Fachtagung der Zukunftsinitiative „altmühlfranken“
Bei der Fachveranstaltung zum Thema Akquise ausländischer Fachkräfte der Zukunftsinitiative altmühlfranken am vergangenen Mittwoch in Gunzenhausen wurde auch die aktuelle Flüchtlingssituation in die Diskussion mit eingebunden.
Fachkräftemangel wird deutschlandweit mehr und mehr zum Problem – vor allem für die Wirtschaft, aber auch für verschiedene Versorgungsbereiche. Bis zum Jahr 2020 sollen bis zu 230.000 qualifizierte Mitarbeiter fehlen – allein in Bayern.
Ob und in welchem Ausmaß sich diese Situation auch in unserem Landkreis auswirken wird, zeichnet sich in einigen Unternehmen bereits heute schon ab. Deswegen „ist es gut“, so Landrat Gerhard Wägemann, „vorbeugend zu handeln bzw. gut informiert zu sein, statt am Ende eventuell gar betriebliche Abläufe einschränken oder Aufträge mangels Personal nicht bedienen zu können.“
Die Fachveranstaltung zur Akquise ausländischer Fachkräfte klärte dabei viele Fragen. So zeigte Frau Ute Ernst (Agentur für Arbeit, Arbeitgeber-Service) zunächst auf, wo bereits heute schon Fachkräfte fehlen, nämlich in den Branchen Handwerk, Gastronomie, Pflege, KFZ-Berufe und Industrie, und stellte die Angebote der bei der Agentur verorteten ZAV (Zentrale Auslands- und Fachvermittlung) sowie zahlreichen Qualifizierungs- und Fördermöglichkeiten vor.
Herr Albrecht von der HWK Mittelfranken konzentrierte sich bei der Vorstellung seines Projektes „Passgenaue Vermittlung“ auf die Besetzung von Ausbildungsstellen mit Jugendlichen aus dem Ausland. „Denn gerade kleine und mittlere Betriebe haben zunehmend Probleme“, so Herr Albrecht, „ihre offenen Ausbildungsplätze zu besetzen“.
Großes Potenzial bieten auch, so Herr Smutny von der IHK Nürnberg für Mittelfranken, ausländische Studenten, die ein oder mehrere Semester an einer Universität in Deutschland studiert haben.“ Sie kennen bereits die Kultur und das deutsche Arbeitsumfeld. Leider sei es aber inzwischen so, dass das Erlernen der deutschen Sprache durch englische Studiengänge und internationale Wohngemeinschaften oft unter den Tisch fällt.
Dabei – da sind sich alle Beratungs- und Unternehmensvertreter einig – ist das Beherrschen der Deutschen Sprache die Grundlage für eine erfolgreiche Integration auf dem Arbeitsplatz und unabdingbar für das Ankommen in der deutschen Gesellschaft.
Frau Begonia Merayo, Geschäftsführerin der Recruiting-Firma „Why Consult“ erläutert dies so: „Die Einarbeitung eines ausländischen Mitarbeiters, dauert an sich schon doppelt so lang wie die eines Deutschen. Aber dies reicht noch nicht aus. Ein firmenexterner Mentor oder Pate, der Ansprechpartner für private Belange sein kann, erhöht die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen beruflichen Integration.“
Das Recruiting-Unternehmen wirbt im Auftrag von Betrieben im europäischen und südamerikanischen Ausland passgenau Fachkräfte an und betreut diese auch noch nach Vertragsabschluss.
Die Aspekte der Sprache und des „sich willkommen Fühlens“, treffen auch auf die Eingliederung von Flüchtlingen auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu. Die Rahmenbedingungen seitens des Gesetzgebers sehen vor, dass ein Flüchtling bereits drei Monate nach Antragsstellung auf Asyl arbeiten darf. Immer jedoch unterliegt er einer Einzelfallprüfung durch die Ausländerbehörde. Der Erwerb von Deutschkenntnissen steht nach Meinung aller Akteure zunächst im Vordergrund. Ab 2016 wird es deswegen zahlreiche Angebote der Agentur für Arbeit geben, um die Asylbewerber, insbesondere die mit sicherer Bleibeperspektive, zu unterstützen.
Das Landratsamt hat begleitend ein Willkommenspaket sowohl für im Ausland akquirierte Fachkräften als auch zur Integration von Flüchtlingen, geschnürt. „Neben dem Welcome-Service-Center, einem Beratungsangebot der Wirtschaftsförderung für Unternehmen mit ausländischen Fachkräften, gibt es z.B. einen ehrenamtlichen Dolmetscher-Pool und viele weitere Informationen“, so Kathrin Kimmich von der Zukunftsinitiative altmühlfranken. Ein Modellprojekt der Zukunftsinitiative altmühlfranken in Kooperation mit der Agentur für Arbeit, der Ausländerbehörde und Ehrenamtlichen konnten von 25 Teilnehmern bereits 8 Asylbewerber in Arbeit vermitteln.
Herr Pendelin, Personalleiter der Bosch Industriekessel GmbH, berichtete von seinen Erfahrungen seines international agierenden Unternehmens bei der Akquise von Auszubildenden und Fachkräften im Ausland. Er betonte, dass ein Unternehmen stark gefordert sei. Kreativität und Flexibilität bei der Einarbeitung neuer ausländischer Mitarbeiter seien notwendig, genauso wie Paten aus dem Unternehmen, die die ausländischen Fachkräfte begleiten.
Ein Unternehmen, so steht jedenfalls am Ende des Abends fest, sollte vorbereitet sein auf Veränderungen in seiner Personalstruktur. Ausländische Fachkräfte können dabei ein wertvoller Baustein sein, nicht nur um den Personalbedarf zu decken, sondern auch, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Und „Internationalisierung passiert nicht nur im Ausland, sondern auch vor Ihrer Haustür“, stellt Frau Merayo fest.
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