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Ein Gunzenhäuser als Pornoautor

Ferdinand Karl Holzinger alias Ferdinand Rodenstein

In Gunzenhausen geboren: Pornoautor Ferdinand Karl Holzinger.

Ein Autor von pornografischen Geschichten – das hat der Stadt gerade noch gefehlt. Nun, es geht nicht um eine tagesaktuelle Nachricht oder die Aufdeckung eines Sexskandals im Gunzenhausen heutiger Tage. Ferdinand Karl Holzinger lebte im 20. Jahrhundert, allerdings nur die ersten zwanzig Jahre in der Altmühlstadt. Dann kam er auf der Suche nach einer schriftstellerischen Karriere auf die schiefe Bahn, wurde kriminell und starb 1938 als gescheiterte Gestalt in Leipzig.

Ein Lebensbild des Produzenten pornografischer Literatur zeichnet in der neuen Ausgabe von „Alt-Gunzenhausen“, der Publikation des Vereins für Heimatkunde, der Berliner Medizinwissenschaftler Prof. Dr. Florian G. Mildenberger, der an der Viadrina in Frankfurt/Oder lehrt. Ganz klar: in der literaturhistorischen Forschung spielt der gebürtige Gunzenhäuser keine Rolle.

Am 31. Januar 1881  als Sohn der ledigen Näherin Margarethe Holzinger  und eines namentlich nicht bekannten Wanderschauspielers in der einstigen Eisenbahnwirtschaft (heute: Moschee in der Ansbacher Straße 2) geboren, hatte er keine günstige Sozialprognose. Dennoch wurde ihm der Realschulbesuch ermöglicht. Kaufmann aber wollte er nicht werden. Er unternahm erste schriftstellerische Versuche bei Dichterlesungen in den Sandhöhlen des Weinbergs, suchte sein Glück in der Großstadt. Schnell geriet er auf die schiefe Bahn. Raum, Erpressung, Unterschlagung und Betrug, dazu Hausfriedensbruch, führten ihn schon bald ins Gefängnis. Er zog nach Dresden, wo er ebenfalls durch Straffälligkeit auffiel und hinter schwedischen Gardinen landete.  Künftig schrieb er Gedichte, Theaterstücke (von denen aber keines aufgeführt wurde), Märchen und Dorfgeschichten unter dem Pseudonym Ferdinand Rodenstein. Die Schiller-Stiftung lehnte seinen Stipendienantrag ab. In Leipzig fand er in dem Vollraths-Verlag eine Plattform zur Verbreitung der Sexualsphäre, die bis dato von „erbarmungsloser Langweile“ war, wie Autor Florian Mildenberger feststellt. Seine Karriere als Verfasser von pornografischen Novellen wurde jäh unterbrochen, indem ihn Kritiker als Schwindler demaskierten und er folglich für ein Jahr und drei Monaten in den Knast musste. Danach geriet er nicht zuletzt durch seine Flucht in den Alkohol in eine Lebenskrise, musste in eine psychiatrische Heilanstalt zwangseingeliefert werden, wo man ihm dem Stempel „gemeingefährlich“ aufdrückte.  Inzwischen hatte er 29 Verurteilungen hinter sich, also ein ansehnliche kriminelle Karriere.

Der „Herr des Unterliebs“ (Mildenberger) musste sich in der NS-Ära wegen unzüchtiger Schriften  verantworten. Seine Titel landeten in der „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“ (1933). Als er sich dann auch noch an einem achtjährigen Mädchen aus der Nachbarschaft vergriff und zwei Jahre und sechs Monate absitzen musste, markierte das seine Ausweglosigkeit. Nur drei Wochen nach seiner Entlassung  starb er in Leipzig, wo er sich zuletzt mit seiner 1931 geehelichten Frau Elisabeth aufgehalten hatte. „Zur Vernichtung freigegeben!“ Diesen Stempel der Nazis trugen seine Schriften.

Das Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ ist im Buchhandel für 15 Euro erhältlich.

Alt-Gunzenhausen neu erschienen

Jahrbuch des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen

Vorsitzender Werner Falk (Mitte) und Schriftleiter Werner Mühlhäußer überreichten im Rathaus Bürgermeister Karl-Heinz Fitz das erste Exemplar des neues Jahrbuchs „Alt-Gunzenhausen“. Foto: Ingeborg Herrmann

Elf Beiträge von zwölf Autoren umfasst das neue Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“. Es ist mit 336 Seiten so umfangreich wie keine der 72 vorausgegangenen Publikationen.  Vorsitzender Werner Falk anlässlich der Vorstellung des Buches im Rathaus: „Der Verein für Heimatkunde schätzt sich glücklich, den Stamm seiner Verfasser immer wieder mit neuen Autoren ergänzen zu können.“  Das Buch ist im örtlichen Buchhandel erhältlich.

Die Bearbeitung und Koordinierung der Beiträge lag in den Händen von Schriftleiter (und 2. Vorsitzenden) Werner Mühlhäußer. Als Stadtarchivar sitzt er quasi an der Quelle und pflegt den Kontakt zu den Autoren.  Der Vereinsvorsitzende dankte bei der Übergabe des ersten Exemplars an Bürgermeister Karl-Heinz  allen Autoren und auch den Sponsoren:  der Stadt Gunzenhausen, der Hirschmann-Stiftung,  der Mittelfrankenstiftung des Bezirks, dem Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen und der Sparkasse Gunzenhausen.

„Andreas Osiander und seine Verwandten in Gunzenhausen und Meinheim“ ist die Arbeit der Doppelautoren Werner Kugler und Werner Mühlhäußer betitelt.  Sie hellen den verwandtschaftlichen Hintergrund des Theologen und Reformators auf, denn bisher gab es kaum nennenswerte Aufzeichnungen seiner Gunzenhäuser Zeit.  Im Reichsteuerregister von 1497 wird ein „Endres Schmidt“ genannt, was auf den Beruf des Vaters (Schmied) hinweist.  Andreas ist  am 16. Dezember 1496 oder  am 19. November 1498 geboren. Ein Vetter, Michael Beck aus Meinheim, durfte sich seiner Fürsprache erfreuen und die Schwester von Osiander führt  die Spur zu weiteren Verwandten.

Günter L. Niekel stellt die „Schlösser von Muhr“ (2. Teil) vor, also Neuenmuhr, Mittelmuhr und das Julienberg. Nur mehr ein Gedenkstein erinnert heute an das Neuenmuhrer Schloss, das 1834 abgebrochen wurde. Von den Herren von Lentersheim bewohnt war das Schloss Mittelmuhr (1448 erbaut und 1570 abgebrannt). Ursprünglich ein Kellerhaus war das Gartenschlösschen Julienberg, das Freiherr von Danckelmann nach seiner Gemahlin benannte.

Gleich drei Autoren befassen sich mit den Ziegeleien in Gunzenhausen und Cronheim: Werner Mühlhäußer, Werner Neumann und Günther Prechter.  Sie erforschen die „Alte Ziegelei“ von 1466 in der Ziegelgasse (ab 1893: Hensoltstraße) und weitere Ziegeleien (Huber, Rothgängen/Reichardt, Lang). Hans Mayer war 1604 der erste Ziegler in Cronheim. Die Familie Sorg trägt heute noch den Hausnamen „Ziegler“. Ein Großfeuer beendete 1960 den Ziegeleibetrieb von Max Bühlmeyer.

„Die Haidstangen von Unterwurmbach“ ist der Beitrag von Dr. Manfred Keßler betitelt, in dem er die alten Holzrechte im Stiftswald Obere und Untere Haid  beschreibt. Der Stiftswald geht auf die Adelige Eleonore von Lentersheim (1612) zurück.

Dr. Daniel Schönwald führt in die Rieter-Gruft in der Kalbensteinberger Kirche, in der 20 Angehörige des Nürnberger Patriziergeschlechts  (seit 1609) bestattet  sind.  Die Grablege unter dem Chorraum, die aus konservatorischen Gründen nicht mehr zugänglich ist, birgt 13 Glassärge.  Der letzte männliche Namensträger des Geschlechts starb 1753, seine Frau wurde 1782 hier beigesetzt.

In den kirchlichen Heiratsbüchern ab 1534 bis zur Einführung der Standesämter in Bayern 1876 hat Werner Mühlhäußer  („Jubelhochzeiten in Gunzenhausen“) gestöbert kann am Beispiel von zwei Paaren, die das 50-jährige Ehejubiläum begehen konnten, interessante sozialgeschichtliche Erkenntnisse liefern.  Für die damalige Zeit waren 50 Jahre sensationell, denn die meisten Menschen erreichten dieses Alter nicht. Georg und Anna Albrecht (1667) und Johann Michael und Anna Hahn (1725) wären verblüfft, wenn sie erführen, dass die Scheidungsrate heute bei 37 Prozent liegt.

Die Reihe der Vorstellung Gunzenhäuser Oberamtmänner in markgräflicher Zeit setzt Siglinde Buchner in ihrer Abhandlung über Wolfgang von Crailsheim und Johann Ulrich von Crailsheim fort. Viele Mitglieder dieser Familie standen im Dienst der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Wolfgang war nur sechs Jahre der oberste Verwalter in der Altmühlstadt (1653-59). Er hatte mit seiner Frau Anna Petronella zehn Kinder.  Der Günstling von Markgraf Albrecht liefert wenig Erkenntnisse von lokalgeschichtlicher Bedeutung.  Auch Johann Ulrich von Crailsheim (amtiert von 1669-84) hat keine nennenswerten Spuren im Gunzenhäuser Land hinterlassen, wohl aber viele Nachkommen (17 Vaterschaften)  in zwei Ehen. Seiner Manneskraft war  offensichtlich der Besuch im Weißenburger Wildbad förderlich.

Eine üppig sprudelnde Quelle für die Gunzenhäuser Sozialgeschichte ist für Wolfgang Pfahler das Haus- und Jahrbuch von Paul Dayb, dem Oberkaplan von Gunzenhausen (1694-1735).  Im zweiten Teil seiner Arbeit (er erste ist im Jahrbuch  72/2017 veröffentlicht) findet der Autor in den 854 Seiten langen Aufzeichnungen eine Vielfalt von Geschichten, die für die Leser von heute amüsant erscheinen. Nicht nur Bierrechnungen liefern den Stoff dafür,  Dayb kommentiert auch die politischen Ereignisse jeder Zeit.

Die Priester der katholischen Pfarrei Gunzenhausen von 1897 bis 2017 listet Günter Dischinger auf, ja er stellt ihre Biografien zum Teil ausführlich vor. 1897 ist Gunzenhausen eine eigenständige Pfarrei geworden, vorher wurde die Gemeinde von Cronheim aus betreut. Erster Pfarrer nach der Reformation war Peter Landwirth, dessen Grabmal am alten Friedhof von seinem sechsten Nachfolger aufgelöst wurde.  Namen, die in bester Erinnerung geblieben sind: Dr. Johann Baptist Götz (1932-36), Heinrich Bauer (1956-68/er hat die Stadtpfarrkirche neu gebaut, dazu die Muhrer Filialkirche), Ewald Fröhlich (1968-87) und Wolfgang Forsten (1987-2001/er hat das Pfarrzentrum errichtet).

Ein Porno-Schriftsteller unter den Gunzenhäusern! Diese Schlagzeile würde heute noch für Aufsehen sorgen, im 19. Jahrhundert war dies natürlich eine Sensation.  Ferdinand Karl Holzinger (alias Ferdinand Rodenstein) ist zwar 1881 als unehelicher Sohn einer Näherin in der alten Eisenbahnerwirtschaft geboren, aber er machte sich schon bald nach der Realschulzeit „vom Acker“ und suchte das freie Leben in der Großstadt. Prof. Dr. Florian Mildenberger schildert diese schemenhafte Figur in seinem Beitrag „Bemerkung: Gemeingefährlich“.  Um es gleich vorweg zu sagen: Holzinger (1881-1938) spielt in der literarisch-historischen Forschung keinerlei Rolle. Er gehörte zu den berüchtigten Produzenten pornografischer Literatur der zwanziger Jahre und war ein kriminell veranlagter junger Mann, der schwülstige Theaterstücke schrieb, die freilich niemals aufgeführt wurden. Unter seinem Pseudonym „Ferdinand Rodenstein“  schrieb er triviale „Groschenromane“. Mit ihm endete es schlimm: Als „entarteter Mensch“  landete er in der Heilanstalt und Zeitgenossen wünschten ihm, er möge „an seiner Unflätigkeit zu Ende gehen“.  Das ist 1938 geschehen (beigesetzt in Leipzig).

Mit der Bäderstadt Gunzenhausen setzt sich Dr. Joachim Schnürle auseinander, jedoch nicht mit der tollen Bäder- und Saunalandschaft von heute, sondern unter dem Titel „…und soll derselbe nach Vermuthung eine Naturheilanstalt errichten“ mit den Anfängen des Klinikums Hensoltshöhe.  Die Gunzenhäuser erfuhren  1903 aus der Zeitung von der geplanten  neuen  Nutzung der Gaststätte mit Badeanstalt, die 1883 der seinerzeitige Bürgermeister Johann Leonhard Hensolt   erbaut hatte. Michael Stöhr war sein unternehmenslustiger Pächter,  die „Hensoltshöhe“ ein Hort gesellschaftlicher Vergnügungen. Der „Neue“ war Ernest Mehl, Direktor einer Augsburger Kammgarnspinnerei. Er galt als sozialer Unternehmer, ja als ein Fürsprecher der Arbeiter. Sein Plan war es 1903, aus der Gaststätte ein christliches Erholungsheim zu machen. Der therapeutische Anspruch war es, „Erquickung für den ganzen Menschen“ zu bieten.  Autor Dr. Schnürle, der heutige medizinische Leiter, darf sich in der direkten Nachfolge Mehls wähnen, denn der Patient der Altmühlseeklinik wird in seiner Ganzheitlichkeit wahrgenommen.

Von der Gruft bis zum Porno-Autor

Zwölf Beiträge im neuen „Alt-Gunzenhausen“

Umfangreicher denn je ist das neue Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen, das in den nächsten Wochen erscheinen wird.  Es enthält zwölf Beiträge von elf Autoren zu historisch interessanten Themen. Vorsitzender Werner Falk: „Das 73. Jahrbuch unseres Vereins seit 1924 ist somit ein Rekord.“

Werner Mühlhäußer, Schriftleiter der Publikation und zugleich 2. Vorsitzender des Vereins, koordiniert die Beiträge der Autoren und bearbeitet sie, damit sie Druckreife bekommen. Ihm dankte Vorsitzender Werner Falk für das hohe Maß an Engagement: „Dass er zugleich Stadtarchivar ist, bedeutet für uns einen riesigen Vorteil. Er ist nahe dran an den Autoren und deren Themen.“

Zu den Beiträgen in dem 336 Seiten starken Jahrbuch gehört eine Gemeinschaftsarbeit von Werner Mühlhäußer und Werner Kugler, dem vormaligen Heidenheimer Dekan. Beide befassen sich mit Andreas Osiander, dem großen Sohn der Stadt und Begleiter  des Reformatiors Martin Luther, speziell mit dessen Verwandten in Gunzenhausen und Meinheim. Dieser Bereich ist bisher kaum erforscht worden.  Günter L. Niekel, Ruhestandspfarrer in Muhr am See, beschreibt die fünf Schlösser von Muhr am See (zweiter Teil).  Ebenfalls eine Gemeinschaftsarbeit ist der Beitrag „Die Ziegeleien in Gunzenhausen und Cronheim“. Werner Mühlhäußer, Werner Neumann und Günther Prechter machen sich auf Spurensuche. Auf die alten Holzrechte („Die Haidstangen von Unterwurmbach“) bezieht sich Dr. Manfred Kessler. Eine umfangreiche wissenschaftliche Arbeit stammt von Dr. Daniel Schönwald, dem stellvertretenden Leiter des Landeskirchlichen Archivs Nürnberg. Der Kalbensteinberger beleuchtet die Errichtung, Belegung und die Besonderheiten der Rieter-Gruft in der Kalbensteinberger Kirche. „Die Jubelhochzeiten in Gunzenhausen“  nennt sich ein weiterer Beitrag von Werner Mühlhäußer, in dem er am Beispiel von zwei Paaren aus den Jahren 1667 und 1725 die familiären Umstände jener Zeit beleuchtet. Siglinde Buchner, die ehrenamtliche Archivbetreuerin des Landkreises, setzt ihre Reihe der Porträts von ehemaligen markgräflichen Oberamtsmännern Gunzenhausen fort. Aktuell geht es um Wolfgang von Crailsheim und seinen Bruder Johann Ulrich von Crailsheim sowie deren familiären Hintergründe. Das Haus- und Jahrbuch des einstigen Gunzenhäuser Oberkaplans Paul Dayb liefert interessante Hinweise auf die Sozialgeschichte von 1694-1735. Die Priester in der katholischen Pfarrei  Gunzenhausen von 1897 bis 2017 stellte Günter Dischinger vor. Dass es schon im 19. Jahrhundert einen Porno-Autoren gegeben hat, der aus Gunzenhausen stammte, belegt Prof. Dr. Florian G. Mildenberger von der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder. Ferdinand Karl Holzinger (1881-1938) veröffentlichte seine Schundliteratur unter dem Pseudonym Ferdinand Rodenstein. Auf die Vorgeschichte der Bäder und Badetherapie auf der Hensoltshöhe geht Dr. Joachim Schnürle, der medizinische Leiter der Altmühlseeklinik Hensoltshöhe, ein.

Die Reihe seiner „Samstagsexkursionen“ setzt der Verein heuer fort. Wie Vorsitzender Werner Falk auf der vergangenen Vorstands- und Beiratssitzung im Gasthaus „Altes Rathaus“  ankündigte, werden 2019 Neuendettelsau, Heilsbronn, Muhr am See (Schloss) und Schwabach angepeilt. Zudem stehen im bevorstehenden Winterhalbjahr zwei Vorträge auf dem Programm.

Im Genussführer Slow Food Deutschland

Jetzt neun Betriebe aus Altmühlfranken bundesweit aktiv

Christian und Nadine Blank aus Ehingen sowie Ines Wieland und Bernhard Heinz aus Muhr am See (im Vordergrund) sind neu im Slow Food-Genussführer Deutschland geführt. Dahinter Wolfgang Schramm (Enderndorf), Gerhard Forster (Güsseldorf), Stefanie Glück (Pappenheim), Bürgermeister Dieter Rampe (Muhr am See), Walburga Gentner (Spielberg)  und Claus Christ (Herrieden). Foto: FR Presse

Altmühlfranken wird als Genussregion in Deutschland immer attraktiver. Neun gastronomische Betriebe aus drei Landkreisen sind im „Slow Food Genussführer 2019/2020“ enthalten.  Neu unter den kulinarischen Top-Adressen sind die Gasthäuser „Zum Löwen“ in Ehingen und „Zum Hirschen“ in Muhr am See.

Bei der Vorstellung des neuen Genussführers, der 548 Gasthäuser aus Deutschland auflistet, bekräftigte Dieter Popp, der Chef der Convivien Altmühlfranken: „Es geht um authentische Regionalität. Wir sind somit der Gegensatz zu den Gourmetführern, die ihre Sterne nach anderen Kriterien verteilen.“ So einfach ist die Aufnahme in die weltweit agierende Slow Food-Bewegung nicht: Zwölf Kunden (und nicht professionelle Tester) müssen den aufzunehmenden Betrieb zweimal besuchen  für ihn sozusagen die Hand ins Feuer legen. Das Restaurant „Zur Sonne“ in Pappenheim, der Gasthof Gentner in Spielberg, die „Linde“ in Stern, der „Siebenkäs“ in Pleinfeld, die „Sonne“ in Herrieden, „Forsters Einkehr“ in Spalt-Güsseldorf und der „Schäferhof“ in Spalt-Enderndorf haben das Qualitätssiegel mit der grünen Schnecke schon früher erhalten, nun sind Bernhard Heinz und Ines Wieland, die Betreiber der Gastwirtschaft „Zum Hirschen“ in Neuenmuhr sowie Christian und Nadine Blank vom Gasthaus „Zum Löwen“ in Ehingen  dazu gekommen.

Dieter Popp, der frühere Regionalmanager des Landkreises Weißenburg-Gunzenhausen, ist begeistert, wie sich Altmühlfranken kulinarisch entwickelt: „Die Gasthöfe und ihrer regionalen Zulieferer transportieren ein gutes Stück Heimatkunde.“ Die Slow Food-Betriebe können sich auf ihrer Anerkennung nicht ausruhen, sondern müssen alle zwei Jahre aufs Neue unter Beweis stellen, dass für sie der Slogan „Gut, sauber und fair“ gilt.  Popp zum Selbstverständnis der Betriebe: „Unser Prinzipien sind: Regional vor international, handwerklich vor extravagant, bezahlbar vor hochpreisig.“

Wer mit frischen und saisonalen Lebensmitteln der Region kocht und auf lieblose Fertigprodukte verzichtet, wer gutes Handwerk praktiziert und geschmackvoll würzt statt Geschmacksverstärker und andere Aroma-Booster einsetze, wer ein einladendes Ambiente und vorzüglichen Servicebietet, der ist bei Slow Food genau richtig. Die Bewegung gibt es weltweit in 160 Ländern, in Deutschland engagieren sich 15000 Mitglieder in 80 Convivien (Gruppen ). Dieter Popp, der Regionalberater aus Haundorf, leitet die 2012 gegründete Gruppe Altmühlfranken. Er rühmt das solide Fundament für seine Arbeit: „Wir haben mit 36 die höchste Zahl selbst schlachtender Metzger aller bayerischen Landkreise, eine Vielzahl von Mühlen und noch selbst backende Bäcker sowie fünfzehn handwerkliche Brauereien.“

„Der Letzte“: Werner Falk

FDP-Listenbewerber für den Bezirkstag Mittelfranken

Es geht darum, Altmühlfranken im neuen Bezirkstag kraftvoll zu vertreten. Deshalb habe ich mich entschlossen, für das Bezirksparlament zu kandidieren. Das Gesamtstimmenergebnis (also Erst- und Zweitstimmen zusammen) entscheidet, wieviele Bewerber für die Freidemokraten in das Bezirkshaus in der Danziger Straße in Ansbach einziehen werden. Deshalb kommt es auf jede Stimme an, jede Stimme zählt und keine ist verloren.

Ich kandidiere  auf eigenen Wunsch auf dem letzten Platz der FDP (Liste 5), also auf dem 24. Rang. Hier meine persönliche und politische Vorstellung:

Zu meiner Vita

Geboren am 2. Januar 1950 in Haundorf als drittes Kind der Eheleute Konrad und Frieda Falk. Der Vater war selbständiger Schuhmachermeister. Mit der Mutter bewirtschaftete er eine kleine Landwirtschaft. Am 13. August 1976 verehelichte ich mich mit Sibylle Rührschneck aus Gunzenhausen. Die Kinder Felix, Mareike und Julius sind 1979, 1981 und 1987 geboren.

Zur beruflichen Entwicklung

Am 1. August 1964 begann ich eine Schriftsetzer-Lehre in der Buchdruckerei E. Riedel/Verlag Altmühl-Bote in Gunzenhausen. Nach Abschluss der Ausbildung und Verwendung als Metteur folgte ich dem Angebot der Verlagsleitung, eine journalistische Ausbildung zu machen, um in die Redaktion des Altmühl-Botens einzutreten. Dies erfolgte von 1969-71. Nach Absolvierung meiner Wehrzeit (Sanitätsausbildung) kehrte ich in die Redaktion zurück. Zu meinem Aufgabenfeld gehörte schon bald die Berichterstattung aus dem Stadtrat in Gunzenhausen und dem Kreistag. Die Leitung der Redaktion wurde mir von Verleger Bruno Schnell, dem Herausgeber der Nürnberger Nachrichten, im Juli 1986 übertragen. In dieser Funktion war ich bis zum Herbst 2013. Aus der Redaktion schied ich zum 1. September 2014 aus, um mit 64 Jahren  in Rente zu gehen.

Ich stehe treu zum liberalen Markenkern

1967 bin ich Mitglied der Deutschen Jungdemokraten geworden und habe die damals ruhende Arbeitsgemeinschaft der DJD aktiviert und über einige Jahre geführt. Der FDP bin ich ebenfalls 1967 beigetreten.  13 Jahre gehörte ich der Kreisvorstandschaft als Schriftführer an. Mit 22 Jahren kandidierte ich für den neu gebildeten Kreistag Weißenburg-Gunzenhausen. Die  aktive parteipolitische Arbeit ließ ich angesichts meiner journalistischen Tätigkeit und Verantwortung bis zur Wahl in den Stadtrat im Frühjahr 2014 ruhen. 2014 habe ich für den Stadtrat kandidiert. Seither bin ich der einzige FDP-Stadtrat im Gunzenhäuser Kommunalparlament.

Zum gesellschaftlichen Engagement

Mein Interesse gilt von jeher der Geschichte. 1978 schloss ich mich dem Verein für Heimatkunde Gunzenhausen an, in dem ich in den folgenden 32 Jahren als Schriftführer und Kassier tätig war.  Seit 2012 bin ich Vorsitzender des Vereins (305 Mitglieder). Ich gehöre seit 40 Jahren dem Historischen Verein für Mittelfranken an (heute Beiratsmitglied), ferner ebenso lange dem Landesverein für Heimatpflege in Bayern sowie dem Frankenbund (Gruppe Ansbach) und der Fränkischen Arbeitsgemeinschaft (FAG) an.

Meine politischen Vorstellungen

Ich sehe mich als einen leidenschaftlichen Franken, patriotischen Deutschen und bewussten Europäer.  Die FDP ist für mich die politische Heimat von Menschen, die sich für eine tolerante Gesellschaft einsetzen.   Ich sehe die Partei  auch als Plattform für das Engagement von Menschen, die sich nicht parteipolitisch binden möchten.  Sie alle lade ich zum Dialog ein. Diesem Zweck dient auch mein „FalkTalk“ (ein alle zwei Monate stattfindendes Wirtshausgespräch an wechselnden Orten) und mein Onlinedienst „falk-report.de“, den ich auch als Informationsangebot für die Öffentlichkeit verstehe.

Als Listenbewerber für den Bezirkstag Mittelfranken kämpfe ich dafür, dass die Identität Frankens in all ihren Facetten gestärkt wird. Ganz konkret: Ich möchte, dass alle Einrichtungen des Bezirks Mittelfranken mit der Bezirksfahne geschmückt werden. Ich habe die Entwicklung des Fränkischen Seenlands vom ersten Tag an beruflich begleitet und möchte mich heute dafür einsetzen, dass der Bezirk die drei Seenzweckverbände nach Kräften unterstützt. Ebenso wichtig ist mir der weitere Ausbau des landwirtschaftlichen Bildungszentrums in Triesdorf und das Bekenntnis des Bezirks zur Darstellung jüdischer Kultur in Franken.

WERNER FALK

Falkenjagd des Markgrafen

10. Ausgabe der „Triesdorfer Hefte“ erschienen

Vereinsvorsitzender Dr. Horst von Zerboni (Zweiter von links) präsentierte in Wald die neue Publikation der Freunde Triesdorfs. Unser Bild zeigt (von links) Tassilo Freiherr von Falkenhausen, Dr. Horst von Zerboni, Prof. Wolfgang Wüst, Dr. Arno Störkel und Pfarrer Johannes Wagner im Gutshof des Schlosses Wald. Foto: FR Presse

Die Falkenjagd gehört seit zwei Jahren zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO.  Die  Kunst, mit Vögeln zu jagen, gilt somit als schützenswerte Kulturform.  Es war ein Gunzenhäuser, der markgräfliche Lehrer und Spitalprediger Johann Erhard Pacius, der 1756 im Auftrag von Markgraf Carl Wilhelm Friedrich die lateinische Handschrift „De arte venandi cum aribus“ ins Deutsche übersetzte.  In der neuen Ausgabe der „Triesdorfer Hefte“ des Vereins der Freunde Triesdorfs und Umgebung  nehmen sich vier namhafte Autoren des Themas an.

Geschäftsführer Carl-Alexander Mavridis (rechts) überreichte eines der ersten Exemplare an Werner Falk, dem Vorsitzenden des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen

Dr. Sigrid Schwenk von der Uni Freising-Weihenstephan wähnt  den  markgräflichen Übersetzer als eigentlichen Wegbereiter für diese hohe  internationale Anerkennung. Pacius war, wie er selbst einräumte,  alles andere als ein Falken-Experte: „In der Übersetzung selbst habe ich keinen Fleiß und Müh gesparet … und aus anderen Sprachen entlehnten Wörtern keines gesetzet, biß ich die wahre Bedeutung  gefunden habe“. Die Urschrift von 1248, die in sechs Bänden auf Kaiser Friedrich II. zurückgeht, berichtet u.a. davon, dass die besten Falkner aus Flandern stammten. Sie kamen auch an den Ansbacher Hof.

Es gibt nur ein einziges Bild, das den Markgrafen mit einem Falken zeigt. Das ist erstaunlich, wo CWF sich doch als der Herr über Europas größte Falknerei (mit über 50 Falknern) rühmte. Es war für den Fürsten wichtig, im Kampf um das Prestige, dieses Alleinstellungsmerkmal unter den Fürstenhöfen zu haben. Dr. Arno Störkel aus Würzburg, ein ausgewiesener Kenner der markgräflichen Jagd, datiert das Bild auf das Jahr 1740.

Prof. Wolfgang Wüst vom Lehrstuhl für Bayerische und Fränkische Landeskunde an der Uni Erlangen-Nürnberg sieht in der Falkenjagd weniger ein barockes Lustobjekt als ein Bestandteil  mittelalterlicher Machtkonstellation. CWF nennt er einen „Prototypen eines jagdbegeisterten Regenten“, der auch Falkentaler und –dukaten prägen ließ.  Der Wissenschaftler nennt 34429 Vögel, die CWV selbst geschossen oder gebeizt hat. Zu seiner Beute gehörten vorzugsweise Rebhühner und Wachteln (43 Prozent), Raben und Saatkrähen (19 Prozent) sowie Dohlen und Elstern (15 Prozent).

Den Fokus auf die Falknerei in Gunzenhausen richtet Stadtarchivar Werner Mühlhäußer.  Das Jagdschlösschen „Falkenlust“ (es stand bis 1768 in der Oettinger Straße) hatte der Markgraf mit 890 Fliesen ausgestattet, darunter 138 mit jagdlichen Motiven.  Sie sind größtenteils erhalten geblieben und im – derzeit geschlossenen –  Stadtmuseum ausgestellt. Die Sammlung ist sehr kostbar, denn es gibt eine ähnliche nur mehr im ehemaligen  Jagdschloss des Kölner Kurfürsten in Brühl.  Wie Mühlhäußer darstellt, galt das heutige Rathaus auf dem Marktplatz zumindest ab 1740 als „herrschaftliches Schloss“ . Damals gab es in der Stadt auch noch den markgräflichen Hofgarten (heute: Haus des Gastes), das Wildmeisterhaus (Bahnhofstraße 6), das Windsetzerhaus (das Haus des Hundehüters wurde 1999 abgebrochen), das Milanenhaus (mit Reiherhaus) am Heidweiher, den Fasanengarten auf dem Reutberg, das Palais Heydenab als Wohnhaus des Oberstfalkenmeisters (heute: Gewerbebank am Marktplatz) und das Gasthaus „Zum Falken“ am Lutherplatz 7, wo die Bediensteten des Fürsten beim „Falkenwirt“ einkehrten. Um seiner Liebhaberei  grenzenlos frönen zu können,  ließ der Markgraf 60 Stege über die Altmühl bauen. Der bekannteste war die 19 Meter breite Reitstegbrücke aus Holz, die 1921 abgebrochen wurde. Sogar die Tauben sollen den Regenten bei der Falkenjagd gestört haben, weshalb er einen Befehl erließ, das Taubenfliegen zu verbieten. Werner Mühlhäußer listet als Ergebnis einer zeitraubenden Sisyphusarbeit das Personal der Falknerei auf, zu dem neben den Falknern auch noch die Fasanenmeister, Stall- und Reitknechte, Falkenmaler und Kammerlakaien zählten.

Das 84 Seiten starke Büchlein „Die Falkenjagd des Markgrafen Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach“ ist für 5 Euro bei den Gunzenhäuser Buchhandlungen Dr. Schrenk und Pfahler zu beziehen.

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Gigantisches Interesse an Mühlen

Dr. Daniel Schönwald referierte in Gunzenhausen

Die Hühnermühle. Das zweite Haus von links steht noch, das Walmdachhaus  im Vordergrund ist im Überleiter verschwunden. Foto: Archiv Friedrich Kolb

Die Mühlen im Brombachtal – sie sind Geschichte. Zwölf von ihnen hat es gegeben, übrig geblieben ist nur die Mandlesmühle. Sie ist heute das Informationszentrum für das Fränkische Seenland, in dem das der eher technische Begriff „Überleitung von Altmühl- und Donauwasser in das Regnitz-Main-Gebiet“  umfassend erklärt wird.  Die anderen leben im Bewusstsein der Menschen von heute  nur noch in der Erinnerung, und vielfach nicht einmal mehr das, denn die jungen Leute haben keine Vorstellung mehr von der einstigen Mühlenlandschaft im Brombachtal.

Sie in Erinnerung zu rufen, das war die Intention des Vereins für Heimatkunde Gunzenhasuen in Verbindung mit dem Kalbensteinberger Historiker Dr. Daniel Schönwald. Das Interesse an den Verhältnissen vor dem Bau der Seen ist offenbar gigantisch. Waren schon bei einer Veranstaltung in Absberg an die 100 Zuhörer versammelt, so quetschen sich 90 Interessierte in die „Seeadlerstuben“ des Gunzenhäuser Gasthofes „Adlerbräu“, weitere 50 mussten abgewiesen werden. Sie können jetzt auf eine Wiederholung des Vortrags in Gräfensteinberg hoffen.

Unter den Gästen weilten etliche Angehörige von früheren Mühlenbesitzern und viele Menschen aus dem Absberger Umland, denen die Thematik bestens vertraut ist. Wie Dr. Daniel Schönwald bemerkte, sind Basis für seine eigenen Forschungen das Mühlen-Büchlein (Walter Hahns 1976/Hauptlehrer Graf). Er bezieht sich auf die Kirchenbücher von Absberg und Thannhausen, teils auch von Fünfbronn und Gräfensteinberg.

Interessant ist, dass bis 1812 die Sägmühle (bei Enderndorf) und die Birkenmühle (wie vermutlich auch Öfeleinsmühle) nach Thannhausen eingepfarrt waren, der Rest evangelischerseits nach Absberg Sogar die Belzmühle, die in den oft zitierten Listen nicht auftaucht,  gehörte bis 1880 kirchlich nach Absberg, dann erst nach Pleinfeld. Die unteren Brombachmühlen  waren in der Regel katholisch, aber katholische Kirchenbücher konnte Dr. Schönwald nicht heranziehen. Das soll Gegenstand einer weiteren Forschungsarbeit sein.

Anhand der Häuserchronik konnte der Vortragende die Besitzverhältnisse der Mühlen darstellen. Auffällig ist, dass viele Mühlen offenbar zuvor den Rittern von Absberg gehörten, dann aber nach und nach an den Deutschen Orden verkauft wurden. Beispiele: 1309 Verkauf der Öfeleins- und der Scheermühle  und 1310 der Neumühle , 1398 Beutelmühle, Furthmühle und Hühnermühle,  Birkenmühle 1474 Tausch, Grafenmühle 1397, Griesmühle 1503, Langweidmühle (war schon 1536 beim DO), Mandlesmühle (erstmals 1315 Verleihung durch Bischof von Eichstätt,noch 1801 Teil des eichstättischen Pfleg- und Kastenamts Sandsee), Mäusleinsmühle (1398 ),  Sägmühle (zuerst Fütterer 1538, 1586 Düll/Thill (genannt Hack von Suhl) geerbt, 1649 an Haller, 1673 dann an Harsdörffer), Belzmühle  (schon 1897 abgebrochen).

In den Archivalien tauchen immer wieder die Familien Walter, Bögel, Seybold und Rupp als richtiggehende Müllerdynastien auf. In der achten Generation sind die Walters als Mühlenbesitzer zu nennen. Als letzter Repräsentant ist Altbürgermeister Friedrich Walter von Absberg zu nennen.

Dr. Schönwald will seine Forschung gegebenenfalls ergänzen und veröffentlichen. Wie Vorsitzender Werner Falk bekräftigte, wäre dies ein bedeutender Gewinn für die Heimatforschung, ebenso die systematische Archivierung des Film- und Bildmaterials von Friedrich Kolb, der einen historischen Schatz aufbewahrt. Seine Kurzfilme von den einstigen Mühlen sowie der Mühlstraße können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Die Gäste des Vortragsabends konnten so einen Eindruck von den Verhältnissen vor über vierzig Jahren erfahren.

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Stabile Führung

Heimatkundeverein Gunzenhausen bestätigte Vorstandschaft

Im Gegensatz zu manchen Sportvereinen hat der Verein für Heimatkunde Gunzenhausen kein Problem damit, seine Vorstandsämter zu besetzen. Für weitere drei Jahre wurden Vorsitzender Werner Falk, sein Stellvertreter Werner Mühlhäußer, Schatzmeister Hans Minnameyer und Schriftführer Armin Kitzsteiner einmütig wiedergewählt.

Falk nannte auf der Jahresversammlung im Gasthof „Adlerbräu“ die Herausgabe der heimatkundlichen Publikation „Alt-Gunzenhausen“ als Hauptaufgabe des Vereins, der inzwischen auf 304 Mitglieder angewachsen ist.  Die Vortragsveranstaltungen des letzten Jahres bezogen sich auf „Kirchen im Altlandkreis“ (Günter L. Niekel), die „Exulanten“ (Dr. Reinhard Rusam) sowie „Spalatin und die Reformation“ (Martin Burkert). Die beliebten Samstagsexkursionen führten zum Mühlenweg nach Absberg (mit Altbürgermeister Fritz Walter) und in die Bierstadt Spalt (mit Martin Burkert).

Der Vorsitzende äußerte sich dankbar, dass sich der Verein auf eine stabile Autorenschaft verlassen kann. Verlässlich ist auch die Unterstützung durch die Stadt, die Mittelfrankenstiftung des Bezirks, die Sparkasse und den Landrat. „Wir sehen es als Auszeichnung unserer Arbeit an, dass uns die Hirschmann-Stiftung in ihren Kreis der Begünstigten aufgenommen hat“, sagte Werner Falk.

Von einer guten finanzielle Situation berichtete Schatzmeister Hans Minnameyer, dem die Revisoren Thomas Fischer und Rüdiger Schmidt eine saubere Buchführung bestätigten.  Der Beirat des Vereins setzt sich wie folgt zusammen: Siglinde Buchner, Heidi Dücker, Dieter Gottschall, Günter L. Niekel, Franz Müller, Thomas Müller, Dieter Wenk. Auch die beiden Kassenprüfer wurden für weitere drei Jahre bestätigt.

Geplant sind in den nächsten Monaten zwei Vortragsveranstaltungen: Dr. Daniel Schönwald referiert über die „Mühlen im Brombachtal“ und Lothar Hiemeyer stellt die Felsenkeller von Gunzenhausen vor.  Als Ziele der Samstagsexkursionen wurden wahlweise Solnhofen, Pappenheim, Oettingen, Heilsbronn, Neuendettelsau, Treuchtlingen genannt. Mit der Volkshochschule lädt der Verein für Heimatkunde zu einer Fahrt nach Cadolzburg ein, wo die Besichtigung der sanierten Burg auf dem Programm steht.

Kapellenruinen im Hahnenkamm

Vortrag beim Verein für Heimatkunde mit Günter L. Niekel

Die Reste der Uhlbergkapelle im Wald zwischen Döckingen und Treuchtlingen. Sie war auch schon Schauplatz von okkulten Handlungen. Zerstört wurde 1993 die von Ernst Steinacker dort aufgestellte Marienstatue. Foto: Claudia Mrosek/BR

Ihre Namen lassen verschiedene wissenschaftliche Deutungen zu und bauliche sind sie seit Jahrhunderten nur noch Ruinen – die Stahelsburg, der Uhlberg und die Katharienkapelle sind Zeugnisse der Kulturlandschaft Hahnenkamm.  In der Schriftenreihe „Alt-Gunzenhausen“ haben ihnen Forscher wie Martin Winter aus Hohentrüdingen ein literarisches Denkmal gesetzt. Geblieben sind sie als mystische Orte.  Günter L. Niekel, Ruhestandspfarrer in Muhr am See und profunder Kenner von sakralen Denkmälern in der Region, hat sie zum Start des Vortragsprogramms 2018 des Vereins für Heimatkunde im Gasthof „Adlerbräu“ einem interessierten Publikum vorgestellt.

Die bekannteste Kapellenruine im Hahnenkamm ist wohl die Katharinenkapelle hoch über Hechlingen am See. Sie ist 1457 als Wallfahrtskirche am alten Pilgerweg von Mitteleschenbach nach Wemding erbaut worden. Der gemütvolle Heimatfreund Martin Winter zitiert in seinem der Nachwelt vermachten Sammelbändchen „Vom Altmühltal zum Hahnenkamm“ (1988) das Lied, das die Kinder noch vor Jahrzehnten in der Dorfschule gesungen haben: “Droben stehet die Kapelle, schaut still ins Tal hinab; drunten singt bei Wies und Quelle froh und hell der Hirtenknab.“ Im Mittelalter ist viermal in der Woche die Frühmesse gelesen worden.  Die Volksfrömmigkeit war stark und die Beter fühlten sich  dem Himmel näher. Nach der Reformation verfiel die Kapelle, so dass 1760 der Abbruch begann, 1875 kamen die Glocken herunter und 1914 gab es die letzte Fußwallfahrt. Erst 1983 ist die Anlage konserviert und aufgemauert worden. „Pilgerstätte“ ist sie heute nur noch einmal im Jahr: an einem August-Wochenende beim Kapellfest des Heimatvereins.

Der Uhlberg (auch: Ulberg) zwischen Döckingen und Treuchtlingen ist eine Kapellenruine (10 mal 26 Meter) mitten im dichten Wald, ohne „Navi“ kaum zu finden. Bemerkt worden ist er jedoch von Okkultisten und Spiritisten, die im Internet schaurige Geschichten verbreiten. Geköpfte schwarze Hähne, zerrissene schwarze Katzenkörper, überkreuzte Äste, in den Boden geschlagene Kreuze und Schmierereien mit Blut sind dort schon bemerkt worden. Sogar die Heiligenfigur des Spielberger Bildhauers Ernst Steinacker (1989 aufgestellt) wurde  1993 geschändet. Passanten reagierten erstaunt, als sie dort nackt um ein Feuer tanzende junge Menschen  sahen.  Mehr Aufmerksamkeit soll aber dem Denkmal gelten:  Der Sage nach hat Ulrich von Rechenberg die Ulrichskapelle 1144 bauen lassen. Seine Tochter Adelheid soll 1221 Äbtin der Frommen Frauen gewesen sein. Die Historiker gehen davon aus, dass die Kapelle 1525 im Bauernkrieg zerstört wurde. Martin Winter sieht die Kaplanei- oder Frühmesskirche als Teil einer Kleinsiedlung (mit Ortsnamen wie Löffelmahd, Westerreisach, Gut Blumenberg), die schon im 14. Jahrhundert abgegangen ist.

Eine Kapelle, die heute kaum mehr bemerkt wird, hat wohl bereits im 12. Jahrhundert auf dem Schlossberg (an der Stahlmühle zwischen Hechlingen und Ursheim) gegeben. Zu sehen sind heute nur mehr Fundamente – und die sind vermutlich Teil einer Rekonstruktion.  Im Original soll die Klosterkirche 7 mal 17 Meter (plus Chor mit 5 mal 4,5 Meter) gewesen sein. Die ältesten Hinweise finden sich 1245 als „Stahelsberg“ wohl ein Kloster der Zisterzienserinnen war, in einer Kaisheimer Urkunde wird sogar „Stahelsperc“ schon 1197 genannt.  Wieder liefert Martin Winter der Nachwelt die verlässlichsten Fakten. Das Kloster wechselte demnach dreimal seinen Standort, und zwar von 1233 bis 1252. Und immer gab es unterschiedliche Namen dafür.  1233 „Winsvelt“ (Windsfeld) genannt,  wird es 1245 bis 1252 dem Stahelsberg zugeschrieben, später Klosterzimmern im Ries.  In einem alten Zinsbüchlein aus dem 14. Jahrhundert wird „Stahelsperc“ erwähnt,  in späteren Jahrhunderten nur mehr „Stahlmühle“.  Bemerkenswert sind die Flurnamen, die heute noch gelten: „Bugarten“ (mittelalterlich für: Baumgarten), Schlossbuck, Schobdachmühle, Hettelsberger Holz, Hettensberc (im Volksmund: Edlsberg).  Der Historiker Martin Winter schließt daraus, dass es eine selbständige Siedlung Stahelsberg gegeben haben muss. Sie dürfte später abgegangen sein, geblieben ist nur die Stahlmühle.

Die Ära der Fürsten von Leuchtenberg

Sammelband zur Geschichte Eichstätts ist erschienen

Eugene de Beanharnais, Fürst von Eichstätt.

Nur kurz währte die Regentschaft der Leuchtenbergs als Fürsten von Eichstätt, und zwar von 1817 bis 1855. Vor 200 Jahren hat sie begonnen. Das war für die Bischofsstadt Anlass genug, sich dieser Epoche ihrer Geschichte zu erinnern. Das ganze Jahr über gab es 2017 eine Fülle von Vorträgen und historischen Beiträgen. Vereint sind sie im neuen Sammelband, den der Verein für Heimatkunde Eichstätt jetzt herausgegeben hat (ISSN 0936-5869).

Das letzte noch lebende Mitglied der  einstigen Fürstenfamilie ist Nikolaus von Leuchtenberg (84). Er war früher als freier Toningenieur tätig, hat aber von den Schlössern  der Vorfahren nichts mehr bekommen. „Ich bin froh und glücklich mit meinem Leben“, sagt das Familienoberhaupt, das in Bonn-St. Augustin lebt.

Erster Fürst von Eichstätt war Eugene de Beanharnais (später eingedeutscht: Eugen Rose Beanharnais). Er hatte das Fürstentum von seinem Schwiegervater, dem bayerischen König Maximilian I. Joseph, bekommen.  Das Leuchtenbergpalais in München hat er bauen lassen. Der Regent und seine Familie lebten in München und Ismaning. Er und seine Nachkommen hielten sich aber auch in der Residenz und der Sommerresidenz in Eichstätt auf.  Eugen Rose von Beanharnais war 1818 erstmals in Eichstätt und stiftete nach Überlieferungen „300 Schäffel nordisches Korn“ für seine Untertanen. Er war von Kaiser Napoleon adoptiert worden und zugleich Vizekönig von Italien, 1807 Fürst von Venedig, 1810 Großherzog von Frankfurt – und wurde 1817 als Herzog von Leuchtenberg der Fürst von Eichstätt. Verheiratet war er mit der Tochter des bayerischen Königs Maximilian I. Joseph, die ihm sechs Kinder schenkte (die älteste war verheiratet mit dem späteren König  Oskar I. von Schweden und Norwegen). Der Fürst lernte in Marienbad sogar Goethe kennen, der ihm sogar einen Nachruf widmete.

Nachfolger von Herzog Eugen (1781-1824) waren dessen Söhne August Eugen (1810-1835) und Maximilian (1817-1852). 1832 kam es bereits zur Teilrückgabe des Fürstentums an den bayerischen Staat, die Auflösung vollzog sich nach dem Tod des letzten Herzogs Maximilian im Jahr 1852.  Das Königreich Bayern zahlte drei Millionen Gulden.  Die Nachkommen behielten ihren Herzogstitel, denn der russische Zar hatte ihn 1890 an Nikolaus von Leuchtenberg verliehen.

WERNER FALK

Der Sammelband, herausgegeben vom Verein für Heimatkunde Eichstätt, ist über den Buchhandel zu beziehen.