Wie ist der Kampf gegen die Populisten zu gewinnen?
Die Auswüchse des Kapitalismus spielen den Populisten in die Hände. Das ist offensichtlich so. Der Autor Uwe Jean Heuser, Leiter der Wirtschaftsredaktion der Wochenzeitung „Die Zeit“ und einer der renommiertesten Wirtschaftsjournalisten Deutschlands, tritt für eine Veränderung des Kapitalismus ein, so dass er zur Grundlage einer freiheitlichen Gesellschaft werden kann, in der sich alle gut aufgehoben fühlen. Er ficht gegen nationalistisch-populistische Willkür und für die demokratische Gesellschaft. Und er outet sich als Optimist: „Wir können den Kampf um Freiheit und Anstand gewinnen!“
Wer kennt nicht Ralf Dahrendorf, den wirtschaftswissenschaftlichen Vordenker und großen Liberalen? Er hat schon vor Jahrzehnten erkannt, dass die Globalisierung die Konkurrenz stärkt und das Gemeinschaftsgefühl schwächt („Arbeiter leiden, Aktionäre nicht!“) Für ihn stand fest: „Keine Gesellschaft kann es sich leisten, viele ihrer Mitglieder einfach auszuschließen.“ Das Aufkommen der Demagogen und Populisten hat er vorhergesehen, denn bei ihnen ist immer Angst im Spiel – und immer wird einer gefunden, der schuld ist. Zweifel am System haben die Finanzkrise, die Geldflut der Notenbanken hervorgerufen und die Flüchtlingswelle vor zwei Jahren hat Risse in der Gesellschaft produziert.
Der Autor schildert in seinem Buch verschiedene wissenschaftliche Ansätze, wie der Kapitalismus verändert werden kann. Er zitiert den Verhaltens- und Experimentalökonomen Prof. Armin Falk, der den Begriff der Komplementarität, also die Philosophie des Ergänzens, in die Fachwelt eingeführt hat. Ihm ist das Herunterbeten von Lehrsätzen über den Markt ein Graus. Falk verteidigt den offenen Welthandel, folglich auch das Welthandelsabkommen TTIP und er bejaht die Einwanderung von qualifizierten Menschen. „Geordnete Einwanderung schafft Wohlstand“, sagt er und stellt zugleich die Frage, was wohl wäre, wenn alle Ausländer das Land verließen – also Pflegekräfte, Müllwerker, Putzkräfte oder Bauarbeiter. Die Antwort darauf kann jeder selbst geben, er muss gewiss kein Wirtschaftswissenschaftler sein. Für Falk steht fest: „Die Globalisierung ist nicht unser Feind. Es ist die Art, wie in Deutschland damit umgegangen wird.“ Sie bleibt auch nicht stehen, sondern verändert ihre eigenen Regeln.
Der Weg für die Gesellschaft führt – so Heuser – nicht daran vorbei: Die Weltwirtschaft muss sich um die Verlierer in den Industrieländern kümmern! Wenn Menschen das Gefühl hätten, ihr Schicksal nicht mehr selbst in der Hand zu haben, werde es gefährlich für die Gesellschaft. Der „Zeit“-Publizist und Professor an der Uni St. Gallen sieht voraus: „Die ökonomische Mainstream wendet sich den Verlierern zu. Sie müssen von den Gewinnern entschädigt werden.“
„Kapitalismus inklusive“ von Uwe Jean Heuser (Untertitel: „So können wir den Kampf gegen die Populisten gewinnen“), 272 Seiten, ISBN 978-3-89684-259-6, 18 Euro, Edition Körber, Hamburg.
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