Oellermann-Schüler sind in Kalbensteinberg am Werk
Den Restauratoren Ingo Trüper und Anja Maisel sind die Kunstwerke in der Kalbensteinberger Rieter-Kirche bestens vertraut. Alljährlich kommen die beiden Spezialisten für mittelalterliche Gemälde und Skulpturen für einen Tag nach Kalbensteinberg und fahnden dort nach Anzeichen für Schädigungen.
So auch in diesem Jahr. Meist arbeiten sie im Stillen vor sich hin, kaum wahrgenommen von der Öffentlichkeit, säubern Schnitzereien und kleben Farbabplatzungen und Risse an den Figuren. Diesmal wollten sie aber höher hinaus: mit der nötigen Vorlaufzeit war die Wartung der an den Langhauswänden hängenden rieter’schen Totenschilde geplant. Die befinden sich in einer Höhe, die laut Berufsgenossenschaft nicht mehr mit Leitern erklommen werden darf. Mit der Einrüstung wurde schließlich eine Fachfirma beauftragt, die mit der notwendigen Sensibilität bis hin zum obersten Engelspaar ein stabiles Gerüst installierte.
Dem Expertenblick entging nichts. Mit Fingerspitzengefühl säuberten die Restauratoren die Objekte und klebten sich absplitternde Farbaufträge und fragile Kleinteile wie der Helmzier oder dem Gitter an einem geschnitzten Turnierhelmchen. Substanzielle Schäden waren nicht festzustellen. Auch Holzwurmbefall, der sich erschreckenderweise in den letzten Jahren verstärkt in den Langhausbänken und der Empore des Kalbensteinberger Gotteshauses ausgebreitet hat, konnte zumindest an den Schilden nicht festgestellt werden. Die zahlreich vorhandenen Bohrlöcher waren sehr viel älteren Datums. Vermutlich zeigen in den 70er Jahren aufgebrachte Holzschutzmittel ihre Restwirkung. Damals wurden „ordentlich“ die Rückseiten der Schnitzwerke eingestrichen, wie Ingo Trüper weiß.
Die beiden in Rückersdorf bei Nürnberg ansässigen Restauratoren haben vor fast 15 Jahren die Werkstatt ihres Vorgängers Eike Oellermann übernommen, bei dem Trüper bereits mehrere Jahre in Diensten stand. In der Metropolregion sind sie übrigens auch keine Unbekannten. Ihrem fachmännischem Blick wird die Kunst noch weit bedeutenderer Kirchen anvertraut, u. a. die der Schwabacher Stadtkirche oder auch der berühmte „Engelsgruß“ in der Nürnberger Lorenzkirche, den sie erst 2013 – unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit – in Augenschein genommen hatten. Aber auch hier in Kalbensteinberg kennen sie „ihre Pappenheimer“. So sehen sie ihre Verantwortung nicht zuletzt darin, den Zustand der Kunstwerke über die Jahre im Auge zu behalten und mögliche Veränderungen zu verfolgen. Damit gewährleisten sie eine Kontinuität, die häufig, sei es durch Überlastung oder Desinteresse bei den Verantwortlichen in den Kirchengemeinden, sonst nicht mehr gegeben wäre. Sie würden rechtzeitig Alarm schlagen und mit Pinsel und Paste anrücken, wäre was im Argen. Für die Kunstwerke ist es natürlich am allerbesten, wenn es für die beiden erst gar nichts zu tun gibt.
THOMAS MÜLLER
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