„Heimatkundliche Streifzüge“ sind in Roth erschienen
Sich der reinen deutschen Sprache zu bedienen und sich „von fremd-drückenden Sprachjochen“ zu befreien – dazu verpflichteten sich im 17. Jahrhundert die Mitglieder der „Fruchtbringenden Gesellschaft“, die aber nur kurze Zeit ihren Kampf gegen „fremdes Wortgepräg“. Sprachwissenschaftler erkennen eine Duplizität der Ereignisse: Damals waren es die französischen Ausdrücke, die der „angebohren Teutschen Reinlichkeit“ widersprachen, heute sind es die Anglizesmen, von denen die Muttersprache durchsetzt ist.
In den „Heimatkundlichen Streifzügen“ (Ausgabe 38), die der Landkreis Roth in diesen Tagen vorlegt, geht Irmgard Prommersberger auf die Gesellschaft ein, die von 1617 bis 1680 bestand und in Franken eine Nachfolgerin im „Pegnesischen Blumenorden“ von 1644 fand, der noch heute existent ist.
Die Autorin widmet sich einem Gesellschaftsmitglied, das von 1607 bis 1630 als Amtmann des markgräflichen Oberamts Stauf- Landeck im heutigen Landkreis Roth tätig war: Hanß Heinrich von Wuthenau. Er war zu jener Zeit sozusagen der lange Arm des Markgrafen Joachim Ernst, also der Vertreter des Landesherrn und Herrschers über Hochgerichts-, Militär- und Glaubensfragen. Er stammte aus Wuthenau, einem kleinen Ort nahe der brandenburgischen Kreisstadt Neuruppin. Seine Familie gehörte zu den Gefolgsleuten der Markgrafen Brandenburg-Ansbach. Nach dem Studium kam er auf einer „Kavalierstour“ (heute: Bildungsreise) nach Franken, wo er Anna Catharina von Woellwarth ehelicht, die ihm sechs Kinder schenkte, die allerdings alle sehr früh starben. Hanß Heinrich wurde beim Hantieren mit Waffen getötet. Er wurde nur 46 Jahre alt und fand in der Thomaskirche in Eysölden seine letzte Stätte.
Wuthenau ließ auf der Burg Stauf einiges ändern, was ihm nicht unbedingt die Sympathien seiner Untertanen eintrug. So ließ er eine Kapelle zu einem Pferdestall umbauen, er kümmerte sich „weniger als jeder ums Beten“. Dennoch war er beim Markgrafen hoch angesehen. In die Geschichte ging er eher als Bildungsmensch ein, dessen Familie durch Abstammung und Heirat Besitztümer und Lehen auch in Sachsen, Anhalt, Baden und Württemberg hatte. 1617 fand er Aufnahme in die „Fruchtbringende Gesellschaft“, die sich dem Schutz der Muttersprache verpflichtet sah. Die Gesellschafter mussten sich verpflichten, „dass sich ein jedweder wehrbar nütz- und ergetzlich bezeigen und also überall handeln solle, bey Zusammenkünften kütig, fröhlich, lustig und verträglich in worten und wercken seyn, auch wie dabey keiner dem anderen ein ergertzlich wort für übel zunemen, also sol man sich aller groben verdrießlichen reden und schertzes darbey enthalten“.
Im 96-seitigen Jahrbuch geht es auch um die Exulanten, die ins Rother Land kamen, um die Heimatfreunde „Land um Stauf“, den Ölberg in Hilpoltstein, den Niedergang der Abenberger Wirtshäuser, die Kirche in Schwand, die Sudetendeutsche Heimatstube in Allersberg und das Heimatspiel „Sybilla von Allersberg“.
Marco Eckerlein schildert den „Spalter Bierkrawall“, eine leicht possenhafte Auseinandersetzung im Inflationsjahr 1923, als die Bierpreise galoppierten und der Liter Bier in der Wirtschaft 1000 Mark kostete. Es formierte sich unter der Bürgerschaft ein lebhafter Protest, dem auch die Mitglieder des Stadtrats nicht widerstehen wollten. Der von 160 Spalter gegründete Bierkonsumverein ärgerte sich vor allem, weil das Bier im Gassenausschank genauso teuer war wie in der Gaststube. Er hatte die „schwerst arbeitende Landbevölkerung“ auf seiner Seite, denn sie konnte während der heißen Sommerzeit „nicht ohne Bier auskommen“. Folglich wurden drei private Ausschankstellen von der städtischen Brauerei beliefert, was wiederum den Wirten als „billige Konkurrenz“ missfiel, denn dort wurden nur 650 Mark verlangt. Georg Gent, der Chef der Wirte, brachte den Vorfall sogar vor die Regierung von Mittelfranken. Diese machte dem Konsumverein zur Auflage, Bier wochentags nur bis sieben Uhr abends auszuschenken, an den Sonntag überhaupt nicht. In dem 1800 Einwohner zählenden Spalt, das damals elf Wirtschaften hatte, sah die Regierung kein Bedürfnis nach weiteren Schankstellen. Der Streit griff auch auf die Gendarmen über, die ihrerseits klagten, der Bierpreis sei so hoch wie in München. Es gab Geldstrafen gegen die Zapfer vom Konsumverein. Der Konflikt endete schließlich in den Wirren der Inflationszeiten und der Verein löste sich 1928 auf.
Die „Heimatkundlichen Streifzüge“ sind für 4,60 Euro im Informationszentrum Harsdorfer Schlösschen in Enderndorf am See und über den örtlichen Buchhandel erhältlich (ISSN 0724-1100).
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