Beitrag ist in der Publikation „villa nostra“ enthalten
Der Fürther Journalist Bernd Noack hat vor einigen Jahren im Zuge seiner Recherchen zum amerikanischen Schriftsteller J. D. Salinger (Autor des Romans „Der Fänger im Roggen“) zutage gefördert, dass der Amerikaner nach dem Krieg als CIC-Agent etliche Monate in Gunzenhausen war. Prof. Eberhard Alsen von der Universität Trier widmet sich Salingers vorausgegangener Zeit in Weißenburg. Von ihm erscheint demnächst das Buch „J.D. Salinger and the Nazis“. In der neuen Ausgabe der „villa nostra“, einer Publikation der Stadt Weißenburg, schreibt Eberhard Alsen über Salingers Weißenburger Zeit.
In seiner Kurzgeschichte „Für Esme – mit Liebe und Unrat“ schreibt Salinger von einer fitkiven bayerischen Kleinstadt namens „Gaufurt“. Darin spielen der „Unteroffizier X“ und eine „Nazifrau“ die Hauptrollen. Autor Eberhard Alsen ist sicher, dass es für die Geschichte einen autobiografischen Hintergrund gibt und der Schauplatz Weißenburg ist. Er sieht sich in seiner Annahme durch Aussagen von Salinger-Tochter Margaret bestätigt. Sie erklärte, dass sich ihr Vater nach dem Besuch eines Konzentrationslagers (mit hoher Wahrscheinlichkeit war es Kaufering IV bei Landsberg) über Details äußerte: „Man bekommt den Geruch von brennendem Fleisch nie ganz aus seiner Nase heraus, egal wie lange man lebt.“ Er musste sich sogar in psychiatrische Behandlung begeben. Und genau dieser Sachverhalt erscheint in dem Kurzroman Salingers.
Das CIC-Büro war von Mai bis Juli in Weißenburg (Nürnberger Straße 31) und wurde dann nach Gunzenhausen (in die Villa Schmidt, Wiesenstraße 12, heute Meyerhuber-Rechtsanwaltskanzlei in der Rotkreuz-Straße) verlegt. Salinger lernte in Weißenburg eine junge Frankfurterin kennen, die von März bis Juni 1945 am Weißenburger Krankenhaus als Assistenzärztin tätig war. Der Amerikaner heiratete Sylvia Luise Welter (geboren am 19. April 1919) am 18. Oktober 1945 im Standesamt Pappenheim. In der Ehe begann es aber schon nach zwei Monaten zu kriseln. Der Streit wurde noch schlimmer, als Jerry und Sylvia in New York, dem Wohnort der Salinger-Eltern, ankamen. Schon nach einem Monat trat die junge Deutsche den Rückflug an und 1949 ließ Salinger die Ehe annullieren, da Sylvia ihn in „böser Absicht und unter falschen Vorstellungen“ geheiratet habe.
Sylvia kehrte übrigens in die USA zurück, nicht um Salinger wiederzusehen, sondern sich mit dem amerikanischen Ingenieur William Cary zu verehelichen. Sie lebte als Augenärztin mit eigener Praxis in der Kleinstadt Hendersonville (North Carolina) und gab sich nach der Namensänderung („Sylvie“) als Französin aus.
Erinnerungen von Zeitzeugen Erich Rieger
Als in Gunzenhausen durch die Recherchen von Bernd Noack erstmals die Anwesenheit Salingers 1946 bekannt wurde, da erinnerte sich auch Erich Rieger an den amerikanischen Soldaten ganz in der Nachbarschaft seines Elternhauses in der Wiesenstraße 15. Die Kinder nannten den amerikanischen Soldaten nur „Teddy“, weil dessen schwarzer Pudel so hieß. Rieger hat einen kurzen Abriss verfasst und schreibt von einer „hübschen amerikanischen Zivilistin“, die bei ihm lebte. Den Buben und Mädchen aus der Nachbarschaft sei Salinger „stets sehr nett“ begegnet. Sie erhielten von ihm Schokolade und Kaugummi, den sie bis dato nicht kannten. Nach Riegers Aufzeichnungen hat Salinger die Kinder auch manchmal in seinem Jeep zu einer Stadtrundfahrt mitgenommen. Die CIC-Dienststelle ist nach seinen Angaben später in die Villa Probach in der Ansbacher Straße verlegt worden.
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