Eltern soll ein Großtagespflege-Angebot gemacht werden
Die Stadt Gunzenhausen will der ersten Großtagespflegeinrichtung im Landkreis möglicherweise geeignete Räume anbieten (ehemaliger Kindergarten in der Bühringerstraße). Aber was ist die Großtagespflege? Fachberaterin Karin Baumgärtner vom Jugendamt (Landratsamt) informierte kürzlich die Mitglieder des Gunzenhäuser Stadtrats. Vorausgegangen war eine Besichtigung einer solchen Einrichtung in Roth.
Das Kinderbildungs- und –betreuungsgesetz in Bayern ermöglicht die Betreuung von Kindern in Tagespflege. Die Großtagespflege ist eine Form der Kindertagesbetreuuung (bis zu 14 Jahren) in einer überschaubar kleinen Gruppe. Dazu schließen sich zwei bis drei Tagespflegepersonen zusammen und betreuen gemeinsam sechs bis zehn Kinder (maximal 16). Die Tagesmütter müssen bei einer Einrichtung bis acht Kinder eine Qualifizierung von 160 Stunden nachweisen, sind es mehr als acht, dann muss eine pädagogische Fachkraft dabei sein. Hauptsächlich geht es darum, die Randzeiten abzudecken, die von den Eltern gewünscht werden (ab 6 Uhr, bis 20 Uhr). Sie werden ansatzweise in bestehenden Kitas schon angeboten, aber nicht generell).
Wie Karin Baumgärtner mitteilte, hat es im letzten Jahr im Landkreis 45 Betreuerinnen gegeben, zugleich 79 Betreuuungsverhältnisse. In Gunzenhausen haben sich zwei Tagesmütter gemeldet. Tendenziell ist die Bereitschaft, als Tagesmutter tätig zu werden, rückgängig. Das ist auch auch auf den bürokratischen Aufwand zurückzuführen, den viele Frauen scheuen.
Im Gunzenhäuser Stadtrat gab es zumeist negative Stimmen zur Großtagespflege. Sowohl CSU- wie SPD-Vertreter kritisierten das Angebot des Staats als „Kita light“ und monierten vor allem die gravierenden Unterschiede bei der Qualifikation der Betreuerinnen. Immerhin müssen Erzieherinnen eine fünfjährige Ausbildung absolvieren, um angestellt zu werden, für die Tagesmütter in der Großtagespflege aber reichen 160 (!) Stunden aus.
Die offen sichtliche Diskrepanz macht meiner Meinung nach deutlich, dass die Ausbildungszeit von fünf Jahren für Erzieherinnen zu lange ist. Früher haben dazu vier Jahre ausgereicht, vor Jahrzehnten war die Ausbildungszeit der „Kindergärtnerinnen“ noch kürzer. Inzwischen gibt es in einigen Bundesländern schon das Bemühen, die Erzieherinnen-Ausbildung wieder auf vier Jahre zu reduzieren. Hinter dem Festhalten an der langen Ausbildungszeit darf man auch die Lobby der Kindergartenträger vermuten, die in den ein Jahr tätigen Praktikantinnen billige Arbeitskräfte haben.
Generell finde ich ist es für eine Kulturnation wie Deutschland eine Schande, wie gering der Staat die hochqualifizierten Erzieherinnen bezahlt. Sie bekommen heute zwischen 2300 und 3900 Euro (brutto). Da lässt sich ausrechnen, was je nach steuerlicher Veranlagung netto bleibt. Die Erzieherinnen schneiden gegenüber anderen Berufsgruppen, die keine so hohe Verantwortung für die Erziehung unserer Kinder in den ersten Lebensjahren haben, meist viel besser ab. Es ist traurig, aber wahr: In unserer Gesellschaft stehen Technikfreaks höher im Kurs als Erzieher.
Ob die Stadt eine Großtagespflege ermöglicht, indem sie die Räume im ehemaligen Kindergarten zur Verfügung stellt (nur für einen Teil der Räume erhält sie Miete), ist noch nicht entschieden. Die Fraktionen beraten noch darüber.
Für mich ist wichtig, dass den Eltern realistische Verweilzeiten in den Kindertagesstätten angeboten werden. Das kann in den vorhandenen Einrichtungen geschehen. Das wäre wohl die beste Lösung. Aber ob die alle so ein Angebot machen können, ist fraglich. Mich ärgern auch die unterschiedlichen „Bezahlsysteme“ , die für Erzieherinnen und Tagesmütter gelten, aber letztlich sollten wir doch den Eltern entgegen kommen, die auf eine solche Großtagespflege (mit flexiblen Zeiten) angewiesen sind, weil sie sonst Familie und Beruf nicht auf einen Nenner bringen können. Es geht ja auch um ein Angebot für Kinder bis zu 14 Jahren, es beschränkt sich nicht auf die U3-Kids oder die bis zu Sechsjährigen.
Werner Falk, Stadtrat der FDP
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