Martin Wölzmüller vom Landesverein für Heimatpflege sorgt sich
Von Heimat hört man heute allerorten. Das war nicht immer so in den letzten Jahrzehnten. Wie Martin Wölzmüller beklagt, ist mit diesem Hype aber reine merklich wahrnehmbare Begriffsentwertung verbunden. In der aktuellen Ausgabe der „Schöneren Heimat“, dem vierteljährlich erscheinenden Magazin des Landesvereins für Heimatpflege, erhebt der Geschäftsführer die Forderung, Heimat als Integrationsraum zu begreifen anstatt ihn durch Missbrauch für Ausgrenzung, Spaltung und Hetze geradezu ad absurdum zu führen.
Mit dem Bestreben, alle diejenigen draußen zu halten, die man für fremd, anders oder gar „unwürdig“ halte, könne heute kein gesellschaftliches Zusammenleben mehr gelingen. Die gesamte Siedlungs- und Kulturgeschichte sei kein monokultureller Maisacker, sondern gleiche vielmehr einer bunten Blumenwiese, auf die der Wind jedes Jahr neue Arten wehe.
Wenn schon davon die Rede sei, Heimat „zurückzugewinnen“, dann nicht in der Form rechtspopulistischer Phrasendrescherei („Dieses Land, Deutschland, ist unser Land“), sondern durch ein entschiedenes Nein gegen Ausbeutung durch fortschreitende Bodenversiegelung, gegen dümmliche Folklorisierung und gegen baulichen Wildwuchs, also gegen den Ausverkauf von geistigen und natürlichen Ressourcen.
Martin Wölzmüller, mit Vollbart und Lederhose ganz und gar das Klischee eines altbayerisches Mannsbilds, hält nichts von oberflächlicher Heimattümelei: „Heimat wird weder von Spießbürgern, die sich hinter ihren Gartenmauern verschanzen, noch von raffgierigen Egoisten oder verquasten Ideologen geschaffen – auch wenn sie im Trachtenanzug daherkommen. Heimat lebt in erster Linie vom inspiriertem Tun vieler, vom Mut, sich selbst an kulturelles und gesellschaftliches Wirken heranzuzwagen und die nahe Welt selbst in die Hand nehmen.“
Impulse für kulturelle Identität
In der gleichen Ausgabe setzen sich Heimatpfleger und Denkmalschützer mit Fehlentwicklungen im Landschaftsbild auseinander. Architekt Thomas Jocher findet, dass der rasante gesellschaftliche und technische Wandel bei den Menschen viel Verunsicherung erzeugt. Es entstehe eine tiefe Sehnsucht nach Heimat in einer globalisierten und gesichtsloser werdenden Welt , nach Geborgenheit und Halt am Überlieferten. Er fordert neue Impulse, denn: „Ohne sie gibt es nur Stillstand“. Das Diktat der Produktionssteigerung in der Landwirtschaft beklagt Werner Pawlovsky, der Kreisbaumeister von Miesbach. Neuartige, uniformierte Ställe würden ohne Rlücksicht auf die örtlichen Gegebenheiten errichtet, die traditionellen Qualitäten von alten Bauernhöfen würden zerstört. Von einer „ertragsgetriebenen Agrarwirtschaft“ spricht Prof. Susanne Burger und meint, dass die Lebensgrundlagen der Menschen, Tiere und Pflanzen zerstört würden. Dass die industriealisierte Landwirtschaft das Dorfleben dramatisch verändert, bedauert Baureferent Christoph Schreyer vom Bezirk Oberbayern: „Leute wandern ab, Geschäfte geben auf, Wirtshäuser stehen leer, Schulen schließen und Kirchen werden nicht mehr gebraucht.“
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