TTIP rational diskutieren

Diskussion zeigt: Die Uhr läuft gegen den Westen

Einen „Meilenstein für den Welthandel“ nennt Karl-Heinz Paque (Professor für Internationale Wirtschaft, Magdeburg) in der neuen Ausgabe des Magazins „liberal“ das transatlantische Abkommen TTIP. Er hält den Vertrag zwischen Europa und den USA für unbedingt notwendig, allein schon aus der geostrategischen Sicht heraus. Er stellt fest, dass immer stärker riesige Länder (vor allem China) mit staatskapitalistischen Wirtschaftsstrukturen und wenig gefestigten liberalen Traditionen zunehmenden Einfluss auf die Welthandelsordnung gewinnen. „Die Uhr läuft gegen den Westen. Wenn er nicht mehr die Regeln und Standards setzt, dann werden es andere tun“, sagt er.Zeitung 001
Nur zwei Beispiele für mancherlei Irritationen sei herausgegriffen: Europa kann verbieten, dass amerikanische Chlorhühnchen auf deutschen Tellern landen, soweit dies auch für jenes europäische Federvieh gilt, das einer Reinigung mit Chlor unterzogen wurde. Und: Die Amerikaner, die sich vor europäischem Rohmilchkäse als Gesundheitsrisiko fürchten, können untersagen, dass dieser in amerikanischen Feinkostläden landet, vorausgesetzt, dass dies auch für Rohmilchkäse aus den USA selbst gilt. Und zu den immer wieder in der Kritik stehenden Schiedsgerichten bemerkt der Autor: „Die hoch entwickelten Industrienationen wollen ihre Direktinvestitionen in Ländern mit fragwürdigen Rechtssystemen nicht der Willkür lokaler Gerichte überlassen.“ Es sollen folglich Diskriminierungen zwischen Investoren unterschiedlicher Nationalität verhindert und eine faire Behandlung sichergestellt werden. Eine Aushöhlung des Rechtsstaats dürfe es aber keinesfalls geben.
Günter Ederer, der als Publizist 43 Jahre lang aus 62 Staaten für ARD und ZDF berichtet hat, rundet das Kapital mit einem Beitrag „Ich will ein Chlorhuhn essen“ ab. Vor allem bei freilaufenden Hühnern sei die Gefahr von Salmonellen groß und immer wieder eine Quelle von Infektionen. Im Chlorbad aber würden sämtliche infektiösen Keime abgetötet. Das Gerade, dass die Amerikaner die vorbildlichen deutschen und europäischen Verbraucherstandards zerstören wollten, kommentiert er mit den Worten: „Hier siegt Verblödung statt Information!“ Selbst die Bundeszentrale für Risikobewertung habe festgestellt, dass durch die Chlorbehandlung keinerlei gesundheitliche Schäden entstünden. Ederer spricht daher von „Irrationalität und platten Lügen“ und meint damit die antiamerikanischen Aktivisten von Attac und ihren Verbündeten aus der linkssozialistischen Szene. Europa werden folglich angegriffen von finsteren undemokratischen amerikanischen Konzernen. Ederer widerlegt: Die Amerikaner haben die Abgasvorschriften für Autos erlassen, als hier noch behauptet wurde, der Katalysator würde den Untergang der Autoindustrie mit sich bringen. Der Amerikaner Ralph Nader habe den Verbraucherschutz zu einer mächtigen Bewegung aufgebaut als in Deutschland vergleichende Warentests noch vor Gericht erstritten werden mussten. Amerikanische Gerichte hätten hohe Entschädigungsleistungen bei Verbraucherschädigungen durch Unternehmen durchgesetzt. Schließlich hätten amerikanische Gerichte als erste Rauchverbote verhängt.
Wenn von Kirchenvertretern erklärt werde, das christliche geprägte Wertesystem müsse von TTIP verschont werden, dann sei dies ein Teil der Liste, in der haltlose Ängste geschürt würden. Diese seien rational kaum zu begründen. Über die Kritiker sagt Ederer: „Was ich nicht brauche, sind dieAktivisten von Attac, die Besserwisser der Bioprediger und die moralisierenden Funktionäre und Pfarrer der Kirchen, die mir sagen, was gut für mich ist.“
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2 Thoughts on “TTIP rational diskutieren

  1. Frankiboy on 8. Juni 2015 at 17:58 said:

    Ich sehe es leider so wie Herr Paque. Mittlerweile ist Antiamerikanismus und „gegen alles sein“ schick geworden. Alles von dort wird ohne Differenzierung verdammt. Man sieht nur die Gefahren, die von TTIP ausgehen KÖNNTEN. Ein FREIhandelsabkommen bietet aber vor allen große Chancen! Plakatives Geschrei wird scheinbar leider einfach eher wahrgenommen?. Die desinformierte Masse saugt empört die leeren Worthülsen vom CHLORHUHN begierig ein – nicht wissend, das die Gefahr im eigenen Supermarkt um die Ecke lauert. https://www.tagesschau.de/inland/chlorhuehnchen-100.html
    Im Vergleich zum Chlor­wasser im Schwimm­bad sind die Chlor­konzentrationen bei der Fleisch­des­infektion deutlich nied­riger.
    https://www.test.de/Chlorhuehnchen-Die-Hygiene-ist-entscheidend-4722748-0/

    Man könnte diese Aufzählung zum Beispiel noch ein bischen über die Arbeit der Geheimdienste weiterführen. Die Amerikaner sind nicht auf unsere „Geheim“dienste angewisen. Wir aber in Sachen Terrorabwehr etc. schon. Etwas mehr Differenzierung und Hinterfragen täte dem „teutschen Gut-Michel“ schon mal wieder gut :-/!

    • Werner Falk on 19. Juni 2015 at 22:45 said:

      Vielen Dank. Ich denke, die Diskussion wird auch die von Ihnen genannten Aspekte aufgreifen, zumal sich die Menschen immer stärker und intensiver mit der Materie befassen und längst nicht mehr nur Schlagworte die Diskussion bestimmen. Ich bin aber nicht dafür, dass die staatliche Rechtsprechung ausgehebelt und durch Abmachungen unter den Konzernen ersetzt wird. Es gibt noch genügend Verhandlungsbedarf. Gruß Werner Falk

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