Ex-OB Dr. Zwanzig gestorben

Er war von 1972 bis 1984 Rathauschef in Weißenburg

In den frühen siebziger Jahren: Dr. Günter W. Zwanzig beim Neujahrsempfang mit seiner Mutter, einer begnadeten Opernsängerin. Foto: Falk

Seine Wahl 1972 war ein echter Knaller. Niemand von den etablierten politischen Kräften in Weißenburg hatte mit so einem gewaltigen Erdrutsch gerechnet.  Mit 54 Prozent gewann er die Oberbürgermeister-Stichwahl gegen den favorisierten einheimischen Bewerber Wolfgang Wohlleben.  Der 39-jährige war krasser Außenseiter:  Rheinland-Pfälzer, Sozialdemokrat und ein zuweilen als spleeniger Junggeselle wahrgenommener Weltverbesserer.

Er setzte sich dennoch gegen den CSU-Mitbewerber durch, der als „Macher“ der Weißenburger Kommunalpolitik galt und der damals seine kommunalpolitische Laufbahn (Stadtrat, Kreisrat, Bürgermeister) mit dem Amt des Oberbürgermeisters krönen wollte.

Einen leichten Stand hatte der Neuling in den ersten Jahren seiner Amtstätigkeit nicht, denn die CSU dominierte den Stadtrat und benötigte einige Jahre, um die Zäsur zu verarbeiten. Weil aber Dr. Zwanzig ein enorm kommunikativer Mensch war, fand er Freunde innerhalb und außerhalb des Weißenburger Establishments. Er hatte eine von manchen als ungewöhnlich empfundene Herangehensweise und stieß mehr und mehr auf Vertrauen unter den Wählern der einstmals freien Reichsstadt. Das vor allem auch, weil er ein geschichtskundiger Mensch war, der die traditionellen Reichsstädter in ihrem Stolz wertschätzte. Und er gewann an Statur, weil er sich nicht von denen vereinnahmen ließ, die glaubten, ohne sie ginge in Weißenburg nichts.  Seine Wiederwahl 1978 spricht dafür. 1984 hatte er sich von seinen örtlichen Sozialdemokraten vornehmlich in menschlicher Hinsicht entfernt, so dass ihn die Partei fallen ließ und nicht mehr als Kandidaten aufstellte. Der stets vornehme Ästhet hatte zunehmend Probleme mit Kleingeistern in den Niederungen der Stadtpolitik.   Folge: die Sozialdemokraten verloren die Wahl an die CSU (Reinhard Schwirzer).

Dr. Günter W. Zwanzig war in Potsdam aufgewachsen, kam aber mit seiner Familie 1948 nach Mülheim/Ruhr, studierte Jura, Geologie, Biologie und Geographie. Beruflich war der Jurist im Landesdienst von Rheinland-Pfalz tätig, als er 1972 in Weißenburg als Nobody in Erscheinung trat, in seinem Wahlkampf von Haus zu Haus ging und den sensationellen Wahlerfolg errang.

Sein politischer Ehrgeiz war es nicht, jeden Kanaldeckel und jede Straßenböschung in der Stadt  zu kennen. Dr. Zwanzig konzentrierte sich darauf, das Image der Stadt zu fördern. Instrumente hierfür waren für ihn die Altstadtsanierung (mit Restaurierung der Karmeliterkirche als Veranstaltungszentrum), die Darstellung der römischen Geschichte und die Förderung der internationalen Städtepartnerschaft mit den Weißenburgs in ganz Europa.  Er förderte den Dialog von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Der von ihm begründete Neujahrsempfang  im Söller des alten Rathauses bot ihm stets die Gelegenheit, auch außerhalb der Stadt neue Freunde zu finden. Der OB war nicht abgeneigt, die Gespräche bei einer Flasche Wein bis in die Morgenstunden zu vertiefen.

Dr. Zwanzig vertrat seine Partei und die Interessen seiner Stadt auch im Kreistag (1978-1984). Dem Bezirkstag Mittelfranken gehörte er von 1974 bis 1986 an.

Als Ehemann und Familienvater war er ein Spätberufener, denn erst 44-jährig ging er 1976 den Bund der Ehe ein und wurde Vater von drei Kindern. Sohn Christofer setzt die sozialdemokratische Familientradition fort.

Nach dem Abschied von Weißenburg war er Geschäftsführer der Evangelischen Erziehungsstiftung in Nürnberg, zudem leitete er die Verwaltung der Evangelischen Hochschule Nürnberg und war als Dozent an der Fachhochschule Hof tätig.

WERNER FALK

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