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Stabile Führung

Heimatkundeverein Gunzenhausen bestätigte Vorstandschaft

Im Gegensatz zu manchen Sportvereinen hat der Verein für Heimatkunde Gunzenhausen kein Problem damit, seine Vorstandsämter zu besetzen. Für weitere drei Jahre wurden Vorsitzender Werner Falk, sein Stellvertreter Werner Mühlhäußer, Schatzmeister Hans Minnameyer und Schriftführer Armin Kitzsteiner einmütig wiedergewählt.

Falk nannte auf der Jahresversammlung im Gasthof „Adlerbräu“ die Herausgabe der heimatkundlichen Publikation „Alt-Gunzenhausen“ als Hauptaufgabe des Vereins, der inzwischen auf 304 Mitglieder angewachsen ist.  Die Vortragsveranstaltungen des letzten Jahres bezogen sich auf „Kirchen im Altlandkreis“ (Günter L. Niekel), die „Exulanten“ (Dr. Reinhard Rusam) sowie „Spalatin und die Reformation“ (Martin Burkert). Die beliebten Samstagsexkursionen führten zum Mühlenweg nach Absberg (mit Altbürgermeister Fritz Walter) und in die Bierstadt Spalt (mit Martin Burkert).

Der Vorsitzende äußerte sich dankbar, dass sich der Verein auf eine stabile Autorenschaft verlassen kann. Verlässlich ist auch die Unterstützung durch die Stadt, die Mittelfrankenstiftung des Bezirks, die Sparkasse und den Landrat. „Wir sehen es als Auszeichnung unserer Arbeit an, dass uns die Hirschmann-Stiftung in ihren Kreis der Begünstigten aufgenommen hat“, sagte Werner Falk.

Von einer guten finanzielle Situation berichtete Schatzmeister Hans Minnameyer, dem die Revisoren Thomas Fischer und Rüdiger Schmidt eine saubere Buchführung bestätigten.  Der Beirat des Vereins setzt sich wie folgt zusammen: Siglinde Buchner, Heidi Dücker, Dieter Gottschall, Günter L. Niekel, Franz Müller, Thomas Müller, Dieter Wenk. Auch die beiden Kassenprüfer wurden für weitere drei Jahre bestätigt.

Geplant sind in den nächsten Monaten zwei Vortragsveranstaltungen: Dr. Daniel Schönwald referiert über die „Mühlen im Brombachtal“ und Lothar Hiemeyer stellt die Felsenkeller von Gunzenhausen vor.  Als Ziele der Samstagsexkursionen wurden wahlweise Solnhofen, Pappenheim, Oettingen, Heilsbronn, Neuendettelsau, Treuchtlingen genannt. Mit der Volkshochschule lädt der Verein für Heimatkunde zu einer Fahrt nach Cadolzburg ein, wo die Besichtigung der sanierten Burg auf dem Programm steht.

Kapellenruinen im Hahnenkamm

Vortrag beim Verein für Heimatkunde mit Günter L. Niekel

Die Reste der Uhlbergkapelle im Wald zwischen Döckingen und Treuchtlingen. Sie war auch schon Schauplatz von okkulten Handlungen. Zerstört wurde 1993 die von Ernst Steinacker dort aufgestellte Marienstatue. Foto: Claudia Mrosek/BR

Ihre Namen lassen verschiedene wissenschaftliche Deutungen zu und bauliche sind sie seit Jahrhunderten nur noch Ruinen – die Stahelsburg, der Uhlberg und die Katharienkapelle sind Zeugnisse der Kulturlandschaft Hahnenkamm.  In der Schriftenreihe „Alt-Gunzenhausen“ haben ihnen Forscher wie Martin Winter aus Hohentrüdingen ein literarisches Denkmal gesetzt. Geblieben sind sie als mystische Orte.  Günter L. Niekel, Ruhestandspfarrer in Muhr am See und profunder Kenner von sakralen Denkmälern in der Region, hat sie zum Start des Vortragsprogramms 2018 des Vereins für Heimatkunde im Gasthof „Adlerbräu“ einem interessierten Publikum vorgestellt.

Die bekannteste Kapellenruine im Hahnenkamm ist wohl die Katharinenkapelle hoch über Hechlingen am See. Sie ist 1457 als Wallfahrtskirche am alten Pilgerweg von Mitteleschenbach nach Wemding erbaut worden. Der gemütvolle Heimatfreund Martin Winter zitiert in seinem der Nachwelt vermachten Sammelbändchen „Vom Altmühltal zum Hahnenkamm“ (1988) das Lied, das die Kinder noch vor Jahrzehnten in der Dorfschule gesungen haben: “Droben stehet die Kapelle, schaut still ins Tal hinab; drunten singt bei Wies und Quelle froh und hell der Hirtenknab.“ Im Mittelalter ist viermal in der Woche die Frühmesse gelesen worden.  Die Volksfrömmigkeit war stark und die Beter fühlten sich  dem Himmel näher. Nach der Reformation verfiel die Kapelle, so dass 1760 der Abbruch begann, 1875 kamen die Glocken herunter und 1914 gab es die letzte Fußwallfahrt. Erst 1983 ist die Anlage konserviert und aufgemauert worden. „Pilgerstätte“ ist sie heute nur noch einmal im Jahr: an einem August-Wochenende beim Kapellfest des Heimatvereins.

Der Uhlberg (auch: Ulberg) zwischen Döckingen und Treuchtlingen ist eine Kapellenruine (10 mal 26 Meter) mitten im dichten Wald, ohne „Navi“ kaum zu finden. Bemerkt worden ist er jedoch von Okkultisten und Spiritisten, die im Internet schaurige Geschichten verbreiten. Geköpfte schwarze Hähne, zerrissene schwarze Katzenkörper, überkreuzte Äste, in den Boden geschlagene Kreuze und Schmierereien mit Blut sind dort schon bemerkt worden. Sogar die Heiligenfigur des Spielberger Bildhauers Ernst Steinacker (1989 aufgestellt) wurde  1993 geschändet. Passanten reagierten erstaunt, als sie dort nackt um ein Feuer tanzende junge Menschen  sahen.  Mehr Aufmerksamkeit soll aber dem Denkmal gelten:  Der Sage nach hat Ulrich von Rechenberg die Ulrichskapelle 1144 bauen lassen. Seine Tochter Adelheid soll 1221 Äbtin der Frommen Frauen gewesen sein. Die Historiker gehen davon aus, dass die Kapelle 1525 im Bauernkrieg zerstört wurde. Martin Winter sieht die Kaplanei- oder Frühmesskirche als Teil einer Kleinsiedlung (mit Ortsnamen wie Löffelmahd, Westerreisach, Gut Blumenberg), die schon im 14. Jahrhundert abgegangen ist.

Eine Kapelle, die heute kaum mehr bemerkt wird, hat wohl bereits im 12. Jahrhundert auf dem Schlossberg (an der Stahlmühle zwischen Hechlingen und Ursheim) gegeben. Zu sehen sind heute nur mehr Fundamente – und die sind vermutlich Teil einer Rekonstruktion.  Im Original soll die Klosterkirche 7 mal 17 Meter (plus Chor mit 5 mal 4,5 Meter) gewesen sein. Die ältesten Hinweise finden sich 1245 als „Stahelsberg“ wohl ein Kloster der Zisterzienserinnen war, in einer Kaisheimer Urkunde wird sogar „Stahelsperc“ schon 1197 genannt.  Wieder liefert Martin Winter der Nachwelt die verlässlichsten Fakten. Das Kloster wechselte demnach dreimal seinen Standort, und zwar von 1233 bis 1252. Und immer gab es unterschiedliche Namen dafür.  1233 „Winsvelt“ (Windsfeld) genannt,  wird es 1245 bis 1252 dem Stahelsberg zugeschrieben, später Klosterzimmern im Ries.  In einem alten Zinsbüchlein aus dem 14. Jahrhundert wird „Stahelsperc“ erwähnt,  in späteren Jahrhunderten nur mehr „Stahlmühle“.  Bemerkenswert sind die Flurnamen, die heute noch gelten: „Bugarten“ (mittelalterlich für: Baumgarten), Schlossbuck, Schobdachmühle, Hettelsberger Holz, Hettensberc (im Volksmund: Edlsberg).  Der Historiker Martin Winter schließt daraus, dass es eine selbständige Siedlung Stahelsberg gegeben haben muss. Sie dürfte später abgegangen sein, geblieben ist nur die Stahlmühle.

Die Ära der Fürsten von Leuchtenberg

Sammelband zur Geschichte Eichstätts ist erschienen

Eugene de Beanharnais, Fürst von Eichstätt.

Nur kurz währte die Regentschaft der Leuchtenbergs als Fürsten von Eichstätt, und zwar von 1817 bis 1855. Vor 200 Jahren hat sie begonnen. Das war für die Bischofsstadt Anlass genug, sich dieser Epoche ihrer Geschichte zu erinnern. Das ganze Jahr über gab es 2017 eine Fülle von Vorträgen und historischen Beiträgen. Vereint sind sie im neuen Sammelband, den der Verein für Heimatkunde Eichstätt jetzt herausgegeben hat (ISSN 0936-5869).

Das letzte noch lebende Mitglied der  einstigen Fürstenfamilie ist Nikolaus von Leuchtenberg (84). Er war früher als freier Toningenieur tätig, hat aber von den Schlössern  der Vorfahren nichts mehr bekommen. „Ich bin froh und glücklich mit meinem Leben“, sagt das Familienoberhaupt, das in Bonn-St. Augustin lebt.

Erster Fürst von Eichstätt war Eugene de Beanharnais (später eingedeutscht: Eugen Rose Beanharnais). Er hatte das Fürstentum von seinem Schwiegervater, dem bayerischen König Maximilian I. Joseph, bekommen.  Das Leuchtenbergpalais in München hat er bauen lassen. Der Regent und seine Familie lebten in München und Ismaning. Er und seine Nachkommen hielten sich aber auch in der Residenz und der Sommerresidenz in Eichstätt auf.  Eugen Rose von Beanharnais war 1818 erstmals in Eichstätt und stiftete nach Überlieferungen „300 Schäffel nordisches Korn“ für seine Untertanen. Er war von Kaiser Napoleon adoptiert worden und zugleich Vizekönig von Italien, 1807 Fürst von Venedig, 1810 Großherzog von Frankfurt – und wurde 1817 als Herzog von Leuchtenberg der Fürst von Eichstätt. Verheiratet war er mit der Tochter des bayerischen Königs Maximilian I. Joseph, die ihm sechs Kinder schenkte (die älteste war verheiratet mit dem späteren König  Oskar I. von Schweden und Norwegen). Der Fürst lernte in Marienbad sogar Goethe kennen, der ihm sogar einen Nachruf widmete.

Nachfolger von Herzog Eugen (1781-1824) waren dessen Söhne August Eugen (1810-1835) und Maximilian (1817-1852). 1832 kam es bereits zur Teilrückgabe des Fürstentums an den bayerischen Staat, die Auflösung vollzog sich nach dem Tod des letzten Herzogs Maximilian im Jahr 1852.  Das Königreich Bayern zahlte drei Millionen Gulden.  Die Nachkommen behielten ihren Herzogstitel, denn der russische Zar hatte ihn 1890 an Nikolaus von Leuchtenberg verliehen.

WERNER FALK

Der Sammelband, herausgegeben vom Verein für Heimatkunde Eichstätt, ist über den Buchhandel zu beziehen.

„Alt Gunzenhausen“ neu erschienen

Verein für Heimatkunde stellt sein neues Jahrbuch vor

Vorsitzender Werner Falk (rechts) und Schriftleiter Werner Mühlhäußer werfen mit Drucker Udo Heinrich einen letzten Blick auf die Titelseite. Foto: AB

Zwölf Autoren und dreizehn Beiträge  – das ist die ganz knappe Zusammenfassung des Jahrbuchs „Alt-Gunzenhausen“. Es spricht – so Vorsitzender Werner Falk –  für die Vitalität des 138 Jahre alten Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen. Das Jahrbuch 72 gibt es seit wenigen Tagen auch im örtlichen Buchhandel. Es ist 280 Seiten stark. „Wir sind stolz darauf, dass unsere Autoren in fundierter Weise Einblick geben in die Facetten der Gunzenhäuser Stadtgeschichte“, sagt Werner Mühlhäußer, der Schriftleiter der renommierten Publikation.

Siglinde Buchner gibt „Einblicke in die Orts- und Kirchengeschichte von Kalbensteinberg bis 1613“. Demnach wird der Ort erstmals 1284 in einer Urkunde des Klosters Roggenburg (Schwaben) als „Steimberc“ nachgewiesen.  Die Kirche und andere Anwesen gingen 1412 an den Grafen von Oettingen über.  Noch heute präsentiert sich das Gotteshaus so, wie es der Nürnberger Patrizier Hans  Rieter (IV.) 1464 neu erbaut hat.

„Der Burgstall Silberburg nordöstlich von Kalbensteinberg“ ist ein zweiter Beitrag von Siglinde Buchner betitelt.  Er ist bisher nicht urkundlich belegt. Der Autorin, die ehrenamtliche Kreisarchivpflegerin ist, beschreibt einen Burgstall an der Flurgrenze zu Wernfels.  Die Burg dürfte um 1050 erbaut worden sein, 1316 ist die „Silberburg“ zerstört worden. Die dortige Flur trägt seit 1563 diesen Namen.

Günter L. Niekel, der in Muhr am See lebende Ruhestandspfarrer (er predigte 36 Jahre in Weiltingen) widmet sich den „Schlössern von Muhr“, von denen es fünf gegeben hat. Im ersten Teil  geht er auf die Geschichte der Turmhügelburg Altenmuhr und des Schlosses Altenmuhr ein (das Witwenschlösschen Julienberg, Schloss Mittelmuhr und Schloss Neuenmuhr folgen im nächsten Jahrbuch).

Karl Rieger fand im Archiv der Benediktinerabtei Kremsmünster neue Hinweise auf die 1548 erstmals in Arberg nachgewiesene Familie Spindler und beschreibt sie in seinem Beitrag „Die ehrwürdige Familie Spindler aus Arberg als Inhaberin hoher geistlicher und weltlicher Ämter im Hochstift Eichstätt und in Oberösterreich“.  Zwei Spindlers stehen im Mittelpunkt seiner „Geschichten zum Schmunzeln und Schaudern“: der in Arberg geborene Abt Johann Spindler und Oswald Spindler, der Kanzler des Bischofs von Eichstätt war. Übrigens gibt es noch heute das „Spindlerhaus“ in Arberg.

Eine „Quelle zur Sozialgeschichte von 1694 bis 1735“ ist das „Haus- und Jahrbuch von Paul Days, Oberkaplan in Gunzenhausen“.  Der  in Gunzenhausen aufgewachsene Wolfgang Pfahler  (heute Vreden) stellt den Geistlichen vor, der von 1666 bis 1735 gelebt hat. Der gebürtige Creglinger hatte zunächst eine Pfarrstelle auf der Wülzburg, übernahm 1694 die Pfarrstelle in Gräfensteinberg und war ab 1696 ganze 38 Jahre lang Oberkaplan in Gunzenhausen.  In seinen Aufzeichnungen  listet  Paul Days die Kosten für sein Hochzeitsmahl ebenso auf wie die Verträge mit seinen Mägden und beleuchtet die Vorgänge in der Stadt um das Jahr 1700.

Aktuell ist das Thema von Walter Salfner (Fünfbronn). Er vergleicht im Lutherjahr die Reformationsjubiläen von vier Jahrhunderten: „1717-1817-1917-2017. Jahrhundertfeiern zum Reformationsfest in Fünfbronn vor dem Hintergrund regionaler und überregionaler Ereignisse“. 1717 war Fünfbronn noch Teil der Haundorfer Gemeinde.  1817 war das „Hungerjahr“, in dem beispielweise der Stadtrat von Gunzenhausen Brotgetreide bis aus Russland kommen ließ. 1917 predigte Pfarrer Putz ganz im deutschnationalen Sinne über  „Luther als deutscher Mann“ und  beschwor: „Die Deutschen sollten sich Luther mit seinem unbeugsamen Kampfeswillen zum Vorbild nehmen, um den Krieg doch noch zu gewinnen“. 2017 unternahm die Kirchengemeinde zusammen mit katholischen Christen eine ökumenische Fußwallfahrt auf dem historischen Weg von Fünfbronn nach Hagsbronn.

„Das Fischereiwesen der Stadt Gunzenhausen im 18.  bis 20. Jahrhundert“ gehen Werner Mühlhäußer, der Stadtarchivar und 2. Vorsitzende des Vereins für Heimatkunde, und Werner Neumann an. Damals lieferte nicht nur der Schafhof, sondern auch das Fischamt seine Einnahmen beim Stadtkämmerer ab. Fischmeister sind seit 1508 in Gunzenhausen nachgewiesen. Die Autoren listen alle Weiher auf, deren Eigentümer zahlungspflichtig waren. Das Fischgut und der Stadtfischer, der die Altmühl von Gunzenhausen bis Wald bewirtschaftete,  waren lange Zeit am Anwesen Osianderstraße 4 beheimatet. Das Volkslied „Ein armer Fischer bin ich zwar…“ kennt jeder, aber viele der Geschichten, die von den Autoren serviert werden, sind unbekannt, beispielswiese die des 15 Jahre alten Fischer-Sohnes Johann Michael Hartung, der „in einer Tiefe bei Wald“ ertrunken ist.

Werner Kugler, der vormalige Dekan von Heidenheim, geht auf „Das Ende der Probsteikirche in Mariabrunn bei Heidenheim“ ein. Bald seiner seiner Erbaung kam sie 1423 zum Benediktinerkloster Heidenheim. Ab 1534 verfiel sie. Ihre Steine fanden für die Klosterhofmauer Verwendung.  Schließlich wurde das Gotteshaus 1782 abgebrochen. Dabei verkalkulierte sich übrigens der Hohentrüdinger Maurer Johann Adam Meyer gründlich, so dass er beim Markgrafen in Ansbach ein Gnadengesuch einreichen musste.  Von dort wurde ihm geholfen.

„Vor 120 Jahren:  Die Cronheimer Filiale Gunzenhausen wird selbständige Pfarrei“. Das ist der Titel einer Abhandlung von Günter Dischinger. Voraus gegangen war nach dem Übergang des Markgrafentums Ansbach an das Königreich Bayern (1806)  die Gleichstellung der christlichen Konfessionen. Von 1817 an wurden die Gläubigen vom Absberger Pfarrer betreut, 1818 kamen die 32 Gunzenhäuser Katholiken zur Pfarrei Cronheim. Der Eisenbahnbau brachte viele Menschen ins Land. So wuchs die katholische Pfarrei  im Jahr 1895 bis auf 568 Seelen an.  1867 wurde Gunzenhausen eine eigene Seelsorgestelle, der Grundstein für eine neue Kirche wurde gelegt (1895 eingeweiht) und Josef Erhard trat als erster katholischer Priester in Erscheinung.  Erster Stadtpfarrer von Gunzenhausen wurde der aus Wolframs-Eschenbach stammende Peter Landwirth (1897).

Auf  „100 Jahre Wolframs-Eschenbach“  und die Umbenenung von Obereschenbach in Wolframs-Eschenbach geht Oskar Geidner, der Stadtheimatpfleger, ein.  1916 hatte der Kaplan Baptist Kurz nachgewiesen, dass Obereschenbach tatsächlich die Heimat des bedeutenden Epikers des Mittelalters ist. Der Autor ist im Staatsarchiv auf Akten gestoßen, die sich auf die Errichtung des Wolfram-Denkmals (1860) beziehen und fand heraus, dass es eine „Finte“ des Stadtrats war, die der Stadt zu ihrem Namen verhalf. Die Eschenbacher hatten Zweifel, ob die Minnesänger-Herkunft  als Begründung allein ausreichen würde und schoben das Argument nach, in Kriegszeiten gebe es wegen der zahlreichen Eschenbachs immer wieder Probleme bei der Postzustellung. Das verfing offenbar. Nebenher hatten die Eschenbacher in dem damaligen Regierungspräsidenten Julius Ritter von Blaul einen starken Fürsprecher.

Heinrich Thein ist heute längst vergessen. Aus der Erinnerungslücke gerissen wird er von Steffen Förster in seinem Beitrag „Heinrich Thein (1888-1969). Der bekannte Bildhauer machte auch in Gunzenhausen Station“.  Im 20. Jahrhundert galt er als einer der ausdrucksstärksten Kleinplastiker.  Der gebürtige Nürnberger (Muggenhof) wuchs als Kind von armen Leuten auf, erlernte beim Vater den Töpferberuf und konnte dann aber die Kunstgewerbeschule besuchen. Verheiratet war er mit der Obermögersheimerin Anna Maria Edelmann. In der ersten bayerischen Republik trat er 1919 als SPD-Kandidat auf und wurde sogar 3. Bürgermeister von Gunzenhausen. Allerdings konnte er offenbar dem Druck der Nazis nicht standhalten und trat schon 1933 in die NSDAP ein. Ein Jahr später schickte er sogar eine Hitler-Figur als Geschenk an den Gunzenhäuser Stadtrat. Das „Kunstwerk“ ist allerdings seither verschollen. Der „Benno-Altar“, der in Meißen zu sehen ist, war sein bekanntestes Werk.

„Das Kriegstagebuch der Realschule Gunzenhausen 1939-1945“ hat Werner Mühlhäußer ausgewertet. Er skizziert anhand von vielen Belegen die Auswirkungen des Kriegs auf den Schulbetrieb in der Stadt. Die ersten Einträge stammen von Lehrer Benedikt Pfaff, der wie die anderen Lehrkräfte die schleichende Militarisierung  der männlichen Schüler, die ständigen Änderungen im Lehrbetriebs und die Folgen des Einzugs von Lehrern zum Kriegsdienst dokumentiert. Das Kriegstagebuch ist nach Ansicht des Stadtarchivars und Schriftleiters von „Alt-Gunzenhausen“ eine ebenso wichtige Quelle für die NS-Jahre wie das Tagebuch von Stadtkämmerer Oskar Maurer.

Dr. Adolf Meier, der frühere Notar von Weißenburg, gilt als ein akribisch arbeitender Autor. Er setzt seine Reihe „Gemeinderecht, Gemeinheitsteilung und Flurbereinigung“ am Beispiel von Aha (mit Edersfeld), Unter- und Oberwurmbach sowie Wolframs-Eschenbach fort.  Ein Auszug: Der Kuhhirte von Oberwurmbach hatte 1851 genau 74 Kühe, 156 Gänse und 152 Schafe zu beaufsichtigen.  Und Andreas Rosenbauer war 1900 der letzte Kuhhirt von Unterwurmbach. Den letzten Gänsewirt gab es 1925. Viele Details, beispielsweise der Streit um das Weidegeld in Edersfeld, sind der Abhandlung zu entnehmen. Das lässt aufhorchen: Wolframs-Eschenbach stellt die anderen Städte Frankens weit in den Schatten. Um 1500 gab es dort 1300 Einwohner, verteilt auf 28 kleine und größere Siedlungen (127 Haushalte innerhalb und 100 außerhalb der Stadtmauer).  Da können sich die Nachbarn nur noch klein machen: Ansbach zählte damals 1200 Einwohner, Gunzenhausen 870, Erlangen 350 und Windsbach immerhin 490. Im Dreißigjährigen Krieg allerdings verlor die Wolframstadt 71 Prozent ihrer Bevölkerung.

„Alt-Gunzenhausen“, das Jahrbuch des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen, ist im Buchhandel für 15 Euro erhältlich.

Stadtrundgang in Spalt

Sachkundiger Begleiter des Vereins für Heimatkunde war Martin Burkert

Auf den Spuren von Spalatin: Vorsitzender Werner Falk. Foto: PR Agentur HP Lautner

„Der kleine Mann von Spalt“ – das ist der vom Lateinischen ins Deutsche übersetzte Name „Spalatin“. Georg Burkhardt, der  1484 als unehelicher Sohn des Dekans vom Nikolausstift im Städtchen als „Kind der Sünde“  geboren wurde und später seinen bürgerlichen Namen  lateinisieren ließ, ging einen für ihn und die damalige Zeit ungewöhnlichen Lebensweg. Er durfte studieren und wurde zum Freund des Reformators Martin Luther. Dass ihm die Stadt Spalt nach 500 Jahren sozusagen aus dem Fegefeuer holte und ihm als ihren  berühmtesten Sohn ein Denkmal setzte, das offenbart, dass sie heute ein unverkrampftes Verhältnis zu ihrer Geschichte hat.

Martin Burkert, der ehemalige Nürnberger Richter und spätere Präsident des Landgerichts Leipzig, hatte die Mitglieder des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen bereits bei einer Vortragsveranstaltung im Mai mit dem Freund Luthers bekannt gemacht. Und führte er eine 42-köpfige Gruppe durch die Hopfen- und Bierstadt, die freilich für den kulturgeschichtlich interessierten Gast mehr zu bieten hat als das neue und attraktive Museum „HopfenBierGut“ im ehemaligen Kornhaus. Aber bevor Spalt zur Hopfenanbauregion mit einem klangvollen Namen in der ganzen Brauwelt wurde, wuchs Wein auf den Hängen über dem Rezattal. Das jedenfalls besagt eine Güterbeschreibung aus dem Jahr 1031. Zuvor schon, nämlich 810, bestand das Kloster Salvator, die Keimzelle der heutigen Stadt.

Das ältere Kloster St. Emmeram ist die Stiftung einer Nürnberger Familie. Die zunächst romanische Basilika wurde 1698 barockisiert.  In der Kirche ist die Madonna zu bewundern, die Spalatin 1519 den Spaltern gestiftet hat. Etwas jünger ist die zweite Spalter Kirche, die dem Heiligen Nikolaus geweiht ist. Sein Atribut sind die drei goldenen Kugeln. Im Gotteshaus gibt es viele Fresken mit Nikolaus-Darstellungen.  Die beiden Chorherrenstifte wurden übrigens 1609 vereinigt – und 1806 im Zuge der Säkularisierung aufgelöst.

Auf dem Spaziergang entlang der Stadtmauer präsentierte Martin Burkert den Gästen das facettenreiche Spalt auf ganz sympathische Art. Charakteristisch sind die steilen Dächer der Hopfenhäuser mit ihren bis zu sechs Geschossen.  Aufmerksamkeit findet unter den Geschichtsinteressierten stets die „Judensau“-Darstellung an einem Haus in der Stiftsgasse. Sie stammt aus dem 15. Jahrhundert und ist die Darstellung eines Juden mit einem Schwein, also einem für Juden unreinen Tieres. Die Juden wurden so im Mittelalter als Gottesmörder verhöhnt. Von einem „dunklen Fleck in der Spalter Geschichte“ spricht daher der Heimatverein Spalter Land, der eine Tafel nebenan anbringen ließ, um das Relief verständlich zu machen.

„Er durchbricht die Mauer!“ So interpretiert Martin Burkert das Denkmal von Verena Reimann, das am Gabrieliplatz vor der Nikolauskirche steht.  Spalatin wird dargestellt als einer, der aus der Mauer heraustritt, gleichsam ein Sinnbild für die nach etlichen Jahrhunderten gewonnene neue Perspektive der  katholischen Spalter mit Blick auf ihren berühmten protestantischen Sohn.

Entlang des Absberger Mühlenwegs

Samstagsexkursion des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen am 8. Juli

Der Verein für Heimatkunde Gunzenhausen startet am Samstag, 8. Juli, seine diesjährigen „Samstagsexkursionen“ mit einer Wanderung entlang des Mühlenwegs bei Absberg. Mit Altbürgermeister Fritz Walter übernimmt eine Persönlichkeit die Führung, die alle Phasen der Veränderungen im Fränkischen Seenland und seiner Kerngemeinde Absberg hautnah miterlebt, ja mitgestaltet, hat. Start ist um 16 Uhr am Rathaus in Absberg. Danach ist eine gemeinschaftliche Einkehr im „Seestüberl“ (nahe Sportplatz).

Zwölf Mühlen standen einst entlang der Mühlstraße im Brombachtal. Der Seebau hat die Landschaft dort total verändert. Nichts mehr ist geblieben von der einstigen Mühlenherrlichkeit. Nur die Mandlesmühle bei Ramsberg besteht noch und ist heute Infozentrum des Fränkischen Seenlands. Dort bekommen die Besucher vollständige Informationen zum Projekt der Überleitung von Donau- und Altmühlwasser in das Regnitz-Main-Gebiet.

An die einstigen Mühlen erinnern heute Informationstafeln. Die Wassermühlen am Brombach öund igelsbach wurden zum Mahlen von Korn, zur Stromerheugung sowie zuöm Sägen von Holz genutzt. Nicht alle Betrieb haben bis zum Seebau in den siebziger Jahren bestanden. Viele Müller mussten die Wasserkraftnutzung aufgeben und bedienten sich der elektrisch betriebenen Anlagen.

Der Mühlenweg nördlich des Kleinen Brombachsees erschließt eine Reihe von früheren Mühlen: Hühnermühle, Furthmühle, Beutelmühle, Scheermühle, Neumühle sowie die Anwesen Ziegelmütte, Spagenhof, Birkenhof sowie das Betonwerk Huber & Riedel. Er ist fünf Kilometer lang und die Wanderung dauert 1,5 Stunden.

Spalatin und die Reformation

Martin Burkert aus Spalt-Hagsbronn referiert

500 Jahre Reformation. Das bedeutet Luther auf allen Kanälen. Im protestantischen Kernland Altmühlfranken gibt es eine Reihe von Veranstaltungen im Lutherjahr. Der Verein für Heimatkunde Gunzenhausen beginnt damit am Dienstag, 23. Mai, um 19.30 Uhr im Gasthof „Adlerbräu“ . Der Vortragsabend hat das Thema „Spalatin und die Reformation“.

Weil  es im Team der Reformations -Mannschaft einen Mittelfranken aus Spalt gibt, wird die Sache für die Lokalgeschichte interessant. Es ist so, wie wenn ein Gunzenhäuser im Kader von Bayern München wäre und tolle Tore schießt. Da wacht selbst ein Fußballmuffel auf!

Beim Vortag des Vereins für Heimatkunde will der Spalatin-Biograf Martin Burkert aus Spalt-Hagsbronn Georg Spalatin, geborener Burkhardt, ins Licht neben Martin Luther rücken. Spalatinus, der kleine Mann aus Spalt, hat er sich nach seiner Heimat auf Lateinisch genannt, weil man den Namen Burkhardt nicht übersetzen kann – und lateinisch ging es damals bei den Studierten zu.

Er wird manchmal Steuermann der Reformation genannt. In der Mannschaft war er eher als Verteidiger eingesetzt. „Gemeinsam wollen wir – auch im Gespräch – seine Rolle im dramatischen Geschehen vor 500 Jahren betrachten“, kündigt Martin Burkert  an. Fast kein anderes Ereignis der Geschichte  wirkt so deutlich bis in unsere  hoffentlich endlich voll ökumenische Gegenwart hinein.

Die Veranstaltung wird eingeleitet mit dem Jahresbericht des Vorsitzenden Werner Falk und des Schatzmeisters Hans Minnameyer. Auch die Neuwahl der Vorstandschaft steht nach drei Jahren an.

 

Der „Spitz“ war ein magischer Treffpunkt

Das Tanzlokal und Tagescafe wird in „Alt-Gunzenhausen“ porträtiert

Langeweile im Gunzenhausen der sechziger Jahre? Der eine meint, dass es sie gegeben hat, der andere verneint die Frage ganz kategorisch. Es kommt halt immer auf den Blickwinkel an, von dem aus man sich der Sache nähert. Der „Spitz“, also das Cafe Holderied, war zu allen Zeiten ein beliebtes Lokal in Gunzenhausen, für die Zecher ebenso wie für die Tänzer.

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1935 übernahmen Babette und Wilhelm Holderied das Cafe in der Gerberstraße. Privatfoto

Die junge Gunzenhäuser Studentin Lisa Biller, die das Tanzcafe nur mehr aus der Erzählung der Eltern und Großeltern kennt, befasst sich im aktuellen Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ des Vereins für Heimatkunde unter dem Titel „50 Jahre Musikveranstaltungen im Gunzenhäuser Tanzcafe Holderied“ mit der traditionsreichen gastronomischen Adresse. Das bereits 1897 gegründete Cafe Reulein in der Gerberstraße war 1935 der geschäftliche Einstieg von Babette und Wilhelm Holderied. Sie konnten sich auf die Weinkonzession stützen, die die Vorgänger 1932 erhalten hatten, und sie bauten das Obergeschoss zum Tanzlokal aus. Jetzt konnten die Gunzenhausen zur Gramophonmusik das Tanzbein schwingen. Als der Eigentümer im Zweiten Weltkrieg fiel, da war die Witwe mit ihrem sechsjährigen Sohn Engelbert auf sich allein gestellt bis sie 1948 den im Geschäft tätigen Konditor Hans („Spitz“) Minnameyer ehelichte. Der Lehrer und Musiker Hans Minnameyer entstammt dieser Verbindung.

Die älteren Gunzenhäuser erinnern sich an die Musikmeister Hans Georg Scheuernstuhl und Willi Schaffner, deren Schüler im Cafe die Gäste instrumental unterhielten. Ernst Stieg, der musizierende Metzgermeister aus der Nachbarschaft, war dem Haus lange Zeit verbunden. 1945 errichteten die amerikanischen Besatzer dort ihr Offizierskasino.

Mit der Renovierung 1954 kehrte der Stil der fünfziger Jahre ein. Die Musik ertönte zunächst aus dem Schallplattenspieler, denn erst aus der Musikbox. Livemusik war nur am Wochenende zu erleben. Die Bands formierten sich und die Berufsmusiker Walter Lorenz, Dieter Straue sowie Rudi Jäger traten auf, ferner spielten der unvergessene Ludwig („Wicher“) Vorbrugg (am Schlagzeug) und die Gunzenhäuser Eigengewächse Edgar Schön und Fritz Königer. Hausherr „Bertl“ Holderied verband eine lebenslange Freundschaft mit Walter Remshagen, dem Leiter des „Sängerbunds“. Als Hauskapelle etablierten sich „Die 3 GUN`s“ (Rainer Carben, Christian Schneider und Engelbert Holderied). Freude am Jazz hatten sie alle: „Mandi“ Wischer, „Ede“ Arnold und Hermann („Labby“) Labbe.

Als Engelbert und Inge 1968 das Cafe mit Tanzlokal übernahmen, da begann die Disco-Ära. Entsprechend präsentierte sich das Haus. Es gab eine moderne Lichtanlage und anstelle der teuer gewordenen Livebands legte der DJ die Platten auf.

Die Zeiten änderten sich. Aus dem Tanzcafe wurde das Tagescafe. Aber geblieben sind den Holderieds immer die treuen Stammgäste. Auch die Touristen schätzten die Location  mit dem schönen Gärtchen. 1999 gaben die Eigentümer das Haus ab, wenig später endete die „Spitz“-Ära gänzlich.

Jahrbuch im Rathaus vorgestellt

Bürgermeister Karl-Heinz Fitz ein Exemplar überreicht

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Präsentation von „Alt-Gunzenhausen“ vor geschichtsträchtiger Kulisse: Vorsitzender Werner Falk (rechts) und Schriftleiter Werner Mühlhäußer (links) überreichten an Bürgermeister Karl-Heinz Fitz ein Exemplar des 71. Jahrbuchs. Foto: Stadt Gunzenhausen

Sein 71. Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ hat der Verein für Heimatkunde Gunzenhausen noch vor Jahresfrist herausgegeben. Nun präsentierten Vorsitzender Werner Falk und sein Stellvertreter Werner Mühlhäußer das 304 Seiten starke Publikation Bürgermeister Karl-Heinz Fitz. Sie verbanden damit den Dank an die Stadt für die finanzielle Unterstützung.

Der Verein steht im 138. Jahr seines Bestehens. Er wurde 1879 von Dr. Heinrich Eidam gegründet. Auf ihn geht auch die Schaffung des Stadtmuseums zurück. „Dank der unentgeldlichen Arbeit unserer Autoren sind wird in der Lage, alle zwölf Monate ein stattliches Jahrbuch vorzulegen“, sagt Vorsitzender Werner Falk, der den 305 Mitglieder zählenden Geschichtsverein seit 2012 führt. Im Gespräch mit dem Rathauschef wies der Vereinsrepräsentant darauf hin, dass der Verein für Heimatkunde auch den Impuls gegeben hat für die Aufarbeitung der NS-Zeit in Gunzenhausen. Seit 1987 sind in 16 Ausgaben von „Alt-Gunzenhausen“ Beiträge enthalten, die aufklären über die Verstrickungen von Gunzenhäuser Bürgern im nationalsozialistischem System.

Dass Stadtarchivar Werner Mühlhäußer in Personalunion auch stellvertretender Vorsitzender und Schriftleiter ist, das ist für den Verein eine glückliche Konstellation. Im neuen Jahrbuch sind zwölf Beiträge von zehn Autoren enthalten.

Wie war die Rolle des Deutschen Ordens als Stadtherr? Florian Geidner, ein Wolframs-Eschenbacher, geht der Frage am Beispiel seiner Heimatstadt nach und skizziert die Ordens- und Regionalgeschichte. Im Staatsarchiv Nürnberg hat er umfangreiches Material dazu gefunden.

Der Kirchenmusik von 1526 bis 1806 in Gunzenhausen widmet sich Leonard H. Klimpke, ein begnadeter junger Musiker. An vielen Beispielen erläutert er die Bedeutung der geistlichen Musik in der frühen Neuzeit. Anders als heute hatte die Kirche in den vergangenen Jahrhunderten eine zentralen Stellenwert in der Gesellschaft.  Übrigens:  2016 ist seine Seminararbeit als eine von sieben in Bayern mit dem Preis des Bayerischen Clubs zur Förderung der bayerischen Kultur ausgezeichnet worden.

Im Jahrbuch 70 hatte Karl Rieger (Arberg) schon über die Eigentümlichkeiten einer mittelalterlichen Sauhatz berichtet, nun stellt er Johann Ulrich Freiherrn von Grafeneck, den Amtmann des eichstättischen Pflegamts Arberg von 1602 bis 1631 vor. In seiner Amtszeit wurden an die 1600 Einzelurteile gesprochen – und alle sind dokumentiert.

Zunächst wird der Leser ungläubig staunen: Ein Schlösschen in Untererlbach?  Dr. Daniel Schönwald (Kalbensteinberg), der stellvertretender Leiter des Landeskirchlichen Archivs Nürnberg,  stellt die Untererlbacher Schlossgeschichte vor. Seine Arbeit ist zugleich ein Beitrag zur Häusergeschichte des Dorfes, das heute ein Ortsteil von Spalt ist.

Von der Weißenburger Autorin Sieglinde Buchner erfahren die Leser alles über „Die Herren Teuffel von Pirkensee, Gunzenhäuser Oberamtmänner im 18. Jahrhundert“. Auf ihn bezieht sich auch der Text  einer Tafel, die an einem Haus in der Weißenburger Straße angebracht ist. „Der Teufel einst die Stadt regierte…“ heißt es dort. Gemeint ist nicht etwa der Böse, sondern Carl Wilhelm Teuffel von Pirkensee.

Im Laubenzedeler Familienbuch ist eine Karte als Illustration enthalten, die Dr. Daniel Schönwald in seinem Beitrag „Laubenzedel im Kartenbild von 1799“ erläutert. Gezeichnet hat sie der Pfarrvikar Georg Ludwig Wilhelm Frobenius nach einem Entwurf des markgräflichen Landvermessers Johann Michael Bürklein. Übrigens ein Familienname, der damals schon genannt wurde, ist bis heute gegenwärtig: Zischler.

Der Leser erinnert sich an die von Kontroversen geprägte Heidenheimer Kommunalpolitik der vergangenen Jahre, wenn er Werner Kuglers Beitrag „Staatsgut veräußert“ liest. Es geht um den Verkauf des klösterlichen Schafhofs in Heidenheim. Uneinig waren sich die Heidenheimer Bürger schon im 18. Jahrhundert, und einige meinten, sie hätten besondere Rechte. Freilich: damals ging es „nur“ um das Weidegeld.

Autor Werner Kugler, der vormalige evangelische Dekan, charakterisiert in seinem zweiten Beitrag Markgräfin Friederike Caroline und ruft ihren Tod im Schloss Unterschwaningen in Erinnerung. Markgraf Carl Alexander, der letzte in der Riege der Ansbach-Brandenburger Fürsten, hatte sie ins „Exil“ abgeschoben.  Er wandte sich französischen und englischen Frauen zu und soll nicht einmal an dem Begräbnis seiner ersten Frau teilgenommen haben.

1799 entschloss sich die Stadt Gunzenhausen eine neue Feuerspritze zu erwerben und um die hohen Anschaffungskosten für den Stadtsäckel etwas zu mildern, wurde von den Einwohnern ein finanzieller Beitrag erhoben. Werner Mühlhäußer, Stadtarchivar von Gunzenhausen und 2. Vorsitzender des Vereins für Heimatkunde,  untersucht in seinem Beitrag, das in diesem Zusammenhang entstandene Register der Hausbesitzer und liefert interessante Informationen zur Familien-, Häuser- und Wirtschaftsgeschichte gegen Ende des 18. Jahrhunderts, als Gunzenhausen kurz vor dem Übergang vom Königreich Preußen ins neu geschaffene Königreich Bayern stand.

Auf die Geschichte des  Gunzenhäuser Holzgartens im 19. Jahrhundert geht Werner Neumann (Weißenburg) ein. Er hat sich von 1827 an an der Ecke Hensoltstraße/Sonnenstraße befunden und war 4300 Quadratmeter groß. Spezielle die Bäcker, aber auch andere Handwerker und Bürger, nutzten die Lagerstätte, die aus feuerpolizeilichen Gründen am Rande der Stadt postitioniert war. Aufgelassen wude der Holzgarten 1900, allerdings  gab es bis 1948 an der Frickenfelder Straße einen Holzlagerplatz.

„Gemeinderecht, Gemeinheitsteilung, Flurbereinigung“. Unter diesem Titel  ergänzt Dr. Adolf Meier (Weißenburg) seine Abhandlung, die im Jahrbuch 70 veröffentlicht ist. Er zeichnet die Besitzverhältnisse und Nutzungsrechte der Grundstückseigentümer von Döckingen, Markt Berolzheim, Theilenhofen, Gundelsheim, Merkendorf und Hirschlach (mit Neuses)  in akribischer Genauigkeit auf.

Aus der Feder von Lisa Biller (Gunzenhausen) stammt der populärwissenschaftliche Beitrag „50 Jahre Musikveranstaltungen im Gunzenhäuser Tanzcafe Holderied“. Generationen von Gunzenhäusern kennen den „Spitz“, denn sie haben dort bis 1988 ihre Tanzabende erlebt.  Auch danach war das Tagescafe von „Bertl“ und Inge Holderied  (bis zum Verkauf im Jahr 2000) eine Gunzenhäuser Institution.

Das Jahrbuch ist für 15 Euro im regionalen Buchhandel erhältlich.

Das älteste Notenbuch ist verschwunden

Leonard Klimpke beleuchtet Geschichte der Gunzenhäuser Kirchenmusik

Bis in die Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg reicht die Kirchenmusik in der Stadt.  Leonard H. Klimpke hat diesen Aspekt der Stadtgeschichte aufgearbeitet und in „Alt-Gunzenhausen“ veröffentlicht. Der Autor studiert Musik für das Lehramt und Kirchenmusik. Er war übrigens mit 14 Jahren der jüngste Chorleiter Bayerns, als er vor fünf Jahren den Unterwurmbacher Kirchenchor übernahm.

Die Kirche hatte im Mittelalter noch einen dominierenden Stellenwert in der Gesellschaft. Gunzenhausen war 1528 protestantisch geworden. Der Reformator Martin Luther krempelte die Kirche um und führte den Gemeindegesang ein, die „musica scientia“ hatte neben der Theologie größte Bedeutung. 1569, also noch vor dem Dreißigjährigen Krieg, war Johannes Lang der erste Kantor in Gunzenhausen. Er war somit Vorgesetzter der Türmer, des Organisten und des Lateinschulchors. Dem Türmer war es aufgetragen, bei „ansehenlichen Zusammenkünften“ zu muszieren. Und der „Stadtpfeifer“ musste viele Instrumente spielen. Dafür erhielt er ein „frei Losament“, eine freie Wohnung in der Lateinschule und zehn Gulden von der Stadt und der Heiligenstiftung.  Der letzte Türmer war übrigens Johann Georg Fürst. Er beendete die lange Tradition, die 1482 begann.

Leonard H. Klimpke beklagt, dass es aus dem 16. bis 18. Jahrhundert keine Notenbände mehr gibt. Unter ungeklärten Umständen ist beispielsweise das älteste Notenbuch von 1656 verloren gegangen.

Das erste „Orgelwerklein“ wurde 1655 in der Stadtkirche eingerichtet, aber erst 1682 „zur vollständigen Perfektion gebracht“. Nach den Aufzeichnungen kam 1686 ein neues Instrument von dem Oettinger Orgelbauer Lamprecht in die Kirche, 1706 schließlich die „Markgrafenorgel“. Von einer älteren Spitalkirchenorgel ist wenig bekannt.  Streichinstrumente gab es erst im 17. Jahrhundert (Feuergeigen und Violon-Bassgeigen). Die Trompeten erklangen nur an den höchsten Feiertagen. Nur dem Fürsten war es vorbehalten, darüber zu befinden. Die Archivalien besagen, dass der Nürnberger Kupferschmied Hans Kelsch zwei kupferne Hörpauken für einen anonymen Spender nach Gunzenhausen geliefert hat.

Die Reformation wirkte sich auf die Kirchenmusik in der Stadt befruchtend aus, der Autor schreibt von einem „blühenden musikalischen Leben“. Den Sonntagsgottesdienst begleitete stets ein Ensemble von etwa zehn Musikern.

Das Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ des Vereins für Heimatkunde ist für 15 Euro im Buchhandel erhältlich.