Sachkundiger Begleiter des Vereins für Heimatkunde war Martin Burkert
„Der kleine Mann von Spalt“ – das ist der vom Lateinischen ins Deutsche übersetzte Name „Spalatin“. Georg Burkhardt, der 1484 als unehelicher Sohn des Dekans vom Nikolausstift im Städtchen als „Kind der Sünde“ geboren wurde und später seinen bürgerlichen Namen lateinisieren ließ, ging einen für ihn und die damalige Zeit ungewöhnlichen Lebensweg. Er durfte studieren und wurde zum Freund des Reformators Martin Luther. Dass ihm die Stadt Spalt nach 500 Jahren sozusagen aus dem Fegefeuer holte und ihm als ihren berühmtesten Sohn ein Denkmal setzte, das offenbart, dass sie heute ein unverkrampftes Verhältnis zu ihrer Geschichte hat.
Martin Burkert, der ehemalige Nürnberger Richter und spätere Präsident des Landgerichts Leipzig, hatte die Mitglieder des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen bereits bei einer Vortragsveranstaltung im Mai mit dem Freund Luthers bekannt gemacht. Und führte er eine 42-köpfige Gruppe durch die Hopfen- und Bierstadt, die freilich für den kulturgeschichtlich interessierten Gast mehr zu bieten hat als das neue und attraktive Museum „HopfenBierGut“ im ehemaligen Kornhaus. Aber bevor Spalt zur Hopfenanbauregion mit einem klangvollen Namen in der ganzen Brauwelt wurde, wuchs Wein auf den Hängen über dem Rezattal. Das jedenfalls besagt eine Güterbeschreibung aus dem Jahr 1031. Zuvor schon, nämlich 810, bestand das Kloster Salvator, die Keimzelle der heutigen Stadt.
Das ältere Kloster St. Emmeram ist die Stiftung einer Nürnberger Familie. Die zunächst romanische Basilika wurde 1698 barockisiert. In der Kirche ist die Madonna zu bewundern, die Spalatin 1519 den Spaltern gestiftet hat. Etwas jünger ist die zweite Spalter Kirche, die dem Heiligen Nikolaus geweiht ist. Sein Atribut sind die drei goldenen Kugeln. Im Gotteshaus gibt es viele Fresken mit Nikolaus-Darstellungen. Die beiden Chorherrenstifte wurden übrigens 1609 vereinigt – und 1806 im Zuge der Säkularisierung aufgelöst.
Auf dem Spaziergang entlang der Stadtmauer präsentierte Martin Burkert den Gästen das facettenreiche Spalt auf ganz sympathische Art. Charakteristisch sind die steilen Dächer der Hopfenhäuser mit ihren bis zu sechs Geschossen. Aufmerksamkeit findet unter den Geschichtsinteressierten stets die „Judensau“-Darstellung an einem Haus in der Stiftsgasse. Sie stammt aus dem 15. Jahrhundert und ist die Darstellung eines Juden mit einem Schwein, also einem für Juden unreinen Tieres. Die Juden wurden so im Mittelalter als Gottesmörder verhöhnt. Von einem „dunklen Fleck in der Spalter Geschichte“ spricht daher der Heimatverein Spalter Land, der eine Tafel nebenan anbringen ließ, um das Relief verständlich zu machen.
„Er durchbricht die Mauer!“ So interpretiert Martin Burkert das Denkmal von Verena Reimann, das am Gabrieliplatz vor der Nikolauskirche steht. Spalatin wird dargestellt als einer, der aus der Mauer heraustritt, gleichsam ein Sinnbild für die nach etlichen Jahrhunderten gewonnene neue Perspektive der katholischen Spalter mit Blick auf ihren berühmten protestantischen Sohn.
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