Auszeichnung gilt dem Freundeskreis Synagoge Hainsfarth
Den „Rieser Kulturpreis“ des Jahres 2016 hat Sigried Atzmon, die Vorsitzende des Freundeskreises Synagoge Hainsfarth, erhalten. Mit ihr wurde zugleich der Verein ausgezeichnet, der sich seit 22 Jahren um die Bewahrung des jüdischen Kulturdenkmals sorgt. In einer Feierstunde im Residenzschloss Oettingen nannte Prof. Hanspeter Heinz die vor zwanzig Jahren eingeleitete Sanierung des jüdischen Gotteshauses ein „architektonisches Juwel“ und die Arbeit des Freundeskreises einen “ Resonanzboden für die Stimme der jüdischen Vergangenheit“.
Mit Sigried Atzmon hat das erste Mal seit 33 Jahren eine Frau den renommierten und mit 5000 Euro dotierten Preis bekommen. Zu den bisherigen Preisträgern zählen u.a. der evangelische Landesbischof Johannes Hanselmann und der katholische Bischof Josef Stimpfle (1991) sowie der Wemdinger und Spielberger Bildhauer Ernst Steinacker (1999). Geehrt wird mit der Auszeichnung nicht nur die Vorsitzende, sondern auch der ganze Verein, für den die 2. Vorsitzende Ursula Seefried (frühere Bürgermeisterin von Hainsfarth) die Urkunde entgegennahm. Hinter der Preisvergabe steckt das finanzielle Engagement des Donauwörther Architekten Wolfgang Obel, einem ehrenwerten Sponsor des kulturellen Lebens. Für ihn ist die Synagoge „ein bedeutender Erinnerungsort im bayerischen Schwaben“. Er charakterisierte die Preisträgerin als „gebildet und kraftvoll agierend“ und sagte: „Wir brauchen würdige Vorbilder, Menschen wie Sigried Atzmon.“
Eng verbunden ist die Sanierung der Hainsfarther Synagoge mit dem Namen Max Engelhardt, dem einstigen Bürgermeister, der trotz der Widerstände in der Gemeinde das vom Bezirk Schwaben geförderte Projekt engagiert vertrat. In der fränkisch-schwäbischen Grenzgemeinde gibt es außer der einstigen Synagoge noch den jüdischen Friedhof, das Schulhaus und auch eine Mikwe (Frauenbad), das derzeit restauriert wird. Diese Häufung einstiger jüdischer Einrichtungen nannte der Laudator Prof. Hanspeter Heinz (Augsburg) eine Seltenheit in Deutschland. Sie kommt natürlich nicht von ungefähr, denn die Hainsfarther Bevölkerung bestand früher aus 40 Prozent Juden. Die Vitalisierungsbemühungen jüdischen Lebens in Deutschland sind für den katholischen Pastoraltheologen „leise Töne einer unbesiegbaren Hoffnung“. Unter den Nationalsozialisten sei eine deutsch-jüdische Kultur zerstört worden, die es so in Europa nicht gegeben habe.
Sigried Atzmon („Wer die Zukunft gestalten will, muss sich an die Vergangenheit erinnern“ ) will den Dialog von Juden und Christen in Hainsfarth fortführen. Sie hat in ihrem Engagement neben bösartigen Anrufen und Beleidigungen auch schöne Gesten erfahren, vermisst aber immer noch ein „ehrliches, offenes Miteinander“ ohne das es ihrer Ansicht nach keine Normalität geben kann. Angemahnt wird von ihr die Toleranz im Alltag zwischen Juden und nichtjüdischen Deutschen. Sie glaubt, dass es individuelle Freundschaft ohne Heuchelei geben kann, wenn Verantwortung für die Vergangenheit übernommen wird.
Für Dr. Wulf-Dietrich Kavasch, dem Vorsitzenden des Vereins „Rieser Kulturtage“, ist die Geschichte der Juden im Ries „auch unsere Geschichte“. In Anwesenheit von Landrat Stefan Rössle ermunterte er die Mitglieder des Hainsfarther Freundeskreises: „Lasst Euch nicht beirren und macht weiter so. Der Verein Rieser Kulturtage steht an Eurer Seite!“
Der Chor der ehemaligen Synagoge Kriegshaber unter der Leitung von Kantor Nikola David, einem begnadeten Tenor, mit Klavierbegleitung durch Stephanie Knauer ließ die Preisübergabe im Barocksaal des Oettinger Schlosses zu einem musikalischen Erlebnis werden.
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