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Ist Deutschland noch zu retten?

Neues Schwangerschaftsabbruch-Gutachten

Der Dauerstreit unter den Berliner Regierungsparteien über die wichtigen, aktuell anstehenden und zum Teil in der Koalitionsvereinbarung Fragen wird von den meisten Menschen in Deutschland als quälend empfunden. Dafür gibt es zurecht die schlechtesten Noten, die je eine Bundesregierung zur Hälfte ihrer Regierungszeit bekommen hat. Fast glaubt der Wähler, SPD, FDP und Grüne  hätten regelrechten Spaß daran, die von ihnen getragene Regierung immer noch stärker zu demontieren und in ihrem öffentlichen Erscheinungsbild zu ruinieren. Man darf inzwischen von der Lust am Untergang sprechen, denn immer wieder flammt ein neues Schadensfeuer der Koalition auf, werden vereinbarten Beschlüsse in Frage gestellt. Und die Oppositionsparteien machen natürlich munter mit. Welcher Wähler soll sich im Wirrwarr der veröffentlichten Meinungen noch zurechtfinden?

Die Bundesregierung tut nichts, um ihrem miserablem Image zu begegnen oder gar die „Wende“ einzuläuten – die Wende hin zu einem verträglichen Miteinander und einer verlässlichen Politik für die Menschen im Land. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen: Nutznießer ist allein die AfD, die man eigentlich argumentativ bekämpfen will. Von Einsicht unter den Koalitionären (und auch in der Union), dass es so nicht weitergehen kann,  ist nichts zu erkennen. Im Gegenteil: von Woche zu Woche wird neuer Zündstoff entflammt.

Weil der Streit um die richtige Ukraine-Politik und die leidige Genter-Diskussion nicht schon lange genug und intensiv die Öffentlichkeit beschäftigen, kommt nun auch noch ein altes Thema neu auf den Tisch: der Schwangerschaftsabbruch. Der zuletzt getroffene Kompromiss steht in Frage. Angestiftet werden linke Politakteure dazu von einer Expertenkommission mit dem schönen Namen „Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“, die von der Bundesregierung beauftragt wurde. Diese Fachleute wollen am Montag den zuständigen Ministern ihre Ergebnisse vortragen, aber längst ist der Inhalt im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“  zu lesen.

Nun ist die Regierung nicht für jede Indiskretion auf der Berliner Bühne verantwortlich zu machen, aber unbestritten ist, dass derlei  Nachrichten von denen „durchgestochen“ werden, die eng mit der Sache zu tun haben.  Und das wirft ein miserables Bild auf die Regierung, speziell auf den Bundeskanzler, der eigentlich die Richtlinien der Politik bestimmen soll, sich aber beharrlich weigert, das auch zu tun.

Bisher gilt nach dem Paragraphen 218 des Strafgesetzbuches, dass ein Schwangerschaftsabbruch bis zur 12. Woche unter bestimmten Voraussetzungen straffrei  bleiben kann, das heißt, wenn eine medizinische oder kriminologische Indikation vorliegt, oder die Schwangere eine Bestätigung über eine amtliche Beratung vorzeigen kann, die nicht älter als drei Tage ist. Die Kosten einer ambulanten Behandlung durch einen Arzt beziffern sich auf 350 bis 500 Euro. Sie werden in aller Regel von den Krankenkassen übernommen. Wer allerdings stationär abtreiben lässt, der muss die Kosten selbst tragen. Die Tendenz zeigt, dass die Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland zurück gehen (94596 im Jahr 2021).

Die Kommission, die schnell in der linken Szene Anhänger gefunden hat, hält die Rechtswidrigkeit des Abbruchs in der Frühphase der Schwangerschaft nicht für haltbar und beruft sich auf eine verfassungsrechtliche, völkerrechtliche und europarechtliche Prüfung. Die Krankenkassen sollen verpflichtet werden, die Kosten zu übernehmen, die Beratungspflicht wird als „nicht zwingend“ erachtet.

Die Frage ist nun, kann die Regierung das von der Kommission entfachte Feuer unter Kontrolle halten oder gibt es einen Flächenbrand? Beim Zustand unserer Gesellschaft ist zu befürchten, dass das Thema „Schwangerschaftsabbruch“ zu einer Neuauflage der langen Diskussion führen wird, wie sie vor Jahren die öffentliche Meinung in den Medien beherrscht hat. Und wieder wird sich der Wähler fragen: Hat unser Land keine größeren Sorgen?

WERNER FALK

Regierung fehlt Disziplin

Zur Forderung nach einem AfD-Verbot

Das AfD-Verbot ist für einen Demokraten wie mich kein Instrument, um dem Rechtsradikalismus, dem Rassismus und der Demokratiefeindlichkeit  in den abscheulichen Erscheinungen (z.B. Abschiebung von Asylbewerbern, die geduldet sind und sich gut integriert haben) wirksam zu begegnen.  Die AfD profitiert nun einmal von einer Bundesregierung, die aus Koalitionspartnern besteht, die permanent miteinander hadern anstatt zu dem stehen, was sie in den Grundzügen des Koalitionsvertrags vereinbart haben. Als ein Mann, der seit 57 Jahren der FDP angehört, stelle ich mit Enttäuschung fest, dass es SPD, Grünen und FDP an der Disziplin im Regierungshandeln fehlt.

Die AfD ist auch nicht durch das penetrante Wiederholen von Worthülsen zu bekämpfen, sondern nur durch eine glaubwürdige Politik, was seriöse Politiker einschließt.  Wer das Grundsatzprogramm der AfD liest, wird feststellen, dass darin viele Forderungen aufgestellt werden, die bei vielen bürgerlichen Wählern Anklang finden. Aber es sind auch Positionen dabei, die den Wählern die Augen öffnen müssen. Das geschieht aber in der augenblicklichen Diskussion – auch in der veröffentlichten – zu wenig. Deshalb will ich einige Positionen nennen und die Leser auffordern, deren Auswirkung auf sie zu bedenken. Ich nenne einige Beispiele: Die AfD fordert die Wiedereinführung der Wehrpflicht für alle 18-25jährigen Männer, sie ist gegen einen Schwangerschaftsabbruch von Frauen und sie verlangt den Austritt unseres Landes aus der EU. Das sind nur wenige Punkte. Wer sich auch nur ansatzweise die Mühe macht, diese Positionen zu hinterfragen, der wird erkennen, dass die Stimme für die AfD eine Stimme gegen seine individuellen Interessen ist.  Und unsere fränkischen Landwirte sind sicher nicht beglückt von der Forderung nach einem Verbot der Anbindehaltung von Rindern.

Die Forderung nach einem AfD-Verbot ist die simpelste, die einem bewussten Demokraten eigentlich gar nicht einfallen dürfte, denn jedermann weiß, dass ein Verbotsverfahren Jahre dauert und es dann immer noch nicht garantiert ist, dass das Bundesverfassungsgericht auch tatsächlich ein Verbot ausspricht.  Kommt es nämlich zur Auffassung, dass ein Verbot gegen das Grundgesetz verstößt, so wäre das eine gewaltige Ohrfeige für alle Demokraten. Die AfD könnte sich als Opfer darstellen und eine Märtyrerrolle einnehmen.  Immerhin, die Realisten unter unseren Politikern sehen das so, auch der Bundespräsident.  Mit einem Verbot bekommen wir die Probleme unserer Gesellschaft im 21. Jahrhundert nicht in den Griff.  Sehr schnell würde sich eine Ersatz-AfD gründen. Dann begänne der ganze Verbotszirkus von vorne.

Werner Falk, Vorsitzender der FDP-Stadtrats- und Kreistagsfraktion, Gunzenhausen