Chancen für „Jamaika“ hätten sich nicht verbessert

Gedanken zu den geplatzten Sondierungsgesprächen in Berlin

Das Scheitern der Sonderungsgespräche für eine „Jamaika-Koalition“ wirft ein Licht auch auf die Medien in Deutschland. Nicht, dass sie verantwortlich zu machen wären für das ergebnislose  Abtasten der vier Parteien über vier Wochen, aber die täglichen „Wasserstandsmeldungen“  über die Koalitionsrunden haben bei den Menschen im Lande für mächtig Frust gesorgt. Kein Wunder also, dass in den letzten Tagen der Gespräche die Zustimmungsquote für eine Vierer-Koalition nach und nach zurück ging und zuletzt nur noch bei 50 Prozent lag. Die Menschen waren einfach des Gewürges satt.  Es war eigentlich nur die Fortsetzung des Wahlkampfs – nicht auf der Straße, sondern im Haus der Parlamentarischen Gesellschaft.

Zu gegensätzlich waren (und sind) nun einmal die politischen Positionen der Parteien, als dass sich daraus eine Gestaltungsfront hätte entwickeln können. Der „große Wurf“, der von jeder neuen Regierung erwartet wird,  war überhaupt nicht erkennbar, geschweige denn ein euphorisches und mutiges Herangehen an das gemeinsame Projekt. Es hätte wohl keinen Unterschied zum Erscheinungsbild der zerstrittenen GroKo  gegeben, wäre eine „Jamaika-Koalition“ zustande gekommen. Dass die Vertreter der möglichen Koalitionsparteien in der Öffentlichkeit in nicht gerade freundlicher Weise übereinander hergefallen sind, war auch keine Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Das sollten all jene zugeben, die jetzt der medialen Gefühlsduselei folgen und „Jamaika“  als einem „interessanten Modell“ nachtrauern.

Möglicherweise wäre es gar nicht zu einem Regierungsbündnis gekommen, denn die eigentlichen Sachverhandlungen standen erst noch bevor. Und der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Da hätte es wohl noch viele Wochen des dauernden Streits gegeben. Ich sage: Die Chancen auf eine Koalition hätten sich nicht verbessert. So war es gut, dass die FDP die Reißleine gezogen hat. Im Stillen (und natürlich nicht in öffentlichen Erklärungen) wird sich die CSU freuen, dass es so gekommen ist. Sie hätte erhebliche Probleme gehabt, die Kompromisse ihrer Basis zu erklären, von ihren Personalproblemen gar nicht zu reden. Nicht anders wäre es den Grünen auf ihrem Parteitag ergangen. Sie wollten nach meinem Geschmack  schnurstracks an die Macht. Die Aussicht auf einen grünen Außenminister Özdemir war für sie zu verlockend.

Ist erst einmal die mediale Erregung (und die Schuldzuweisung an die FDP) einer vernünftigen Betrachtung der aktuellen Situation gewichen, kann die öffentliche Diskussion wahrhaftiger geführt werden. Der Blick richtet sich dabei auf die Bundeskanzlerin, die in den letzten Jahren vieles richtig gemacht hat (auch die Aufnahme der Flüchtlinge im September 2015 als humanitärer Akt gehörte nach meiner Ansicht dazu), die aber nach der Wahl unverständlicherweise pausiert und nicht die Zügel in die Hand genommen hat. Die wochenlangen Gespräche der „Unterhändler“ waren nichts anderes als das Aufzählen hinlänglicher bekannter Positionen. Hier hätte die Kanzlerin bereits energisch den Blick nach vorn richten müssen. An ihr wäre es gewesen, die Gesprächsführung zu übernehmen. Sie hat sich vertan und  ihre sonst erfolgreiche Strategie des Wegdrückens konnte angesichts der veränderten strategischen Lage nicht greifen. Plötzlich sieht sich die „mächtigste Frau der Welt“ einer Situation gegenüber, in der sie nicht mehr die unumstrittene und souverän handelnde Führungsfigur ist. So schnell kann es gehen. Sie braucht den Rat des Bundespräsidenten, weil auch sie nicht mehr weiter weiß.

Werner Falk

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