oder Klöster bessere Beschreibungen und Karten hatten als das fürstliche Haus. Ab 1732 schuf er deshalb die systematische Dokumentation „über Recht und Besitz“, zu der auch die in zwölf Bogen gedruckte Karte des Landvermessers Johann Georg Vetter zählte (1719 durch Brand vernichtet und bis 1730 erneuert). Sie will der Historische Verein für Mittelfranken in den nächsten Jahren neu auflegen.

WERNER FALK

Quelle: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte, Band 82 (2019); herausgegeben von der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Verbindung mit der Gesellschaft für fränkische Geschichte und der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft; ISSN 00442364, Verlag C.H. Beck

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One Thought on “Fürst zu sein, will gelernt sein!

  1. Harald Fritsch on 2. Februar 2021 at 18:57 said:

    Fehler: Alexander starb bestimmt nicht 1906, sondern 1806 in England, bitte ausbessern.

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