Tag Archives: Heimatkunde

Das Findelkind Kaspar Hauser ist bis heute Werbefaktor für Ansbach

Zweite Samstagsexkursion des Verein für Heimatkunde

Es mag nur eine Petitesse der Weltliteratur gewesen sein, aber es ist dennoch nicht uninteressant, sie heute zu erwähnen: Benitto Mussolini, Diktator an der Spitze des italienischen Regimes, war ein glühender Verehrer der Gedichte von August Graf von Platen, einem der berühmtesten Söhne Ansbachs, der als „Tulpe des deutschen Dichtergartens“ in die Literaturgeschichte Eingang gefunden hat. In den zwanziger Jahren war der Despot sogar in Ansbach, um seinen Aufsatz über Platen in deutscher Sprache zu verlesen.

Historiker Alexander Biernoth vor dem Uz-Denkmal

Historiker Alexander Biernoth vor dem Uz-Denkmal

Die Mitglieder des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen waren zum zweiten Mal im Rahmen ihrer „Samstagsexkursion“ in der Residenzstadt, wo sie der Historiker Alexander Biernoth zwei Stunden lang mit der Geschichte Ansbachs und dem Werk ihrer prägenden Persönlichkeiten bekannt machte. Die Begeisterung der 31 Teilnehmer fasste Vorsitzender Werner Falk zusammen: „Wir durften ein facettenreiches Ansbach kennenlernen.“
Der Hofgarten und die Orangerie waren zur Markgrafenzeit, also vor rund 250 Jahren, prägende Elemente der Residenz Ansbach, aber war heutzutage in seiner ganzen Pracht zu sehen ist, das ist das Werk der fünfziger Jahre. Bei zwei Bombenangriffen der Amerikaner in den letzten Kriegstagen – am 23. Juni, dem Geburtstag des ersten Präsidenten George Washington – verloren nicht nur 453 Menschen ihr Leben, auch der 17 Hektar große Hofgarten (1750 nach französischen und englischen Vorbildern angelegt) sowie die Orangerie (dem Schloss von Versailles nachempfunden) kamen damals zu Schaden.
Am Rande der doppelten Lindenallee, heute ein begehrtes Terrain der Jogger, stößt der Besucher auf eine unscheinbare Tafel, die an den Botaniker Leonhart Fuchs erinnert, dem gebürtigen Wemdinger, der 1528 bis 1535 als Leibarzt des Markgrafen Georg dem Frommen fungierte. Nach ihm ist übrigens die Fuchsie benannt.
Das Findelkind Kaspar Hauser, hat Ansbach noch bekannter gemacht. Bis heute sind sich die Wissenschaftler noch nicht ganz einig, wer er wirklich war: ein Betrüger oder der badische Erbprinz. Sogar der „Spiegel“ und das ZDF haben sich des aus Nürnberg stammenden Jünglings angenommen. Es gibt zweierlei Gen-Spuren, sein „Unterbeinkleid“ ist übrigens im Ansbacher Stadtmuseum zu sehen. 1833 ist der Gerichtsschreiber im Ansbacher Hofgarten mit einem Messerstich ermordet worden. Der Streit wird weiter gehen, den Ansbacher soll es recht sein, denn so treiben die Spekulationen immer neue Blüten und die Stadt hat willkommene Publicity.
Dem markgräflichen Juristen und Verwaltungsbeamten Johann Peter Uz (1720 geboren) hat die Stadt ein Denkmal gewidmet. Er war auch Dichter, und nicht einmal der Unbekannteste, denn sogar der Papst kannte die Verse des Geheimrats. Dass er aber einige Kirchenlieder des Ansbacher Gebetbuchs umdichtete, das haben ihm die Ansbacher schwer verübelt.
Aus einer ehemaligen Pferdescheune ist 1840 die katholische St. Ludwigskirche geworden. Sie steht am Karlsplatz (gestaltet von den markgräflichen Baumeistern Leopoldo Retty und Johann David Steingruber) neben der Karlshalle, in der zuvor die Andersgläubigen in der angestammten Protestantenstadt ihre Gottesdienste abhalten durften. Der klassizistische Saalbau ist dem bayerischen König Ludwig I. geweiht. Die Glocken sind übrigens Beutestücke aus der Seeschlacht von Navarino (1827).

Historisches und Modernes ergänzen sich

Exkursion des Vereins für Heimatkunde in Triesdorf

Bei den markgräflichen Nachbarn in Triesdorf waren die Mitglieder des Vereins für Heimatkunde zu Gast. Dr. Horst von Zerboni, der Vorsitzende des Vereins der Freunde Triesdorfs, begleitete sie auf ihrer „Samstagsexkursion“ auf den Pfaden der Markgrafen. Zugleich erlebten sie den spannenden Kontrast zwischen historischer Bauweise und der modernen Architektur, wie er im Verhältnis zu den Gebäuden der Fachhochschule darstellt.

Ein spannender Kontrast: Links der futuristische Neubau der Fachhochschule, im Hintergrund die historische „Villa Sandrina“. Dr. Horst von Zerboni (Mitte) begleitete die Gruppe des Vereins für Heimatkunde auf ihrem Rundgang. Foto: FR Presse

Ein spannender Kontrast: Links der futuristische Neubau der Fachhochschule, im Hintergrund die historische „Villa Sandrina“. Dr. Horst von Zerboni (Mitte) begleitete die Gruppe des Vereins für Heimatkunde auf ihrem Rundgang. Foto: FR Presse

Triesdorf ist für viele Menschen in der Region aber auch ein Synonym für fortschrittliche Landwirtschaft. In neun Schulen von unterschiedlichen Trägern und der FH-Weihenstephan-Triesdorf mit rund 3000 Schülern und Studenten ist Triesdorf heute neben dem niederbayerischen Schönbrunn der wichtigste Standort für das Agrarstudium. An der Fachhochschule sind Studenten aus 32 Nationen eingeschrieben. Die Hälfte von ihnen kehrt danach in die heimischen Betriebe hochqualifiziert in die elterlichen Betriebe zurück. Ausgangspunkt für das Bildungszentrum Triesdorf war die 1748 gegründete Ackerbauschule.
Der Spaziergang führte die Gäste aus Gunzenhausen zu den markanten baulichen Zeugnissen der Markgrafenzeit, also zum noch erhaltenen Barockgarten mit dem Sommerhaus des einstigen markgräflichen Leibarztes , vorbei an den schön restaurierten Kavaliershäuschen, durch den ehemaligen Park mit seiner alten Lindenallee (aus dem Jahr 1740) zum Weißen Schloss und der Villa Sandrina. Acht Kilometer lang war einst die drei Meter hohe und 30 Zentimeter dicke rote Mauer, die das 300 Hektar große Areal eingrenzte. Sie ist von 1729 an in 16 Jahren Bauzeit entstanden. Davon sind heute nur mehr Reste vorhanden. Dr. von Zerbonis anschauliche Darstellung: „Das entspricht etwa dem Material für 200 Einfamilienhäuser.“ An allen Gebäuden erläuterte er die charakteristische Bauweise, zuletzt in der Markgrafenkirche.
Die Werke der markgräflichen Baumeister Gabriel de Gabrieli, Carl Friedrich von Zocha, Leopoldo Retty und Johann David Steingruber sind nach den Ankauf des kleinen Triesdorfer Landguts durch die Ansbacher Fürsten von 1682 bis 1776 entstanden und vermitteln den Besuchern bis heute einen Eindruck von der einstigen Herrlichkeit der Sommerresidenz.
Zu den samstäglichen Exkursionen gehört auch die abschließende Einkehr. Im Gasthaus „Sammethbräu“ kündigte Vorsitzender Werner Falk an, dass eine Besichtigung des markgräflichen Ansbachs im Juni das Programm des Vereins ergänzen wird.

Haben Gladiatoren im römischen Weißenburg gekämpft?

Dr. Mario Bloier geht der Frage in der neuen „villa nostra“-Ausgabe nach

villa nostra 2015 001Um es vorweg zu nehmen: Nachweise gibt es keine, wonach Gladiatoren im römischen Weißenburg aufgetreten sind. In der aktuellen Ausgabe von „villa nostra“ (Weißenburger Blätter für Geschichte, Kultur und Heimatkunde) geht der seit Oktober 2014 tätige Leiter der Museen Weißenburg, Dr. Mario Bloier der Frage nach, ob es in Weißenburg eine Arena oder gar ein Amphitheater gegeben hat. Ohne Befunde lässt sich nicht mit Sicherheit belegen, dass es in Weißenburg ein Amphitheater gegeben hat. Der Autor befasst sich mit den frühen Gladiatorenkämpfen, die anfangs ihrer Geschichte zum Programm von römischen Leichenfeiern gehörten, und schildert die Entwicklung bis hin zu den großen Spektakeln mit Tausenden von Zuschauern in den großen Arenen des Römerreiches. Die Gladiatoren waren zuletzt Männer von Ansehen und Anerkennung, der Autor spricht von den „Mega-Superstars der Antike“. Sie waren durchaus vergleichbar mit den Fußballstars von heute. Bis in das 3. Jahrhundert n.Chr. hatten sie Bestand, danach wurden sie von Akrobatikvorführungen abgelöst. In der Krise des römischen Reiches waren die Gladiatorenkämpfe zu teuer geworden. Kaiser Diokletian war der letzte, der große „munera“ veranstalten ließ.
Autor Dr. Mario Bloier wird in der „villa nostra“-Ausgabe von OB Jürgen Schröppel und Stadtarchivar Reiner Kammerl vorgestellt. Der gebürtige Niederbayer war bereits 2011 bis 2014 als Freiberufler für Weißenburg tätig, als das Empfangsgebäude der Römischen Thermen neu konzipiert wurde, er war ferner an der Konzeption des Limeseums in Ruffenhofen beteiligt.
„villa nostra“ erscheint dreimal im Jahr und wird kostenlos abgegeben. Erhältlich ist es in der Stadtverwaltung, der Sparkasse und den Banken.

„Samstagsexkursion“ nach Triesdorf

Termin am Samstag, 16. Mai

Die Kavaliershäuschen am Ortseingang von Triesdorf.

Die Kavaliershäuschen am Ortseingang von Triesdorf.

Der Verein für Heimatkunde Gunzenhausen setzt heuer seine Serie „Samstagsexkursion“ fort, die seit 2013 läuft. Ziel ist am Samstag, 16. Mai, das markgräfliche Triesdorf.  Dr. Horst von Zerboni, der Vorsitzende des Vereins der Freunde Triesdorfs, wird der sachkundige Führer des zweistündigen Rundgangs sein. Die Teilnehmer lernen die baulichen Zeugnisse der markgräflichen Sommerresidenz näher kennen, an denen sie sonst nur vorbeifahren, wenn sie überhaupt von der Umgehung abweichen und einen Abstecher in den geschichtsträchtigen Ort machen.

Nach dem Rundgang ist – und auch das gehört zum Ritual der „Samstagsexkursion“ – ein Vesper. Der Wirt des Gasthauses „Sammethbräu“ freut sich auf die Gäste aus Gunzenhausen, die den Nachmittag gesellig ausklingen lassen möchten.

Treffpunkt ist um 16 Uhr am alten Reithaus in Triesdorf (Ortseingang). Dort sind auch ausreichend Parkplätze. Die Teilnehmergebühr von 5 Euro wird dort einkassiert. Kommen kann übrigens jedermann, eine Mitgliedschaft im Verein ist nicht zwingend erforderlich.

Auf ein Wiedersehen freut sich: Werner Falk, Vorsitzender

Von den 69 Gaststätten bestehen 16 noch heute

Gunzenhausen und seine Wirtshausgeschichte

224    Stieg Gerberstr. 1 um 1922    54) S. 53-001

Der „Grüne Baum“ wurde 1640 eröffnet. Letzter Wirt war Ernst Stieg.

69 Gaststätten sind vom Mittelalter bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs in der Stadt eröffnet worden. Nur 16 von ihnen sind übrig geblieben. Lothar Hiemeyer ist in Gunzenhausen geboren worden, lebt aber seit Jahrzehnten in Würzburg. Seiner Heimatstadt treu geblieben ist er als Heimatforscher mit Leidenschaft. Über die Gunzenhäuser Brauereien und Wirtshäuser hat er ein gigantisches Archivmaterial zusammengetragen und es bisher teilweise in „Alt-Gunzenhausen“ veröffentlicht.
Hiemeyer hat viele Tage im Staatsarchiv Nürnberg geforscht, im Stadtarchiv Gunzenhausen nachgelesen und vor Ort eigene Recherchen vorgenommen. Das Ergebnis ist ein ganzes Bündel von Informationen in Wort und Bild. Er will das Material zu einem Buch verarbeiten. „Zu 80 Prozent bin ich durch“, sagte er anlässlich eines Vortrags vor Mitgliedern des Vereins für Heimatkunde im der „Adlerbräu“-Gaststätte.
Der Altmühl-Bote hat über die Arbeit Hiemeyers bereits berichtet. Nach seinen Darlegungen sind der „Adlerbräu“-Gasthof (1558) und das „Altes Rathaus“ (1585) die ältesten Gaststätten in der Stadt. Aber auch die „Bürgerstube“ (heute: Sparkasse) und der „Schwarze Bär“ (heute: Bäckerei Schmidt) sowie der „Blaue Wolf“ gehen auf das 16. Jahrhundert zurück. Die heutigen Inhaber haben dem Autoren in seinen zeitraubenden Recherchen fleißig geholfen, insbesondere Erika Dersch, die

Autor Lothar Hiemeyer

Autor Lothar Hiemeyer

schriftliche Belege hat, wonach Kaiser Wilhelm II. dem damals schon international agierenden Gastwirtssohn Johann Zippel zu dessen Hochzeit gratulierte und zu seinem frühen Tod der Witwe eine Beileidstelegramm schickte. Weitere frühe Gasthäuser waren die „Goldene Krone“ (heute: Drogerie Neidhardt) und der „Goldene Engel“ (heute: Kik), zu dem der „Braunskeller“ gehörte, in dem vor 70 Jahren 144 Menschen bei einem Bombenangriff der Amerikaner den Tod fanden. Mit „Musik, Hasenbraten und Knödelpartie“ war einst Johann Lehner vom „Roten Ross“ (heute: Zum Storchennest). Auch das „Goldene Lamm“ (heute: NKD) und der „Grüne Baum“ (früher Stieg, heute Pizzeria in der Gerberstraße) und die „Glocke“ (heute: Juwelier Stingl) sind seit dem 17. Jahrhundert bekannt.
Vor dem zweistündigen Vortrag Hiemeyers hörten die Mitglieder des Vereins für Heimatkunde den Jahresbericht ihres Vorsitzenden Werner Falk und des Schatzmeisters Hans Minnameyer. Beide stellten mit Stolz fest, dass sich der Mitgliederstand des Vereins jetzt über die 300-er Marke hochgeschraubt hat. Der Vorsitzende erinnerte an die Vorträge und „Samstagsexkursionen“ in 2014 und kündigte an, dass auch heuer die Serie der samstäglichen Besichtigungen in der Region fortgesetzt werden. Mit Dank erwähnte er die Arbeit des 2. Vorsitzenden Werner Mühlhäußer (Stadtarchivar) im Zusammenhang mit der Herausgabe von „Alt-Gunzenhausen“, ferner nannte er die Autoren Lothar Hiemeyer, Werner Neumann, Dr. Adolf Meier, Siglinde Buchner, Werner Kugler und Florian Schenk. Das 70. Jahrbuch wird im Dezember erscheinen. „Wir haben allen Grund, der Stadt für ihre Unterstützung zu danken“, sagte der Vorsitzende nannte ebenso den Bezirk Mittelfranken, den Landkreis und die Sparkasse Gunzenhausen.

Vorstandschaft wiedergewählt

Unter der Leitung von Willi Elterlein ging die Neuwahl der Vorstandschaft flott über die Bühne. Per Akklamation bestätigten die Mitglieder die bisherige Vorstandschaft mit Werner Falk als Vorsitzendem, Werner Mühlhäußer als Stellvertreter, Hans Minnameyer als Schatzmeister, Armin Kitzsteiner als Schriftführer sowie den Beiratsmitgliedern Dieter Gottschall, Dieter Wenk, Gerhard Herrmann, Franz Müller, Heidi Dücker, Siglinde Buchner (Weißenburg). Neu in den Beirat wurden Günther L. Niekel aus Muhr am See und Thomas Müller aus Kalbensteinberg gewählt. Als Revisoren fungieren Thomas Fischer (Gunzenhausen) und Rüdiger Schmidt (Unterwurmbach).

 

Edmund Zöller wird 90 Jahre

Er hat bisher 1642 heimatkundliche Vorträge gehalten

Zöller 19.11.2012 20-23-020Obgleich er seit Jahrzehnten in Ansbach lebt ist er doch im Herzen ein quierliger und redseeliger Mainfranke geblieben: Edmund Zöller. Der bekannte Heimatforscher wird am 6. März 90 Jahre alt. Er darf seinen Geburtstag bei körperlicher und geistiger Vitalität feiern. Und er dankt seinem Herrgott, dass das so sein kann.
„Ich kann es gar nicht fassen, dass sich schon so ein alter Herr geworden bin.“ Er kokettiert mit seinem Alter, wohl wissend, dass es nur wenigen Menschen von Gottes Gnade gegönnt ist, so alt zu werden und dabei so fit zu bleiben.
Edmund Zöller ist ein bekennender Franke. Er lebt seine Stammeszugehörigkeit intensiv aus. Seit Jahrzehnten hält er heimatkundliche Vorträge über sein geliebtes Frankenland. Beim Verein für Heimatkunde Gunzenhausen war er 23 Mal zu Gast und hat 18 Studienfahrten geleitet, in vielen anderen Ortschaften des Seenlands kennt man ihn in seiner umtriebigen Art. Er hat eben alle typischen Merkmale eines „Untergefranken“.
Sein Schutzengel-Talisman hat ihn  immer begleitet. 1642 Vorträge sind es inzwischen geworden. Noch im letzten Jahr hat er 15 Diavorträge gehalten und zwei Studienfahrten geleitet. Seine letzte Diaserie hat das Thema „Historische Kulturlandschaftselemente in Franken“. Aus seiner Feder stammen zudem drei Bändchen „Wehrkirchen in Franken“. Verdient gemacht hat er sich als Ideengeber für die „Mittelfränkische Bocksbeutelstraße“ und die „Fränkische Wehrkirchenstraße“. In Würdigung seiner Verdienste hat er u.a. den „Frankenwürfel“ erhalten, eine Auszeichnung, die nur an ganz leidenschaftliche und originelle Franken geht. Seit Jahrzehnten ist er dem Frankenbund und dem Historischen Verein für Mittelfranken eng verbunden.
Dem Jubilar, der rund vierzig Jahre in der Schulverwaltung der Regierung von Mittelfranken tätig war, ist zu wünschen, dass der Herrgott seine schützende Hand weiterhin über ihn hält.           WERNER FALK

 

Die Gaststätten von Gunzenhausen

Auflistung in „Alt-Gunzenhausen“

Welche ist die älteste Gaststätte in Gunzenhausen? Genau: das „Adlerbräu“-Gasthaus. Nachweislich wird dort seit 1564 Bier gezapft. Im Ranking folgt auf dem zweiten Platz das Gasthaus „Zum alten Rathaus“ (seit 1585), dahinter die „Bürgerstube“ (bis 1969), „Zum schwarzen Bären“ (bis 1951, heute Bäcker-Schmidt) und die „Post“ (sie wird von der Familie Arnold als Hotel Garni betrieben).

Alt-Gun 68 20.01.2013 10-15-31

Der Fränkische Hof um die Jahrhundertwende. Er wurde 1970 geschlossen und zu einem Lebensmittelmarkt umgebaut.

Lothar Hiemeyer nimmt sich im neuen Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ des Vereins für Heimatkunde den Gastwirtschaften an, geht auf die Ursprünge der Gastronomie ein, liefert Kurzporträts von 67, die es vom Mittelalter bis 1945 gegeben hat und noch immer gibt. Der Leser erfährt, dass Wirte und Bierbrauer schon früh herrschaftliche Privilegien hatten. Viele von ihnen waren Ratsmitglieder oder Bürgermeister. Die wohl älteste und größte Herberge in der Stadt war die „Fürstenherberge“ (heute Zuber-Haus und dahinterliegendes Areal), die auch „Zum Wurm“ genannt wurde (nach seinem früheren Besitzer). Das älteste Stadtbuch von 1460 erwähnt bereits fünf Wirte. Sie waren u.a. die Gastgeber für Kaiser Maximilian I. (um 1500), den Schwedenkönig Gustav Adolf (1632), den Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe (1788) und Martin Luther (1518).
Einen gewaltigen Aufschwung für die Beherberger in der Stadt brachte natürlich der Eisenbahnbau (ab 1849). Mit der wirtschaftlichen Entwicklung vermehrten sich auch die Gasthäuser, aber selbst im 19. Jahrhundert regulierte der Magistrat noch ihre Häufigkeit. Nicht jeder Antrag hatte sein Wohlwollen. Zwischen den einzelnen Gasthäusern sollte ein gebührender Abstand sein. Und natürlich gab es auch noch moralische Bedenken. Beispielsweise blitzte der Schlossermeister Georg Beyer 1913 mit seinem Vorhaben ab, für sein Haus in der Bühringer-Straße 12 (heute „Lauterbacher“) eine „Conzessionserteilung zum Ausschank von Caffee, Wein und Liköre“ zu bekommen. Er wollte Damen als Kellnerinnen einsetzen, doch wegen ihnen hatte es andernorts öfter „Streitigkeiten und Raufhändel“ gegeben. Im Grunde galt die Regelung für die Konzessionserteilung novelliert bis 1945. Eifersüchteleien gab es auch damals schon unter den Wirten und gelegentlich gab es auch Beschwerden über ungleiche Behandlung durch die Polizei „wenn da bis in den tiefen Morgen fast täglich gezecht und getanzt wird“. Immerhin gab es auch Einigkeit unter den Wirten, die sich 1899 in der Gründung des „Gastwirte-Vereins“ ihren Niederschlag fand. Ein paar Jahre später, 1905, notierte die 5200-Einwohner-Stadt bereits 31 Gastwirtschaften und neun Schankwirtschaften. 1927 gab es sogar schon 44 Gasthäuser. Viele von ihnen sind inzwischen längst Vergangenheit, beispielsweise das Gasthaus „Zur Rose“ (bis 1970 von der Familie Gempel betrieben), das Gasthaus „Zum Storchen der Familie Fischer in der Bühringer-Straße (bis 1972) oder „Zum goldenen Lamm“ der Familie Wittmann am Marktplatz 28 (bis 1966/heute NKD).
Autor Lothar Hiemeyer erinnert an die gesellschaftliche Rolle der Gasthäuser, in denen sich die Gunzenhäuser traditionell zum Frühschoppen, zur Schlachtschüssel („mit gutem alten Stoff in der Wolfsschlucht“), zum Schafkopfen oder zum Faschingsball („Große Redoute bei gutbesetzter feiner Ballmusik“ in der Adler-Brauerei) trafen. Das Gasthaus war früher „das Wohnzimmer der einfachen Leute“. Der Geselligkeit hatten sich die Stammtischgesellschaften (beispielsweise „Grüner Kranz“ 1919 und „Unter uns“ 1926) verschrieben. In der Mitte des 19. Jahrhunderts schossen die Vereine nur so aus dem Boden. Sie hatten überall ihre Stammlokale. Im „Alten Rathaus“ waren der 1899 gegründete „Rauchclub Blaue Wolke“ und die „Dreizehner-Vereinigung“ (benannt nach dem 13. Infanterieregiment in Ingolstadt) heimisch.
Wenn sich auch nach 1945 viel geändert hat in der Gunzenhäuser Wirtshaushauskultur, es gibt schon noch einige traditionelle fränkische Gaststätten, zugegebenermaßen aber noch mehr Lokale mit italienischer, griechischer oder asiatischer Küche.

„Alt-Gunzenhausen“ neu erschienen

Zentraler Beitrag: Die Gaststätten von Gunzenhausen

Der Verein für Heimatkunde muss sich nicht permanent bestätigen, er muss auch nicht laut auftreten. Seine Arbeit vollzieht sich weitgehend in den Schreibstuben der Autoren, die alle ehrenamtlich tätig sind. Ein Beleg dafür ist das vorliegende 69. Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ mit einem stattlichen Umfang von 270 Seiten.
Werner Kugler, der einstige Dekan von Heidenheim, widmet sich der alten Heidenheimer Pfarrkirche, die 1552 niedergebrannt ist, aber nie mehr aufgebaut wurde, denn nach der Auflösung des Klosterkonvents stand die Klosterkirche der Gemeinde zur Verfügung. Obgleich es die Kirche seit 460 Jahren nicht mehr gibt, wird die Kirchweih in Heidenheim IMG_1010heute noch am Walburgatag begangen. Der Autor hat die Dokumente von 1503 studiert, in denen die älteste Liste über die Zusammensetzung des Heidenheimer Gemeinderats und das Register der Pfarrereinkünfte zu finden sind. Den Beitrag hat er verdienstvoller Weise auch noch ein Register angefügt.
Michel von Dobitsch, markgräflicher Jägermeister und Amtmann zu Wald und Gunzenhausen (1533-1588), war jähzornig und gefürchtet. Siglinde Buchner porträtiert die Persönlichkeit, über deren Herkunft bisher nichts bekannt war. Amüsant: Um 1565 die Stelle antreten zu dürfen musste er die Witwe seines Vorgängers heiraten. Dobitsch hat übrigens 1570 die Walder Mühle neu bauen lassen.
Siglinde Buchner beschäftigt sich mit einem weiteren markgräflichen Oberamtmann: Julius Gottlieb Voit von Salzburg (1742-1755). Dessen Name bezieht sich auf die Salzburg bei Neustadt/Saale. Er war am Hofe offenbar gern gesehen, denn Markgraf Carl Wilhelm Friedrich war Taufpate von einigen seiner Kinder. Er musste sich 1745 auf Geheiß des Regenten um die Verschönerung des Gunzenhäuser Marktplatzes kümmern.
Ein Günstling von Markgraf Carl Wilhelm Friedrich, der gern als „Wilder Markgraf“ tituliert wird, war ein weiterer Oberamtmann von Gunzenhausen: Ernst Wilhelm von Heydenab (1701-1758). Nach ihm ist das Palais am unteren Marktplatz (heute Gewerbebank) benannt. Der Verwalter, den Siglinde Buchner vorstellt, war übrigens Taufpate von Ferdinand Ludwig, einem außerehelichen Sohn von CWF mit seiner Geliebten Elisabeth Wünsch. Er ist 1758 gestorben und in der Stadtkirche Gunzenhausen bestattet.
Einen umfangreichen Beitrag liefert Lothar Hiemeyer zum Thema „Die Gastwirtschaften in Gunzenhausen“. Er ist quasi die Vorschau für eine noch größere Dokumentation, die er demnächst in Buchform herausgibt. Der Autor, der sich schon im Jahrbuch 67 mit den Braustätten von Gunzenhausen beschäftigt hat, spannt den Bogen vom Mittelalter bis in die Gegenwert. Er hat fleißig recherchiert, ist im ältesten Stadtbuch (1418) fündig geworden und zeichnet die Entwicklung über die Jahrhunderte nach. Hiemeyer erläutert die Begrifflichkeiten, klärt über den Unterschied zwischen einem Gastwirt und einem Schankwirt auf und nennt eine beeindruckende Zahl: 1910 hat es im 5200 Einwohner zählenden Gunzenhausen 31 Gastwirtschaften und neun Schankwirtschaften gegeben. Von den ältesten Häusern bestehen bis heute die „Adlerbräu“ (seit 1564) und das Gasthaus „Zum alten Rathaus“ (1585), in anderen wie beispielsweise in der „Bürgerstube“ (1601 bis 1969) und im Gasthaus „Zum schwarzen Bären“ (1626 bis 1951/heute Bäckerei Schmidt) ist der Zapfhahn längst zugedreht worden. Hiemeyer beschreibt 64 Gasthäuser in knapper Form und lässt sich ausführlich aus über die gesellschaftlichen Aspekte der Gastronomie in Gunzenhausen im Wandel der Zeit.
„Die Verwaltung der Gunzenhäuser Schranne im 19. Jahrhundert“ ist das Thema von Werner Neumann. Entstanden ist sie 1608 als Kornschranne, dann wurde sie 1827 abgebrochen, um 1855 neu gebaut zu werden. Auch sie war nur von kurzzeitigem Bestand, denn 1868 wurde auch sie erneuert. Bis 1904 vollzog sich dort der Getreidehandel. Die Geschäfte liefen aber nicht immer gut. Das markante Gebäude, das noch auf vielen alten Stadtansichten zu sehen ist, diente später als Realschule. Nach dem Abriss entstand dort das Kaufhaus Steingass (1970).
Dr. Adolf Meier, der im Jahrbuch 68 Einzelheiten der Beweidung im „Urlas“ darlegte, setzt diese Arbeit fort und widmet sich der Weidegerechtigkeit in den Gemeinden Gunzenhausen, Wald, Neuenmuhr, Laubenzedel und Schlungenhof, die im 18. Jahrhundert ein ständiger Zankapfel zwischen den Gemeinden war. Bis ins Detail schildert er die Auseinandersetzungen um Hutungs- und Triebrechte.
Hinter dem Titel „Die ersten Monate der Urkatastrophe am Beispiel der Kleinstadt Gunzenhausen“ verbirgt sich eine Abhandlung von Florian Schenk zur Frage, wie die Gunzenhäuser die ersten Wochen und Monate des Ersten Weltkriegs erlebt haben. Sein Beitrag ist eine vergleichende Analyse der sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen und des Alltags 1914. Sein Ergebnis: die Geschehnisse unterschieden sich nicht nennenswert von denen in anderen fränkischen Städten.

„Alt-Gunzenhausen“ ist für 15 Euro im Gunzenhäuser Buchhandel erhältlich.

Trauer um Erich Rieger

Beiratsmitglied ist 78-jährig gestorben

Rieger 17.12.2011 22-40-06Der Verein für Heimatkunde Gunzenhausen betrauert den Tod seines langjährigen Beiratsmitglieds Erich Rieger (Gunzenhausen). Wir denken gern an ihn zurück, denn er hat dem Verein als Kenner der lokalen Verhältnisse vielfach hilfreiche Dienste erwiesen.
Der Vorsitzende und viele Mitglieder des Vorstands und des Beirats haben ihm am Dienstag, 21. Oktober, auf dem Alten Friedhof in Gunzenhausen die letzte Ehren erwiesen. Eine Blumenschale auf seinem Grab kündet von unserer dankbaren Erinnerung.
Wir durften Erich Rieger in den Sitzungen und auch bei der Stammtischgesellschaft „Amicitia“ als einen Menschen erleben, der das „alte Gunzenhausen“ in seinem Herzen trug. Gerade aus der jüngeren Geschichte der Stadt wusste er den Gesprächen stets interessante und auch amüsante Facetten anzufügen.
Die große Anteilnahme der Gunzenhäuser Bevölkerung an seinem Begräbnis ist Beweis für die Bekanntheit von Erich Rieger. Er war mehr als 40 Jahre aktiver Sänger des Sängerbunds Gunzenhausen, lange Jahre Schriftführer des Vereins und Organisator schöner Vereinsausflüge. Der Verein hatte ihm die Ehrenmitgliedschaft zugesprochen.
Mit dem „Gunzenhäuser Wörderbuch“ hat sich Erich Rieger sozusagen unsterblich gemacht. Das kleine Bändchen enthält viele mundartliche Wendungen, die somit dem Vergessenwerden entrissen wurden. Für die Gunzenhäuser Neubürger ist das „Wörderbuch“ ein schöner Pfad, damit sie auf der Suche nach den sprachlichen Besonderzeiten fündig werden. Dafür gebührt ihm immerwährender Dank. Viele Menschen sind ihm in seiner beruflichen Eigenschaft als langjähriger Verwalter des Gunzenhäuser Kreiskrankenhauses begegnet, im Landratsamt war er danach als Sachbearbeiter für den Öffentlichen Personennahverkehr zuständig.

In der Stunde des Abschieds, in der Pfarrer Bergmann das Leben des Verstorbenen noch einmal skizzenhaft aufzeichnete, offenbarte sich die Wertschätzung seiner Mitmenschen, die sich in großer Zahl auf dem alten Friedhof versammelten. Der Sängerbund entbot seinem Ehrenmitglied mit Trauerliedern einen letzten Gruß.
Das Mitgefühl gilt seiner Frau Inge und seinen drei Söhnen mit ihren Familien.

Werner Falk, Vorsitzender

Liebeserklärung an den „Porsche“

Walter Langohr war zu Gast auf dem Müßighof bei Absberg

Walter Langohr steuert den Porsche AP 17 aus dem Jahr 1950, links daneben Vorsitzender Werner Falk und rechts Oldtimersammler Fritz Beil.  Foto: FR Presse

Walter Langohr steuert den Porsche AP 17 aus dem Jahr 1950, links daneben Vorsitzender Werner Falk und rechts Oldtimersammler Fritz Beil. Foto: FR Presse

Es sind keine mentalitätsgeschichtlich-wissenschaftlichen Beiträge, die Walter Langohr in seinen drei Büchern liefert, dafür mehr sind es kurzweilige und absolut authentische Geschichten, der Autor in seiner Jugendzeit in Sinbronn bei Dinkelsbühl als Bauernbub erlebt hat. Später war er als Agraringenieur und Projektbegleiter viel in der Welt unterwegs. Dabei gewann er immer wieder die Erkenntnis: Daheim im Frankenland ist es doch am schönsten!
Auf Einladung des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen war Walter Langohr aus Marktheidenfeld auf dem Müßighof von Regens Wagner bei bei Absberg und erzählte von seinen Erlebnissen, die er in den drei Bücheren „Hurra, wir haben einen Porsche!“, „Schlitzohren, Langohren und Trakto(h)ren“ sowie „Schön, schön war die Zeit“ beschrieben und in einer CD-ROM besprochen hat. In all seinen Erzählungen kommt die Liebe zum Landleben zum Ausdruck, gepaart mit einem reichhaltigen gedanklichen Archiv zur Landtechnik.
Fritz Beil aus Seitersdorf von den „Oldtimerfreunden Fränkisches Seenland“ hatte zur Freude des Gastes aus Unterfranken seinen Porsche AP 17 (Baujahr 1950) auf dem Hof zur Schau gestellt, Willi Brummer vom Röthenhof einen „Porsche Super“ (Baujahr 1963). Am Beispiel des 18 PS starken Schleppers, der heute unter Sammlern für fast das Dreifache seines urspünglichen Preises gehandelt wird, skizzierte Porsche-Fan Langohr die Entwicklung der Landtechnik. Die Allgaier-Werke in Uhingen gaben den Traktorenbau übrigens auf der Höhe ihres Erfolgs an Porsche-Diesel-Motorenbau“ weiter. Wolfgang Porsche, der heutige Aufsichtsratsvorsitzende des Imperiums, hat übrigens in Zell am See bei Salzburg eine ansehnliche Traktorensammlung. Er ist auch immer wieder bei den Oltimerveranstaltungen zu sehen. In Miniaturform steht der Vorgänger „Allgaier“ auf dem Schreibtisch von Dieter Hundt, dem Seniorchef der Allgaier-Werke in Uhingen und langjährigen Präsidenten des Deutschen Arbeitgeberverbands.
Walter Langohrs Erzählungen rankten sich um Begebenheiten auf dem Dorf. Er hat sie dem Vergessenwerden entrissen und mit seiner publizistischen Arbeit der Nachwelt somit ein Stück dörfliche Kulturgeschichte geschenkt. Natürlich ist der 73-Jährige geneigt, der alten Zeit nachzutrauern („Gewinnmaximierung ist nicht alles“), aber er hat sich dennoch den Blick auf die Realitäten bewahrt.
„Wir haben einen schönen Ausflug in die dörfliche Welt der fünfziger und sechziger Jahre erlebt“, fasste Vorsitzender Werner Falk die Lesung im Hof des RW-Anwesens zusammen. Die Gäste hatten die Gelegenheit, auch das Bauernhofmuseum auf dem Müßighof anzusehen.