Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sprach zum Auftakt des Europawahlkampfs
Die „rote Linie“ darf nicht überschritten werden. Das verlangt Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die frühere Bundesjustizministerin von den osteuropäischen Staaten in der EU, die sich gerne populistisch geben und glauben, sich aus dem europäischen Kuchen die Rosinen herauspicken zu können. Sie vertraut auf ein starkes europäisches Parlament.
Zum Wahlkampfauftakt im Landkreis war die streitbare Liberale in den Weißenburger Wildbadsaal gekommen, um ein leidenschaftliches Plädoyer für Europa zu halten. Zu Gast waren auch Phil Hackemann, der bayerische Spitzenkandidat, und Kristine Lütke vom Vorstand der Mittelfranken-FDP. Zuvor besuchte sie in Treuchtlingen das neue BRK-Seniorenzentrum und besuchte auch Betty Strobel, die im Städtischen Altenheim kürzlich in erstaunlicher geistiger Vitalität ihren 95. Geburtstag begehen durfte. Mit dabei: Kreisvorsitzender Thomas Geilhardt.
In ihrer Rede bedauerte die prominente FDP-Politikerin, dass die Diskussion in Europa seit Monaten vom möglichen Brexit der Engländer überlagert wird. „Ich habe immer gehofft, dass es ein zweites Referentum geben kann“, sagte sie. Dass es soweit gekommen sei, nannte sie ein Politikversagen. Die Starnbergerin: „Jetzt ist das Erwachen der Engländer da. Aber es bewirkt auch etwas Gutes, nämlich die Diskussion über die Zukunft in Europa“. Sie glaubt sogar, dass die Grundstimmung heute positiver ist als früher: „Je mehr Krisenherde, umso mehr wächst die Überzeugung, dass es des Zusammenschlusses von 27 Staaten braucht.“ Europa sei ein Wert an sich, allein der Binnenmarkt habe einen unheimlichen Vorteil, nicht zuletzt für die jungen Leute. Bei allem Bemühen sei es aber der Politik nicht gelungen, einen gemeinsamen Nenner für die Migrationspolitik zu finden. Leutheusser-Schnarrenberger erneuerte in ihrer Weißenburger Rede die Forderung der Freidemokraten nach einer Grundwerteoffensive und einer „Grundrechtecharta“.Es müsse sichtbar waren, wie es um die Grundrechte in den einzelnen europäischen Ländern stehe. Das Gerede von einer „illiberalen Demokratie“, wie es Victor Orban in Ungarn verbreite, sei nichts anderes als Politik mit autoritären Zügen. Die Rechtspopulisten wollten ein anderes Europa. Sie verlangt ein handhabbares Verfahren, das es ermögliche, jene Staaten abzustrafen, die sich von der Grundwertecharta entfernten. Wörtlich sagte sie: „Es ist gespenstisch, was da abgeht.“ Der Zwang zur Einstimmigkeit in den europäischen Gremien habe sich als „stumpfes Schwert“ ergeben. Als notwendig erachtet sie eine Reform der EU-Kommission mit einer Reduzierung der Kommissare auf 18 und Konzentration auf den Standort Straßburg.
Den Gegnern Europas hält die Liberale vor, das Europaparlament marginalisieren zu wollen: „Sie möchten zwar das europäische Geld verteilen, aber alles andere national entscheiden.“ Die jüngsten Berichte von der möglichen Verstrickung eines AfD-Abgeordneten mit Russland offenbarten, dass Europa destabilisiert werden soll.
Phil Hackemann, der 23-jährige Frontmann der bayerischen FDP im Europawahlkampf, kann sich nicht mehr erinnern, wie es war, als die Urlauber an den Grenzen Schlange stehen mussten. Er steht für die „Generation Europa“. Als Student an einer Londoner Universität sagt er, die Engländer seien mit falschen Versprechungen zum Austritt aus der EU gedrängt worden. Der Münchner Phil Hackemann war übrigens dabei, als vor Wochen rund eine Million Londoner für den Verbleibt in der EU demonstrierten. Europa müsse erlebbar sein, sagt er, dann könnten sich die Leute für Europa begeistern. „In der Wirtschaft brauchen wir gemeinsame Produktionsstandards, aber wir dürfen kein überbordendes Regelwerk schaffen“, sagte er zu den Problemen, für alle die gleichen Voraussetzungen zu bieten.
„Eigentlich bin ich Europäerin“, sagt Kristine Lütke, die im Vorstand der mittelfränkischen FDP die Europapolitik markiert. Die Geschäftsführerin eines Nürnberger Seniorenheims war bis vor Kurzem noch Bundesvorsitzende der Wirtschaftsjunioren. Sie wünscht sich von Europa „ein bisschen weniger Kuhstall, dafür mehr Hightech“.
Die Diskussion leitete Dr. Hermann Drummer aus Weißenburg. Er war früher Redenschreiber von Johannes Rau und danach als Referent in der Brüsseler Vertretung von Nordrhein-Westfalen tätig. Heute ist er europäischer Berater und FDP-Kandidat für den Weißenburger Stadtrat.
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