Posten galt auch als Armenunterstützung
Hirten, Schäfer und Tagelöhner lebten im 19. Jahrhundert noch kärglich. Kein Wunder also, dass sie sich in Wald und Flur „bedienten“. Um aber die Bauern vor den Frevlern zu schützen, fungierten die Flurwächter sozusagen als Feldpolizei. Bis in die fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts waren sie in vielen fränkischen Gemeinden noch tätig. Das Amt des Flurers in Spalt und Umgebung beschreibt Marco Eckerlein in der neuen Ausgabe der „Heimatkundlichen Streifzüge“, die der Landkreis Roth herausgibt.
Es ging um die Sicherung der Fluren vor Diebstahl, Beschädigung und unerlaubter Nutzung. Ab 1818 war es Pflicht der Gemeinden, einen Flurer zum Feldschutz einzustellen. Spalt hatte sogar zwei von ihnen. Im Augen hatten sie vor allem die Gewohnheitsfrevler, also Typen, für die der Diebstahl von Früchten oder Holz zum Überleben gehörte. Aus Mosbach ist bekannt, dass es zwischen 1856 und 1862 genau 154 Freveltaten gab, meist unerlaubtes Sammeln von Jungholz oder das Abschlagen von dürren Ästen. Die Zuständigkeit für die Bestellung eines Flurers lag bei der Gemeinde, ab 1937 wurde er vom Landratsamt vereidigt. Die Qualifikation war niederschwellig: Flurer sollten lesen und schreiben können, körperlich rüstig sein und einen guten Leumund haben. Wie Marco Eckerlein rechierchiert hat, nahmen es die Gemeinden nicht so genau, denn es gab auch „Feldpolizisten“ mit mehr oder weniger gravierenden Vorstrafen. Ein Fünfbronner wurde beispielsweise 1907 abgewiesen, weil er wegen Untreue und Betrugs vorbestraft war. Ein anderer war wegen Bettelns und groben Unfug 23 Tage im Gefängnis gesessen. Der Großweingartener Gemeinderat nahm 1890 einen Flurer in Schutz, der sich im Wirtshaus prügelte und sogar mit dem Revolver herumballerte. In diesem Fall setzte sich letzlich das Bezirksamt durch. Der Mann musste wegen „untragbaren Verhaltens“ gehen.
Von etlichen Gemeinden ist bekannt, dass sie den Posten als eine Art Versorgungsamt für alte und gebrechliche Personen sahen. Sie konnten sich durch deren Anstellung die gemeindliche Armenunterstützung sparen. Die meisten Flurer waren wohl pflichtbewusst, obgleich es auch Klagen über „häufiges Wirtshaussitzen anstatt der Begehung der Flur“ gab.
Die Bezahlung war unterschiedlich. Großweingarten gab dem Flurer neben dem Lohn eine Dienstwohnung und Feuerholz. In Spalt war man sparsamer. Dort erhielten die beiden Flurer neben dem Grundgehalt pro getätiger Anzeige einen bestimmten Betrag. Das gesellschaftliche Ansehen war gering. Immer wieder war zu hören, der Flurerposten sei dazu da, „einen Faulenzer zu ernähren“. In Spalt und Wernfels regelte selbst im Jahr 1947 noch eine Verordnung die Arbeit der Flurer. In der Erntezeit waren sogar noch zwei zusätzliche Kräfte eingestellt. Aber 1956 war es auch in der Hopfenstadt so weit, „dass eine Notwendigkeit keinesfalls vorliegt“, wie die Stadtverwaltung argumentierte.
Die „Heimatkundlichen Streifzüge“ sind für 4,60 Euro im Harsdorfer Schlösschen in Enderndorf sowie beim Landratsamt in Roth erhältlich.
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