Stimme für die AfD kann Probleme nicht lösen
Bei den Wählern hat sich viel Frust aufgestaut, der aktuell natürlich die Bundesregierung trifft, die keine gute Performance hat. Aber daran ist sie selbst schuld, denn sie versteht es nicht, die passenden Antworten auf die aktuellen Fragen zu geben. Und selbst bei den so genannten Standards, die in dem Koalitionsvertrag geregelt sind, gehen die Meinungen zwei Jahre danach teilweise weit auseinander. Die Disziplinlosigkeiten unter den führenden Politikern mehren sich. Es fehlt ein Kanzler, der auch einmal auf die Pauke haut, um den ganzen Haufen zur Räson zu bringen. Somit entsteht mit medialer Unterstützung beim Wähler der Eindruck: Die können es nicht!
Wir müssen objektiv erkennen, dass die Ursachen für die Enttäuschung der Wähler zum Teil schon weiter zurück liegen. Die Demonstrationen der Bauern haben offenbart, wieviel Ärger sich in einer Berufsgruppe angesammelt hat, die sich von der deutschen Gesellschaft nicht mehr hinreichend respektiert fühlt. Auch das Verbraucherverhalten steuert dazu bei. Wer die regionalen Produkte unserer Erzeuger nicht schätzt und eher zur Billigware des Handels greift, der fördert die regionale Kreislaufwirtschaft nicht, sondern füllt den Geldsack der Handelsriesen. Diese Aussage gilt all den Verbrauchern, die im Wohlstand leben und mehr für gute Ernährung zahlen könnten ohne am Krückstock gehen zu müssen. Ich will nicht übersehen, dass es Familien gibt, die auf Billigangebote angewiesen sind.
Es ist nachvollziehbar, dass die Proteststimmung und die Verweigerungshaltung in der Bevölkerung aktuell nur der AfD hilft, vielleicht auch der neu gegründeten SWB (Sarah-Wagenknecht-Bewegung) oder der neuen konservativen Werteunion. Sie präsentieren sich als Gruppierungen außerhalb des politischen Establishments.
Ich glaube nicht, dass die Wähler der Protestpartei AfD generell aus Neonazis bestehen. Diesen Eindruck könnte man gewinnen, wenn man so manche Großdemonstration in diesen Tagen verfolgt. Sie machen nach meiner Einschätzung vielleicht einen Anteil von etwa 20 Prozent aus. Bei den eingetragenen Mitgliedern der AfD sieht das schon anders aus. Ich schätze, dass rund die Hälfte von ihnen rechtsradikales Gedankengut in sich tragen, sogar demokratiefeindlich sind und rassistisch denken.
Die Politik muss sich ändern, wenn sie die abwanderungsbereiten Wähler für sich zurückgewinnen will. Sie muss sich stärker auf die Lösung der aktuellen Fragen konzentrieren, statt einen realitätsfernen Wettbewerb um die beste Ideologie zu führen. Die Bundesregierung muss zuerst einmal einen anderen Stil ihrer Zusammenarbeit finden. Wenn ihr dies nicht gelingt, dann werden alle drei beteiligten Parteien mehr oder minder schwer leiden. Die traditionsreiche Sozialdemokratie (in Bayern noch 8,4 Prozent!!) wird wie in etlichen europäischen Staaten in der Bedeutungslosigkeit versinken, die FDP als Marginalie verschwinden und die Grünen werden ihr Selbstbewusstsein als Ökopartei einbüßen.
Aber was kann danach kommen? Der Union fehlt nach 16 Merkel-Jahren der konservative Wertekanon. Auch wenn aktuelle Umfragen für sie günstig sind, so muss sie wissen: Stimmungen sind keine Stimmen! Die Stimmungslage im Land kann sich je nach den Einflüssen von außen schnell ändern. Die Unterstützung der Ukraine kostet uns viele Milliarden und die deutsche Sympathie für Israel ist nicht mehr für alle unumstrittene Staatsräson.
WERNER FALK, Stadt und Kreisrat der FDP, Gunzenhausen
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