Zur Zusammenarbeit mit den extremen Rechten und Linken
Seit Wochen beschäftigt der Fall des Höchstädter SPD-Stadtrats, der zusammen mit der Stimme des AfD-Stadtrats zum 2. Bürgermeister gewählt wurde, die politisch interessierten Menschen in der Region. Der Gewählte und seine Partei haben konträre Ansichten zu dieser Problemlage.
„Die Wahlannahme ist ausgeschlossen, wenn die Wahl nur mit der Stimme der AfD möglich war.“ Das ist die Position der SPD. Deshalb verlangt sie von ihrem 2. Bürgermeister, dass er das Amt zurück gibt. Das weckt Erinnerungen an die Vorgänge in Thüringen vor einigen Monaten, als sich der FDP-Politiker Kemmerich mit Hilfe der AfD zum Ministerpräsidenten wählen ließ, dann aber doch unter politischen Druck zurück trat.
Wie sollen sich die demokratischen Parteien verhalten, damit sie sich nicht dem Vorwurf aussetzen, der extremen Rechten oder auch der extremen Linken als Steigbügelhalter zu dienen?
Wichtig und ausschlaggebend ist für mich eines: Ist die Entscheidung das Ergebnis einer strategischen Überlegung oder das Produkt eines Zufalls? Wenn es vor der Wahl (in diesem Fall des 2. Bürgermeisters) Absprachen gibt mit dem Ziel, den Bewerber mit Hilfe der AfD durchzubringen, so kann das verwerflich sein. Wenn es aber keine Abstimmung im Vorfeld gibt, muss das Ergebnis als demokratisch zustande gekommene Entscheidung hingenommen werden.
In unseren kleinräumigen Regionen stellt sich die Lage differenzierter dar als auf der großen politischen Ebene. Wenn sich beispielsweise die Beteiligten in einer überschaubaren Gemeinschaft (Landgemeinde oder kleine, mittlere Stadt) kennen, schon vor fünfzig Jahren miteinander im Sandkasten spielten, bereits im Schulunterricht auf einer Bank saßen, im Konfirmandenunterricht zusammen das Alte und Neue Testament lernten, im Wirtshaus gute Unterhaltung beim Schafkopfen haben und die Familien verwandtschaftlich oder freundschaftlich verbunden sind, soll dann die Parteipolitik wichtiger sein als das persönliche Verhältnis zueinander?
Oder eine andere Situation: In einem der Parlamente auf Bezirks-, Landes- oder Bundesebene geht eine Verordnung oder ein Gesetz nur deshalb mehrheitlich durch, weil AfD-Politiker mit beteiligt waren. Muss dann auf den Vollzug des Gesetzes verzichtet werden?
Werner Falk, Stadt- und Kreisrat der FDP, Gunzenhausen
Da muss man doch einmal Tacheles reden: Entweder die AfD ist eine demokratisch legitimierte und wählbare Partei, dann hat sie auch alle Rechte und Pflichten! Oder sie ist es nicht, dann soll man sie auch aus allen Listen verbannen und notfalls verbieten! Aber sie einfach ignorieren oder verteufeln und sie und ihre Mitglieder durchwegs als unberührbare Parias und verkommene Nazis abtun, das ist NICHT RECHTSSTAATLICH, NICHT DEMOKRATISCH UND AUCH NICHT GERECHT! Da kann die Kanzlerin auch aus der Antarktis oder sonstwoher anrufen und „unverzeihlich“ rufen, sie hat es gerade nötig! Das ging vielleicht in der DDR, wo das wohl irgendeiner der „Erichs “ problemlos konnte. In einer Demokratie geht das nicht! Und was ist mit Söder, der oft genug, wenn es gerade günstig ist, die AfD angreift und dann plötzlich wieder mit deren ureigensten Parolen hausieren geht? Was ist denn los in diesem Land? Was bedeutet „Demokratie“ eigentlich heute? Bei Wehner, Strauß, Brandt und vielen anderen flogen manchmal die Fetzen, dass es ein Spektakel war, aber eins kann man im Gegensatz zu heute zweifellos sagen: es war so demokratisch, wie wir es von vorbildlichen Lehrern in vorbildlichem Unterricht gelernt haben – zumindest an meinem Gymnasium in Sulzbach-Rosenberg. Dafür bin ich ihnen heute noch dankbar und blicke dankbar zurück. Aber was in der deutschen „Politik“ (ist der Ausdruck eigentlich noch passend?) heute abgezogen wird, dafür kann man sich nur noch in Grund und Boden schämen!