„Mister Europa“ wird 80

Dr. Ingo Friedrich begeht seinen Ehrentag

Am kommenden Montag, den 24. Januar, feiert der langjährige Vizepräsident des Europäischen Parlaments und heutige Präsident des Europäischen Wirtschaftssenats, Dr. Ingo Friedrich, seinen 80. Geburtstag.

Neben seiner Tätigkeit als Abgeordneter, der an vielen Gesetzesinitiativen mitgewirkt hat und bald als „Mister Europa“ bekannt war, hat er die Entwicklung der damaligen Europäischen Gemeinschaft zur heutigen Europäischen Union entscheidend mitgeprägt.

Dr. Ingo Friedrich beim Weltwirtschaftsgipfen in Davos.

Eine der nachhaltigsten Initiativen seiner 30jährigen Parlamentstätigkeit war sicher sein im November 1979 gestellter Initiativantrag im Europäischen Parlament zur Einführung einer einheitlichen Europaflagge, die 12 goldene Sterne auf blauem Grund zeigen sollte. Damals zum Zeitpunkt der ersten Direktwahl des Europäischen Parlaments im Juni 1979 hatte jedes europäische Organ und alle Europaverbände noch ihre eigenen Symbole und eigene Flaggen, insgesamt fünf unterschiedliche .

Eine dieser insgesamt fünf unterschiedlichen „Europaflaggen“ aber stach hervor durch die auch von Ingo Friedrich beantragten 12 goldene Sterne auf blauen Grund und wurde vom Europarat genutzt.

Nach seinem Parlamentsantrag sprach er zusammen mit seinem Parlamentskollegen und Sohn des letzten österreichischen Kaisers Karl, Otto von Habsburg, beim Europarat in Straßburg vor, um die Freigabe der Flagge für die ganze Europäische Gemeinschaft zu erwirken, was auch gelang.

Otto von Habsburg kannte auch noch den geistigen Schöpfer der Flagge, den jüdisch-belgischen Europabeamten Levi, der in den 50er Jahren die Vision dieser Flagge in der Marienkapelle des Straßburger Münsters empfangen haben soll. In der Tat prangen in dieser Kapelle die 12 goldenen Sterne um das Haupt der Marienstatue besonders eindrucksvoll vor einem himmelblauen Hintergrund. Andere Autoren sehen sogar mystische Hintergründe für diese Flagge: So ist schon im biblischen Buch der Offenbarung von der »Frau mit der Krone aus 12 goldenen Sternen« die Rede und schließlich gäbe es die 12 Stämme Israels und die 12 Monate des Jahres. Ingo Friedrich wollte auch, dass die Zahl der 12 Sterne immer konstant bleibt und nicht – wie bei der amerikanischen Flagge – mit der Zahl der Mitgliedstaaten variiert.

Nach langen Diskussionen und Beschlüssen im Europaparlament, im EU-Ministerrat und der EU-Kommission wurde die neue blaue Flagge mit den 12 goldenen Sternen unter großer Beteiligung der Öffentlichkeit zum ersten Mal offiziell und feierlich im Jahre 1983 vor dem Berlaymont-Gebäude der EU-Kommission in Brüssel gehisst. Heute zählt die Europaflagge global zu den bekanntesten »staatlichen« Symbolen der Welt.

In seiner Zeit als Vizepräsident des Europäischen Parlaments initiierte Ingo Friedrich bzw. wirkte er mit an mehreren zentralen und grundlegenden Regelungen und Reformen des neuen und noch ziemlich unerfahrenen Parlaments. Dazu zählen insbesondere:

  • Seine Mitgliedschaft im Verfassungskonvent zur Formulierung einer europäischen Grundrechtecharta zur Jahrtausendwende. Er war dabei der Wortführer der größten Fraktion, der Europäischen Volkspartei und kämpfte dort u.a. für einen Gottesbezug analog zum deutschen Grundgesetz.
  • Die Einführung eines europäischen Lobbyregisters, das Transparenz in die Beziehungen zwischen Politik, Wirtschaft und Verbänden bewirken soll (Parlamentsbericht „Friedrich/Stubb“)
  • Die Einführung einer neuen Reisekostenordnung, die statt Pauschalerstattungen nur Abrechnung nach Belegen erlaubt, um Tricksereien zu vermeiden.
  • Das Statut für die Assistenten der Abgeordneten, wonach deren Verträge nicht mehr mit den Abgeordneten selber, sondern direkt mit der Parlamentsverwaltung abgeschlossen werden müssen. Damit ist die Einhaltung aller Sozial- und Steuervorschriften gewährleistet, was bei den vielen unterschiedlichen nationalen Rechtssystemen gar nicht so einfach war.
  • Ein neues Übersetzungssystem, dass angesichts der vielen Sprachen die Kosten des Sprachendienstes reduzieren sollte.

Ingo Friedrich wuchs im mittelfränkischen Gunzenhausen auf und absolvierte dort auch das Gymnasium mit dem Abitur. Nach der Bundeswehrzeit (Hauptmann der Reserve) studierte und promovierte Ingo Friedrich als Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes an der Universität Erlangen-Nürnberg Volkswirtschaft. Seine zivile Karriere begann er 1969 in einem Industriebetrieb in Gunzenhausen und beendete sie 1979 als Leiter des Vorstandsbüros eines Elektrokonzerns in Stuttgart nach seiner Wahl in das erste direkt gewählte Europäische Parlament.

Er war Stadtrat, Kreisrat, gehörte von 1992 bis 2012 dem Parteivorstand der CSU an (zuletzt als stellv. Parteivorsitzender), war Schatzmeister der Europäischen Volkspartei in Brüssel und wurde 2009 zu einem von drei Ehrenmitglieder des Europäischen Parlaments berufen. Im Laufe der Jahre bekam er eine Reihe von Ehrungen und Orden aus Luxemburg, Österreich und Kroatien.

In Deutschland ist er Träger des Bundesverdienstkreuzes Erster Klasse und des Bayerischen Verdienstordens.

Seine Heimatstadt Gunzenhausen ernannte ihn zum Ehrenbürger.

Seine heutigen Aufgaben umfassen immer noch einen großen Bereich:

  • Er ist Präsident des Europäischen Wirtschaftssenats – einem Gremium, dem 130 führende Wirtschaftsrepräsentanten angehören, die wirtschaftlichen Sachverstand und Politik vernetzen wollen.
  • Er ist Schatzmeister der Hanns-Seidel-Stiftung und Präsident einer Stiftung belgischen Rechts namens „Forum“, die die Immobilien der Europäische Volkspartei in Brüssel verwaltet.
  • Außerdem ist er stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Wackler SE München, einem Unternehmen mit 6.000 Mitarbeitern im Bereich Gebäude- und Facilitymanagement.

Am 24. Januar 2022 wird die Stadt Gunzenhausen zusammen mit dem Europäischen Wirtschaftssenat zu seinen Ehren einen (corona-bedingt) „Kleinen Festakt“ durchführen, bei dem unter anderem Staatsminister Joachim Herrmann, Bürgermeister Karl-Heinz Fitz und Aufsichtsratsvorsitzender Rolf von Hohenhau sprechen werden. Ministerpräsident Markus Söder und EVP-Fraktionsvorsitzender Manfred Weber werden per Video zugeschaltet.

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