Slow Food plädiert für verantwortungsbewussten Konsum
Über 80 % der bayerischen Konsumenten bekunden ihr Interesse am Einkauf regionaler Produkte, über 90 % der Verbraucher schätzen bäuerlich erzeugte und entsprechend deklarierte Waren! Tatsächlich aber kaufen nur knapp 10 % der Verbraucher wirklich bei regionalen Qualitätserzeugern ein. „Diese Diskrepanz stimmt in hohem Maße bedenklich und macht deutlich, dass zwischen bekundeten Absichten bei entsprechenden Befragungen und dem tatsächlichen Handeln beim täglichen Einkauf eine sehr große Lücke klafft! Aber vielfach erkennen die an einem verantwortungsbewussten Einkauf interessierten Kunden auch die regionale Qualitätsware nicht so einfach,“ erläuterte Dieter Popp als Vorsitzender von Slow Food Altmühlfranken diesen eklatanten Widerspruch.
Wer wirklich mit Verantwortung vor der Zukunft einkaufen möchte, dem wird es zunehmend schwerer gemacht. Denn eine Fülle von Qualitätssiegeln – auch im Bio- und Regional-Bereich – erleichtern die Wahl nicht, sondern machen die tägliche Kaufentscheidung zunehmend zu einem Lotteriespiel. Wer im Supermarkt bewusst biologisch angebaute Äpfel einkaufen möchte, mutiert in der Regel zu einem mit
Lupe versehenen Detektiv, denn das Herkunftsland wird oftmals – wenn überhaupt – nur sehr klein angegeben. Aber wenn es biologisch angebaute Äpfel aus der Region gibt, muss man ja nicht zwingend die argentinischen Bio-Äpfel kaufen. Immer wieder macht man aber die Erfahrung, dass Verbraucher im Vertrauen auf ihre Händler zu Bio-Obst greifen und dann Überseeware in ihrem Einkaufskorb vorfinden.
Aber auch beim Einkauf heimischer Äpfel, Birnen oder Kirschen ist es wichtig, dass man – da in der Regel nicht deklariert – bei der Kaufentscheidung zumindest nachfragt, ob diese Ware aus intensiv genutzten Plantagen oder aus naturnah bewirtschafteten Streuobstwiesen bzw. von Hochstämmen stammen. Denn wer gerne gesundes und ungespritztes Obst kaufen möchte, darf sich vom Begriff „Regional“ nicht täuschen lassen. Regional ist nämlich auch die gespritzte Obstplantage in der unmittelbaren Umgebung. Leider gibt es noch keinen umfassenden Schutz für Streuobstware, wie dies z.B. für Steillagen-Weine längst verfügbar ist und dabei den kritischen Konsumenten bei der verantwortungsbewussten Kaufentscheidung hilft.
Dabei hätte es der Handel durchaus in der Hand, wie z.B. tegut in Deutschland oder Sutterlüty in Vorarlberg eindrucksvoll beweisen. Dort werden die Kunden sehr umfassend über die jeweiligen Produkt- und Prozess-Qualitäten informiert. Da erfahren dann die Kunden dann auch von Qualitäts-, statt von Schnäppchen-Angeboten. Und ihnen wird vermittelt, dass das etwas teurere Schnitzel aus einer zeitaufwendigeren Weidehaltung stammt und damit auch seinen Preis rechtfertigt. Wenn der Handel schon den offensiv kommunizierten Hinweis an seine Kunden gibt, dass es beim Fleisch oftmals besser ist, weniger nach Menge, dafür mehr nach regionaler Produktqualität nachzufragen, dann kann von einer zukunftsorientierten und auch nachfolgende Generationen einbeziehenden Gesamtverantwortung gesprochen werden.
Denn wie bei Bio gilt auch bei regionaler Ware, dass diese Regionalität hinterfragt werden muss. Denn auch der Schweinemäster mit über 500 oder 1.000 Tieren mit den minimal ausgelegten Auslaufbereichen kann der „bäuerliche Lieferant“ sein, den uns der Händler oder Metzger als „aus der Region“ vermarktet. Wenn es um unsere Ernährung – wenn es um Mittel zum leben – geht, sollte Zeit für diese eine , aber entscheidende Zusatzfrage vor der Kaufentscheidung sein. „Woher stammen die Tiere, wie wurden sie gefüttert und wurde auf gentechnische Organismen verzichtet, das sind Frage, die eigentlich beim täglichen Einkauf so oft gestellt werden sollten, bis diese Informationen transparent und ohne lästige Nachfrage immer und überall angeboten werden. Das schafft das notwendige Vertrauen, damit regionale Qualitätsprodukte und Bio-Lebensmittel das bleiben was sie sind: Hoffnungsträger eines verantwortungsbewussten Konsums. Auf diesem Weg will Slow Food ein aufmerksamer Begleiter aller an unsere Zukunft denkenden Verbraucher sein. DIETER POPP, Regionalmanager
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