Zehn Autoren sind mit zwölf Beiträgen im Jahrbuch vertreten
Im gleichen Umfang wie in den Vorjahren kann der Verein für Heimatkunde Gunzenhausen heuer sein 71. Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ den Mitgliedern als Jahresgabe vorlegen. Die Beiträge der Autoren sind vielseitig und reichen von mittelalterlichen Flurordnungen in den Landkreisgemeinden bis zum neuzeitlichen Tanzcafe in Gunzenhausen. Ich wünsche dem 71. Jahrbuch viele interessierte Leser. Am Ende der Beiträge gibt es eine Auflistung aller bisherigen Jahrbücher mit den textlichen Inhalten. Gerne gibt der Verein im Archiv befindliche Exemplare an interessierte Heimatfreunde weiter.
Das Jahrbuch 71 ist im Gunzenhäuser Buchhandel für 15 Euro erhältlich (oder beim Vorsitzenden).
Nun zur neuen Ausgabe von „Alt-Gunzenhausen“. Wie war die Rolle des Deutschen Ordens als Stadtherr? Florian Geidner, ein Wolframs-Eschenbacher, geht der Frage am Beispiel seiner Heimatstadt nach und skizziert die Ordens- und Regionalgeschichte. Im Staatsarchiv Nürnberg hat er umfangreiches Material dazu gefunden.
Der Kirchenmusik von 1526 bis 1806 in Gunzenhausen widmet sich Leonard H. Klimpke, ein begnadeter junger Musiker. An vielen Beispielen erläutert er die Bedeutung der geistlichen Musik in der frühen Neuzeit. Anders als heute hatte die Kirche in den vergangenen Jahrhunderten eine zentralen Stellenwert in der Gesellschaft. Übrigens: 2016 ist seine Seminararbeit als eine von sieben in Bayern mit dem Preis des Bayerischen Clubs zur Förderung der bayerischen Kultur ausgezeichnet worden.
Im Jahrbuch 70 hatte Karl Rieger (Arberg) schon über die Eigentümlichkeiten einer mittelalterlichen Sauhatz berichtet, nun stellt er Johann Ulrich Freiherrn von Grafeneck, den Amtmann des eichstättischen Pflegamts Arberg von 1602 bis 1631 vor. In seiner Amtszeit wurden an die 1600 Einzelurteile gesprochen – und alle sind dokumentiert.
Zunächst wird der Leser ungläubig staunen: Ein Schlösschen in Untererlbach? Dr. Daniel Schönwald (Kalbensteinberg), der stellvertretender Leiter des Landeskirchlichen Archivs Nürnberg, stellt die Untererlbacher Schlossgeschichte vor. Seine Arbeit ist zugleich ein Beitrag zur Häusergeschichte des Dorfes, das heute ein Ortsteil von Spalt ist.
Von der Weißenburger Autorin Sieglinde Buchner erfahren die Leser alles über „Die Herren Teufel von Pirkensee, Gunzenhäuser Oberamtmänner im 18. Jahrhundert“. Auf ihn bezieht sich auch der Text einer Tafel, die an einem Haus in der Weißenburger Straße angebracht ist. „Der Teufel einst die Stadt regierte…“ heißt es dort. Gemeint ist nicht etwa der Böse, sondern Carl Wilhelm Teufel von Pirkensee.
Im Laubenzedeler Familienbuch ist eine Karte als Illustration enthalten, die Dr. Daniel Schönwald in seinem Beitrag „Laubenzedel im Kartenbild von 1799“ erläutert. Gezeichnet hat sie der Pfarrvikar Georg Ludwig Wilhelm Frobenius nach einem Entwurf des markgräflichen Landvermessers Johann Michael Bürklein. Übrigens ein Familienname, der damals schon genannt wurde, ist bis heute gegenwärtig: Zischler.
Der Leser erinnert sich an die von Kontroversen geprägte Heidenheimer Kommunalpolitik der vergangenen Jahre, wenn er Werner Kuglers Beitrag „Staatsgut veräußert“ liest. Es geht um den Verkauf des klösterlichen Schafhofs in Heidenheim. Uneinig waren sich die Heidenheimer Bürger schon im 18. Jahrhundert, und einige meinten, sie hätten besondere Rechte. Freilich: damals ging es „nur“ um das Weidegeld.
Autor Werner Kugler, der vormalige evangelische Dekan, charakterisiert in seinem zweiten Beitrag Markgräfin Friederike Caroline und ruft ihren Tod im Schloss Unterschwaningen in Erinnerung. Markgraf Carl Alexander, der letzte in der Riege der Ansbach-Brandenburger Fürsten, hatte sie ins „Exil“ abgeschoben. Er wandte sich französischen und englischen Frauen zu und soll nicht einmal an dem Begräbnis seiner ersten Frau teilgenommen haben.
1799 entschloss sich die Stadt Gunzenhausen eine neue Feuerspritze zu erwerben und um die hohen Anschaffungskosten für den Stadtsäckel etwas zu mildern, wurde von den Einwohnern ein finanzieller Beitrag erhoben. Werner Mühlhäußer, Stadtarchivar von Gunzenhausen und 2. Vorsitzender des Vereins für Heimatkunde, untersucht in seinem Beitrag, das in diesem Zusammenhang entstandene Register der Hausbesitzer und liefert interessante Informationen zur Familien-, Häuser- und Wirtschaftsgeschichte gegen Ende des 18. Jahrhunderts, als Gunzenhausen kurz vor dem Übergang vom Königreich Preußen ins neu geschaffene Königreich Bayern stand.
Auf die Geschichte des Gunzenhäuser Holzgartens im 19. Jahrhundert geht Werner Neumann (Weißenburg) ein. Er hat sich von 1827 an an der Ecke Hensoltstraße/Sonnenstraße befunden und war 4300 Quadratmeter groß. Spezielle die Bäcker, aber auch andere Handwerker und Bürger, nutzten die Lagerstätte, die aus feuerpolizeilichen Gründen am Rande der Stadt postitioniert war. Aufgelassen wude der Holzgarten 1900, allerdings gab es bis 1948 an der Frickenfelder Straße einen Holzlagerplatz.
„Gemeinderecht, Gemeinheitsteilung, Flurbereinigung“. Unter diesem Titel ergänzt Dr. Adolf Meier (Weißenburg) seine Abhandlung, die im Jahrbuch 70 veröffentlicht ist. Er zeichnet die Besitzverhältnisse und Nutzungsrechte der Grundstückseigentümer von Döckingen, Markt Berolzheim, Theilenhofen, Gundelsheim, Merkendorf und Hirschlach (mit Neuses) in akribischer Genauigkeit auf.
Aus der Feder von Lisa Biller (Gunzenhausen) stammt der populärwissenschaftliche Beitrag „50 Jahre Musikveranstaltungen im Gunzenhäuser Tanzcafe Holderied“. Generationen von Gunzenhäusern kennen den „Spitz“, denn sie haben dort bis 1988 ihre Tanzabende erlebt. Auch danach war das Tagescafe von „Bertl“ und Inge Holderied (bis zum Verkauf im Jahr 2000) eine Gunzenhäuser Institution.
Werner Falk, Vorsitzender
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