Dr. Bernd Flessner begeistert und ängstigt zugleich
„Alles, was wir heute haben, ist schon der Schnee von gestern“. Das prophezeit der Zukunftsforscher Dr. Bernd Flessner vom Zentralinstitut für Wissenschaftsreflektion und Schlüsselqualifikationen an der Uni Erlangen-Nürnberg. Er wissenschaftlicher Beirat des Deutschen Museums und als solcher zuständig für das Zukunftsmuseum in Nürnberg, das 2020 eröffnet werden soll.
Der Wissenschaftler, der beim Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Treffen in der Stadthalle die schwierigen Sachzusammenhänge in einer bemerkenswert populären Sprache erläuterte, gehört einem Institut an, das unabhängig von der Universitätsstruktur arbeitet. Er misstraut zutiefst den „involvierten Experten“, zu denen auch die Forscher der Uni Oxfort zählen. Sie haben z.B. 2013 prophezeit, dass 47 Prozent der Arbeitsplätze infolge der Robotik wegfallen.
Was mit dem Smartphon seinen Anfang genommen hat, beschleunigt nach Ansicht von Dr. Flessner den Wirklichkeitswandel mehr und mehr. Die Menschen heute seien verunsichert zwischen rückwärtsgewandten und vorwärtsgewandten Utopien. Arbeit und Alltag seien künftig zunehmend wissens- und technikbasiert. Die Maschine werde zum Partner in vielen Sparten.
Flessner erwartet eine Re-Industriealisierung der Industrieländer („Der Arbeiter ist ein Auslaufmodell“ ) und ein Entfernen von der klassischen Industrieproduktion. Schon heute kämen beispielsweise 80 Prozent der Airbus-Teile aus dem 3D-Drucker. In jedem zehnten Haushalt sei „Alexa“ zu hören. „Fabbig“ sei der neue Begriff für die Zukunftstechnologie. Heute schon hätten die Fabshops 24 Stunden geöffnet. Auch die Nachrichtenübermittlung wird von der Künstlichen Intelligenz betroffen sein, denn: „In zehn Jahren kommen 90 Prozent der Presseinformationen von Algorithmen.“
Der Wissenschaftler prognostiziert für 2039 den Beginn eines neuen Computerzeitalters. Das Herzstück: der Quantenrechner. Die eigentliche Computertechnologie sei dann die Künstliche Intelligenz. Das „Smart Home“ aus KI und Robotik mache vieles möglich. Die Energie komme in zwanzig Jahren aus dem Nanokraftwerk, die wirtschaftliche Ressource sei Kohlenstoff. Flessners Prognose zu einer Umwelttechnologie, die heute noch als zukunftsträchtig gilt: „In zwanzig Jahren sind die Windräder durch“, d.h. sie spielen keine Rolle mehr. Sogar die „Seltenen Erden“ könnten damit ersetzt werden.
Die Ökonomie werde in zwanzig Jahren hochgradig automatisiert und robotisiert sein. „Das wird“, so Flessner, „die Schlüsselindustrie der Zukunft“. Aber zu einer vollständigen Automatisierung werde es „sehr unwahrscheinlich“ nicht kommen. Er sieht voraus, dass sich neue Berufe herausbilden und sich auch die heutigen Eliten auf viele Änderungen einstellen müssen.
Gewinner der Entwicklung werden die Mega-Städte sein, Verlierer hingegen der ländliche Bereich. Dass 2050 6,4 von den 9,6 Milliarden Menschen in Städten leben, hält er für eine realistische Annahme. Dr. Flessner beruft sich dabei auf das Statistische Bundesamt, das für den Zeitraum bis 2050 von einer „permanenten Urbanisierung“ spricht. Für Altmühlfranken wird eine Bevölkerungsabnehme von 0 bis 10 Prozent erwartet.
„Gestalten statt Aufhalten“ hält Flessner („In Deutschland haben wir Utopiedefizite“) für die richtige Herangehensweise, denn: „Was wir nicht gestalten, das gestalten andere.“ Die Experten in Deutschland seien aufgerufen, Zukunftsdiskurse zu führen, sie müssten präaktiv werden. Veränderungen begünstigten nur den, der darauf vorbereitet sei.
Der Zukunftsforscher aus dem mittelfränkischen Uehlfeld hofft, dass sich das Sprichwort nicht bestätigt: „Die Menschen werden erst begreifen, wenn es zu spät ist!“
Viele Teilnehmer des AG-AN-Gesprächs, zu dem Bürgermeister Karl-Heinz Fitz und der Wirtschaftsreferent Andreas Zuber eingeladen hatten, äußerten spontane Begeisterung über den Vortrag des Wissenschaftlers, dessen Stärke darin liegt, dass er die Welt von morgen verständlich machen kann, wenngleich er natürlich auch auf Skepsis stößt.
Wer einen realistischen Blick in die Zukunft tun will, sollte den schauerlichen Roman „1984“ von George Orwell lesen und dabei aufmerksam beobachten, was vor sich geht. Das tut die Mehrheit unserer satten, gelangweilten und gleichgültigen Gesellschaft natürlich nicht. Deshalb machen die sogenannten „Politiker“ auch was sie wollen, ohne dass irgend etwas, und sei es noch so absurd, auf nennenswerten Widerstand trifft. Selbst die Bauern, die da so heroisch nach Berlin fuhren, werden nichts ausrichten, sondern sich wieder mit den allgegenwärtigen leeren Worthülsen einfangen lassen, davon bin ich überzeugt. Gelbwesten? Widerstand? In Deutschland undenkbar! Früher habe ich von sowas geträumt. Viel habe ich in meiner Jugend (als 68er und „ultralinker Typ“) erlebt, jetzt bin ich sehr „konservativ“ geworden. Und ich muss mit ansehen, dass sich eben jene „fortschrittlichen Genossen“, die gegen das sogenannte „Establishment“ gekämpft haben (haben sie das wirklich?) sich im Lauf der Zeit fett und behäbig in diesem „Establishment“ eingenistet haben und jetzt die auslachen, die es ernst gemeint haben. Ja, der „Wendehals“ ist zweifellos der Vogel der Moderne … Bin ich froh, dass ich schon so alt bin, mir tut es nur um unsere Kinder und Enkel leid.