Heuschreckenplage von 1749

Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde 2018 erschienen

Ist heute von Heuschrecken die Rede, dann assoziiert der Begriff mit Franz Müntefering. Der Sozialdemokrat alter Schule machte die Heuschrecken in einer neuen Deutung dudenreif. Er verglich die Heuschreckenschwärme mit internationalen Finanzhaien, die sich Wirtschaftsunternehmen unter den Nagel reißen, um sie später gewinnbringend weiterzuveräußern.

Im Jahrbuch für Volkskunde sind die tatsächlichen Heuschrecken gemeint, die immer einmal wieder in riesigen Schwärmen über ganze Landstriche einfallen. 1749 hat es – so der Wissenschaftler Bernhard Lübbers – die letzte Heuschreckenplage in Mitteleuropa gegeben. Und damit auch in Franken und Bayern. Es gibt Augenzeugenberichte, die besagen, es habe zur Verdunkelung des Himmels geführt. Die Menschen hatten Angst vor dem Kahlfraß, aber auch vor dem „tosenden Lärm“, den die Schwärme verursachten. „Das fürchterliche Getöse war einem Sturm-Wind nicht ungleich“ steht in Aufzeichnungen aus dem 18. Jahrhundert.

So richtig erforscht sind die Ursachen der Heuschreckenschwärme bis heute nicht. Wissenschaftlicher sprechen von der Europäischen Wanderheuschrecke, lateinisch „locusta migrataria“.  Wo die Insekten massenhaft auftreten, da bleibt keine Pflanze grün. Bekannt ist eine Invasion aus dem Jahr 1875 in Nebraska, als dort Schwärme von einigen Millionen bis zu drei Milliarden Insekten eine Fläche so groß wie Deutschland in Beschlag nahmen.

Die Menschen des Mittelalters sahen in den Heuschreckenschwärme eine „Strafe Gottes“ und einen Vorboten der Apokalypse. Sie fürchteten den Weltuntergang. Die gottesfürchtigen Menschen scharten sich zu Prozessionen zusammen, um im Gebet das Unheil abzuwenden. Die Habsburger Herrscherin Maria Theresia erließ ein Edikt zur Bekämpfung der Plage, auch Margraf Carl Wilhelm Friedrich schloss sich 1749 an. Damals machte sich die Katastrophe auch im Aischgrund und benachbarten Regionen bemerkbar. Einschlägige Berichte sind auf den 3.September datiert. Die Reichsstadt Nürnberg ließ von Lichtenau aus die Heuschreckenplage bekämpfen. Es erging an die Landeskinder die Aufforderung, die Tierchen und ihre Eier einzusammeln. Sogar eine Belohnung wurde dafür ausgesetzt. Auch Soldaten wurden zu diesem Zweck eingesetzt. Die Aktionen erwiesen sich jedoch als Tropfen auf den heißen Stein. Es war so, als wäre kein einziger Heuschreck umgebracht worden, heißt es in Berichten jeder Zeit. Sogar die Kirchenglocken ließ man läuten, weil man annahm, die Tierchen würden dann die Flucht ergreifen. Der Bad Windsheimer Stadtmagistrat  trommelte beispielsweise alle Männer zusammen, die ein Gewehr hatten, aber auch deren Lärm bewirkte nichts.

Übrigens: die Schäden dieses außergewöhnlichen Naturschauspiels waren eher gering. Die Ernte war nämlich schon vorher eingebracht worden. Wenn dies nicht so gewesen wäre, hätte es durchaus zu einer Hungersnot kommen können.

Werner Falk

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Die Beiträge kommen vom Herausgeber und von Gastautoren. Im Mittelpunkt stehen kommunalpolitische und gesellschaftspolitische Themen. In meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen ist es mir wichtig, historische Beiträge zu veröffentlichen.

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