Kalligrafie von Silke Dörlitz im Lutherhaus präsentiert
Martin Luthers Tischreden sind berüchtigt. Der Reformator neigte zu deftigen Ausdrücken, um sich verständlich zu machen. In der Gesellschaft für freie Aussprache könnte er gut Ehrenmitglied sein. Er hat die Bibel in die deutsche Sprache übersetzt, das heißt, er hat sie seiner Sprache angepasst, die im 16. Jahrhundert Standard war. Die Texte in der Luther-Bibel waren der Zeit entsprechend in Fraktur, erst im 19. Jahrhundert fand die moderne Antiqua Eingang in das biblische Schriftbild.
„Martin Luther – kalligrafische Impressionen“ nannte sich eine Ausstellung im Lutherhaus, die leider nur einen Tag lang zu sehen war. Möglicherweise werden einige Werke der Gunzenhäuser Kalligrafin Silke Dörlitz noch in der Sparkassen ausgestellt, einige raumhohe Kunstwerke verbleiben noch für einige Zeit im Lutherhaus, weil sie wie maßgeschneidert sind für den Vortragsraum. Pfarrer Claus Bergmann von der evangelischen Gemeinde ist erfreut, dass der Reformator 500 Jahre nach seiner Kirchenrevolution noch so stark präsent ist. Ein Verkaufsrenner ist bekanntlich die Lutherfigur von Playmobil, die inzwischen millionenfach verkauft wurde.
Wie Margarethe Günther vom evangelischen Kirchenvorstand in ihrem Einführungsreferat in Anwesenheit von MdL Manuel Westphal, Landratsstellvertreter Robert Westphal, Bürgermeister Karl-Heinz Fitz und Dekan Klaus Mendel bemerkte, ist die Frakturschrift als Kunstform auch heute noch lebendig. Sie feiert sogar fröhliche Urständ in der Musik- und Jugendkultur, leider auch bei den Neonazis, die ihre Banner gern in der „deutschen Schrift“ zeigen.
Silke Dörlitz, die aus Thüringens stammt und in Sonneberg Spielzeugdesign studiert hat, ist eigentlich durch einen Zufall zur Kalligrafie gekommen. Schlüsselerlebnis war eine Begegnung mit Maria Anna Thaller aus Herrieden (Witwe des einstigen Gunzenhäuser Vereinsbank-Chefs Helmut Thaller), die aus einem Märchenbuch in schöner alter Schrift gelesen hatte. Ihre Reaktion damals: „Das möchte ich auch können“. Lange hat es nicht gedauert und Silke Dörlitz ging es an. Sie belegte Kurse und fand bald Gefallen daran, „mit Texten zu spielen“. Sie kann sich einen kritischen Einwand nicht verkneifen: „Unsere Grundschüler sollen nicht nur Druckbuchstaben lernen, sondern auch das Schönschreiben.“
Für Silke Dörlitz (sie widmete die Ausstellung ihrem verstorbenen Vater, der ebenfalls künstlerisch tätig war), ihrer Mutter, ihrem Lebensgefährten Klaus Horrolt und dem Freundeskreis war die Präsentation im Lutherhaus eine angenehme Begegnung, die Thomas Werner auf dem Flügel begleitete. Im Foyer zeigten die Buchhändler Ulrike und Thomas Fischer eine schöne Auswahl kalligrafischer Werke.
Übrigens gibt Silke Dörlitz jetzt selbst Kurse in Kalligrafie. Der erste ist am 30. September im Parkhotel Altmühltal, der zweite am 9. Dezember („Kunstvolle Weihnachtspost selbst gestaltet“). Wer Interesse an der Kalligrafie hat, der kann sich auch auf der Hompage (www.doerlitz-kalli.de) informieren. Für die Künstlerin ist Kalligrafie nicht nur Schönschreiben, sondern auch der spielerische Umgang mit Texten und Formen faszinierend.
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