Die Untererlbacher und ihr Schloss

Dr. Daniel Schönwald begibt sich auf Spurensuche

Ein Schloss im kleinen 60-Seelen-Dorf Untererlbach? Der Leser mag ungläubig staunen, vermisst er an der Straße nach Spalt doch einen herrschaftliche Residenz. Nun, ein prunktvolles Gebäude ist es nicht, eher ein unauffälliges altes Haus mit Scheune, das von der Baufälligkeit bedroht ist. Der Historiker Dr. Daniel Schönwald begibt sich  im Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ auf Spurensuche.

 Ansicht des Untererlbacher Schlösschens aus dem 17. Jahrhundert.

Ansicht des Untererlbacher Schlösschens aus dem 17. Jahrhundert. Foto: StA Nürnberg

Obgleich der Ort seit 1978 als Folge der Gemeindegebietsreform zur (katholischen) Stadt Spalt gehört, ist er kirchlich seit Jahrhunderten ein Teil von Kalbensteinberg (protestantisch). Vor zwei Jahren konnte der Ort sein 800-jähriges Jubiläum begehen. Schönwald, der in Kalbensteinberg beheimatet ist, beschäftigt sich schon allen berufwegen mit der Geschichte, denn er ist stellvertretender Leiter des landeskirchlichen Archivs in Nürnberg. Das Nürnberger Patriziergeschlecht der Rieter hatte bereits im 15. Jahrhundert Besitzungen nicht nur in Kalbensteinberg, sondern eben auch in Untererlbach. Das Schloss wurde im Dreißigjährigen Krieg von schwedischen Truppen zerstört (April 1648). Eine Karte aus dem 17. Jahrhundert hat Daniel Schönwald im Staatsarchiv entdeckt. Auf ihr ist das wiederaufgebaute Schloss dargestellt.

Einer, der die kleine Residenz bewohnte, war Paul Sigmund von einer Seitenlinie der Rieters. Er war das schwarze Schaf in der Familie. In Nürnberg tötete er bei einem Duell einen Menschen und verlor daher sein dortiges Bürgerrecht. Weil es „Misshelligkeiten“ mit dem Kalbensteinberger protestantischen Pfarrer gegeben hatte, trat Sigmund zum katholischen Glauben über und ließ sich vom Stadtpfarrer in Spalt speisen.  1661 starb Paul Sigmund 38-jährig, betrauert von seiner Frau Philippina Jacobina Rieter. Er ist in der Theilenberger Wenzelskirche begraben. Die einzige überlebende Tochter heiratete Kapitänleutnant Wolf Philipp von Leubelfing auf Falbenthal. Ernst Christian von Brandis, ein Neffe, war der letzte Leubelfing, denn das Geschlecht starb 1787 aus. Seine Tochter heiratete Christian Emil Le Suire von der in Muhr begüterten Familie. Das Schloss ging danach an die Familie von Brandis, die in oettingisch-wallersteinischen Diensten stand. Von Gottfried Ludwig von Brandis ist bekannt, dass er eine Stiftung zugunsten von armen Untererlbacher und Kalbensteinberger Kindern machte. Sein Erbe ging an Theobald Carl Franz Freiherr von Podewils, der Wohnhaus, (Schlösschen), Brauhaus, die Schankgerechtigkeit und 61 Tagwerk Landwirtschaft kurz vor seinem Tod an den Muhrer Ökonomen Johann Thomas Carl verkaufte. Der Bauer wollte die Herrschaftsempore in der Kalbensteinberger Kirche nutzten, aber das wurde ihm untersagt mit der Erklärung, nur die Pfarrer- und Lehrersfamilien dürften dort Platz nehmen.  Damit aber ließ sich der neue Eigner nicht abspeisen und nutzte die Stände trotzdem, wie der Fünfbronner Chronist Walter Salfner von seiner Mutter, einer geborenen Carl, zu berichten weiß.

Wie Schönwald auflistet, ging das Anwesen 1902 in jüdische Hände (Händler Albert Stark aus Muhr), nur ein Teil an den Carl-Sohn. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Anwesen die Zwischenstation von Flüchtlingen. Die Familie Carl ist bis heute Eigentümerin des vom Verfall bedrohten Hauses.

Das Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ ist für 15 Euro im örtlichen Buchhandel erhältlich.

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Die Beiträge kommen vom Herausgeber und von Gastautoren. Im Mittelpunkt stehen kommunalpolitische und gesellschaftspolitische Themen. In meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen ist es mir wichtig, historische Beiträge zu veröffentlichen.

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