J.D. Salingers „Der Fänger im Roggen“ und Gunzenhausen
Wer Literatur schätzt und liebt, der kommt am „Fänger im Roggen“ nicht vorbei. An Jerome David Salingers Welterfolg scheiden sich allerdings die Geister. Die einen halten es für einen großen, zeitlosen Wurf, für ein Kultbuch, das nicht nur die amerikanische Jugendliteratur maßgeblich prägte. Die anderen finden es überschätzt, langweilig und stören sich an der vulgären Sprache des Protagonisten Holden Caulfield. Sicher ist: „Der Fänger im Roggen“ lässt niemanden kalt.
Doch was steckt hinter der Faszination für den „Fänger“? Zu einer spannenden und vielleicht auch aufklärenden Spurensuche möchten Rechtsanwalt Holger Pütz-von Fabeck, Stadtarchivar Werner Mühlhäußer und Stadt-Pressechef Manuel Grosser am 23. Juni 2023 in den Kastaniengarten der Kanzlei „meyerhuber rechtsanwälte“ in die Rot-Kreuz-Straße in Gunzenhausen einladen. Dort werden sie gemeinsam den „Fänger im Roggen“ literaturwissenschaftlich sezieren und der Sogwirkung des Buches auf den Grund gehen. Was im Gunzenhäuser Stadtjubiläumsjahr natürlich nicht fehlen darf: Beleuchtet wird der zeitgeschichtliche Hintergrund, denn der 1919 geborene J.D. Salinger war nach Ende des Zweiten Weltkriegs als Militärgeheimdienstler in Gunzenhausen tätig. Sein damaliges Büro befand sich in der heutigen Kanzlei „meyerhuber rechtsanwälte“.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass er Teile des 1951 erschienen „Fängers“ in der Altmühlstadt geschrieben hat und sich dabei von der Stimmung des Ortes hat beeinflussen lassen .J.D. Salinger war menschenscheu und geheimnisvoll. Um das Leben des 2010 verstorbenen Schriftstellers ranken sich Legenden und viele Fragen beschäftigen die Literaturwissenschaft bis heute, beispielsweise warum der hochbegabte Autor nach dem „Fänger im Roggen“ keinen weiteren Roman mehr veröffentlichte. Lag es vielleicht an der negativen Energie des Buches, immerhin galt es als Inspirationsquelle für manch schweres Delikt? Vielleicht war Salingers Gesellschaftskritik aber auch auserzählt und die daran anschließende Jugendbewegung, dieser laute literarische Schrei nach Leben und Entfaltung, Erfüllung eines Autorentraums.
Stadtarchivar Werner Mühlhäußer wird am 23. Juni 2023 der interessanten Frage nachgehen, welche Wirkung die Schrecken des Zweiten Weltkriegs auf den jungen jüdischen Soldaten J.D. Salinger hatten. Auch die „Jahre danach“ in Gunzenhausen sollen bei seinen Betrachtungen eine Rolle spielen. 1944 landete Salinger in der Normandie und war u.a. an der Befreiung des Dachauer KZs Kaufering IV beteiligt. Die verstörenden Eindrücke prägten ihn und vieles davon findet sich auch im „Fänger im Roggen“ wieder, beispielsweise der Wille zur Macht und die Funktionsweise totalitärer Systeme. Manuel Grosser wird an diesem Abend nicht nur einen diskursanalytischen Interpretationsansatz verfolgen, sondern die Hilflosigkeit des Protagonisten auf Zeitlosigkeit und Sogwirkung untersuchen. Dazu wird Rechtsanwalt Holger Johannes Pütz-von Fabeck Passagen aus dem „Fänger im Roggen“ vorlesen und ausgewählten Teilen des außergewöhnlichen Werks mit sonorer Stimme neues Leben einhauchen.
Abgerundet wird das Literaturspektakel am 23. Juni 2023 von einer stimmungsvollen Licht- und Bildinstallation. Gezeigt werden Bilder aus der schrecklichen Nazi-Zeit Gunzenhausens, dazu seltene Aufnahmen, die nach Befreiung durch die US-Armee entstanden sind. Tauchen Sie ein in die Entstehungszeit des „Fängers im Roggen“. Der Besuch der Veranstaltung ist kostenlos, eine Anmeldung über die Tourist Information der Stadt Gunzenhausen unter Tel. 09831/508 300 ist obligatorisch. Das Platzangebot ist beschränkt, es gilt deshalb das Windhundprinzip.
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