„Sichelschlag“ war viermal im Jahr vorzunehmen
Die Altmühl wird von jeher als der langsamste Fluss Bayerns tituliert. Sie war früher aber auch ein ausgesprochen fischreiches Gewässer. Der Fischerwelt der Mittleren Altmühl seit dem Mittelalter ist ein Beitrag von Prof. Konrad Tyrakowski im neuen 107. Sammelband des Historischen Vereins Eichstätt gewidmet. Ob nun an der oberen oder der unteren Altmühl – der Fluss prägte zu allen Zeiten die soziale und kulturelle Entwicklung der Region.
Der Autor bezieht sich auf den Abschnitt zwischen Dollnstein und Töging. Er beleuchtet alle Aspekte der Altmühl, also die rechtlichen Gegebenheiten genauso wie die wirtschaftliche Nutzung. Die wohl älteste Benennung ist eine Urkunde („vivarium“) von 912 des Bischofs von Eichstätt, die sich mit der Aufbewahrung von Speisefischen befasst. Spätere rechtliche Ordnungen sind die Fischerordnung aus dem Jahr 1459 und die Altmühl-Fischordnung von 1735 des Markgrafen von Ansbach und die Erlasse in anderen Territorien.
Dass spezielle Fanggeräte, beispielsweise die Legangel, nicht eingesetzt werden dürfen, das legte 1615 bereits Bischof von Westerstetten fest. Das waren aneinandergereihte Haken an einer mit Ködern besetzten Leine quer über den Fluss gespannt. Die Reuse war im Mittelalter das gängigste Fangmittel. Die Angel spielte damals eine untergeordnete Rolle, und zwar im doppelten Wortsinn, was ein zeitgenössisches Dokument bestätigt: „Das Angeln ist eine Arbeit von solchen Leuten, die in der Welt nicht viel verdienen können oder nicht wollen.“
Fischreich war die Altmühl. Im 11. Jahrhundert wird sogar von „Hausen“ berichtet, einer Art von Stör. Ein acht Meter langes und tausend Kilogramm schweres Exemplar soll in der Donau gefangen worden sein. Wie der Autor bemerkt, hat es in der Altmühl aber höchstens kleine Exemplare dieses Typs gegeben, dafür aber reichlich Krebse, Nasen, Brassen, Ruten, Barben, Haseln und natürlich Hechte, die von der besten Qualität waren. Sie wurden auf dem Ingolstädter Fischmarkt verkauft, aber auch bis nach Nürnberg gelangten sie, wie man von Muhrer Aufzeichnungen aus dem Jahr 1540 weiß.
Die Fischerträge aus der Altmühl waren ab 1811 zu versteuern (Fischwassersteuerkataster), bis 1938 wurden die Fischrechte entlang der ganzen Altmühl verkauft. Die Nutzung des Gewässers war aber auch mit Auflagen befrachtet. Von 1735 stammt eine Anordnung, wonach der Sichelschlag jährlich viermal mit Sensen vorzunehmen war, um die Altmühl vor einer „Anschüttung“ (Verkrautung) zu räumen.
Um die schweren Sommerüberschwemmungen zu vermeiden, sind 1927 bis 1930 Korrekturen am Flusslauf vorgenommen worden. Für die Fischer waren diese Eingriffe natürlich schädlich. So verwundert es nicht, dass der Eichstätter Fischmarkt einging. Mit die schlimmsten Überflutungen hat es wohl im Juni 1946 sowie im Sommer 1951 und 1961 gegeben, und zwar entlang der ganzen Altmühl. Auf den Wiesen bei Gunzenhausen verfaulte das Gras und es gab ein riesiges Fischsterben, so dass 80 Zentner zur Tierkörperbeseitigungsanstalt gebracht werden mussten, wo sie zu Seife verarbeitet wurden.
Der 107. Sammelband des Historischen Vereins Eichstätt (188 Seiten, ISSN 0936-5869) ist über den Buchhandel zu beziehen. In ihm verdiente auch der zweite umfangreiche Beitrag Beachtung. Dr. Maximilian Ettle schildert unter dem Titel „…dann brach die Hölle los“ das Offizierlager in Eichstätt, aus dem in den Apriltagen 1945 an die 1700 Gefangene in das Lager Moosburg überführt wurden. -fr-
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