LBV-Vorsitzender Dr. Norbert Schäffer: Chance für „wilde“ Gärten
„Endlich blühende Straßenränder“ freut sich Dr. Norbert Schäffer, der Vorsitzende des Landesbunds für Vogelschutz in Bayern. In einem aktuellen Beitrag für das Verbandsmagazin „Vogelschutz“ nennt er die Sehnsucht nach Natur ein zentrales Lebensgefühl. So sehr er sich darüber freut, eine Kehrseite hat die zu erlebende „Naturverbundenheit“ der Ausflügler doch: Viele Menschen, die heute in die ländlichen Naturräume strömen, haben keinen Respekt vor der Natur, denn sie wissen nicht mehr, wie man sich in der Natur verhält. Sie sind zum Teil uneinsichtig und aggressiv. Der LBV will als Konsequenz daraus wegweisende Konzepte zur Aufklärung und Besucherlenkung erarbeiten.
Für Dr. Schäffer ist es aber auch wichtig, dass die Menschen „mehr Unordnung zulassen“. Damit meint er auch die privaten Gartenbesitzer, die ihre Freiflächen nicht mit Kies zuschütten, sondern eher Blühflächen anliegen sollen. „Wir müssen die Ästhetik-Ideale überdenken“, sagt er all denen, die hysterisch dahinter her sind, die Pflasterfugen von aufkeimeinden Pflanzen zu säubern, die Moose zwischen Steinen herauskratzen und sie mit Roundup oder Flammenwerfern bekämpfen. Die fahlen Steinwüsten sind für ihn die Antworten auf persönliche Ordnungsliebe und gesellschaftlicher Konvention. Wo der Mähroboter summt statt der Bienen und überdimensionierte Gabionen den Naturhügel ersetzen, da hat der „wilde“ Garten keine Chance.
Wenn man die Natur nicht mehr kennt, kann man auch keinen Respekt vor ihr haben. Ich selber (68) hatte das Glück, auf einem Bauernhof in der Oberpfalz aufzuwachsen. Da haben wir Kinder die Natur hautnah miterlebt. Das ist unserer wohlstandsverwöhnten, um nicht zu sagen „wohlstandsverwahrlosten“ Gesellschaft inzwischen weitgehend fremd und unverständlich. Ich bin immer wieder stocksauer, wenn „Wettermänner“ und „Wetterfrauen“ in Funk und Fernsehen zuckersüß verkündigen, dass man sich freuen soll, weil kein schlechtes (!) Wetter kommt und es wieder wunderbare fünfunddreißig Grad haben wird, ideal zum Baden und zum Wasserverschwenden, während draußen alles verdorrt und vertrocknet, weil es seit Wochen nicht mehr geregnet hat. Macht ja nichts, Obst und Gemüse gibt es bei Aldi und Co. in Hülle und Fülle! Den Vogel abgeschossen hat mal ein Erwachsener (!), der mir gesagt hat: „Regen brauchen wir nicht, heutzutage kann ja alles künstlich bewässert werden!“ Bei solchen Experten braucht man sich um die Zukunft sowieso keine Gedanken mehr zu machen …
Ein israelischer Bekannter hat mir einmal gesagt, in Israel gibt es kein „schlechtes“ Wetter. Es gibt nur schönes Wetter und „gutes“ Wetter, das ist der Regen. Bei denen wächst halt das Obst und Gemüse nicht bei Aldi und Co., so wie bei uns im reichen Deutschland!