Umweltgeschichte in Franken

Broschüre der Fränkischen Arbeitsgemeinschaft ist erschienen

Die schon vor Jahrzehnten angemahnte Hinwendung der Geschichtswissenschaften zu den geologisch-geographischen Grundlagen unseres Daseins  war für sieben Autoren Richtschnur für die nunmehr erschienene Broschüre „Natur-Ökologie und Landschaft – Umweltgeschichte in Franken“. Hinter dem Projekt steht als Herausgeber Prof. Wolfgang Wüst, der Vorsitzende der Fränkischen Arbeitsgemeinschaft (FAG), die sich als kulturelles Sprachrohr Frankens versteht. Sie kann über den eos-Verlag (ISBN 978-3-8306-8119-9) bezogen werden.

Sabine Wüst („Von Apidologie bis Zeidelwesen“) untersucht das Ökosystem unter menschlichem Einfluss und kommt zur traurigen Erkenntnis, dass in den letzten 27 Jahren der Bestand an Insekten um 76 Prozent gesunken ist.  Außerdem sind mehr als 50 Prozent der Wildvögel verschwunden. Das sind bekannte Zahlen, ebenso muss – so die Autorin – die Schrumpfung der Alpengletscher um ein Drittel der Fläche in den letzten 150 Jahren erschrecken. Sie geht in ihrem Beitrag auf die Rolle der Bienen in unserem Ökosystem ein, wobei  auf das frühe Mittelalter blickt. Nach sächsischem Recht wurde beispielsweise Bienendiebstahl mit dem Tode bestraft (800 n. Chr.) und Kaiser Karl der Große verfügte, dass auf seinen Territorien Bienen gehalten werden müssen. Die heilende Wirkung von Bienenhonig wurde  vor vielen Jahrhunderten schon erkannt, wie ein Kochbuchauszug von 1547 belegt. „RosenHonig stercket und reiniget den magen von böser feuchtigkeit, reiniget und heilet alle geschwer,  feul und schaden des Munds, Zahnfleisch, Hals und Gurgeln“.  Die Zeidler fungierten als Waldexekutive. Während noch 1538 ein Bienenvolk drei Gulden wert war (im Vergleich: eine Kuh kostete fünf Gulden) ging es bis zum 18. Jahrhundert mit dem Aufkommen des Zuckerrohrs bergab für das Zeidlerwesen und somit verlor auch das Wachs seine Bedeutung. Über die einst so wichtige Rolle der Bienenzucht informiert heute das Imkermuseum in Feucht bei Nürnberg, das nach dem Urteil von Experten das schönste ihrer Art in Deutschland ist.

65 Prozent der Wärme aus erneuerbarer Energie wird heute aus Holz erzeugt. Für Christoph Gunkel war diese Erkenntnis der Impuls, um dem Streit um das Holzrecht auf den Grund zu gehen. In den alten Dorfordnungen des ausgehenden Mittelalters wird bereits geregelt, wer Brenn- und Bauholz im Gemeindewald schlagen darf. In etlichen Orten sind die alten Rechte inzwischen von den Kommunen abgelöst worden, d.h. die Grundeigentümer wurden finanziell entschädigt. Aber in vielen fränkischen Gemeinden gelten die Rechtlerverhältnisse heute noch.  69 Auernheimer Rechtler haben von 1957 bis 1966 gegen die Kommune prozessiert. Ab Beispiel von Stettfeld in Unterfranken skizziert  der Autor die früheren Verhältnisse, wonach jeder Bauer (Rechtler war jeder Grundeigentümer) jährlich etliche „Stangen“ (Bäume) schlagen konnte. Allerdings hatte er zuvor den Bürgermeister zu fragen, wo der Einschlag erfolgen konnte.  Brennholz musste vor Walburgi abgeholzt werden. Nichts davon durfte verkauft  werden. Verboten war das Eichellesen, auch die Schweine durften nicht mit Eichelatzung gemästet werden.  In Stettfeld hat es zwar 1901 eine juristische Klärung nach langem Streit gegeben, wonach die Rechtler das Brennholz für das Rats- und Armenhaus sowie für den Lehrer, den Pfarrer und den Polizeidiener zu liefern hatten, aber im Grunde währt der Streit von 1575 an und das Dorf ist deswegen bis heute feindseelig gespalten.

Der markgräflichen Jagd mit den Falken wendet sich Wolfgang Wüst zu und geht auf das „Ansbacher Beizbüchlein“ ein, das von Experten als die beste Abhandlung in deutscher Sprache bewertet wird. Es ist gleichsam ein Handbuch für die Falkenzucht, die Carl Wilhelm Friedrich u.a. im Falkenschlösschen an der Oettinger Straße in Gunzenhausen betrieb.  Er brüstete sich mit dem größten Falknerkorps aller deutschen Fürsten.  Zuvor war bereits um 1200 von Stauferkönig Friedrich II. ein Falkenbuch in sechs Bänden erschienen („Von der Kunst, mit Vögeln zu jagen“). Und  in der Großen Heidelberger Liederhandschrift von 1340, die als „Codex Manesse“ kulturelle Weltgeltung erlangt hat, sind die Falken-Miniaturen enthalten.

In den weiteren Beiträgen Thomas J.Hagen, Gerrit Himmelsbach, Arnd Kluge und Anika Magath geht es den Wald als Kulturlandschaft, den Umgang mit dem Hochwasser in der frühen Neuzeit, den Beitrag der Verschönerungsvereine zum Umweltbewusstsein, mittelalterliches Forstrecht  und  Waldwirtschaft,  alte Handelsstraße in der Fränkischen Schweiz.

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Die Beiträge kommen vom Herausgeber und von Gastautoren. Im Mittelpunkt stehen kommunalpolitische und gesellschaftspolitische Themen. In meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen ist es mir wichtig, historische Beiträge zu veröffentlichen.

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One Thought on “Umweltgeschichte in Franken

  1. Es ist immer wieder traurig diese Ergebnisse hören / lesen zu müssen. Ich denke das dahinter stehende Problem ist tragischerweise unser gesamtes globles Währungssystem. So lange es für Unternehmen (Staaten & Privatpersonen) innerhalb der Wirtschaft „sinnvoller“ (durch dumme Gesetzte) ist, sich zu verschulden statt wertbeständig mit ihren Kapital umzugehen, kommen wir nicht aus dieser Spirale der Verstörung unseres Planeten. Für die Insekten kommt die schon lang notwenige Änderung leider zu spät 🙁

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