Slow Food Altmühlfranken unterstützt Handwerksbäcker

Gutes Backhandwerk braucht Leidenschaft, Know-how und vor allem Zeit

Zum „Tag des Deutschen Brotes“ am 5. Mai hat der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks eine Verbraucheroffensive unter dem Motto: „Schluss mit dem inflationären Gebrauch des Begriffs Bäcker!“ gestartet. Gestützt auf das traditionelle Bäckerwappen mit den von zwei Löwen getragenen gekreuzten Schwertern und dem Zusatz „Deutsche Innungsbäcker“ soll der Öffentlichkeit präsentiert werden, „wer hierzulande das beste Brot backt“. Ziel ist es, den Verbrauchern mit einer klaren Orientierung mehr Transparenz im undurchsichtigen Wettbewerb zu bieten und die Stammtischhoheit nicht den Discountern zu überlassen.

Bäcker Menzel aus Spalt ist für seine jahreszeitlichen Spezialitäten bekannt.

Bäcker Menzel aus Spalt ist für seine jahreszeitlichen Spezialitäten bekannt.

Die beiden Organisationen Die Bäcker. Zeit für Geschmack e. V. und Slow Food Deutschland e. V. begrüßen die Initiative, Verbraucherinnen und Verbraucher nicht länger im Dunkeln tappen zu lassen und ein für alle Mal zu klären, was unter dem Begriff Bäckerei eigentlich zu verstehen ist. Dieter Popp von Slow Food Altmühlfranken erwartet, dass die Frage „Was genau macht einen Bäcker aus?“ auch durch den Zentralverband des Bäckerhandwerks eindeutig geklärt werden kann. Dazu ist aber vorab ein ehrlicher und offener Diskurs über die Stärken und Schwächen der Bäckerbranche sinnvoll. Die anstehende Werbekampagne des Bäcker-Zentralverbands , zu der auch ein TV-Werbespot unmittelbar vor der „Tagesschau“ gehört, schüttet nun leider das Kind mit dem Bade aus. Man präsentiert ein neues, historisches Qualitätssiegel und macht es sogleich wieder unglaubwürdig, weil es von allen genutzt werden kann, die Mitglied in der Innung und somit im Zentralverband sind. Welche Qualitätsaussage steht hinter einer solchen Botschaft? Bisher ist die einzige Voraussetzung, um Innungsbäcker zu werden, das Tragen eines Meistertitels. Bringt dieser Meistertitel aber unweigerlich die von vielen Kunden erwünschte Qualität wirklich alleine in die Backstube?
Das „Bekenntnis zu Handwerk und Qualität“ unter dem neu aufpolierten Wappen wird, so steht zu befürchten, die weitere Image-Erosion des Backhandwerks wohl nicht aufhalten können. Insbesondere dann nicht, wenn das „Stehen zu den Werten“, zu denen sicherlich Verantwortungsbewusstsein und Aufrichtigkeit zählen, noch nicht in der Führungsspitze der Berufsvertretung angekommen ist. So steht etwa das Motto „Regionalität und Vielfalt gegen Einheitsbrot“, das vom Zentralverband zum „Tag des Deutschen Brotes“ zelebriert wird, im krassen Widerspruch zu Aussagen des Verbandspräsidenten Peter Becker. Beispielsweise zu dessen Äußerung (im Magazin ,Brot‘ 1/2014):

Mir ist völlig egal, ob das Getreide aus Amerika, aus der Ukraine oder der Magdeburger Börde stammt. Ich brauche einfach den optimalen Rohstoff.

Dabei gehört es zunehmend zu den ureigenen Fähigkeiten souveräner Bäcker, aus regionalen Rohstoffen gutes Gebäck herzustellen? Genau hier liegt einer der wichtigsten Unterschiede zwischen handwerklicher und industrieller Fertigung. Gutes Handwerk drückt sich dadurch aus, dass Bäcker und Bäckerinnen mit ihrem Wissen, Know-how und Zeit in der Lage sind, die Herstellungsverfahren an die Rohstoffqualität anzupassen, ohne auf industriell aufbereitete Vorprodukte und gedopte Mehle zurückgreifen zu müssen. Auf dieser Grundlage schöpferischen handwerklichen Könnens erschaffen gerade in Altmühlfranken verantwortungsbewusste Bäcker individuelle Produkte mit Charakter. Das ist es, was die Kunden heute von einem Handwerksbäcker erwarten. Und wie sieht es mit der Kompetenz und Ehrlichkeit aus, wenn Verbandspräsident Becker im gleichen Artikel formulierte:

Bioanbau … hat nichts mit Qualität zu tun, das sind ideologische Ansprüche. …Der konventionelle Anbau ist heute so vernünftig, da überdüngt keiner.

Es geht hier gar nicht um die Frage nach „Bio“ oder „Konventionell“. Aber die Nitratbelastung vieler Gewässer und die daraus erwachsende Kostensteigerung für die Aufbereitung des Trinkwassers sind keine Einbildungen, sondern werden von der Bundesregierung massiv beklagt. Dabei steht diese Nitratbelastung unmittelbar im Zusammenhang mit der knallharten Forderung des Bäcker-Funktionärs nach einem ,optimalen‘ Rohstoff, egal woher er ihn beziehen kann.

Wo fängt eigentlich das Verständnis von Qualität bei der Lebensmittel-Herstellung an? Woran lässt sich Verantwortung ablesen, wenn man vor den ökologischen, ökonomischen und sozialen Auswirkungen der Erzeugung unserer Rohstoffe die Augen verschließt und notfalls den hiesigen Bauern den „Schwarzen Peter“ überlässt, weil man den ,optimalen‘ Rohstoff ja auch aus der Ukraine oder den USA importieren kann?
Der in die Zukunft gerichteten Verantwortung altmühlfränkischer Bäcker, die eine transparente Partnerschaft mit ihren Müllern und Bauern eingehen wollen, steht zudem die offenbar anderen Interessen folgende Aussage des Bäckerverbands-Präsidenten entgegen, der 2012 die „Aufhebung der Blockadehaltung“ gegen die Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen forderte. Weiß der Mann, dass die übergroße Mehrheit seiner eigenen Kunden partout und völlig zu Recht keine gentechnisch manipulierten Rohstoffe auf dem Acker sowie in Brot und Backwaren wünscht?

Die Zukunft des Backhandwerks liegt ausschließlich in der ehrlichen Kommunikation gegenüber den wachsam gewordenen Kunden. Diese erwarten zunehmend Informationen über den gesamten handwerklichen Herstellungsprozess sowie die Herkunft und Qualität der landwirtschaftlichen Rohstoffe. Dies haben offenkundig die Handwerksbäcker an der Basis – im unmittelbaren Kontakt zu den Kunden – verstanden. Denn sie stehen im täglichen Wettbewerb mit werbeintensiven Discounter-Ketten, die uns massiv einreden wollen, dass nur sie wissen, was Handwerks-Qualität ausmacht. Es wird höchste Zeit, dass auch der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks aufwacht. Der „Tag des Deutschen Brots“ bietet dazu den passenden sowie überfälligen Anlass.

Dieter Popp , Slow Food Altmühlfranken, altmuehlfranken@slowfood.de

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Die Beiträge kommen vom Herausgeber und von Gastautoren. Im Mittelpunkt stehen kommunalpolitische und gesellschaftspolitische Themen. In meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen ist es mir wichtig, historische Beiträge zu veröffentlichen.

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