Auflistung in „Alt-Gunzenhausen“
Welche ist die älteste Gaststätte in Gunzenhausen? Genau: das „Adlerbräu“-Gasthaus. Nachweislich wird dort seit 1564 Bier gezapft. Im Ranking folgt auf dem zweiten Platz das Gasthaus „Zum alten Rathaus“ (seit 1585), dahinter die „Bürgerstube“ (bis 1969), „Zum schwarzen Bären“ (bis 1951, heute Bäcker-Schmidt) und die „Post“ (sie wird von der Familie Arnold als Hotel Garni betrieben).
Lothar Hiemeyer nimmt sich im neuen Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ des Vereins für Heimatkunde den Gastwirtschaften an, geht auf die Ursprünge der Gastronomie ein, liefert Kurzporträts von 67, die es vom Mittelalter bis 1945 gegeben hat und noch immer gibt. Der Leser erfährt, dass Wirte und Bierbrauer schon früh herrschaftliche Privilegien hatten. Viele von ihnen waren Ratsmitglieder oder Bürgermeister. Die wohl älteste und größte Herberge in der Stadt war die „Fürstenherberge“ (heute Zuber-Haus und dahinterliegendes Areal), die auch „Zum Wurm“ genannt wurde (nach seinem früheren Besitzer). Das älteste Stadtbuch von 1460 erwähnt bereits fünf Wirte. Sie waren u.a. die Gastgeber für Kaiser Maximilian I. (um 1500), den Schwedenkönig Gustav Adolf (1632), den Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe (1788) und Martin Luther (1518).
Einen gewaltigen Aufschwung für die Beherberger in der Stadt brachte natürlich der Eisenbahnbau (ab 1849). Mit der wirtschaftlichen Entwicklung vermehrten sich auch die Gasthäuser, aber selbst im 19. Jahrhundert regulierte der Magistrat noch ihre Häufigkeit. Nicht jeder Antrag hatte sein Wohlwollen. Zwischen den einzelnen Gasthäusern sollte ein gebührender Abstand sein. Und natürlich gab es auch noch moralische Bedenken. Beispielsweise blitzte der Schlossermeister Georg Beyer 1913 mit seinem Vorhaben ab, für sein Haus in der Bühringer-Straße 12 (heute „Lauterbacher“) eine „Conzessionserteilung zum Ausschank von Caffee, Wein und Liköre“ zu bekommen. Er wollte Damen als Kellnerinnen einsetzen, doch wegen ihnen hatte es andernorts öfter „Streitigkeiten und Raufhändel“ gegeben. Im Grunde galt die Regelung für die Konzessionserteilung novelliert bis 1945. Eifersüchteleien gab es auch damals schon unter den Wirten und gelegentlich gab es auch Beschwerden über ungleiche Behandlung durch die Polizei „wenn da bis in den tiefen Morgen fast täglich gezecht und getanzt wird“. Immerhin gab es auch Einigkeit unter den Wirten, die sich 1899 in der Gründung des „Gastwirte-Vereins“ ihren Niederschlag fand. Ein paar Jahre später, 1905, notierte die 5200-Einwohner-Stadt bereits 31 Gastwirtschaften und neun Schankwirtschaften. 1927 gab es sogar schon 44 Gasthäuser. Viele von ihnen sind inzwischen längst Vergangenheit, beispielsweise das Gasthaus „Zur Rose“ (bis 1970 von der Familie Gempel betrieben), das Gasthaus „Zum Storchen der Familie Fischer in der Bühringer-Straße (bis 1972) oder „Zum goldenen Lamm“ der Familie Wittmann am Marktplatz 28 (bis 1966/heute NKD).
Autor Lothar Hiemeyer erinnert an die gesellschaftliche Rolle der Gasthäuser, in denen sich die Gunzenhäuser traditionell zum Frühschoppen, zur Schlachtschüssel („mit gutem alten Stoff in der Wolfsschlucht“), zum Schafkopfen oder zum Faschingsball („Große Redoute bei gutbesetzter feiner Ballmusik“ in der Adler-Brauerei) trafen. Das Gasthaus war früher „das Wohnzimmer der einfachen Leute“. Der Geselligkeit hatten sich die Stammtischgesellschaften (beispielsweise „Grüner Kranz“ 1919 und „Unter uns“ 1926) verschrieben. In der Mitte des 19. Jahrhunderts schossen die Vereine nur so aus dem Boden. Sie hatten überall ihre Stammlokale. Im „Alten Rathaus“ waren der 1899 gegründete „Rauchclub Blaue Wolke“ und die „Dreizehner-Vereinigung“ (benannt nach dem 13. Infanterieregiment in Ingolstadt) heimisch.
Wenn sich auch nach 1945 viel geändert hat in der Gunzenhäuser Wirtshaushauskultur, es gibt schon noch einige traditionelle fränkische Gaststätten, zugegebenermaßen aber noch mehr Lokale mit italienischer, griechischer oder asiatischer Küche.
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