Die Grablege der Rieter

Besonderheiten um die Gruft in Kalbensteinberg

Das Patriziergeschlecht der Rieter aus Nürnberg, ursprünglich aus Ebern/Hassberge stammend, war eines der wohlhabendsten im Mittelalter. Als Kaufleute wurden die Rieter schnell reich, sie erwarben zahlreiche Grundherrrschaften, ab 1437 auch in Kalbensteinberg. Wie der Historiker Dr. Daniel Schönwald (er lebt mit seiner Familie in Kalbensteinberg) im Jahrbuch 73 des Vereins für Heimatkunde bemerkt, hatten die Rieter ab 1599 alle Kalbensteinberger als Untertanen – in der für Franken zersplitterten Grundherrschaftsstruktur eine absolute Ausnahme.

Das Foto von Friedrich Wißmüller zeigt den heutigen Zustand der Rieter-Gruft in der Kalbensteinberger Kirche.

Die Grablege in der Rieter-Kirche geht auf den Tod der Ehefrau von Hans IX. Rieter (Maria, geb. Imhoff)  im Jahr 1609 zurück. Sie war die erste, die darin ihre letzte Ruhestätte fand. Ihr folgten noch viele Familienmitglieder nach, so dass es am Ende 13 Särge sind, die bis heute in der Gruft aufbewahrt werden.  Erstmals öffneten französische Soldaten, die im Zuge des Dreißigjährigen in Kalbensteinberg einquartiert waren, die Särge, um Ringe und ähnliche Kostbarkeiten zu finden. Von diesen Originalsärgen gibt es aber heute keine mehr, denn sie wurden 1893 durch Glassärge ersetzt. Die aber sind heute noch zu sehen. Was aber nur bedingt stimmt, denn die Grablegedarf aus raumklimatischen Gründen nicht mehr betreten werden.

Die Zugänglichkeit war lange umstritten. 1872 versagte der Verwalter aus Nürnberg die Besichtigung, später allerdings – in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts – war die Gruft wieder zugänglich.  Für die Gäste der benachbarten Jugendburg Wernfels war sie ein „Hit“. Die Jugendlichen machten nicht nur pietätlos an den Särgen ihre Witze, sie stocherten auch in den Mumien herum. Während des Zweiten Weltkriegs waren zudem die kostbaren Kunstschätze der Kirche dort gesichert.  Ab den fünfziger Jahren durfte die Grablege nur mehr zu wissenschaftlichen Zwecken betreten werden.

Zu allen Zeiten haben sich illustre Geschichten um die Rieter-Grablege gerankt.  1768 sorgte sich der Pfleger der Rieter-Stiftung um den Zustand der Leichen, denn ihm war zu Ohren gekommen, die Leichname wären versteinert.  Tatsächlich waren die Leichen ausgedorrt, sie ließen sich nach einem Bericht von Pfarrer Johann Christoph Esper „wie Leder anfassen und hin und her biegen“.  Eine eingehende Untersuchung der mumifizierten Leichen nahm  der Nürnberger Rechtsmediziner Dr. Gerd Schaidt vor, der 1982 bemerkte: „Ohne Balsam, ohne Organentnahme, ohne die künstlichen Methoden der Konservierungstechnik  verwandelten sich die Körper in ledrige Mumien.“ Die ursprünglichen Gewänder harren noch heute im Magazin der Bad Windsheimer Museumskirche auf ihre Restauration.

Dr. Schönwald listet 13 Glassärge für Erwachsene auf, dazu einen Kindersarg. „Mögen die Rieter ungestört in der Gruft ruhen“, wünscht er sich, „vielleicht ist das auch gut so, dass sie noch das eine oder andere Geheimnis in sich tragen“.

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