Hygiene auf dem Land

Große Jahresausstellung zum Gesundheitswesen im Freilandmuseum

Waschtag auf dem Land. Foto: Wilhelm Nortz (1935)


Lieferschwierigkeiten bei Desinfektionsmitteln! Wir alle lernen gerade wieder neu, wie wichtig Händewaschen ist. In Zeiten des Coronavirus ist jeder Ein-zelne gefragt, durch persönliche Hygiene seinen Betrag zur Eindämmung der Gefahr zu leisten. Wie die neue Idee der Hygiene das Leben der Men-schen seit den 19. Jahrhundert tiefgreifend veränderte und verbesserte, er-zählt ab 4. April die neue Jahresausstellung des Fränkischen Freilandmu-seum des Bezirks Mittelfranken. Eine zusätzliche Schau schlägt den Bogen ins Mittelalter zum Beruf des Baders und weckt so die Vorfreude auf die Er-öffnung des Badehauses aus Wendelstein im Oktober.
„Nicht nur sauber, sondern porentief rein“ muss es sein – vielen klingt dieser Slogan, mit dem die Werbefigur Klementine seit Ende der 1960er Jahre ein Waschmittel anpries, noch in den Ohren. Obwohl heutzutage völlige Keim-freiheit gar nicht mehr als wünschenswert gilt, versprechen zahlreiche Pro-dukte weiterhin das ultimative Wohlgefühl in einem blütenreinen Zuhause. In der Ausstellung, die die Arbeitsgemeinschaft Süddeutscher Freilichtmu-seen erarbeitet hat, führen Exponate und historische Fotografien vor Augen, wie rasch die auf Erkenntnissen der Bakteriologie beruhende moderne Vor-stellung von Hygiene im 19. Jahrhundert auch auf dem Land wirksam wurde, egal ob in Form der Körper-, Kleider- und Lebensmittelhygiene oder als Seuchenbekämpfung im Stall.
Präsentiert werden sowohl jene Dinge, die sauber gehalten werden sollten, als auch Hilfsmittel und Werkzeuge zur Steigerung der Sauberkeit: Das reicht von Waschbrett und Teppichklopfer über Bürsten und Besen bis hin zu Ra-sierapparat und Seife. Eine Schlüsselrolle bei der praktischen Umsetzung der Hygiene kam den Frauen zu: Eine verbesserte Bildung, zum Beispiel auf den Landwirt-schaftsschulen, machte sie zu Botschafterinnen der neuen Ideen. Den Anspruch „Sauberkeit zu jeder Zeit“ haben besonders die Frauen geradezu verinnerlicht.

Schwitzen, Schröpfen und Kurieren

Im Spätmittelalter gab es in sehr vielen fränkischen Dörfern und Städten öffentliche Badhäu-ser. An den Badetagen strömten die Menschen herbei, um neben dem großen Badofen zu schwitzen oder sich vom Bader schröpfen zu lassen. Nach der antiken Säftelehre war es zum Erhalt der Gesundheit nötig, überflüssige Körpersäfte loszuwerden. Dazu wurden in der Badstube Schweiß oder – beim blutigen Schröpfen – auch in geringen Mengen Blut vergos-sen. Als die Zahl der Badetage in der Frühen Neuzeit allmählich abnahm, behielten die Ba-der ihre Bedeutung als handwerklich gebildete Wundärzte und Heiler, denn insbesondere auf dem Land gab es bis ins 19. Jahrhundert kaum studierte Ärzte. Die in der Ausstellung ge-zeigten wundärztlichen Instrumente mögen uns heute zum Teil schaudern lassen, doch ret-tete ihr kundiger Gebrauch viele Leben. Die allerletzten fränkischen „Boder“ zogen noch im 20. Jahrhundert Zähne oder öffneten Abszesse, wie Zeitzeugen in einer Hörstation sehr an-schaulich berichten. In der Ausstellung können die Besucher selbst testen, wie es sich in ei-nem historischen Schwitzkasten anfühlt.
Info: Große Sonderausstellung „Sauberkeit zu jeder Zeit!“ – Hygiene auf dem Land 4. April – 13. Dezember 2020 in der Ausstellungsscheune Betzmannsdorf. Wir behalten uns vor, kurzfristig auf die aktuelle Gefährdungslage durch den Coronavirus zu reagieren. Aktuelle Absagen und Schließungen entnehmen Sie bitte unserer Webseite und den Sozialen Medien. Eintritt Freilichtmuseum 7 €, ermäßigt 6 €, Familien 17 €, Teilfamilien 10 €.

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Die Beiträge kommen vom Herausgeber und von Gastautoren. Im Mittelpunkt stehen kommunalpolitische und gesellschaftspolitische Themen. In meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen ist es mir wichtig, historische Beiträge zu veröffentlichen.

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