„Mut zum Wandel“ ist eine Studie von Dieter Popp überschrieben
Wie entwickelt sich der Einzelhandel in Gunzenhausen? Seit Jahren machen sich die Verantwortlichen in der Kommunalpolitik, aber auch in den Wirtschaftsverbänden und im Citymarketing Gedanken, wie der stationäre Handel in der Stadt angesichts der gesellschaftlichen Herausforderungen (Onlinehandel) weiterhin existieren kann. Regionalmanager Dieter Popp von der Agentur Futour in Haundorf hat sich Gedanken gemacht, wie die künftige Einkaufs- und Erlebniswelt in Gunzenhausen aussehen kann.
Welche Zahlen man auch für eine Analyse des Handels heranzieht, sie sind alles andere als rosig für die Geschäftsleute, die ihren inhabergeführten Handel oft schon seit vielen Jahrzehnten betreiben. Wie das Institut der Deutschen Wirtschaft ermittelt hat, werden heute (2018) 31 Prozent der Unterhaltungselektronik online gekauft, bei Mode und Accessoires sind es 27,7 Prozent, bei Freizeit und Hobby 26,4 Prozent, bei Büroartikeln und Schreibwaren 22,6 Prozent und bei Schmuck/Uhren 18,1 Prozent. Der Umsatz in allen Branchen ist heute 44mal so hoch wie vor zwanzig Jahren. Der größte Onlinehändler in Deutschland ist Amazon mit einem Anteil von 46 Prozent.
Die Handelslandschaft hat sich enorm verändert, das Kundenverhalten ebenso.Im Bekleidungseinzelhandel gibt es fast 30 Prozent weniger Unternehmen als vor dreißig Jahren. Wie Popp diagnostiziert, wird der stationäre Einzelhandel weiter mit Umsatzeinbrüchen kalkulieren müssen. Bekleidung, Lederwaren, Schuhe, Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte werden mehr und mehr im Internet gekauft.
Die Zahlen sind eindrucksvoll: 1 Prozent der Einzelhandelsunternehmen erzielen 63 Prozent der Umsätze, 44 Prozent der Umsätze werden von 0,06 Prozent der Unternehmen erwirtschaftet. Und weniger als ein Prozent der Unternehmen stellen 60 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Einzelhandel.
Die Filialisten verdrängen den angestammten örtlichen Handel. Nach Popps Erkenntnissen hängt die Attraktivität einer Einkaufsstraße ganz entscheidend vom Alleinstellungswert einiger Traditionsgeschäfte mit ausgefallenem Sortiment ab. Er spricht von einer „hybride Konsumkultur“ und davon, dass das Streben nach Individualisierung und das Abheben vom Massenkonsum zunehmen. Dazu gehört die Inszenierung von Shopping-Erlebnissen. Der persönliche Ansprache des Kunden und der personifizierte Service sind für die klassischen Kunden entscheidend. Das kommt dem Trend entgegen, wonach immer stärker Waren mit Individualcharakter nachgefragt werden. Diese Kunden wollen sich vom Massengeschmack abheben. Andere Kunden setzen auf die Nachhaltigkeit.
Die inhabergeführten Betriebe brechen weg, Online schlägt Offline. Popp findet: „Wer keine Produktnische findet und seine Angebote nicht kontinuierlich anpasst und zudem Internetpräsenz zeigt, der hat nur wenig Chancen im künftigen Wettbewerb.“ Wie die Statistik besagt, kauft inzwischen jeder zweite Deutsche auch im Internet ein. Die neuen Online-Marktplätze werden sich etablieren. Davon sind in der Hauptsache die kleinen Ladengeschäfte getroffen, die mit über 90 Prozent noch immer das Bild der Einkaufsstandorte prägen. Auf die Senioren dürfen die Geschäftsleute nicht setzen, denn diejenigen, die einen Internetzugang haben, nutzen 97 Prozent diesen für einen Einkauf. Das Nürnberger GfK-Institut hat ermittelt, dass immer mehr Verbraucher das Einkaufen als Stress empfinden und deshalb auf das Onlinegeschäft ausweichen.
Popp sieht einen Trend hin zum Erlebniseinkauf, Erlebniskonsum und dem freizeitorientierten Einkaufen als Kontrast zur einen Versorgung mit existenznotwendigen Lebensmitteln. Und Trends zur Erfüllung exklusiver Konsumentenwünsche verstärken sich. Das vor allem im Lebensmittelhandel.
Als ein großes Hindernis auf dem Weg zu einer attraktiven Einkaufszone in der Innenstadt sieht er die wenig bedarfsgerechten Öffnungszeiten, die nicht immer kundenfreundliche Servicequalität, die fehlende Aufenthaltsqualität und einen Mangel an Freizeitaktivitäten. Eine Antwort darauf sind die Markplatz-Events. Er empfiehlt, dass sich Kommunalpolitiker und Einzelhändler eng verzahnen und gemeinsam handeln, wie dies in Gunzenhausen praktiziert wird. Gute Noten hat er für das Seenlandzentrum parat, das eine funktionierende Wirtschaftsförderung hat, ein gutes Citymanagement und einen aktiven Stadtmarketingverein. „Gunzenhausen hat sich stärker profiliert als andere und gilt heute als starke Marke in Altmühlfranken.“
Für die Stadt Gunzenhausen hat er eine „Einkaufs- und ErlebnisWelt“ angedacht, die sich nicht nur auf den Marktplatz beschränkt, sondern auch die Nürnberger Straße die Bahnofstraße, die Gerberstraße und die Weißenburger Straße einschließt. Hinsichtlich des visuellen Marketings rät er den Geschäftsinhabern, sich externen Rat zu holen. Er schwärmt von einer Outdoor-Eventbühne, für die er bereits Anzeichen erkennt: Eislaufbahn, die Samstags-Marktplatzkonzerte und den KulturHerbst. Für sie müßten auch innerstädtische Parkplätze reduziert werden. Aber Grenzen hat seine Konzeption auch: der Marktplatz darf nicht zum Rummelplatz werden! Die Einkaufswelt in Gunzenhausen wird attraktiv sein, wenn sie auf ein Sortiment verzichtet, das es überall in den Filialgeschäften gibt.
„Nicht durchgängig wahrnehmbar“ ist für ihn sie Serviceorientierung in den Betrieben. Chefs und Mitarbeiter müssten mehr Beratungsqualität zeigen.
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