Kultur-Ausstellung im Markgrafenmuseum in Ansbach
Die kleine Gertrud D. stirbt im Jahr 1943 mit zwei Jahren an „Lungenentzündung“ in der „Kinder fachabteilung“ der Heil- und Pflege anstalt Ansbach. Die Abteilungsärztin Irene Asam-Bruckmüller bringt bei der Leichenschau den Tod ursächlich in Verbindung mit einer Masernerkrankung. Die Fakten lassen das allerdings bezweifeln: Die Aufnahmen des Gehirns, die nach der Obduktion erstellt werden, zeigen keine maserntypische Entzündung. Auch die ärztliche Doku mentation lässt den klassischen Verlauf einer Masernpneumonie vermissen. Hautausschlag hingegen gilt als mögliche Nebenwirkung von Luminal, dem Medikament, mit dem nachweislich in Ansbach gemordet wurde.-
Kinder und Jugendliche „von ihrem Leid zu erlösen“ – das gehörte auch in der Heil- und Pflegeanstalt Ansbach zum grausamen Alltag im Nationalsozialismus. Im Rahmen einer so genann ten „Kinderfachabteilung“ wie auch im regulären Anstaltsbetrieb starben zwischen 1941 und Kriegsende 187 Kinder und Jugendliche. Der Nachweis dafür, dass die Kinder und Jugendlichen er mordet wurden, ist oft schwer zu erbringen, Indizien finden sich aber in großer Menge. Diese verweisen auch darauf,dass in der Heil- und Pflegeanstalt Ansbach unabhängig von in Berlin ausge stellten „Tötungsermächtigungen“ auf eigene Initiative hin gemordet wurde. Kinder und Jugendliche mit geistiger oder körperlicher Behinderung, denen eine Heilung wie auch „Bildungsfähigkeit“ abgesprochen wurde, wurden mit einer Überdosis des Beruhigungsmittels Luminal behandelt. Nach wenigen Tagen starben die Patienten und Patien tinnen an der hierdurch entstandenen Lungenentzündung.
Programme für Schulklassen
Die meisten beteiligten Ärzte und Ärztinnen praktizierten nach 1945 noch für viele Jahre. Erst in den 1960er-Jahren wurden der Anstaltsdirektor Hubert Schuch, die ärztliche Leitung der „Kinderfachabteilung“, Irene Asam-Bruckmüller, der Arzt Josef Homann und der Pfleger Johann Hofmann der Beihilfe zum Mord angeklagt. Der Arzt Hans Prießmann entzog sich der Anklage durch einen Suizid. Das Verfahren wurde schließlich wegen „Verhandlungsunfähigkeit“ der Angeklagten eingestellt.
Die Bezirksheimatpflege des Bezirks Mittelfranken zeigt vom 10. Januar bis 12. Februar 2023 im Markgrafenmuseum Ansbach die Wanderausstellung „Im Gedenken der Kinder – Die Kinderärzte und die Verbrechen an Kindern in der NS-Zeit“ der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ). Die Ausstellung wurde auf Basis aktueller Forschungsergebnisse von Katrin Kasparek, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Bezirksheimatpflege, und dem Historiker Dr. Mark Deavin um Ausstellungstafeln zur Rolle der „Kinderfachabteilung“ in der Heil- und Pflegeanstalt Ansbach erweitert. Die Ausstellung ist zu den Öffnungszeiten des Markgrafenmuseums zu besichtigen (Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr), Eintritt für Schulklassen frei, Erwachsene zahlen 3,50 Euro (2 Euro ermäßigt). Es können kostenfreie Führungen durch die Ausstellung (60 Minuten) und interaktive Program me für Schulklassen (90 Minuten) ge bucht werden unter der E-Mail-Adresse katrin.kasparek@bezirk-mittelfranken.
Zur Ausstellung gibt es ein um fangreiches kostenfreies Rahmenprogramm. Informationen hierzu unter www.bezirk-mittelfranken.de.
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