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Bibellektüre war gefordert

Dr. Joachim Schnürle porträtiert Pfarrer Christian Titius

Im Stadtarchiv Gunzenhausen befindet sich dieser Kupferstich von Christoph Titius.

Es war sein Anspruch: In jedem Haushalt soll regelmäßig die Bibel gelesen werden, am besten einmal im Jahr vollständig. Wie gut, dass Pfarrer Christian Titus im 17. Jahrhundert lebte, denn heutzutage würde er mit seinem Wunsch nur mehr unverständliches Kopfschütteln ernten. Er war von 1666 bis 1671 evangelischer Pfarrer in Laubenzedel.

Selbst den kirchengeschichtlich interessierten Menschen ist Titius nicht bekannt. Wer aber das neue Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ liest, der weiß mehr.  Autor Dr. Joachim Schnürle, Oberarzt am Sanatorium der Stiftung Hensoltshöhe, stellt ihn vor. Der Pfarrer hatte höchste pädagogische Ideale, schließlich war er – wie in jenen Zeiten üblich – nicht nur Geistlicher, sondern auch Lehrer.  Eine Gedenktafel an der Kirche in Laubenzedel erinnert an ihn.

Zwei Jahre hatte er auf eine Pfarrstelle warten müssen, weshalb er sich zunächst als Hauslehrer betätigte. Er stammte aus Wilckau bei Breslau (Schlesien), wo er 1641 in einem evangelischen Pfarrerhaushalt auf die Welt kam. Seine Mutter war Jüdin, die väterliche Linie aus dem Augsburger Bürgertum. Er besuchte das Magdalenen-Gymnasium, das bis zu seinem Ende 1945 zu den traditionsreichsten deutschen Gymnasien zählte.  Später wechselte er an das Egidiengymnasium nach Nürnberg. Im benachbarten Altdorf war damals die Universität, wo er Theologie studierte.

1666 war für ihn in zweifacher Hinsicht ein bemerkenswertes Jahr, denn er bekam die Pfarrstelle in Laubenzedel und er vereheliche sich mit Margaretha Hörauf, der Tochter eines Leipziger Ordinariatsbotens. Sie brachte zwölf Kinder auf die Welt. Nach seinem fünfjährigen Wirken in Laubenzedel kam er an die Pfarrei Henfenfeld im Nürnberger Land, 1685 als „Oberpfarrer“ nach Hersbruck. Er erreichte ein Lebensalter von 62 Jahren.

Wie die geistlichen Herren  vergangener Jahrhunderte war Titius ein begeisterter Freund der Pflanzen, aber noch mehr Zeit verwendete er auf sein poetisches Talent. Er dichtete Lieder, am Ende waren es sogar 54, von denen etliche in den kirchlichen Gesangbüchern jener Zeit abgedruckt waren.  Wichtig war es ihm, biblische Inhalte in einem Kalender zu vermitteln, der täglich gelesen werden konnte. Bibelkunde in Reimform – das war seine Vorstellung von der Vermittlung christlicher Inhalte. Auf diese Art sollten die Menschen die Bibel in einem Jahr komplett durchlesen können. Er wusste: Texte in Reimform bleiben besser im Gedächtnis. Zudem war das Bibelwissen grundlegend für die Bildung der Menschen im 17. Und 18. Jahrhundert.

WERNER FALK

Das Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ ist für 25 Euro im Buchhandel erhältlich. 18 Autoren sind in dem 480 Seiten starken Werk mit 21 Beiträgen vertreten.

„Es war mir eine Ehre!“

Stadtrat verabschiedete Peter Schnell aus dem Amt des 2. Bürgermeisters

Bürgermeister KH Fitz verabschiedete Stadtrat Peter Schnell.

Peter Schnell hat 28 Jahre dem Stadtrat Gunzenhausen angehört. Er ist ein Urgestein der Grünen in der Altmühlstadt. Jetzt hat er aus gesundheitlichen Gründen den politischen Rückzug angetreten. Er hat sein Stadtratsmandat zurück gegeben und ist als 2. Bürgermeister ausgeschieden.

In der letzten Sitzung des Stadtrats würdigte Bürgermeister Karl-Heinz Fitz seinen Stellvertreter (seit 2020) als einen „sehr engagierten Grünen Realpolitiker“. Seit 1996 begleitete er viele politischen Initiativen in der Stadt. Zudem gehörte er zwei Jahre (1990 bis 1992) dem Kreistag Weißenburg-Gunzenhausen an. In Gunzenhausen gründete er die „Kulturmacherei“, einen Verein, der sich vor allem um die Kleinkunst bemüht.  Der jüdischen Dialoggruppe bleibt er weiterhin verbunden. „Ich bedaure sein Ausscheiden sehr“, sagte der Rathauschef.

Ein durchaus kritisches Fazit der Stadtratsarbeit zog Peter Schnell in seiner Abschiedsrede. „Dass der Respekt vor dem Amt des Stadtrats gelitten hat, finde ich nicht gut“, erklärte er. Seine Kollegen ermunterte er, trotz knappen Geldes die anstehenden Probleme gemeinsam durchzustehen.  Der ausscheidende 2. Bürgermeister fand abschließend auch ein Lob für die Verwaltung: „Wir können stolz sein auf die Mitarbeiter, sie gehören gelobt!“ Er sei stets zuvorkommend behandelt worden. Seinen Kollegen gab er mit auf den Weg: „Bitte zeigt keine Krämerseelen-Mentalität!“

Wer wird neuer 2. Bürgermeister?

Für den Ausgeschiedenen rückt auf der Grünen-Liste Hermann Meier aus Pflaumfeld nach. Er wurde von Rathauschef KH Fitz vereidigt. Erster Nachrücker wäre eigentlich Robert Karl, der frühere Leiter des Umweltreferats bei der Regierung von Mittelfranken, gewesen, aber er verzichtete auf das Amt.

Das Vorhaben des Bürgermeisters, am gleichen Abend auch die Neuwahl des Zweiten Bürgermeisters durchführen zu können, scheiterte indes. Mit 14:11 Stimmen votierte eine Mehrheit aus Grünen, SPD, Freien Wähler sowie Werner Falk (FDP) und Peter Reitmaier (Piraten) dagegen. Grünen-Fraktionsvorsitzender Herbert Gutmann begründete dies mit dem Wunsch, mehr Zeit für fraktionsübergreifende Gespräche zu haben.

Am 7. März ist nunmehr eine Stadtratssitzung mit einem einzigen Tagesordnungspunkt. Und der hat es in sich: „Feststellung einer Inkompatibilität des Stadtratsmitglieds und städtischen Mitarbeiters Herbert Gutmann“. Läge diese nach juristischer Prüfung vor, dann könnte der Grünen-Stadtrat nicht kandidieren, es stünde sogar sein Stadtratsmandat auf der Kippe. Gutmann ist nämlich als Kapitän der „MS Altmühlsee“ formal Mitarbeiter der Stadt mit einem entsprechenden Status im Sinne der Rechtstellung, wonach Vertreter der Exekutive (Beschäftigte) nicht zugleich Vertreter der Legislative (gesetzgebende Gewalt/Stadtrat) sein dürfen. Ausschlaggebend ist in diesem Zusammenhang die juristische Interpretation durch die Rechtsaufsicht.