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Nichts mehr wird so sein, wie es war!

Betrachtung der weltpolitischen Lage

Der Auftritt des amerikanischen Vizepräsidenten James David („JD“) Vance hat alle Befürchtungen der Europäer bestätigt: „Amerika first!“ ist die Parole der neuen US-Regierung unter Donald Trump. Seine Politik gleicht einer Dampfwalze, die rücksichtslos in Gang gesetzt wird. Verständigung mit Partnern – das war einmal, heute phantasiert er über die neue Weltordnung.  Die Nato-Partner werden brüskiert und es wird ihnen signalisiert, dass man von US-Seite aus kein Interesse mehr an einer gemeinsamen Strategie hat.

Autor Werner Falk war 28 Jahre Redaktionsleiter des Altmühl-Botens und ist seit 2014 für die FDP im Stadtrat und seit 2020 im Kreistag. Foto: Studio Formann

Diese Entwicklung ist nun schneller gekommen als die meisten Menschen in Europa nach der US-Wahl gedacht haben. Die Rede von JD Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz war ein gewaltiger Einschnitt in das bisher gut funktionierende westliche Bündnis, eigentlich schon eine Zäsur.  Sie hat allen die Augen geöffnet. Die uns täglich aus Washington erreichenden Nachrichten zerstören die bisherige politische Struktur in Europa.  Das Agieren von Trump und Vance ist die Abkehr von einem Miteinander der politischen Kräfte des Westens. Darauf hatten wir stets vertraut. Die Politik von Trump sagt uns ganz einfach: Gut ist, was Amerika nützt! Es soll Vorteile geben für die amerikanische Seite – ohne Rücksicht auf die Partnerländer.  Zu diesem Zweck werden Deals angeboten, die aber keine gerechten Geschäfte sind.

Selbst bisherige Partner schauen in die Röhre. Ein erster Beleg dafür ist die Ukraine-Politik von Trump, die sich gar nichts schert und bisherige internationale Vereinbarungen. Der US-Präsident will mit der Ukraine buchstäblich kurzen Prozess machen. Er hat nicht das Selbstbestimmungsrecht des  von Russland überfallenen Landes im Sinn, sondern nur sein Interesse an einer wirtschaftlichen Ausbeutung des rohstoffreichen Landes.  Die Nachkriegsordnung kümmert Trump nicht, wenn er erst einmal mit Putin das Land aufgeteilt hat. Sie überlässt er großzügigerweise den anderen Nato-Ländern, die in der Summe bisher mehr für die Ukraine getan haben als die USA.

Was soll angesichts der neuen Lage aus Europa werden? Antworten darauf fallen augenblicklich schwer.  Wird es das Nato-Bündnis in einem Jahr überhaupt noch geben? Kann oder muss sich Europa zu einem neuen Verteidigungsbündnis ohne die USA durchringen?  Fragen über Fragen tun sich auf.

In der wirtschaftlichen Zusammenarbeit stehen die Signale ebenfalls auf Sturm. Die Ankündigung Trumps, hohe Zölle einführen zu wollen, künden davon, dass er von der europäischen Wirtschaftsordnung (und der Mehrwertsteuer) nichts hält. Es offenbart sich das totale Abhängigkeitsverhältnis Europas von den USA. Eine schnelle Kurskorrektur der europäischen Staaten als Antwort auf die Trump-Forderungen ist aktuell gar nicht vorstellbar.  Wie also kann die Zukunft aussehen? Trump will, dass mehr in den Vereinigten Staaten produziert wird – zum Leidwesen der europäischen Wirtschaft.  Es ist momentan verwegen, in Europa über eine neue Strategie (möglicherweise unter Einbeziehung von China) nachzudenken. Die chinesischen Führer laden zwar dazu ein, aber kommt Europa damit nicht vom Regen in die Traufe? Die aktuelle Handelsbilanz sagt alles. Der Import von chinesischen Produkten ist ohnehin schon groß genug.

Müssen die Europäer mit den Trump-Alleingängen leben? Eigentlich sind die Vereinigten Staaten demokratisch verfasst, ja sie waren für Deutschland immer ein Vorbild in Sachen Demokratie. Nun aber müssen wir erkennen, dass sich dort die Demokratie als Auslaufwerk („lahme Ente“) präsentiert.  Man fragt sich: Wo bleiben die demokratischen Kräfte? Gibt es den Senat  und das Repräsentantenhaus als „demokratische Instrumente“ noch? Fast könnte man aufgrund der Berichterstattung aus den Vereinigten Staaten annehmen, sie hätten sich aufgelöst. Was ist mit den oppositionellen Kräften? Was macht die Justiz? Wo bleibt die demokratische Ordnung  in der „größten Demokratie der Welt“, wie uns seit Jahr und Tag als Vorbild suggeriert wird ?

Es sind aufregende Zeiten, die vor uns stehen. Aber zunächst sind wir Deutsche gefragt, wie wir es mit unserer Demokratie halten. Ich will die Wähler der AfD nicht verteufeln. Sie sind die Summe einer großen Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit den politischen Verhältnissen in Deutschland. Die AfD hat zweifellos einen Kern von Neo-Nationalsozialisten, aber die meisten ihrer Wähler sind klassische Protestwähler. Etliche Forderungen der AfD sind von der Sache her berechtigt, aber andere wiederum wollen eine andere politische Ordnung, eine Abkehr von demokratischen Strukturen, ein anderes Deutschland. Allein ihre Forderung, sich aus der Europäischen Union und deren umfassendem Netzwerk zu lösen, den Euro aufzugeben und zu einer nationalen Politik zurückzukehren, ist für unser Land katastrophal. Die Folgen einer solchen Politik würden am ersten am stärksten jene Mitbürger treffen, die heute am meisten von Europa profitieren. Nur: über Selbstverständlichkeiten wie die Reisefreiheit in Europa macht sich heute keiner mehr Gedanken. Und die jungen Männer? Wollen sie zum Wehrdienst, den die AfD für sie bereithält?  Wohl kaum.

Das im Grundgesetz verankerte individuelle Asylrecht gilt immer noch! Es betrifft jene Menschen, die in ihren Heimatländern in Bedrängnis geraten sind und sich vor Gefahren schützen wollen. Aber wir müssen nach vielen Jahren einer wohl nicht von allen richtig verstandenen Willkommenskultur erkennen, dass nicht alle Flüchtlinge, die zu uns kommen, „guten Willens“ sind.  Das verrät die gestiegene Kriminalitätsrate vorzugsweise in den Ballungsräumen. Es hätte längst die Ansage gelten müssen: Straftäter haben kein Bleiberecht! Ausländer, die nachweislich ein Recht auf Asyl haben, müssen wir aufnehmen und ihnen eine Chance geben. Schneller als bisher sollten wir sie nach individueller Prüfung in unsere Gesellschaft (und unseren Arbeitsmarkt) aufnehmen.  Viele Firmen in Deutschland, auch und gerade kleine Handwerksbetriebe, könnten heute nicht mehr ohne die Zuwanderer existieren. 

Es macht mich aber zornig, wen ich höre und lese, dass Familien, die sich in vielen Jahren in Deutschland integriert haben, deren Kinder in unseren Schulen beste Leistungen zeigen und die ihren Lebensunterhalt durch Arbeit selbst bestreiten, von einem Tag auf den anderen abgeschoben werden sollen. Es verwundert mich, dass Ausländerbehörden, die oft jahrelang die Zustände offenbar untätig hingenommen haben, plötzlich so aktiv sein können.

Jeder Wähler in Deutschland muss abwägen, ob sein Protest mit dem Stimmzettel die gewünschte Änderung bringt.  Im Blick haben sollten wir  immer die Regierbarkeit des Landes. Die war bisher immer gegeben, auch wenn die letzte Bundesregierung vorzeitig aufgegeben hat.  In der Bundesrepublik sind wir in den letzten siebzig Jahren mit den „etablierten Parteien“ ganz gut gefahren. Aber was bringt es dem Wähler, wenn es diese verlässliche Ordnung nicht mehr gibt?  Die Erfahrung zeigt, dass stabile Verhältnisse mit politischen Randgruppen schwer zu erreichen sind, vor allem, wenn sie eine Größe erreichen, die den politischen Konsens unmöglich machen.

Nach der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar, also in ein paar Tagen,  wissen wir mehr. Ich wünsche unserem neuen Bundestag – uns somit unserem ganzen Land –  eine stabile politische Basis, die es ermöglicht, eine Regierung zu bilden, die den Erfordernissen der Zeit Rechnung trägt. Wir haben in den letzten drei Jahren erkennen müssen, dass in den Grundzügen ganz unterschiedliche Partner nicht beständig und gut regieren können. Das sollte uns ein weiteres Mal erspart bleiben.

WERNER FALK

Alltagsheld sein!

Pflegekinderfachdienst informiert

Am 12. Juli erhalten die Kundinnen und Kunden in 11 Bäckereien im Landkreis die Aktionstüte „Alltagsheld sein!“. Bildnachweis: Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen/ Claudia Wagner


Pflegeeltern sind für Kinder, die aus verschiedenen Gründen nicht bei ihren leiblichen Eltern leben können, enorm wichtig. Leider benötigen mehr Kinder eine Pflegefamilie, als es passende Familien gibt, die bereit sind diese anspruchsvolle Aufgabe zu übernehmen. Der Pflegekinderfachdienst macht deshalb mit seiner Aktion „Alltagsheld sein!“ auf dieses wichtige Thema aufmerksam. Am 12. Juli verteilen verschiedene Bäckereien im Landkreis die Aktionstüten anstatt ihrer eigenen Tüten und machen so auf das Thema aufmerksam.
Im Landkreis benötigen aktuell 84 Kinder einen Platz in einer Pflegefamilie. Dem gegenüber stehen 59 Pflegefamilien. „Mit der Aktion möchten wir genau auf diese Situation aufmerksam machen“, erklärt Ilona Ochsenkiel vom Pflegekinderfachdienst. Wenn jemand Interesse hat, kann er sich ganz unverbindlich beim Pflegekinderfachdienst melden und beraten lassen. „Natürlich begleiten wir die Pflegefamilien auch später – egal ob die Familien neu sind oder schon länger dabei“, ergänzt ihre Kollegin Julia Müller.
Insgesamt werden ab 12. Juli 30.000 Bäckertüten in 11 teilnehmenden Bäckereien im Landkreis verteilt. Mit dabei sind die Bäckereien Kleeberger und Naturkost Mundart in Gunzenhausen, Lechner in Dittenheim, Specht in Ellingen, Treiber in Ettenstatt, Spitzbart in Meinheim, Herzog in Muhr am See, Leikamm in Nennslingen, Mayer in Raithenbuch, das Backhäusle in Haundorf sowie der Lehner-Bäck in Treuchtlingen.
„Pflegefamilie zu sein ist eine sehr wichtige Aufgabe. Danke an alle Familien, die bereit sind, Kinder, die Hilfe brauchen, bei sich aufzunehmen“, bedankt sich Landrat Manuel Westphal. „Vor allem aber danke ich den Bäckereien, die den Pflegekinderfachdienst bei dieser tollen Aktion unterstützen!“
Der Pflegekinderfachdienst bietet auch regelmäßig Informationsveranstaltungen zum Thema „Pflegeeltern werden“ an, welche entweder Online oder in Präsenz stattfinden.
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Darüber hinaus hat der Pflegekinderfachdienst einen Informationsfilm entwickelt, welcher einen ersten Überblick bietet. Der Film ist auf dem YouTube-Kanal des Landkreises „Altmühlfranken“ zu finden. Gerne können sich Interessierte jederzeit bei Fragen an das Team des Pflegekinderfachdienstes telefonisch unter 09141 902-421 oder -431 oder per Mail an
jugendamt.lra@landkreis-wug.de wenden.

Für Behinderte da sein

Kommunales Ehrenamt jetzt ausgeschrieben

Eine wichtige Aufgabe unserer Gesellschaft ist die Verwirklichung der Gleichstellung von Menschen mit Behinderung. Um dies in allen Lebensbereichen zu gewährleisten und um die Interessen von Menschen mit Behinderung zu vertreten, gibt es auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung. Auch im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen wird dafür eine ehrenamtlich tätige Person ernannt. Interessierte können sich dafür noch bis zum 19. Juni 2024 bewerben. In diesem kommunalen Ehrenamt erwartet einen ein spannendes Arbeitsfeld. Mit der Tätigkeit kann ganz aktiv die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung verbessert werden, denn die Beauftragten werden in viele Prozesse und Fragen eingebunden.
Eine der wichtigsten Aufgaben ist die Beratung des Landkreises bei der Umsetzung des Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetzes. Durch die Tätigkeit können konkrete Belange von Menschen mit Behinderung an entscheidenden Stellen eingebracht und in Planungen verschiedener öffentlicher Stellen berücksichtigt werden. In diesem kommunalen Ehrenamt gibt man auch Stellungnahmen in behindertenrelevanten Angelegenheiten ab und fördert so barrierefreie Maßnahmen beispielsweise an Bushaltestellen oder in öffentlichen Gebäuden. In Sprechstunden berät und unterstützt man Menschen mit Behinderung und ist somit eine wichtige Stütze im Alltag.
Für dieses vielseitige und interessante kommunale Ehrenamt sucht das Landratsamt eine Persönlichkeit, die über Erfahrung in sozialen Angelegenheiten verfügt. Insbesondere im Hinblick auf die Belange von Menschen mit Behinderung sollten genügend Kenntnisse vorhanden sein sowie Fachwissen im Behindertenrecht. Eine Aufwandsentschädigung wird gemäß der Satzung des Landkreises über die Entschädigung der ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürger gewährt. Die Bestellung erfolgt für die Dauer der Wahlperiode des Kreistages bis 2026.
Weitere Informationen sind online unter www.landkreis-wug.de/karriere zu finden. Bewerbungsschluss ist der 19. Juni. Interessierte können sich auch an die Personalabteilung des Landratsamtes wenden (personal@landkreis-wug.de, Telefon 09141 902-228).

Besser als sein Ruf

Deutschland zum Zeitpunkt des Jahreswechsels

Ein Jahresausblick wird in Zeiten sich überlappender Dauerkrisen immer schwieriger.  Aber es gibt auch Lichtblicke und die üblich gewordene Schlechtrederei löst kein einziges Problem!

Die Ausgangslage: Die in der Corona-Krise in die Sicherung der Gesundheitssysteme und das Aufrechterhalten des gesellschaftlichen Zusammenlebens geflossenen Milliarden müssen immer noch gegenfinanziert werden. Der so nicht vorhersehbare Angriffskrieg des imperialistischen Russlands auf ein von ihm selbst als souveräner Staat anerkanntes Nachbarland hat massive Auswirkungen auf die Stabilität in Europa und belastet durch solidarische Unterstützungsleistungen unsere Haushalte sowie zunehmend auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die zügellose

Regionalberater Dieter Popp

Aggression, mit der Putin weitere Nachbarn bedroht, vermittelt wenig Hoffnung auf ein baldiges Kriegs-Ende. Der im Nahen Osten seit 80 Jahren ungelöste Konflikt wird auf unsere Straßen und in unsere Gesellschaft getragen. Dazu lässt China seine Muskeln gegenüber Taiwan spielen und gefährdet die Stabilität im Pazifikraum durch eine imperialistische Machtpolitik. Überlagert werden alle diese Frieden und Solidarität bedrohenden Auseinandersetzungen noch durch eine auch nicht ansatzweise gelöste dramatische Klimaveränderung. Das „wärmste je gemessene Jahr“ und eine nur vage formulierte Absage an fossile Brennstoffe auf der COP28 in Dubai markieren daher ein eher hoffnungsloses Zukunftsbild.
Wie sollten wir da für 2024 noch Zuversicht ausstrahlen können?

Immerhin ist unbestritten, dass Deutschland relativ gut durch die Unwägbarkeiten der Corona-Krise geführt wurde. Die Menschen unseres Landes konnten diese Zeit so überstehen, wie sich dies die Mehrheit der Bevölkerung global auch nur ansatzweise gewünscht hätte.
Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg und die zuvor politisch gewollte Abhängigkeit von billigem Gas, konnten Energieknappheit, vor allem Gasmangel abgewendet werden und auch die Energiepreise sind wieder gesunken. Der Anteil erneuerbaren Stroms lag erstmals mit 52 % bei mehr als der Hälfte des Jahresbruttostromverbrauchs. „Verglichen mit anderen Ländern steht Deutschland insgesamt gut da,“ stellte deswegen Bundesbank-Präsident Nagel im Herbst fest.
Lokal vor unserer fränkischen Haustüre entstehen immer mehr Energieallianzen von Kommunen mit Bürgerbeteiligung, es wird also die Zukunft ohne fossile Energie auch praktisch gelebt. Und 69 % der Deutschen befürworten laut Helmholtz-Zentrum Potsdam diese Umstellung auf die erneuerbaren Energien. Der Kohleverbrauch sinkt massiv, obwohl er weltweit noch um 1,4 % angestiegen ist.
Auch die CO2-Emissionen sinken und eine erste europäische Großbank (Crédit Agricole) hat entschieden, künftig keine fossilen Brennstofftechnologien mehr zu finanzieren. Weitere kündigen an, diesem Schritt zu folgen.
Trotz eines Bevölkerungsanstiegs ist im gleichen Zeitraum der Haushaltsmüll um 8 % gesunken, eine bemerkenswerte Reduktion wie das Umweltbundesamt anerkannte.
Die deutschen Industriefirmen sind global wettbewerbsfähig, die Inflation sinkt, die Zinsen werden nicht mehr weiter erhöht, der Aktienindex hat ein Allzeithoch erreicht, die Immobilienpreise rutschen nach unten und viele heimische Unternehmen überzeugen mit Innovation und Kreativität. „Die Wirtschaftspolitik ist deutlich besser als ihr Ruf“, resümiert daher auch DIW-Chef Marcel Fratzscher im November. Aber auch die Steuerzahlenden dürfen lt. jüngsten Untersuchungen der Uni Erlangen im Jahre 2024 auf spürbare Netto-Entlastungen hoffen. Und VDMA-Präsident Karl Haeusgen bemerkte im Oktober: „Es ist wirklich viel auf den Weg gebracht worden und das Gerede von der angeblich bevorstehenden Deindustrialisierung Deutschlands halte ich für unbegründet.“

Es gibt sie also doch, die guten Gründe an ein gutes Jahr 2024 zu glauben.
Mit einer wohldosierten Portion Optimismus werden wir daher auch in der Lage sein, eine solche Grundstimmung zum Ausgangspunkt kreativer Veränderungen zu nutzen.
Aber es darf dabei nicht verdrängt werden, dass auch wir vor großen Herausforderungen stehen, deren Lösung erhebliche und vor allem solidarische Antworten bedingen.

„Klima-Asyl“, unter dieser Überschrift berichteten kürzlich australische Medien über das Abkommen von Australiens Regierung mit dem pazifischen Inselstaat Tuvalu. Alle 10.000 in diesem Land lebenden Menschen dürfen künftig in Australien arbeiten, studieren und leben. So verkündete es der australische Premierminister Anthony Albanese zusammen mit seinem Amtskollegen von Tuvalu, Kausea Natano. Nur auf diese Weise können die Menschen von Tuvalu der Bedrohung der steigenden Meeresspiegel entkommen, die ihre Existenz jetzt umso mehr gefährdet sehen, als es beim COP28 in Dubai fatalerweise wieder zu keinen konkreten Um-
setzungsschritten zur globalen Reduktion fossiler Energien kam. China, Russland und zahlreiche arabische Länder – alle sind ölexportierende Staaten – haben dazu jeden Ansatz im Keim erstickt. Es fragt sich, wie lange diese sich dennoch weiter erfolgreich als „Heilsbringer“ bei den Entwicklungs-ländern andienen können? Und es gilt auch als sicher, dass die mehrere Millionen Menschen an den Küsten Afrikas, Amerikas, Asiens oder Europas kaum eine so großzügige Aufnahme erfahren werden, wie es Australien jetzt solidarisch mit Tuvalu gezeigt hat.

Aber auch wir stehen hier bei uns noch vor nicht gelösten Aufgaben.
Der Transformationsprozess zur Energiewende wird nämlich nur gelingen, wenn wir uns darüber bewusst sind, dass unsere noch zu 80 % mit Gas und Öl laufenden Heizungen – in vielen anderen europäischen Ländern sind es immerhin nur 20 % – möglichst schnell umgerüstet werden. Das so arg gescholtene Heizungsgesetz zeigt dazu die Wege auf. Es war ursprünglich als umfassendes Klimagesetz geplant und musste notgedrungen – unter dem Druck der Folgen des russischen Angriffskriegs in Europa -vorgezogen werden. Nachdem die getroffenen Energiemaßnahmen greifen, wurde das Gesetz nochmals angepasst und es gilt jetzt die damit eröffneten Chancen aktiv zu nutzen. Wenn wir keine dramatischen Folgen wie im Pazifik-Staat Tuvalu erleiden wollen, ist diese Energiewende jetzt überfällig. Dabei kann jeder Haushalt selbst entscheiden, was und wie diese Umstellung vollzogen wird. Aber ein „Zurück in die Bequemlichkeit der fossil geprägten Jahre“ wird und kann es in keinem Fall mehr geben. Dieser Realität müssen wir uns alle stellen!

Trotz unwiderlegbarer Fakten suchen aber immer mehr verunsicherte Menschen ihr Heil bei politischen Bewegungen mit den einfach klingenden Lösungen, die es aber nun einmal nicht gibt. Sicher auch eine Folge der zunehmend bequem gewordenen Informationsbeschaffung über die nur noch aus Überschriften bestehende Welt in sich geschlossener Filterblasen. Aber in 2024 steht sehr viel auf dem Spiel. Zahlreiche Menschen schätzen das Europäische Parlaments als „zu weit weg von der Lebenswirklichkeit“ ein. Eine fatale Fehleinschätzung über die Bedeutung von EU und gesamteuropäischer Politik! Und es droht nun in diesem Jahr durch die Europawahl eine bisher nicht für möglich gehaltene Machtverschiebung hin zu den Feinden von Demokratie, Menschenrechten und nationalistischen Bestrebungen. Und im Osten Europas steht ein nationalistischer Machthaber Putin, in dessen Augen wir alle – nicht nur die Ukraine – Nazis sind. Aber er meint damit nicht etwa diese Populisten, deren Wahlerfolg er sich nicht nur herbeisehnt, sondern auch ausdrücklich betreibt! Er meint uns alle in der Europäischen Union!
Es steht daher bei dieser Wahl auch unsere Freiheit auf dem Spiel: Zum Beispiel die durch Erasmus gebotenen Bildungschancen, um die unsere Jugend global beneidet wird. Die offenen Grenzen für die Menschen und die Wirtschaft. Der trotz aller Kritik nach wie vor starke und Zusammenhalt bildende Euro. Der Schutz von Minderheiten und der Respekt voreinander. Das Friedensprojekt EU darf daher den Populisten nicht geopfert werden, wir müssen selbstbewusst am 9. Juni unser Kreuz für diese Friedensgarantie und den weltweit bewunderten europäischen Freiheitstandard machen.

Das aber alles überragende Problem stellt die nur noch von Ewiggestrigen geleugnete globale Klimakrise dar. Die beiden letzten Weltklimakonferenzen von Dubai und Scharm-asch-Schaich haben leider weitreichende und konkrete Beschlüsse verweigert. Vor allem China, Russland, die arabischen Staaten und auch Indien beharren auf ihrem fossilen Irrweg. Kommt es bei den Präsidentschafts-wahlen in den USA zu dem befürchteten Wechsel, fügt sich dieser unheilvollen Allianz ein weiterer globaler Player an. Dann wird die EU der einzige wirkmächtige Hoffnungsträger vieler durch den Meeresspiegelanstieg in ihrer Existenz bedrohten Staaten sein. Auch dies macht transparent, welche Bedeutung die anstehende Europawahl hat, um wenigstens hier noch eine klima-stabilisierende Politik zu gewährleisten.
Der EGP-Bericht 2023 des UN-Umweltprogramms mit Sitz in Nairobi sieht die Welt auf eine Erwärmung bis 2100 – also in nur einem Menschenalter- in der Größenordnung von Drei-Grad zulaufen! Und die Hälfte all dieser globalen Emissionen verantworten die reichsten 10 % der Weltbevölkerung (dazu zählen auch wir), während nur 12 % der Emissionen zu Lasten des ärmeren Anteils mit 50 % der Weltbevölkerung geht. Die Lösung der globalen Klimakrise wird daher nur über eine solidarische Politik möglich werden. Von den Weltklimakonferenzen ist offenkundig eine solche Lösung nicht zu erwarten. Und die nächste dieser Konferenzen findet erneut in einem der erdölexportierenden Länder statt, keine gute Aussicht…

Lokal laufen glücklicherweise aber bereits sehr viele Maßnahmen an, die das vollzogene Umdenken sichtbar machen. Eines dieser Mut auslösenden Beispiele ist die kommunale Windkraft-Allianz durch die Kommunen auf dem Hahnenkamm. Eine weitere wäre die Umsetzung der Planungen für die Erhaltung der Grünlandlebensräume im Mittleren Altmühltal durch das Bundesprogramm „chance.natur“. Hier ist das Umdenken wohl noch nicht überall angekommen. Denn sonst könnte es keinen so hinhaltenden Widerstand gegen ein Projekt geben, das zur Sicherung grundwassernaher Wiesenlandschaften geplant ist, wenn man nur einmal an die Dürre des letzten Sommers denkt. Genau solche Projekte werden künftig überall eine zwingende Notwendigkeit, da wir ja global kaum vor 2100 erleben werden, dass die Treibhausgasemissionen wieder sinken können. Bis dahin werden lt. UN-Bericht ein Drittel der Weltbevölkerung Durchschnittstemperaturen von unbeschreiblichen 29 Grad Celsius ausgesetzt sein (aktuell 13° hier bei uns). Wegen dieser globalen Klimazusammenhänge werden uns u.a. diese Dürren auf viele Jahrzehnte auch in Franken begleiten, ehe das Weltklima ganz langsam wieder zurückpendeln kann (aber nur wenn uns dieser Kraftakt international tatsächlich noch gelingen sollte). Und genau für diese Zeitspanne braucht es Brückenstrategien. Beispielsweise auch zum Abmindern der unweigerlichen Folgen der hausgemachten Dürre. Denn in einer Anhörung im Bayer. Landtag hatte vor einem Jahr Karl Auerswald, Lehrstuhlinhaber für Grünland-lehre an der TU München gewarnt: „Ein wesentlicher Teil der Trockenheit ist regional und lokal bedingt und nicht vorrangig nur auf den parallel CO2-getriebenen Klimawandel zurückzuführen.“
Wir haben es also durchaus selbst noch in der Hand, im Interesse unserer Lebensqualität und Gesundheitsvorsorge auf den Erhalt grundwassernaher Wiesen, auf die Wiedervernässung von Moorböden, auf die umfassende Entsiegelung von Böden im besiedelten Bereich, auf die Renaturierung von Fließgewässern, auf den Rückstau von Entwässerungsgräben, auf den klima-stabilen Umbau von Wäldern, auf die sich seit Jahrhunderten bewährte Selbstregulationsfähigkeit unserer Wälder (inkl. genetischer Anpassung), auf eine boden- und wasserressourcenschonende Landbewirtschaftung bzw. auf weniger bewässerungsintensive Landnutzungsformen zu setzen.
Wir müssen aber endlich auch verstehen, dass dies keine gezielt gegen die Landnutzung ausgerichteten Programme sind, sondern dass es sich schlicht um die Überlebensstrategie der kommenden Generation handelt, damit sie nicht wirklich die „Letzte“ sein wird…..

Dieter Popp, Regionalberater (Haundorf)

Jetzt weise sein

Dr. Ingo Friedrich zur möglichen Bodenoffensive Israels

Die Erfahrung lehrt: selbst in der schlimmsten Herausforderung steckt fast immer auch eine Chance zur Veränderung, ein „Game changer“. Diese Chance zu erkennen und dann auch zu nutzen, ist große Weisheit und kann auch große Politik sein.

Bezogen auf die furchtbaren Ereignisse in Israel bedeutet dies: nachdem derzeit eine globale Abscheu gegenüber den Schandtaten der Hamas und gleichzeitig eine große Empathie für das angegriffene Israel festgestellt werden kann, sollte Israel dieses Momentum nutzen und unter Formulierung von Bedingungen zunächst auf eine Bodenoffensive verzichten. Derartige Bedingungen könnten sein: Freilassung der Geiseln und Einberufung einer großen Friedenskonferenz mit der Zielsetzung der endgültigen Anerkennung des Existenzrechts Israels durch das arabische Lager.

Eine Bodenoffensive jetzt hätte nur das Potential die globalen Sympathiewerte Israels zu verspielen, den Tod der Geiseln zu bewirken und die Krise zu eskalieren. Nicht blinde Rache führt aus diesem Schlamassel, sondern nüchtern und klug kalkulierte Politik.

Dr. Ingo Friedrich war 30 Jahre Mitglied des Europäischen Parlaments und zeitweise dessen Vizepräsident. Der CSU-Politiker ist noch heute ein gefragter Ratgeber mit vielen internationalen Kontakten.