Gunzenhäuser Theaterspielzeit fortgesetzt
Wer den großen Erfolg des Chiemgauer Volkstheaters verstehen möchte, der muss in die emotionalen Tiefen der Publikumsseele hinabtauchen. Nicht, dass dies an dieser Stelle vollends gelingen wird, doch der ein oder andere Erklärungsversuch sollte doch rausspringen. Denn: Die Fangemeinde ist riesig und das Ensemble um Theatermastermind Bernd Helfrich füllt vielerorts die Hallen.
Dabei sind die Geschichten weder besonders anspruchsvoll, noch versuchen sich die Schauspielerinnen und Schauspieler effekthascherisch oder besonders künstlerisch in Szene zu setzen. Wie der Name schon sagt, es ist Volkstheater, für den Plot wurde den Menschen – frei nach Luther – „aufs Maul gschaut“. Das was auf der Bühne passiert, könnte sich genauso irgendwo abspielen, die Charaktere ähneln immer jemanden, den Mann oder Frau kennt, vielleicht auch nur um drei Ecken. Die Figuren sind niemals unantastbar und unreal, sondern echt und zum Anfassen.
Nun war das Chiemgauer Volkstheater mit der kurzweiligen Komödie „Alter schützt vor G ́sundheit nicht“ von René Heinersdorff in der Gunzenhäuser Stadthalle zu Gast. Und erwartungsgemäß waren die Zuschauerinnen und Zuschauer hellauf begeistert. Der Inhalt ist schnell erzählt. Bernd Helfrich spielt den 77-jährigen Günther, topfitter Gesundheitsfetischist und stolzer Überlebender von vier Ehefrauen. Er vermisst höchstens die im Stadtpark begrabene Yorkshire-Hündin Mandy, ansonsten vertreibt er sich die Zeit mit ausgewogener Ernährung und Sportstunden mit Nachbar Max (Andreas Löscher). Günthers Sohn Kai (Flo Bauer) kommt so gar nicht nach dem stolzen Papa. Viel schlimmer: Er ist ein richtiger Pechvogel. Die Familienimmobilie hat er verzockt, die Frau ist ihm weggelaufen und nun versucht er sich mit kleineren Betrügereien über Wasser zu halten. Sein neuester krimineller Coup: Für den prinzipientreuen Papa hat er bei der Krankenversicherung Pflegestufe 4 beantragt und bevor der überhaupt widersprechen kann, steht auch schon die Krankenkassenprüferin (Simona Mai) vor der Tür. Die ist selbstredend äußerst attraktiv und Günther spielt den Pflegefall. Allerdings gerät er schnell an seine Grenzen, denn das Spiel ist schnell durchschaut.
Am Ende fliegt natürlich alles auf und Papa, Sohn, Nachbar und Publikum lernen ihre Lektionen. Davor gab es viel Situationskomik, Wortgefechte und den ein oder anderen Seitenhieb gegen das Gesundheitssystem der aktuellen Ampelregierung. Helfrich und sein Schauspielteam bewiesen dabei einmal mehr ein feines Gespür für die Wünsche der
Zuschauerinnen und Zuschauer. Die lustigen Momente waren perfekt inszeniert, immer an der richtigen Stelle und nur dazu da, um den Menschen Unterhaltung zu bieten. Wer eine Aufführung der Chiemgauer besucht, der klinkt sich ein paar Stunden aus seinem Alltag aus und kann – wenn er denn will – alles um sich herum vergessen. Hier ist kein Platz für Interpretationen oder Philosophie, geboten wird ein intellektuell anspruchsloser Plot mit Spaßgarantie. Bevor dies falsch verstanden wird: Das Chiemgauer Volkstheater verdient das höchste Lob, denn es hat das richtige Gespür für das, was sein Publikum sehen will. Dementsprechend sind die Theaterstücke perfekt dosiert in Inhalt und Tempo. Das ist große Theaterkunst und weit wertvoller als gewollte, aber nicht gekonnte Stücke mit aufgesetztem, übermäßig großem Anspruch.
Am Samstag, 25. März, geht die Gunzenhäuser Theaterspielzeit mit dem Klassiker „Fräulein Julie“ in die nächste Runde. Ab 19.30 Uhr spielen Judith Rosmair und Dominique Horwitz im berühmten Stück August Strindbergs. Nähere Informationen erhalten Sie unter www.gunzenhausen.info oder direkt beim Kulturbüro der Stadt Gunzenhausen unter Tel. 09831/508 109.
Neueste Kommentare