Nur eine Gegenstimme bei Verabschiedung des Etats 2022
Gegen eine Stimme (Klaus Fackler von den Grünen) hat der Kreistag Weißenburg-Gunzenhausen dem Etat 2022 zugestimmt. Bei der gesonderten Abstimmung über die Höhe der Kreisumlage votierten 51 für den in Vorgesprächen ausgehandelten Hebesatz von 40,5 Prozentpunkten, lediglich sechs Kreisräte wollten dem Kreis mehr gönnen (Reinhard Ebert, Margit Kleemann und Walter Bengel von der ÖDP sowie Fritz Hörner und Klaus Fackler von den Grünen sowie Felix Goldhorn von den Linken). Nach dem ersten Entwurf des Landrats war von einer Absendkung von 42,2 auf 41,2 Prozent die Rede, später ist Westphal auf Drängen der drei großen Städte auf 40,5 Prozentpunkte heruntergegangen. Die Besonderheit des Berechnungssystems will es, dass der Landkreis trotz der Verringerung des Hebesatzes unter dem Strich eine Dreiviertel Million Euro mehr an Kreisumlage einnimmt als 2021.
Für die Fraktion der FDP hat Vorsitzender Werner Falk folgende Erklärung abgegeben:
Wir konnten auch in diesem Jahr feststellen, dass es Kräfte außerhalb des Kreistags gibt, die es gerne sähen, wenn es wochenlange kontroverse Diskussionen über den Kreisetat und speziell über die Höhe der Kreisumlage gäbe. In früheren Jahrzehnten hat es diese oberflächlichen Hahnenkämpfe gegeben. Die wollen wir uns heute gerne schenken, denn es geht nicht um persönliche Profilierung, sondern um die gemeinsame Verantwortung für den Landkreis.
Die FDP-Fraktion schätzt es sehr, dass Landrat Westphal um einen Ausgleich der Interessen bemüht ist. Wir bestätigen ihm gerne taktisches und strategisches Geschick. Er hat in den letzten zwei Jahren durch seine Amtsführung bewiesen, dass die Suche nach guten Lösungen im gemeinsamen Streben eher zu erreichen ist als durch parteipolitische Rechthaberei. Er bezieht die Bürgermeister rechtzeitig in die Etatdiskussion mit ein und versucht in Verbindung mit den Fraktionsvorsitzenden frühzeitig, eine sachlich begründete Diskussion zu führen. Diesen Weg finden wir richtig und wir ermutigen ihn, so weiter zu machen.
Wir wissen, dass die drei Städte Gunzenhausen, Weißenburg und Treuchtlingen zusammen 55 Prozent der Kreisumlage zahlen. Folglich haben sie auch eine kräftige Stimme, aber sie bleiben dennoch immer nur ein Teil dieses Landkreises. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sitzen hier als gewählte Vertreter unserer Bürger und vertreten die Interessen des Kreises. Etliche von uns Kreistagsmitgliedern sind zugleich Bürgermeister oder Stadt- und Gemeinderäte. Wir würden aber nicht unserer Verantwortung als Kreisräte gerecht, wenn wir uns vorrangig als verlängerter Arm unserer Kommunen verstünden.
Dennoch sagen wir: Den Städten im Landkreis tut es gut, finanziell entlastet zu werden. Sie bieten Leistungen der Daseinsvorsorge an, die auch von Landkreisbürgern in Anspruch genommen werden, die nicht in Gunzenhausen, Treuchtlingen oder Weißenburg leben. Das rechtfertigt eine Art Umverteilung. Konkret: eine finanzielle Entlastung der Städte in Gestalt einer reduzierten Kreisumlage. Das sage ich bewusst in meiner Doppelfunktion als Stadtrat und Kreisrat.
Ich möchte zwei Aspekte herausgreifen: Zunächst die Jugendhilfe. Wir haben mehr Einrichtungen der Jugendhilfe als andere Landkreise in Mittelfranken. Und wir spüren die Folgen der sozialen Verwerfungen in unserer Gesellschaft. In Deutschland haben sich die Ausgaben für die Jugendhilfe in den letzten zehn Jahren um 103 Prozent erhöht. Dass es bei uns nur 53 Prozent sind, ist wohl ein Signal dafür, dass in einem ländlich geprägtem Umfeld die Probleme nicht so krass auftreten wie in den Problemzonen der Großstädte.
Ein zweiter Aspekt: die Regionalförderung. Wir von der FDP begleiten mit großer Zufriedenheit die Arbeit der ZIA. Mit 562000 Euro werden in den nächsten zwei Jahren fünf Projekte angegangen und realisiert, die mit 450000 Euro bezuschusst werden. Es wäre schön, wenn wir einen funktionsfähigen Onlineshop in Altmühlfranken bekommen könnten, quasi eine regionale Alternative zu Amazon & Co. Aussichtsreich sind die bisherigen Bemühungen um Radwegenetz im Landkreis.
Was das Regionalbewusstsein angeht, möchte ich auf meine Erklärung zum Abschluss der Leitbild 2030-Diskussion verweisen, in der ich namens der FDP-Fraktion angeregt habe, das 50jährige Bestehen des Landkreises als Hinweis zu sehen, eine Änderung des Landkreisnamens herbeizuführen. Altmühlfranken erscheint uns jedenfalls griffiger und prägnanter zu sein als Weißenburg-Gunzenhausen, der 1972 als Kompromiss der seinerzeit widerstrebenden Interessen gewählt wurde. Wir müssen nichts übers Knie brechen, aber andenken sollten wir einen Änderungsprozess schon. Vielleicht wäre es gut, die Landkreisbevölkerung in die Namenswahl einzubeziehen. Es freut mich, dass Kollege Fackler von den Grünen den Gedanken aufgegriffen hat.
Wir von der FDP haben den Eindruck gewonnen, dass die Tugenden des ehrbaren Kaufmanns in unserer Gesellschaft nichts mehr gelten. Dr. Peiffer und ich sind bereit anzusparen, wenn wir wissen, dass gewaltige Investitionsaufgaben auf den Landkreis zukommen, die viel Geld verschlingen. Wir sehen aber auch, dass wir als Landkreis nicht alleine dastehen als Schuldenmacher. Bund und Land machen es ja vor. Denken wir an die von der Gesellschaft offenbar als problemlos erachteten Milliarden-Ausgaben für die Coronamaßnahmen oder die 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr, die einfach so von heute auf morgen aus dem Ärmel geschüttelt werden.
Im Augenblick können wir uns im Landkreis noch den Schuldendienst leisten ohne bei den Investitionen groß zurückstecken zu müssen, aber gilt das für alle Zeit? Ein Blick auf die weltpolitischen Veränderungen, deren Auswirkungen uns im Kreis auch noch einschneidender erreichen können, stimmt uns nachdenklich.
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